
Wahrheit? I
Als Snape sie abholte, war Liora schon lange fertig. Sie trug ihren schwarzen Umhang und hatte sich heute für schwarze Jeans und eine schwarze Bluse entschieden. Ihr war nicht nach einem Kleid und da es keine Kleidungsvorschriften für den Teil unter dem Umhang gab, konnte es Snape egal sein. Sie war wie immer in ihre Lederstiefel geschlüpft und folgte ihrem Lehrer schweigend durch die Gänge.
Snape hatte nicht weiter nach ihrem Befinden gefragt, doch sein noch immer aufmerksamer Blick war ihr nicht entgangen. Er fragte sich, was geschehen war in der letzten Nacht und bestimmt versuchte er auch abzuschätzen, ob sie einsatzfähig oder eine tickende Zeitbombe war. „Hör auf so zu schauen. Es geht mir gut.", sagte sie schließlich, als er wieder unauffällig zu ihr rüber sah. „Wenn du das sagst. Wir werden uns heute mit jemandem treffen, den du schon kennst. Halte dich einfach zurück und versuch nicht aufzufallen. Gerade IHN solltest du nicht unnötig auf dich aufmerksam machen, sonst haben wir gleich das nächste Problem am Bein kleben.", wies er sie an, während sie durch die Flure des Schlosses eilten.
Es war eine der wenigen Gelegenheiten das Schloss direkt durch die Eingangshalle zu verlassen. Die Schüler waren weg und es bestand keine Gefahr mehr, dass jemand sie aufhielt oder Fragen stellte. Zumindest war das so geplant und Liora konnte Snapes genervtes Ausatmen hören, als dieser Plan scheiterte. Er blieb stehen und Liora musste scharf abbremsen um nicht in ihn hinein zu rennen.
„Was ist denn jetzt ...", setzte sie an, doch als sie an ihm vorbei sah entdeckte sie selbst den Grund seines plötzlichen Haltens. „Severus! Ihr verlasst uns heute Abend?", fragte Albus Dumbledore und Liora versuchte sich hinter Snape unauffällig zu verstecken. Sie war noch immer recht nervös, wenn es darum ging die Person, die sie auf Hogwarts war und die Person, die sie war, wenn sie an Snapes Seite vor den Dunklen Lord trat, unter einen Hut zu bringen. Jetzt sollte sie lächeln, doch emotional war sie schon auf dem Weg abzuschalten. Also ein Schritt zurück und nochmal heile Welt spielen.
Der alte Schulleiter kam nun lächelnd auf sie zu, ihm folgte Professor McGonagall. Die Beiden kehrten anscheinend gerade von einem Spaziergang über das Gelände zurück. Es war wunderbar ruhig und sie konnte sich gut vorstellen, dass es für die Lehrer der Schule eine Wohltat war, sich mal nicht um eine Horde munterer Schüler kümmern zu müssen. „Auch wenn die Schüler weg sind, ruft die Pflicht. Wir haben Einiges zu erledigen.", antwortete Snape knapp und streckte seinen Arm aus um Liora an sich vorbei nach vorn zu schieben.
„Ah ja, kein Urlaub und auch keine Minute unnötig an etwas Erholung verschwenden, richtig Severus? Bereitet ihr euch schon jetzt auf das kommende Jahr vor?", fragte Dumbledore neugierig und versuchte den Zaubertränkeprofessor offensichtlich in ein Gespräch zu verwickeln. Sie konnte Snape ansehen, dass er absolut nicht begeistert davon war. Vermutlich versuchte er zu vermeiden, dass Dumbledore auch sie mit hineinzog und schob sie deswegen weiter. „Warte doch bitte an der Pforte.", brummte er und Liora folgte ohne weitere Fragen zu stellen. So entging ihr zwar, was der Schulleiter zu sagen hatte, doch wenn es etwas Wichtiges war, würde Snape sie zu gegebener Zeit einweihen.
