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Schulalltag

Es dämmerte draußen bereits, als Lupin sich nochmal Tee nach schenkte und dann die Beine übereinander schlug. Wie schon so oft hatte Liora ihn heute Abend besucht, um eine neue Pergamentrolle mit Übersetzungen abzuliefern. Es war wirklich ein Segen, dass sie in den alten Sprachen und Ritualen so bewandert war, denn alleine würde er es nie schaffen sich durch den Berg an Papieren und alten Büchern zu arbeiten. Sie sprang ein, wenn er nicht weiter kam oder sehr schnell eine Lösung brauchte. Die Zusammenarbeit klappte gut und so hatte er die Chance immer wieder nach ihr zu sehen und sich ein Bild vom aktuellen Zustand der jungen Frau zu machen.

Er hatte die Übersetzung in aller Ruhe gelesen und ihr an interessanten Passagen immer wieder Fragen gestellt, doch im Gegensatz zu sonst, hatte Liora kaum zugehört und ihr Blick glitt immer wieder in weite Ferne. Sie erschrak sogar einmal, als er sie ansprach und diese Abwesenheit war es, die ihm Sorgen bereitete. Etwas beschäftigte die junge Hexe und verhinderte, dass sie sich auch nur ein paar Minuten richtig konzentrierte. „Möchtest du darüber reden?", fragte er schließlich und Liora runzelte die Stirn, bevor sie den Kopf langsam in seine Richtung drehte. Sie saß bisher fast reglos auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch und bis auf das Drehen des Kopfes, war auch jetzt keinerlei Bewegung zu sehen.

„Worüber?", antwortete sie und Lupin hob eine Augenbraue. Also wollte sie in die Rolle der Ahnungslosen schlüpfen. Der Versuch war kläglich, doch zumindest zeigte sie überhaupt eine Reaktion. Schon zu oft hatte er einfach frustriert aufgegeben, denn Liora konnte genauso verbohrt und stur sein wie ihr Lehrer. Sie öffnete sich nicht, wehrte ab, schwieg und wenn ihr die Ideen ausgingen, lächelte sie und tat so als wäre alles in Ordnung. Er hasste es, dieser Farce zusehen zu müssen.

Seiner Meinung nach brauchte Liora jemanden zum Reden. Jemand, der sie und ihre Situation verstand, doch Snape blockierte jede Möglichkeit ihr zu helfen. Er hatte Dumbledore überzeugt, dass es klüger war Liora im Dunkeln zu lassen über die wahren Hintergründe von Snapes Entscheidungen und Taten und solang keine andere Anweisung vom Schulleiter kam, war es unmöglich ein vernünftiges Wort mit Liora zu sprechen. Sie würde alles abstreiten. Ihm gefiel das Spiel, das hier im Gange war deswegen nicht und es passte ihm von Anfang an nicht, dass Snape die rothaarige Hexe wie eine Spielfigur auf dem Feld positionierte. Sie glaubte noch immer, in einem dunklen Machtspiel gefangen zu sein und Lupin war überzeugt, wenn sie nicht bald mit jemandem sprach, würde sie durchdrehen.

„Über das, was dich beschäftigt. Darüber würde ich gerne mit dir sprechen.", meinte er schlicht und sie ließ die Schultern hängen. Vermutlich hatte sie schon erwartet, dass er es wieder versuchen würde, denn ihre Augen nahmen einen leidenden Ausdruck an. Doch was sollte er tun? Ihr Verhalten weiterhin ignorieren? Der Tee in ihrer Tasse, die sie mit beidem Händen festhielt, war schon lange kalt und sie hatte bisher nicht einen Schluck genommen. Ihr sonst fröhliches Lächeln, hatte er heute noch nicht einmal gesehen und die Sorgenfalten auf ihrer Stirn waren auch kein besonders positives Zeichen. Das konnte er nicht absichtlich übersehen! Nicht so kurz vor den Prüfungen und schon gar nicht, weil er wusste welche Last auf ihren Schultern lag.

„Mich beschäftigt momentan sehr viel. Es ist alles gerade in bisschen verworren und ich brauche einfach mal Zeit um den Kopf frei zu bekommen. Die Prüfungen stehen an und ich fühle mich noch nicht gut genug vorbereitet. Das ist alles.", sagte sie leise und sah ihn entschuldigend an. „Möchtest du nicht einfach darüber reden? Vielleicht kann ich dir helfen alles zu entwirren. Dann wird es leichter.", bot er an, in der Hoffnung sie würde ihm ausnahmsweise einen Einblick in die sonst so strikt abgeriegelte Welt geben, in der es nur sie und Snape gab. Doch wie schon so oft schüttelte sie nur den Kopf. „Ich habe alles im Griff. Ich sollte nur etwas mehr Zeit mit den Büchern verbringen und mich nicht so häufig ablenken lassen.", behauptete sie. Lupin gab ein ungläubiges Brummen von sich und Liora presste die Lippen aufeinander. Er war sicher, dass sie reden wollte, doch er wusste auch, was sie daran hinderte.

