💘31.Dezember🎇
Nun ist es soweit - 31. Tage, 31 Türchen und 31 wundervolle Beiträge sind im Seelenwärmer Adventskalender erschienen. Heute folgt die allerletzte Geschichte, die noch einmal unser Herz erwärmen wird. Es ist der zweite Teil einer Kurzgeschichte, die Jen3er und ich verfasst haben. 🥰❤️
Wie es Liz ein Jahr später geht, werdet ihr nun von der lieben Jen erfahren. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und rutscht heute gut ins neue Jahr rein. 🎆🍾🎊
Mitternachtsversprechen
„Noch eine Runde?", fragte Marley und sah auffordernd in die Runde.
„Gerne." July nickte eifrig.
Der Club war brechend voll. Der Bass hämmerte und vibrierte unter ihrer Haut. Dass sämtliche Menschen um sie herum dieses Spektakel zum Jahresende als erstrebenswert empfanden, war ihr tatsächlich ein Rätsel, aber Liz ließ sich mitreißen.
Ein Jahr lang hatte sie versucht, ihr Glück wiederzufinden. Liz hatte versucht, mutig zu sein und ins Leben zurückzufinden. Monate davor hatte sie sich penetrant der Welt verschlossen, denn sie hatte es nicht ertragen können, das Glück ihrer Mitmenschen zu sehen, das Lachen, die Freude, all das, was Leben ausmachte, während sie nur versuchte, zu überleben und trotzdem in Trauer schwamm.
Nun war sie also hier. Diese Silvesterparty war der reinste Brutplatz von dunklen Abgründen und tiefen Begehren, ein Schauplatz hunderter Hoffnungen auf einen Neuanfang und einer glitzernden Zukunft. Zwei ihrer Arbeitskolleginnen schlürften an ihren Champagnergläsern, die sich mehr und mehr leerten, wippten mit den Füßen und sahen sich um.
Marley griff nach Liz' Glas. Ihre klaren blauen Augen schimmerten im Licht der Discokugel. Sie war eine hübsche Frau mit langen blonden Haaren, sexy Kurven und unendlich langen Beinen. „Okay, vier Gläser heißer Scheiß", sagte sie und zwinkerte. „Kommt sofort." Damit drehte sie sich um und ließ sich geschmeidig durch die feiernde Menge gleiten.
Liz sah ihr hinterher.
„2024 wird unser Jahr! Bald schließen wir mit dem Alten ab und heißen das Neue freudig willkommen", meinte July und stieß sie von der Seite an. „Das neue Jahr liegt wie ein leeres Buch vor uns und wir sollten es mit unseren Abenteuern füllen, nicht wahr?"
Liz starrte sie an. Bei ihren Worten war etwas in ihr erwacht, das sie viele Monate verdrängt, fast vergessen hatte. „Was hast du gesagt?", fragte sie irritiert.
„2024 wird unser Jahr!"
„Nein, das andere."
„Das Alte hat bald ein Ende?"
„Nein." Liz schüttelte genervt den Kopf, während eine andere Stimme durch ihr Bewusstsein hallte und philosophisch sagte: „Das Leben ist wie ein Buch. Manchmal sind die Kapitel schwer zu verstehen, und manchmal sind sie voller Freude. Aber am Ende ist es unsere Geschichte, und wir haben die Macht, sie zu gestalten."
Julys Worte hatten sie an jenen Abend vor einem Jahr zurückkatapultiert. In den Central Park, an die Seite eines Fremden, der ihr ein Versprechen abgenommen hatte, das sie fast vergessen hatte.
„Diese Sache mit dem Buch?", fragte July jetzt.
Doch Liz hörte kaum noch zu. Plötzlich hatte sie das dringende Bedürfnis, von dieser Party zu verschwinden. Sie spürte in sich den Drang, die feiernde anonyme Masse hinter sich zu lassen und den Ort aufzusuchen, an dem vielleicht dieser ganz bestimmte Mensch auf sie wartete. „Ich muss gehen", wisperte sie. Natürlich hatten sie die anderen nicht gehört, aber das war ihr vollkommen egal. Mit klammen Fingern und zittrigen Knien kämpfte sie sich über die Tanzfläche. Immer wieder blitzte ein Gesicht, ein Körper, eine Bewegung neben ihr auf, und sie fühlte sich dermaßen eingeengt, dass sie kaum noch Luft bekam. Sie musste sich konzentrieren, sich zwingen, weiterzugehen und das Gebäude zu verlassen.
Als sie endlich auf die belebte New Yorker Straße trat, holte sie tief Luft. Auch hier standen Grüppchen von Menschen herum, die sich angeregt miteinander unterhielten, sich zuprosteten und den letzten Abend des Jahres feierten.
Liz warf einen Blick auf die Uhr an ihrem Smartphone. 23.47 Uhr. Ihren Mantel hatte sie dummerweise an der Garderobe gelassen, und plötzlich schlug ihr die Kälte ins Gesicht und ließ ihren Körper erzittern. Es war egal. Sie hatte keine Zeit mehr, ihre Jacke zu holen, wenn sie pünktlich an der Bank im Central Park sein wollte.
Falls der Fremde dort wartete ...
Fast wagte sie zu bezweifeln, dass er sich nach einem Jahr noch ein sein Versprechen erinnern konnte. Liz ging es glasklar durch den Kopf. „Wenn du im nächsten Jahr noch immer nicht das gefunden hast, wonach sich dein Herz sehnt, dann triff mich in genau einem Jahr, an diesem Ort zu dieser Zeit", hatte er gesagt. Er würde dort auf sie warten.