Sie wartete also an der Pforte und versuchte zu ignorieren, dass Professor McGonagall sie durchdringend musterte, während die beiden Männer sich mit ernster Miene unterhielten. Es dauerte glücklicherweise nicht lange, denn der Blick der Lehrerin machte sie nervös. Liora war sich bewusst, dass sie aktuell nicht besonders viel Farbe im Gesicht hatte und vermutlich sehr erschöpft aussah, doch es gab keinen Grund zur Sorge. Sie würde den Abend durchstehen, auch, wenn Harrys Worte und die kurze Auseinandersetzung mit Ginny ihr Selbstwertgefühl etwas angekratzt hatten. Es würde schon funktionieren. Snape würde dafür sorgen, dass ihr nichts geschah.
Als er sich endlich verabschieden konnte und auf sie zueilte, hatte er wie immer eine ausdruckslose Maske aufgesetzt. Sie hatte keine Ahnung was in ihm vorging. Er gab ihr ein Zeichen, sich in Bewegung zu setzen und Liora folgte ihm nach draußen in die laue Nacht, während Dumbledore und die Verwandlungsprofessorin ihnen hinterher sahen.
Trotz der milden Temperaturen im Sommer, fröstelte Liora und er Weg zur Appariergrenze kam ihr diesmal außergewöhnlich lang vor. Sie würde sich wahrscheinlich nie daran gewöhnen den Weg in die düsteren Gefilde des Dunklen Lords ohne Anspannung oder Angst hinter sich zu bringen. „Albus wollte wissen wie es dir geht. Er meinte, er hätte dich heute beobachtet und sei zu dem Schluss gekommen, dass es in deiner Verfassung nicht zu verantworten sei, dich heute noch zu irgendwelchen geschäftlichen Terminen mitzuschleifen.", brach Snape irgendwann das Schweigen. „Na wenn der wüsste was für ein 'Termin' ansteht ... Siehst du das denn genauso?", wollte sie wissen.
„Möglich. Ich werde dich nicht drängen mir zu erzählen was geschehen ist, aber es wäre von Vorteil, wenn du mich an deinen Gedanken teilhaben lässt, damit ich im Zweifelsfall richtig reagieren kann. Bitte gib mir also zumindest einen kleinen Überblick, über die Ereignisse der letzten Nacht.", bat Snape und zu Lioras Erstaunen tat er es mit sanfter Stimme. Kein Sarkasmus, keine Boshaftigkeiten. Es schien ihm wichtig zu sein und sie verstand seine Sorge was den Abend anging. Würde während ihres Besuchs beim Dunklen Lord etwas geschehen, dass keiner von ihnen erwartete, musste er eingreifen. Im besten Fall um sie und sich selbst zu schützen. Sie räusperte sich leise und beide verlangsamten ihre Schritte. „Harry war betrunken. Letzte Nacht wurde wohl sehr viel gefeiert und er hatte schon ordentlich einen sitzen, als ich an unserem Treffpunkt erschien. Wir haben deswegen auch nicht richtig ernsthaft reden können. Er war sehr emotional, hat immer wieder versucht mich umzustimmen was eine mögliche Beziehung angeht. Vermutlich hatte er den Gedanken nie wirklich verworfen."
Snape blieb stehen und sie glaubte im schwachen Licht seines Zauberstabes zu sehen, dass er verständnislos die Stirn runzelte. „Welche Beziehung? Ihr hattet doch keinen Kontakt seit ich es verboten habe. Oder möchtest du mir etwas beichten?", wollte er lauernd wissen, doch Liora winkte ab. „Unsinn. Wir hatten natürlich keinen Kontakt. Ich habe seine Versuche immer wieder abgeblockt und ihn in die Schranken gewiesen. Seine Briefe habe ich verbrannt, ich kann also leider nichts nachweisen. Vermutlich hätte ich dir von seinen Versuchen schon früher berichtet, aber dich hat das nie so richtig interessiert und bitte nimm es mir nicht übel, aber da du in dieser Zeit eine solche Wut auf mich hattest, habe ich darauf verzichtet dir alle Details mitzuteilen.", erklärte sie und konnte sich einen zickigen Unterton nicht verkneifen. Sollte er ruhig wissen, dass sie ihm sein unfaires Verhalten noch immer nicht vollständig vergeben hatte.