Der Grund für ihr Schweigen saß vermutlich gerade in seiner Wohnung im Kerker und interessierte sich einen feuchten Dreck für den Druck unter dem Liora stand. Lupin nahm einen Schluck von seinem Tee und räusperte sich. Das Schlimme an der Situation war nicht nicht das auferlegte Verbot mit Unbeteiligten zu sprechen, sondern die Tatsache, dass Snape selbst auch kaum ein Wort mit ihr wechselte. Weder Dumbledore noch Lupin noch ein anderer Lehrer hatten es bisher geschafft herauszufinden was zu dem Bruch zwischen Liora und Snape geführt hatte. Der offizielle Grund, dass es sich nicht schickte, wenn Liora weiterhin im Kerker wohnte, war nicht von der Hand zu weisen, doch dass sie sich aus dem Weg gingen und Snape sich die Informationen über seinen Lehrling nun immer bei Lupin und den anderen Professoren holte, war neu. Er vermied jeglichen engeren Kontakt zu der Hexe. Mit wem hätte sie also reden sollen? Lupin beschloss, es noch einmal zu versuchen. Sie mussten es schaffen ein Level zu finden auf dem sie offen reden konnten, ohne, dass Liora Gefahr lief gegen Snapes strenge Verpflichtung zum Schweigen zu verstoßen. „Liora, mir ist in den letzten Wochen aufgefallen, dass du dich von den Schülern distanzierst. Damit meine ich speziell Harry und seine Freunde. Ihr habt euch sehr gut verstanden und plötzlich sprecht ihr nicht mehr miteinander.", gab er ein erstes Thema vor.

„Die Vorbereitung auf die Prüfung, die Arbeit im Labor und viele andere Dinge spannen mich zu sehr ein. Da bleibt keine Zeit für intensive Kontakte.", erklärte Liora und deutete ein Lächeln an. Das konnte sie erzählen wem sie wollte! Er würde sie aus der Reserve locken, ob sie wollte oder nicht, denn Lupin hatte ein Ass im Ärmel. „Nur das Lernen also? Warum kommt dann ein besorgter Harry zu mir und fragt ob ich weiß, was mit dir los ist? Ob es dir gut geht und ob ich wüsste, warum du so abweisend bist.", wollte er wissen und sie errötete leicht.

„Er kam wirklich zu dir und hat sich erkundigt?", harkte sie nach und Lupin nickte. Er war selbst verwundert gewesen über Harrys Erscheinen. Beim ersten mal hatte er es noch als jugendliche Spinnerei abgetan. Hatte Harry weggeschickt und ihm gesagt, dass es vermutlich nichts zu bedeuten hatte. Doch dann hatte Harry irgendwann geäußert, dass er vermutete, dass Snape dahinter steckte. Lupin war hellhörig geworden und hatte sich die Vermutungen seines Schülers in Ruhe angehört. Im Brustton der Überzeugung hatte Harry erklärt, dass Snape Liora erpresste oder sie sogar mit Gewalt unter Kontrolle hielt. Beweisen konnte er es nicht, doch er war sicher im Recht zu sein. Lupin wusste, dass Snape kein fairer Mensch war und auch nicht dazu neigte auf die Gefühle seiner Mitmenschen zu achten, doch er würde ihm nie unterstellen Liora Gewalt anzutun. „Ja, Harry war bei mir. Mehr als einmal sogar. Er schien sehr besorgt zu sein, weil du dich so plötzlich aus dieser Freundschaft verabschiedet hast. Du hast dich aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen zurückgezogen und das hat ihn arg getroffen. Das war ungefähr im Februar?" Sie wich seinem Blick sofort wieder aus, doch Lupin war sicher, dass er bereits auf dem richtigen Weg war, denn er glaubte in ihren Augen so etwas wie Bedauern gesehen zu haben.

„Liora, es ergibt doch keinen Sinn sich weiterhin zu quälen. Hast du den Kontakt wirklich einfach so abgebrochen?"

Liora biss sich auf die Unterlippe und sah dann wieder in ihre Teetasse. „Ja, im Februar. Ich hab ihm gesagt, dass er sich von mir fern halten soll und ich keinen weiteren Kontakt wünsche. Nicht auf diese Art.", erklärte sie leise. Genau das hatte er auch schon von Harry erfahren, doch er wollte wissen warum und hoffte, Liora wäre emotional genug geladen um Snapes Verbote einfach zu ignorieren. „Im Februar hast du auch deine eigenen Räume bezogen. Die Ereignisse überschneiden sich zeitlich fast.", stellte er fest und glaubte zu sehen, dass ihr Griff um die Tasse fester wurde. Sie verspannte sich, leugnetet jedoch einen Zusammenhang: „Das hatte damit nichts zu tun. Es gab keinen Grund weiterhin bei Severus zu wohnen. Es wäre auch nicht angebracht gewesen, immerhin bildet er mich ab dem nächsten Jahr aus. Und Harry ... ich musste Harry auf Abstand halten. Mir wurde das alles etwas zu viel, was hätte ich sonst tun sollen?"

