Ankunft
Wenn man gerade in der Psychiatrie ankommt, das erste mal seit seinem 16ten Lebensjahr, (man ist 29 und dachte man hätte sein Leben zwar nicht besonders unter Kontrolle,aber zumindest gut genug, dass man nicht mehr dazu neigt Pillen überzudosieren bis man beinahe das Licht am Ende des Tunnels sehen kann und die Finger von Rasierklingen zu lassen,die man seit 10 Jahren nicht mehr zweckentfremdet hatte) hat man gemischte Gefühle.Man weiß nicht ob man lachen oder weinen soll.Lachen vor Erleichterung dass einem endlich geholfen wird,nach nervenzerrenden Monaten voller Angst und genug Lorazepam im Körper um 3 Leute dauerhaft ruhig zu stellen.Oder weinen weil man schon wieder in die Kloake des Lebens gegriffen hat.Diesmal ist es tatsächlich die eigene Schuld.Man hat einen unglaublichen Fehler begangen und sowohl dass eigene Leben,als auch dass des geliebten Ehemannes komplett auf den Kopf gestellt.Man hasst sich und wünscht sich Erlösung.Wären da nicht Menschen um einen herum deren Existenz unweigerlich von der eigenen abhängt,hätte man sich wahrscheinlich längst aus dem Leben gestohlen.Aber dass sagt man beim Aufnahme Gespräch natürlich keinem.Wer will schon auf die geschlossene.Lebensüberdruss Gedanken sind auf der offenen Station erlaubt.Aber : "Ich habe mich manchmal nicht unter Kontrolle,wenn was beschissenes in meinem Leben passiert,könnte ich spontan von einer Brücke springen" bringt einen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die geschlossene.Nein,Danke.Ich habe im Laufe meines Aufenthalts genug Geschichten gehört um zu wissen dass ich da bestimmt nicht hin will.Durch die flure wandelnde Menschen,immer wieder bringt die Polizei eine neue Person vorbei.Und dann heißt es: Abschottung von der Außenwelt.
Hier sitze ich also,an einem Tisch in einem Doppelzimmer.Zusammen mit meinem Mann.Ausnahmsweise darf er mit ins Zimmer.Meine neue Zimmergenossin wirkt sympathisch.Eine hübsche,humorvolle,etwas ältere Frau.Gepflegt,klein und schlank.Ich schätze sie auf Anfang/Mitte 50. Als sie mir erzählt dass sie 71 ist,fallen mir beinahe die Augen aus dem Kopf.Aber das kommt erst später.
Mir wird mitgeteilt,dass mein Mittagessen im Speise/Aufenthaltsraum auf dem Tisch steht.Ich habe einen wahnsinnigen Hunger und den ganzen Tag noch nichts gegessen.Trotzdem traue ich mich nicht in den Aufenthaltsraum.So viele Fremde Menschen.Menschen machen mir sowieso schon Angst.Und hier sind alle auch noch psychisch krank.Ich weißte,dass ich hier bin weil ich auch einige Diagnosen habe,aber ich habe einfach zuviel in den letzten Monaten erlebt.Genug um zu wissen,dass es psychisch Kranke gibt die noch in der Realität leben und welche die dies definitiv nicht mehr tun.Und die zweite Kategorie kann gefährlich sein.Mir hat sie dass Leben ruiniert.Zumindest bin ich gerade davon überzeugt.Und ich habe Angst.Angst ist ein bedeutungsschwangeres Wort.Angst kann einen auffressen.Reale Ängste,irrationale Ängste.Jacke wie Hose.Sie breiten sich in einem aus und saugen einem jegliche Freude und den letzten Lebenswillen aus der Seele.
Ich sitze auf einem Stuhl.Mein Mann ist mittlerweile gegangen.Er saß Stunden bei mir,aber ich sah dass er müde war und habe ihn heim geschickt.Endlich werde ich zum Aufnahmegespräch gerufen.Es ist kräftezehrend.
Warum sind sie hier?
Bipolare Störung
Borderline Persönlichkeitsstörung
Posttraumatische Belastungsstörung
Das reicht aus,ich kann bleiben und ziehe in Zimmer 10 ein.
Aber eigentlich bin ich hier weil ich Angst habe.Angst dass er mich findet.Dass er uns was antut.
Weil ich verarbeiten muss.Was?Alles.Die letzten Monat.Die letzten Jahre.Mein ganzes Leben.
Die Angst war immer mein Begleiter.
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