„Er hat also versucht, dich wieder für sich zu gewinnen?", überging Snape ihren Vorwurf und Liora seufzte genervt. „Ja, es ist schwer zu erklären, was genau er eigentlich wollte. Ich war zwischendrin auch nicht sicher. Jedenfalls endete es damit, dass er zumindest diese eine Nacht mit mir verbringen wollte, wenn ich schon nicht bereit war eine feste Bindung in Betracht zu ziehen."
„Ich hoffe du warst intelligent genug, um das abzulehnen."
„Ich bin kein Idiot, Severus! Wie schon erwähnt, habe ich mich verabschiedet und wurde zum Dank sehr unschön betitelt. Und bevor du nachfragst, nein, ich werde keine weiteren Details verraten! Es geht dich nichts an, was geschehen ist. Das muss reichen.", blockte sie ab und im selben Moment war ihr klar, dass sie nun erst recht seine Neugierde geweckt hatte. Konnte ihr nur Recht sein. Sollte er sich doch zusammenreimen, was er wollte und hoffentlich quälte er sich richtig dabei. Es war ihr egal.
„Es gab Gerüchte über euch ...", versuchte er es tatsächlich nochmal und ließ offen, worauf er hinaus wollte.
„Ja, es gab Gerüchte. Ich hoffe du bist intelligent genug, um mich richtig einzuschätzen.", wiederholte sie seine Worte schnippisch und ging dann weiter. Das hatte gesessen und würde ihm hoffentlich erst einmal ordentlich zu denken geben! Er folgte ihr und schwieg bis sie die kleine Lichtung erreichten, die sie oftmals nutzten um zu apparieren.
Sie wurden auch bereits erwartet und Liora, die sich gerade noch darüber freute ihm eins Ausgewischt zu haben, blieb wie angewurzelt stehen, als sie die Gestalt im Mondlicht erkannte. „Na endlich! Es ist unhöflich mich warten zu lassen und noch unhöflicher IHN warten zu lassen.", sagte eine schneidende Stimme.
Lucius Malfoy ...
„Geduld ist eine Tugend, mein Freund. Eigne sie dir an, oder lebe mit deinem Groll auf unpünktliche Menschen. Wir hatten viel vorzubereiten und ich lasse mich nicht herum scheuchen.", konterte Snape sofort in einem leisen und bedrohlichen Ton, der Liora einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Er war bereits in seiner Rolle und würde ab sofort auch keine weitere Gefühlsregung von ihr akzeptieren.
Malfoy schnaubte abfällig und kam ihnen entgegen. „Du und deine Moralvorstellungen. Als ob man mir nachsagen könnte, ich würde nicht über irgendwelche Tugenden verfügen.", sagte Malfoy langsam und wandte sich Liora zu, die neben Snape stehen geblieben war. Sie ließ zu, dass er seine Hand ausstreckte und die Finger unter ihr Kinn legte. „Wir beide kennen uns ja schon. Ich hoffe der letzte Besuch bei unserem Herren hat dir keinen all zu großen Schreck eingejagt.", sagte er samtig und Liora konnte ihn hämisch grinsen sehen.
„Fass sie nicht an!", zischte Snape und tatsächlich zog Malfoy seine Hand zurück. „Na na, nicht so harsch, Severus. Ich behandele deinen hübschen kleinen Lehrling schon mit Anstand. Es wäre mir eine Ehre, sollten wir heute Abend die Zeit finden, uns etwas ausgiebiger miteinander beschäftigen. Mir liegt viel an einer guten Zusammenarbeit.", sagte Lucius Malfoy in einem charmanten Tonfall, doch sein Blick verriet andere Absichten. „Deine guten Absichten in allen Ehren, aber du wirst sie nicht noch einmal anfassen. Hast du mich verstanden, Lucius!", warnte Snape noch einmal und klang nicht so, als würde er Spaß verstehen was dieses Thema anging. Es war ihr recht so, denn das Letzte, das sie heute brauchen konnte war noch ein Mann, der sie verrückt machte.