„Was genau wurde dir zu viel?" Jetzt hob sie den Kopf wieder und die Anspannung, die langsam in ihre Züge gekrochen war, wich einer ehrlich wirkenden Sorge. „Harry ist mir zu viel geworden. Wir haben uns gut verstanden, aber er wurde immer anhänglicher. Er glaubte wohl, sich in mich verliebt zu haben und das durfte ich nicht unterstützen. Ich werde das nächste Schuljahr als Severus' Lehrling hier auf Hogwarts eine sehr anspruchsvolle Ausbildung beginnen und im Rahmen dieser Ausbildung, werde ich selbst auch die ein oder andere Unterrichtsstunde übernehmen – sollte Severus das erlauben. Ich hielt es nicht für angemessen, mich einer Teenagerromanze hinzugeben, wenn ich im nächsten Jahr eine Autoritätsperson an dieser Schule sein soll. Von den Professoren hat schließlich auch keiner eine Affäre mit einem Schüler. Das muss doch einleuchtend klingen, oder?"

„Ja, für mich klingt das gerade sehr einleuchtend. Aber warum, hast du es ihm nicht so erklärt?", wollte Lupin wissen und versuchte schnell wieder den Gedanken daran zu verdrängen, dass irgendein Professor irgendeine Affäre haben könnte. Eine gruselige Vorstellung.

„Weil Severus und Professor Dumbledore nicht möchten, dass die Schüler es erfahren, solange ich die Prüfungen nicht abgelegt habe. Es gibt wohl Probleme mit dem Ministerium und sie wollen erst meine Eignung bestätigt haben, bevor ein Wort nach draußen dringt.", erklärte Liora sachlich und Lupin runzelte die Stirn.

Die Geschichte war perfekt durchdacht. Zu perfekt. Es klang so, als hätte man ihr ganz genau vorgegeben, was sie zu sagen hatte. „Und du würdest Harry nicht viel lieber die Wahrheit sagen? Er ist ein guter Junge, Liora, er würde dir nie schaden wollen." Lupin beobachtete, wie sie nach einer Erklärung suchte und dabei wieder begann auf ihrer Lippe herum zu kauen. So unausgeglichen wie heute hatte er sie noch nie erlebt. Es konnte aber nicht allein an der Geschichte mit Harry liegen. Da musste noch mehr sein und er wollte unbedingt herausfinden was es war.

„Ich kann nicht."

„Das heißt, du wirst das mit Harry nicht klären, sondern ihn einfach im Unklaren lassen?", harkte er nochmal nach und Liora schüttelte leicht den Kopf. „Ich rede mit ihm, sobald die Prüfungsergebnisse da sind. Aber er soll sich keine Hoffnung machen, dass da mehr sein könnte. Sobald er weiß was Sache ist, wird er sowieso kein weiteres Interesse an einer Freundschaft haben.", wiegelte sie das Thema ab und trank nun endlich einen Schluck ihres kalten Tees.

„Warum so lange warten?"

Sie seufzte. „Weil ich nicht möchte, dass er wieder an mich dran hängt. Remus, warum stellst du so viele Fragen?", sie klang genervt. „Ich möchte einfach nicht, dass irgendjemand auf die Idee kommen könnte, da sei irgendwas zwischen Harry und mir. Und bevor du jetzt protestierst, NEIN, ich will auch nicht dass wir wieder so eng befreundet sind. Das ist nicht gut für ihn und erst recht nicht für mich!"

„Es ist nicht gut für dich mit Harry Potter befreundet zu sein?", harkte er nach.

„Es ist nicht gut, wenn die Leute darüber REDEN, dass ich mit ihm befreundet sein könnte! Könnten wir das jetzt bitte lassen? Ich will nicht weiter über Harry reden. Sobald er erfährt, was ich wirklich tue, wird er sich von mir abwenden. Die Sache ist erledigt.", erklärte sie und seufzte wieder resigniert.

Lupin war sich nicht ganz sicher, was genau sie nun meinte. Ihre Arbeit als Snapes Lehrling hier an der Schule, oder all die anderen Dinge, die sie und Snape taten ... „Du glaubst er wird es nicht gutheißen, dass du mit Severus zusammenarbeitest?", fragte er deswegen nochmal.

Er glaubte einen kurzen Moment so etwas wie Widerwillen in ihrer Miene zu sehen, bevor sie antwortete. „Ich will nicht über Severus reden. Auch nicht über unsere Arbeit. Wechseln wir das Thema." Ihr Tonfall machte klar, dass er so nicht weiter kam und so schwiegen sie. Es tat ihm leid zu sehen, dass irgendwas sie quälte und nichts und niemand in der Lage war ihr zu helfen. Zwar wusste er noch immer nicht, was im Februar vorgefallen war, doch er ahnte, dass die Trennung von Snape nicht wirklich so abgelaufen war, wie es in der offiziellen Erklärung hieß.