Es war verrückt. Sie wusste nicht einmal seinen Namen. Sie hatten nur kurze Zeit miteinander gesprochen, und doch spürte sie in diesem Moment das immense Verlangen, herauszufinden, ob er dort wirklich auf sie wartete und ob er abermals ihr Herz berühren würde. Im letzten Jahr hatte er es getan. Auf ganz besondere Weise.
Doch ihr lief die Zeit davon.
23.52 Uhr.
Auf hohen Schuhen rannte sie die Häuserreihe entlang und sah den Park bereits im Hintergrund.
23.58 Uhr.
Liz überquerte die letzte Straße und bog auf einen der Kieswege ein. Ihre Schuhe knirschten, die Absätze versanken unangenehm im weicheren Boden, so dass sie das Tempo drosseln musste. Frierend rieb sie sich die Oberarme, eilte aber weiter.
0 Uhr.
Pünktlich um Mitternacht erhellte ein funkelndes Feuerwerk den New Yorker Nachthimmel, doch Liz hatte kein Auge dafür. Sie hörte, wie die Raketen explodierten, hörte das Krachen der Böller, das Jubeln der Menschen, doch es war nicht wichtig. Wichtig war nur, zu ihrer Bank zu kommen.
0.10 Uhr.
Noch immer erhellte ein Funkenregen die Umgebung. Wie angewurzelt blieb Liz stehen und starrte auf die Bank, auf der sie vor einem Jahr gesessen hatte. Sie war leer. Ihr Herz machte bei dieser Erkenntnis einen verzweifelten Satz. Entweder war sie zu spät oder der Fremde hatte sein Versprechen gebrochen. Beides ließ ihr die Tränen in die Augen steigen.
„Nein", stieß sie hervor und sank auf die hölzerne Sitzfläche. „Nein, nein, nein."
Nie würde sie ihn wiedersehen. Diese Chance war für immer vertan.
Und wieder endete ein Jahr, während ein neues begann, doch für Liz änderte es nichts. Einen kurzen Moment hatte sie geglaubt, dass alles anders werden könnte, wenn sie ihn nur wiedertraf, doch nichts würde sich je ändern. Sie würde immer ...
„Du bist gekommen."
Erschrocken fuhr sie herum und starrte eine Gestalt an, die sich langsam näherte. Je näher sie kam, desto mehr erkannte Liz eine männliche Statur, die ihr mehr und mehr bekannt vorkam. Sie schluchzte auf, als die den Fremden der letzten Silvesternacht erkannte. „Du?"
Der Mann lächelte sanft. „Manchmal müssen wir uns selbst verlieren, um zu erkennen, was wirklich wichtig ist."
Wie von selbst stand Liz auf und trat ihm entgegen. Schnell wischte sie sich die Tränen von den Wangen und sah ihm in die Augen.
„Du hast noch immer nicht gefunden, wonach sich dein Herz in Wirklichkeit sehnt?", fragte er leise, streifte seine Jacke ab und legte sie ihr völlig selbstverständlich um die Schultern. „Du bist stark genug, dein eigenes Glück zu finden. Du musst es dir nur zutrauen."
„Danke", wisperte sie. Wofür sie sich wirklich bedankte, für die Worte oder die Wärme, die seine Jacke spendete, oder dafür, dass er sein Versprechen gehalten hatte, wusste sie nicht, aber sie war in diesem Moment einfach nur froh, dass er dort war. Liz spürte, wie die Last der letzten Monate von ihren Schultern fiel. Die schreckliche Einsamkeit, die ihr Herz in eisigem Griff gehalten hatte, seit sie die Liebe ihres Lebens vor etlichen Monaten verloren hatte, verblasste, als der geheimnisvolle Mann nach ihren Händen griff und sie liebevoll in seine nahm. Gemeinsam standen sie unter dem funkelnden Himmel von New York City und fühlten sich seltsam umarmt von der Magie der Silvesternacht.
„Das Leben ist voller Überraschungen", flüsterte er ihr lächelnd zu. „Manchmal müssen wir nur warten und vertrauen, dass das Universum uns das gibt, was wir wirklich brauchen."
„Ja", hauchte sie und lächelte zum ersten Mal seit Ewigkeiten ein echtes Lächeln, eins, das von innen kam und ihr Sein erwärmte.
„Ein ganzes Jahr habe ich auf dich gewartet", gab er zu, „und ich hoffe, dass du jetzt bereit bist, gemeinsam mit mir die Seiten deines Buches zu füllen. Bist du?"
Wieder huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, als sie freudig nickte. Sie war bereit.
Die Funken zwischen ihnen, die vor einem Jahr vorsichtig entstanden waren, stoben nun hervor und erleuchteten die Dunkelheit um sie herum. So wurde der Central Park zum stummen Zeugen eines Moments, der die Vergangenheit heilte und die Zukunft mit leuchtender Hoffnung füllte. Gemeinsam standen sie im Zentrum von New York City, fühlten sich umarmt von der Magie der Silvesternacht und waren bereit für den Neuanfang und all die Abenteuer, die das kommende Jahr bringen mochte.
Die Seiten ihres gemeinsamen Buches lagen leer und weiß vor ihnen ...
Alles schien möglich.
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