„Keine Sorge, ich werde ihr nichts tun. Noch nicht zumindest.", beschwichtigte Malfoy. Liora warf ihm einen angewiderten Blick zu, schwieg aber. Sie wollte nicht Öl ins Feuer gießen. Sollten die beiden das unter sich ausmachen. Snape würde schon dafür sorgen, dass es keine Unklarheiten gab, was sie anging.
„Deine Vorfreude kannst du dir sparen, Lucius. Sie ist nicht auf dem Markt und ich teile sie sicher nicht mit dir. Du würdest sie nur beschmutzen mit deinen gierigen Fingern.", erklärte Snape und Liora erkannte zu ihrer Verwunderung jetzt einen leicht amüsierten Tonfall. Hatte die Stimmung gerade umgeschlagen? Neckten die Beiden sich etwa und sie verstand nur diese Art von Humor nicht? „Entweder hat sie dich schon längst in ihren Fängen, oder sie ist wirklich etwas so besonderes, dass selbst du es nicht wagst zu kosten. Du bist jedenfalls kein Narr, mein Freund, ich würde sie auch nicht teilen.", erklärte Malfoy und seine Augen schienen in der Dunkelheit zu leuchten. „Letztlich liegt die Entscheidung jedoch bei der jungen Dame selbst ..." Malfoy hob eine Augenbraue und Liora wich etwas vor ihm zurück. „Ich bin nicht interessiert.", wagte sie leise zu antworten und Malfoy lachte auf. „Köstlich, diese Frau ..."
„Bist du jetzt fertig? Können wir los?", fragte Snape ungehalten. „Natürlich! Lasst euch nicht zu viel Zeit.", Malfoy nickte und disapparierte. Snape nutzte den kurzen Moment der Zweisamkeit und Ruhe und zog Liora wie immer, wenn sie apparierten an sich. „Mach dir keine Sorgen, er schwingt nur gerne Reden. Eines seiner viel gelobten Talente. Ich habe Malfoy soweit unter Kontrolle, dass dir nichts geschehen wird.", flüsterte er ihr zu und Liora legte seufzend den Kopf an seine Schulter. Sie glaubte das gerne, doch wie sollte es in Zukunft weitergehen, wenn er nicht dabei war und sie wieder allein auf Malfoy traf?
„Ist er immer so direkt mit seinen Wünschen?", flüsterte sie.
„Ja, das ist seine Art. Er ist verwöhnt, genau wie sein Sohn. Aber dich bekommen sie nicht. Versprochen."
„Das hoffe ich doch! Ich bin jetzt ein wenig schockiert, dass eine andere Option überhaupt existiert! Ist es normal, dass ihr untereinander ... ich meine eure Frauen ... Gefangene ... oder junge Todesserinnen ... Tut ihr ihnen was an?", wollte Liora wissen und hob den Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können. Snapes Blick wurde sanft, als er die Bedenken in ihrer Stimme hörte. Sie fand ihre Bedenken durchaus gerechtfertigt. Was geschah denn mit all den entführten Muggelfrauen? Daran hatte sie gar nicht gedacht! „Möglich, aber das muss dich nicht beunruhigen. Du, Liora, bist völlig sicher bei mir. Ich würde es nie zulassen, dass einer von denen dir weh tut. Du weißt, dass ich dir versprochen habe, dich zu schützen. Das wird immer so bleiben und ich werde immer versuchen dich vor jeglichem Unheil zu bewahren.", sagte er leise und versuchte zuversichtlich auszusehen. Liora betrachtete ihn ein paar Sekunden, bevor ihr ein Gedanke kam.