Irgendwann war er das Schweigen leid. „Warum?"

Sie verstand die Anspielung sofort. „Weil es uninteressant ist und ich es satt habe, dass alle glauben, es gäbe einen tieferen Sinn dafür, dass er sich bisher mit mir abgegeben hat. Den gibt es nicht. Wir sind uns auf ungewöhnlichen Wegen begegnet und er ist bereit mich auszubilden. Ich bin kein Wunderkind, er zwingt mich zu nichts, es ist alles einfach ein riesiger Zufall und wir machen aus der Situation das Beste. Fertig. Keine Geheimnisse.", erklärte sie und klang schon fast zickig. Wieder herrschte Schweigen.

Sie stellte ihre Tasse zur Seite und sah nun fast schon verbittert aus. Sie verschränkte die Arme und erwiderte seinen Blick trotzig. Diesmal wich sie nicht aus und Lupin vermutete, dass dies einer der Punkte war, an dem eine Diskussion zwischen ihr und Snape recht schnell eskalierte. Beide konnte sturer als alle Esel dieser Welt sein und beide gingen schnell in die Luft, wenn man es wagte Salz in offene Wunden zu streuen. Mit ihm würde sie allerdings keinen Streit anfangen, dafür war er eindeutig zu geduldig. Er nahm ihren Stimmungsumschwung gelassen und hob lediglich eine Augenbraue, als Liora genervt schnaubte.

„Also gut, wir wechseln das Thema. Lass mich dir nur einen Hinweis geben. Es ist immer besser solche Dinge ehrlich zu klären. Harry ist ein guter Mensch, er hat die Wahrheit verdient. Schreib ihm meinetwegen einen kurzen Brief. Du musst ja nicht ins Detail gehen, aber er soll verstehen dass du Verpflichtungen hast. Danach gehst du dazu über die Schüler – auch Harry! - förmlich anzusprechen, wie die Professoren es auch tun. Werde zu der Person, die Severus und alle anderen ab dem nächsten Jahr in dir sehen wollen. Sei eine Autoritätsperson.", sagte er ruhig und als Liora etwas erwidern wollte, brachte er sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Ich bin noch nicht fertig. Was das Private angeht: Ich weiß, dass du viel durchmachst und ich weiß, dass es nicht immer leicht ist, mit Severus zusammen zu arbeiten. Er kann einem sehr viel aufbürden und ich denke gerade in deinem Fall ist er nicht zimperlich. Nur versuch das alles nicht allein durchzustehen. Du kannst mit mir sprechen, Liora. Ich weiß mehr als du glaubst und ich würde dich nie verurteilen. Für nichts was du tust oder fühlst. Okay?"

Hoffentlich hatte er es so formuliert, dass sie den Unterton herausgehört hatte und nachdem sie stirnrunzelnd über seine Worte nachgedacht hatte, schien sie tatsächlich zu dem Schluss zu kommen, dass er es so meinte wie er es sagte. „Okay.", antwortete Liora schlicht. Sie lehnte sich zurück und ein Teil ihrer Anspannung schien wieder von ihr abzufallen. Sie rang mit sich und ihrem Gewissen.

Was auch immer in ihr vorging, es hatte sie ziemlich verstört, doch er war sicher sie würde früher oder später vernünftig werden und sprechen. Noch einmal tief Luft holend, griff sie sich an die Stirn und wich ihm wieder aus. Lupin hätte ihr gerne gesagt, dass sie sich nicht weiter quälen brauchte und er ihr beistehen würde, egal was sie durchmachte, doch jeder Schritt in ihre Richtung würde sie nun eher verscheuchen. Bis sie sich von allein öffnete musste er jedoch nicht lang warten, denn der abwesende Ausdruck kehrte recht schnell zurück und sie räusperte sich.

„Ich habe letztens einen Menschen getroffen, den ich glaubte zu kennen. Er sah aus wie einer der Menschen, die mir in den dunkelsten Stunden meines Lebens schreckliche Dinge angetan haben.", begann sie leise und Lupin stellte nun ebenfalls seine Tasse zur Seite, um sich aufmerksam nach vorne zu beugen. „Dieses Gesicht wieder zu sehen hat mich geschockt und viele schlimme Bilder wieder heraufbeschworen. Kannst du dir das vorstellen?", fragte sie und Lupin schüttelte leicht den Kopf.

„Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Da muss ich leider passen. Kann man etwas tun, damit du dich besser fühlst?"

„Man kann nichts tun, Remus.", flüsterte sie und lächelte traurig. „Man kann nichts tun, denn früher oder später wird diese Dunkelheit mich einholen, dann wird keiner mir mehr helfen können."

„So schlimm kann es nicht sein. Was soll dieser Mensch dir schon tun?"