'Ich weiß, wie er die immer ansieht ...', kamen ihr Harrys Worte in den Sinn. „Er hatte Recht ... Du tust es wirklich ...", murmelte sie und wich einem fragenden Blick aus, bevor sie Malfoy folgten. Das jetzt zu diskutieren würde zu weit führen. Einen Moment später, fanden sie sich beide vor den Toren zu Voldemorts düsterer Residenz wieder. Malfoy erwartete sie schon und sie traten alle drei ein. Sobald sie die Schutzwälle passiert hatten, entdeckte Liora, dass die weinroten Stickereien auch ihrem Umhang wieder sichtbar wurden. Sie zog sich automatisch die Kapuze über das Haar und senkte ihr Haupt etwas.
Unterwürfigkeit war das oberste Gebot. Nach ihrem letzten Besuch, sollte sie heute noch viel weniger auffallen und der beste Weg wäre tatsächlich das Verschwinden im Hintergrund. Immer schön unter dem Umhang verstecken und weder hektische Bewegungen, noch irgendwelche Geräusche von sich geben. Die beiden Männer gingen voran durch die mit Fackeln erhellten Flure und schwiegen dabei konsequent. Liora lief immer ein Stück hinter ihnen und auch als sie vor dem Salon stehen blieben, den sie von so vielen Besuchen kannte, hielt sie sich zurück.
Es handelte sich nicht gerade um ihren Lieblingsort auf dieser Welt. Ihr wurde kalt als sie daran dachte, was sie hier schon alles erlebt hatte. Der Salon war einer der größten in der Residenz und sie hatte ihn besonders gut in Erinnerung. Vor allem seinen kalten Steinboden, denn hier hatte sie gelegen, als man sie vor Monaten halb tot aus dem Verließen geholt hatte, damit Snape seine Wahl treffen konnte. Sie waren schon öfter wieder in diesen Salon zurückgekehrt, doch die Erinnerung verursachte bei ihr immer noch Übelkeit. Noch wenige Schritte und sie war wieder in ihrem persönlichen Alptraum gefangen.
Snape drehte sich in diesem Moment zu ihr um, als würde er ihr Unbehagen spürte und griff nach der Kapuze ihres Umhangs. Der Stoff war verrutscht, unter anderen, weil sie darauf verzichtet hatte sie weit ins Gesicht zu ziehen. „Du bist wunderschön, Liora, aber es ist dir noch nicht erlaubt dein Haar zu zeigen. Sieh es als einen Schutz vor ungewollter Aufmerksamkeit. Erst wenn ER selbst es dir genehmigt, darfst du dein Haupt unbedeckt lassen.", erklärte er flüsternd, zog ihren Umhang zurecht und achtete darauf, dass zwar ihr Haar und ihre Augen verborgen waren, doch ihr Hals und auch auch der Ansatz des Brustbeins zu sehen war. Dafür öffnete er sogar die obere Schnalle Umhangs wieder. Als er Lioras fragenden Blick bemerkte, lächelte er kurz.
„Was ... ?", setzte sie an. „Warum ich dennoch erlaube, dass dein Umhang den Blick auf deinen schlanken Hals und deine porzellangleiche Haut freigibt?", unterbrach er sie und betrachtete die eben angesprochene Partie nachdenklich. Liora nickte und legte den Kopf schief.
„Es ist ein Experiment. Der dunkle Lord wird bei schönen Dinge schwach. Er ist, wie so viele andere auch, ein Sammler ...", sagte er dann und warf Malfoy noch einmal einen warnenden Blick zu, bevor sie den Saal betraten.