„Es geht nichts darum, was er tun kann, sondern um das, wofür er steht. Oh man, wie soll ich das erklären?", murmelte sie und strich sich fahrig ein paar gelockerte rote Strähnen aus dem Gesicht. „Nehmen wir an, ich erzähle dir von einer 'Freundin', die einiges durchgemacht hat.", begann sie und suchte wieder Augenkontakt um sicher zu stellen, dass er ihr folgen konnte. Ein interessanter Ansatz! Lupin nickte ihr verstehend zu und glaubte zu sehen, dass sie erleichtert aufatmete. Wenn es so leichter für sie war mit ihm zu sprechen, war es ihm recht.

„Was ist ihr denn geschehen?", fragte er vorsichtig.

Sie sahen sich in die Augen und Lupin konnte in ihren Tränen schimmern sehen. Emotionen, endlich. „Sie hatte ein so schönes Leben ... fern ab von all den schrecklichen Dingen, die jeden Tag geschehen. Doch das Schicksal meinte es nicht gut und dieses Leben wurde zerstört. Sie ging durch die Hölle und traf dabei auf Menschen, die es ebenfalls nicht gut mit ihr meinten. Einige Gesichter aus dieser Zeig haben sich eingebrannt, bevor sie überraschend gerettet wurde.", erzählte sie mit monotoner Stimme und verschränkte die Arme vor der Brust. „Jetzt hat sie eben eines dieser Gesichter wieder gesehen und alles was schon lange verdrängt und aufgearbeitet schien, kam wieder hoch. Die Angst, die Schreie, die Schmerzen ..."

Am liebsten wäre Lupin aufgestanden und hätte sie in die Arme genommen. Er wusste, dass Snape sie vor dem Tod gerettet hatte, doch was genau das bedeutete, konnte er sich nicht vorstellen. Sie musste wochenlang in Gefangenschaft gelitten haben. Ob Snape sich jemals mit diesem Trauma beschäftigt hatte?

„Gab es denn jemanden mit dem sie über all diese Dinge sprechen konnte?", fragte er deswegen und zu seiner Überraschung nickte Liora sofort. „Ja. Es ließ sich alles aufarbeiten, doch diese Begegnung hat alte Ängste heraufbeschworen."

„Die Angst, dass diese Hölle wieder von vorn beginnt?", vermutete Lupin und wieder nickte sie.

„Wie kommst du darauf? Ich würde behaupten, Hogwarts ist ein sehr sicherer Ort. Was soll hier schon geschehen, selbst wenn da draußen ein Mensch herum läuft, der in der Vergangenheit 'deiner Freundin' mal eine Rolle gespielt hat."

„Das sehe ich anders. Ich weiß seinen Namen nicht mehr, aber ich glaube sein Sohn ist hier Schüler. Sie sehen sich so verdammt ähnlich. Wenn ich nur wüsste wie der Name war ...", murmelte sie und runzelte angestrengt die Stirn, während sie versuchte auf den Namen zu kommen. Das war doch mal eine interessante Information!

„In welchem Haus ist dieser Schüler?"

„Bei Severus. Er ist blond. Ich habe nie ein Wort mit ihm gewechselt, aber soweit ich weiß, können Harry und seine Freunde ihn nicht besonders gut leiden. Weißt du wen ich meine?", fragte sie und sah ihn hilfesuchend an.

„Ich denke schon. Malfoy?", antwortete er und Liora saß mit einem mal aufrecht auf ihrem Stuhl. „Ja! Das war es!", sagte sie und öffnete dann erschrocken den Mund. Für einen Moment sah es so aus, als wollte sie etwas sagen, doch dann schloss sie ihn wieder.

Ohne eine weitere Erklärung erhob sie sich und griff nach ihrer Tasche. „Sei mir nicht böse, Remus, aber ich für heute denke ich, habe ich genug." Noch bevor er dazu kam sich ebenfalls zu verabschieden eilte sie hinaus und war verschwunden. Das war ein schneller Abgang! Schade, doch der Abend hatte ihm zumindest einen kleinen Einblick in ihre Gefühlswelt erlaubt.


.........


Der Tag drauf sollte noch einige Überraschungen bereit halten, doch bis zur Mittagspause war davon nichts zu spüren. Der Unterricht verlief wie immer. Liora schrieb mit soviel sie konnte, hatte die entsprechenden Kapitel jedoch bereits gelesen und konnte sich so schon mit anderen Themen beschäftigen. Kräuterkunde und Zauberkunst waren heute nicht sehr anspruchsvoll gewesen, vor allem, weil sie auf Snapes Anweisung hin noch immer keinen Zauberstab bekommen hatte. Sie hatte also wie immer nur Notizen gemacht und würde die praktischen Übungen am Abend in aller Ruhe in ihren Räumen versuchen.

Mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt auf die selbe Art zu zaubern wie die Schüler Hogwarts' und sie fragte sich, warum ihre alte Lehrerin darauf bestanden hatte, dass sie die alten viel komplizierteren Rituale und Zauber so intensiv studierte. Sie würde dringend mit Snape sprechen müssen, denn spätestens für die Prüfungen sollte sie komplett ausgestattet sein. Was sollte schon passieren? Hätte sie fliehen oder ihn angreifen wollen, hätte sie es locker auch so gekonnt.

Sie blätterte eine Seite in ihrem Buch für Zaubertränke um und lehnte sich gegen eine der Mauerzinnen. Hier saß sie bei schönem Wetter sehr gerne. Zwischen den Zinnen konnte sie nicht jeder anstarren und sie hatte einen guten Überblick über die Ländereien und den Vorhof des Schlosses gleichzeitig, wo die Schüler sich in der Pause die Zeit vertrieben. Sie beobachtete das Miteinander hin und wieder über den Rand ihres Buches hinweg und auch heute schaffte sie es nicht sich auf die Rezepte in ihrem Buch zu konzentrieren.

Der Vorabend war aufwühlend gewesen, doch es hatte auch gut getan mit Lupin zu sprechen. Ihr Blick glitt zu Harry und seinen Freunden, die sich abseits von den anderen Schülern ein sonniges Plätzchen auf den Steintreppen zum großen Eingangsportal gesucht hatten und dort ebenfalls über einem Buch brüteten. Zumindest Hermine tat es und las den beiden jungen Männern daraus einzelne Passagen vor, die sie kurz darauf heftig zu diskutieren schienen. Ron hörte ihr dabei aufmerksam zu, auch wenn sein Gesichtsausdruck deutlich machte, dass er entweder nicht verstand was seine Freundin sagte, oder absolut nicht damit einverstanden war. Harry hingegen wirkte abwesend. Er hatte die langen Beine ausgestreckt und stützte sich mit den Ellbogen auf einer der Treppenstufen ab, während sein Blick nachdenklich an seinen Schuhspitzen hing.

Vermutlich hatte er ordentlich an dem zu kauen, was sie ihm am gestrigen Abend noch geantwortet hatte. Ihr Brief war kurz gewesen, doch er sollte seinen Zweck erfüllt haben. Sie hatte es genau so umgesetzt wie Lupin es ihr geraten hatte. In knappen Worten hatte sie Harry erklärt, dass sie auf einen angemessenen Abstand zwischen ihnen bestand und nicht gewillt war, weitere Annäherungs- oder Nachstellversuche von seiner Seite zu akzeptieren. Das Verhältnis zwischen Schüler und den Angestellten der Schule solle gewahrt bleiben, eine Regelung die sie ab sofort strenger durchsetzen würde.

Damit hatte sie nicht verraten, wie genau in Zukunft ihre Aufgaben aussehen würden, aber es war deutlich dass sie sich nicht weiter mit ihm und seinen Freunden abgeben würde. Dieser Schritt und vor allem der formale Ton in ihrem Schreiben hatten sie viel Überwindung gekostet, doch was hatte sie für eine Wahl? Auf Dauer keine und sobald die Prüfungen vorbei und bestanden waren, würde Harry die Schule verlassen. Vermutlich sahen sie sich danach nicht mehr so schnell wieder, außer er lief ihr während eines ihrer Botengänge über den Weg. Schade, aber vermutlich der beste Weg.

Sie wandte sich wieder ihrem Buch zu und hatte gerade erst den ersten Absatz gelesen, als sich ein Schatten auf die Seiten legte und sie wieder aufblicken ließ. Sofort verspannte sie sich und setzte sich aufrecht hin. Schon zu Beginn der Pause hatte sie ihn beobachtet und versucht sich vorzustellen, wie er ihr und Harry auflauerte, um jeden ihrer Schritte zu dokumentieren.

Der kleine Mistkerl hatte sie eiskalt bei seinem Vater verpfiffen und dieser hatte Snape das verhängnisvolle Schreiben zukommen lassen, das erst der Auslöser für alle ihre Streitigkeiten gewesen war. Wegen diesem kleinen Schleimer hatte sie eine menge Ärger! Hoffentlich erwartete er jetzt kein freundliches Gespräch, denn sie war alles andere als gut auf ihn zu sprechen. „Kann ich Ihnen helfen?", fragte sie kühl und musterte den Schüler mit einem möglichst desinteressierten Blick. Seine Beschützer, standen in einiger Entfernung und beobachteten alles. „Möglicherweise. Ich glaube, wir wurden einander noch nicht vorgestellt.", antwortete er und setzte dabei ein so schmieriges Lächeln auf, dass Liora sicher war, er würde irgendwann auf seinem eigenen Schleim ausrutschen.