Liora neigte wieder demütig ihren Kopf, so wie sie es von Anfang an gelernt hatte und blieb hinter Snape stehen, als dieser sich dem Dunklen Lord bis auf einen angemessenen Abstand genähert hatte. Im Gegensatz zu ihr, war es für Snape und Malfoy heute nicht von Nöten in die Knie zu gehen, denn der Dunkle Lord erhob sich sofort aus den reichlich verzierten Stuhl, der verdächtig einen Thron glich. Für sie galt diese Geste jedoch nicht und Liora ließ sich auf die Knie fallen, so wie es vorgeschrieben war. Heute fiel es ihr leicht sich vor ihm zu verneigen, denn ihre Beine waren den ganzen Abend schon schwer und sie hatte kein Interesse daran den ewigen Hasstiraden zu folgen, die nun unumgänglich wieder auf sie hernieder prasseln würden.
Von diesem Zeitpunkt an hatte sie nicht mehr viel zu tun. Wie alle anderen Todesser blieb sie am Boden während der Dunkle Lord eine leise Ansprache hielt. Er war nicht besonders gut gelaunt, das merkte sie schon am Tonfall. Es klang fast so, als würde er Snape Vorwürfe machen, doch der antwortete wie immer lässig und ohne aus der Fassung zu geraten. Sie verstand nicht worum es ging und es interessierte sie auch nicht. Was immer die beiden zu besprechen hatten, war es nicht wert sich einzumischen, solang Snape so ruhig reagierte.
Alles verlief so ohne Probleme. Sie ignorierte den langsam aufkommenden Schmerz in ihren Knien und atmete tief ein, als sie vorsichtig das Gewicht verlagerte. Hoffentlich hatte es keiner gesehen! Es war ungewöhnlich, dass er sie heute so lange am Boden knien ließ. Liora vermutete, dass es eine Strafe war für ihr Verhalten beim letzten Treffen und sie sah ein, dass diese Art der Strafe für sie wohl die angenehmste war. Alles andere hätte sie vermutlich postwendend wieder auf die Krankenstation verfrachtet.
„... und das hat mich stutzig gemacht. Sie hat es nur angefasst und konnte mir sagen, dass es eine Fälschung ist. Ohne lange zu zögern und ohne Tricks. Das hat mich zum Nachdenken gebracht.", sagte Voldemort und klang dabei berechnend. Erst jetzt erwachte Liora wieder aus ihrer Träumerei und spitzte die Ohren. Sie sprachen also wieder über diese Kette mit dem Amulett ... das Schutzamulett das sie als Fälschung entlarvt hatte ...
„Ich habe versucht die ganze Situation zu ordnen und darin das Detail zu finden, das ich bisher übersehen habe. Diese eine wichtige Information, die dieses große Chaos wieder ordnet und mich meinen Zielen näher bringt. Es war so knapp ... wir waren so nah dran ... und dann haben wir von einer Minute auf die andere alles verloren.", philosophierte der Dunkle Lord vor sich hin und Liora hielt die Luft an. Das durfte doch nicht wahr sein! Statt den Gedanken zu verwerfen und alles als Legenden abzutun, hielt er sich daran fest und beschäftigte sich ernsthaft weiter mit dem Kristall! Wusste er mittlerweile welcher Teil der Legenden der Wahrheit entsprach?
„Ich kenne die Legenden und ich versuche sie sinnvoll zu interpretieren. Doch sie sind umfangreich und es gibt keine konkrete Niederschrift. In jedem Teil des Landes werden sie anders erzählt. Das Einzige, das sie alle gemeinsam haben ist der Kristall, der seinem Besitzer die Kraft verleiht die vier Elemente zu beherrschen.Das Problem an der Sache ist, dass ich noch immer nicht weiß wie ich an den Kristall heran komme und wo die vier Seelen nun versteckt sind. Sonst wäre das alles ein leichtes Spiel, Severus.", sagte Voldemort und es klang, als wollte er seine Anhänger dazu auffordern mit ihm zu raten.
Liora runzelte die Stirn. Er suchte tatsächlich danach ... Ihr wurde kalt, als ihr klar wurde in was für einer verfahrenen Situation sie nun war ... Ausgerechnet ER musste auf den Kristall der vier Seelen aufmerksam werden! Warum glaubte gerade er an eine Wahrheit hinter den alten Legenden? Natürlich gab es immer wieder mal Menschen, die den Erzählungen hinterher jagten, doch bis jetzt hatte keiner auch nur den geringsten Hinweis gefunden, dass es den Kristall wirklich gab. Wieso nur hatte sie ihm nicht ausgeredet diese Idee weiter zu verfolgen?
Snape klang nun wieder gelangweilt, als er antwortete: „Mylord, sollte es diese Seelen wirklich geben, müssen sie irgendwo auf dieser Welt Spuren hinterlassen. Es dürfte also nicht schwer sein, vier Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten ausfindig zu machen. Immerhin haben wir überall unsere Leute stationiert und früher oder später wird sich eine dieser Seelen verraten."
„Ein guter Gedanke, Severus, doch leider völlig nutzlos. Das Problem ist ein Umstand mit dem ich nicht gerechnet hatte. Der genaue Wortlaut der Legenden ist wie gesagt nicht mehr herauszufinden, deswegen war es mir nicht möglich zu erforschen welche Maßnahmen zum Schutz dieser wertvollen Seelen getroffen wurden. Leider ist es aus genau diesem Grund passiert, dass eine Seele bei unserem ersten Versuch sie zu fangen entkommen konnte. Ihre Fähigkeiten und die Magie die sie umgibt, an der ich sie hätte verfolgen und erkennen könnte, wurde blockiert. Es ist ein Schutzzauber aktiv worden, der all meine Pläne zunichte gemacht hat und ich konnte in diesem Moment nicht sagen, ob er schon immer in Form eines Banns da war, oder ob er gerade eben gesprochen worden war.", zischte er und klang dabei so wütend, dass jedes falsche Wort ihn explodieren lassen würde.
„Und wie wollt Ihr nun weiter verfahren?", fragte Snape deswegen recht neutral nach.
„Kopfgeldjäger, Severus. Ich werde ihnen ein Angebot unterbreiten, das sie nicht ablehnen können und dann werden sie in meinem Auftrag nach diesen vier wertvollen Menschen suchen. Seelenfänger ... es gibt sie schon seit Jahrhunderten. Seit die Seelen sich materialisiert haben gibt es Menschen, die auf der Suche nach dieser Kraft sind und die Seelenfänger geben ihr Wissen über Generationen weiter. Sie sind wie Bluthunde und mit ihrer Erfahrung äußerst nützlich für uns."
„Laufen wir dabei nicht Gefahr auf Betrüger herein zu fallen? Wenn sie die Seelen aufspüren und für sich selbst in Anspruch nehmen?", fragte Snape und Liora konnte aus seiner Stimme wirklich einen Hauch Sorge heraus hören. Ob es jetzt wirklich die Sorge darüber war, mit der Beauftragung der Seelenfänger einen Fehler zu machen, oder ob er bereits ahnte in welche Richtung das Gespräch gehen würde, konnte sie nicht sagen. Sie war sich aber sicher, dass er die Gefahr, die sich langsam abzeichnete, erkannte ...
„Severus, du weißt, dass niemand ungestraft versucht mich, Lord Voldemort, zu betrügen! Ich werde natürlich dafür sorgen, dass die Seelen in meine Hände fallen.", es klang schon fast belustigt, als ob er es für völlig abwegig hielt, dass so etwas geschehen konnte.
„Und wie sollen sie die Fährte aufnehmen, Mylord? Bluthunde brauchen etwas, das sie verfolgen können. Jeder, der schon einmal mit den Werwölfen zusammengearbeitet hat, kennt dieses Prinzip.", kam es diesmal selbstgefällig von Malfoy.
„Auch diesen Punkt habe ich bereits bedacht. Es wird schwierig für sie, ich weiß jedoch wer uns dabei helfen kann eine Fährte aufzunehmen ...", sagte Voldemort in einer Tonart die klar machte, dass er genau wusste was er wollte und brauchte, während seine Augen bereits die Person fixierten, auf die er es abgesehen hatte.
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