Er wollte also reden. Gut, dann aber auf Augenhöhe. Liora erhob sich langsam und blickte nun direkt in die grauen Augen, die sie schon bei seinem Vater bemerkt hatte. „Ich denke das ist nicht nötig. Mir ist durchaus bekannt, wer Sie sind Mister Malfoy. Ich bin nicht erst seit gestern an dieser Schule und habe die meisten Schüler sehr gut im Blick.", erklärte sie und nahm ihm damit wohl den Wind aus den Segeln, denn seine Selbstsicherheit wackelte kurz. Die Hand, die er zur Begrüßung ausgestreckt hatte, zog er wieder zurück. „Sehr gut, dann sparen wir uns die Formalitäten. Mein Vater hat mir berichtet, dass ihr eine kleine Begegnung in einem seiner Lieblingsgeschäfte hattet und ich dachte, wir können uns eventuell über gemeinsame Interessen austauschen.", erklärte er und Liora klappte ihr Buch zu, bevor sie eine Augenbraue hob. So? Sein Vater hatte ihm also gesagt, dass er sie getroffen hatte?

„Es heißt 'dass Sie eine Begegnung hatten'. Wir wollen doch nicht unhöflich werden.", korrigierte sie ihn leise und presste die Lippen aufeinander. Er lachte und schaffte es nicht, den Hohn daraus zu verbannen. Es war klar, dass er absolut nichts davon hielt, sie mit Respekt zu behandeln, doch das würde er schon noch lernen. Spätestens wenn sie sich mal außerhalb der schützenden Mauern das Schlosses über den Weg liefen.

Sie betrachtete abschätzend die beiden Begleiter des jungen Malfoy und brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass die Beiden sich absolut nicht wohl fühlten. Beide standen etwas abseits und beobachteten sie argwöhnisch. Ob es nun daran lag, dass sie aus dem direkten Umfeld Malfoys verbannt wurden und ihm so im Notfall nicht beistehen konnten, oder ob sie es nur nicht gut hießen, dass er mit ihr sprach, konnte sie allerdings nicht sagen. „Sind Höflichkeiten für uns wirklich so wichtig? Wo wir doch so viel gemeinsam haben und uns so gut unterhalten könnten. Ich wäre ein besserer Gesprächspartner, als Potter und seine dreckigen Freunde.", erklärte er und es klang, als würde er den letzten Satz ausspucken.

„Ich wüsste nicht, was wir uns zu sagen haben. Mister Malfoy, Sie haben sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert, als Sie Ihrem Vater diese Lügen über Mister Potter und mich berichtet haben. Ein netter Versuch, doch was auch immer Sie damit erreichen wollten, es war nicht von Erfolg gekrönt. Vielleicht versuchen Sie in Zukunft, sich aus den Angelegenheiten anderer Leute heraus zu halten. Das könnte sonst irgendwann böse für Sie enden.", erklärte Liora ruhig und konnte sehen, wie sich eine steile Falte auf seiner blassen Stirn bildete. „Wie kannst du es wagen so mit mir zu sprechen! Mir zu drohen! Ich weiß alles über dich! Hätte Severus dich nicht aus dem Dreck der Verließe gezogen, in denen du hättest verrotten sollen, wärst du heute nur einer von unzähligen unwichtigen Namen, die IHM zum Opfer gefallen sind.", zischte er und jetzt ballte er auch die Fäuste.

Liora hob unbeeindruckt die Augenbrauen und sah ihn gespielt verwundert an. „Ich habe absolut keine Ahnung, wovon Sie sprechen, Mister Malfoy.", sagte sie möglichst unschuldig und legte den Kopf dabei leicht zur Seite. „Das weißt du genau! Ich beobachte jeden deiner Schritte in diesem Schloss und ich weiß alles über dich und die Dinge, die Severus und du tun. Es war mein gutes Recht, ihn und meinen Vater über deine Taten zu informieren!", bestand er auf sein Recht und Liora überlegte sich gerade eine schlagfertige Antwort, als sie ihre Rettung schon heran eilen sah. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen und selbst wenn, dann geht es Sie nichts an. Zu wem ich Kontakt halte, kann Ihnen egal sein.", sagte sie und er schnaubte abfällig.

„Nicht in unseren Kreisen! Du willst eine von uns sein? Dann halte dich an die Regeln! Kontakt zu Potter ist Verrat! Jeder an dieser Schule kann bezeugen, dass sein Interesse an 'der unheimlichen Neuen' kein freundschaftliches ist. Damit begehst du Verrat an unserem Herren und an der Familie. Lass dir gesagt sein, ich werde weiterhin jeden deiner Schritte beobachten und jeden Fehltritt wirst du büßen! Ich kam hier her um dir meine Freundschaft anzubieten, doch du warst so dumm, dich mit einem Malfoy anzulegen. Das wirst du bereuen! Ich mache dir das Leben zur Hölle! Verräter erwartet ein ganz besonders grausames Ende und es wäre doch schade um diesen hübschen Körper, oder?", sagte er und wollte sich ihr gerade nähern, als sich eine Hand auf seine Schulter legte und ihn zurückhielt. Er erstarrte und Liora musste sich ein Lächeln verkneifen.

„Der von Ihnen so gelobte 'hübsche Körper' von Miss Avelon geht Sie absolut nichts an, Mister Malfoy. Lassen Sie das mal ausschließlich meine Angelegenheit sein.", kam es düster von Snape, der den Großteil von Malfoy Rede mitbekommen hatte und er zog seinen Schüler zur Seite um Platz zwischen ihm und Liora zu schaffen. „Wir haben uns nur nett unterhalten.", rechtfertigte der junge Malfoy sich und warf dem Professor für Zaubertränke einen wütenden Blick zu. „Mir gefiel der Ton dieser Unterhaltung aber nicht. Sehen Sie zu, dass Sie Ihre Pause anders verbringen, Mister Malfoy. Der Schulhof ist kein Ort, an dem es sich schickt über private Interessen zu diskutieren und Miss Avelon ist auch ganz sicher nicht die richtige Ansprechpartnerin dafür.", erklärte Snape in einem Tonfall, der einem Todesurteil glich und deutlich machte, was er davon hielt, dass sein Schüler versucht hatte auf dieser Ebene mit Liora Kontakt aufzunehmen.

Mit einem abfälligen Blick auf Liora und einem eher ironischen „Ja, Professor.", wandte er sich ab und schritt zurück zu seinen beiden Beschützern. Zu dritt zogen sie ab und Liora atmete auf. Als sie außer Hörweite waren und Snape sich mit einem kurzen Blick über die Schulter versichert hatte, dass auch kein anderer zuhörte, wandte er sich an Liora. „Was hast du getan?!", fragte er grollend und sie legte fragend den Kopf schief. War das ein Vorwurf?

„Ich saß hier und habe gelesen. Wie immer. Du gehst jeden Tag an mir vorbei und siehst, dass ich nichts anderes tue.", erklärte sie empört. Was sollte das denn jetzt? Er konnte ihr doch nicht ernsthaft vorwerfen, dass es ihre eigene Schuld war, dass Malfoy Junior sie auf dem Schulhof ansprach und dann auch noch unverschämt wurde. „Ich will wissen was du getan hast, um Lucius Aufmerksamkeit zu gewinnen. Draco hatte das gesamte Schuljahr kein Interesse an dir und ich habe ihm auch geraten sich von dir fern zu halten. Warum jetzt? Was veranlasst ihn, sich dir jetzt zu nähern?", wollte Snape wissen und musterte sie durchdringend.

Ach, das meinte er! Liora hob die Schultern. „Ich bin seinem Vater bei meinem letzten Botengang begegnet. Nur kurz. Ich habe den Laden gerade verlassen, da ist er rein.", sagte sie und auch wenn ihr diese Begegnung bisher nicht besonders wichtig erschienen war, brummte Snape jetzt genervt. „Warum hast du mir das nicht gesagt?!", fuhr er sie an und Liora wich einen Schritt zurück. Zwar war seine Stimme nicht laut, doch das änderte nichts daran, dass er bedrohlich klang.

„Wir haben uns nicht mal gegrüßt. Es war unwichtig und ..."

„UNWICHTIG?!", zischte er ungläubig. „NICHTS ist unwichtig, Liora! Was ist genau geschehen? Ich brauche jedes Detail. Du bist sonst auch nicht so schweigsam, mach also den Mund auf!", wies er sie an und setzte seine Runde über den Vorhof fort. Er konnte es nicht leiden in der Pause Aufsicht zu haben, das wusste sie. Eilig folgte sie ihm und steckte das Buch in ihre Umhängetasche. Auch wenn ihr weder sein Tonfall noch das Thema gefielen, es war lange her, dass sie miteinander gesprochen hatten. Die kurzen Wortwechsel wenn sie ihre Besorgungen ablieferte, waren wohl kaum als Gespräch zu bezeichnen. Deswegen war es ihr eigentlich egal ob er gerade schlecht gelaunt war. Hauptsache sie sprachen wieder normal miteinander.

„Es war wirklich nichts. Ich habe mich gerade von Mister Borgin verabschiedet, bin aus dem Laden und in dem Moment ist er rein gekommen und hat mir die Tür aufgehalten. Das war es. Wir haben kein Wort gewechselt. Ich wusste erst auch nicht wer er war, nur dass er mit bekannt vorkam.", erzählte sie und als sie zu Snape rüber sah, hatte er die Arme vor der Brust verschränkt und wütend die Stirn gerunzelt. „Hat er dich angefasst?", wollte er wissen und Liora verdrehte die Augen. Also bitte! Es konnte doch nicht wirklich sein, dass er noch immer so reagierte, wenn ein anderer Mann auch nur in ihre Nähe kam. Dieses Thema sollte er nun wirklich langsam verarbeitet haben!

„Du glaubst also immer noch ich gehe durch die Welt und jeder der Lust hat darf mal zupacken? Das ist lächerlich, Severus! Du tust mir Unrecht!", zischte sie und er blieb stehen. Sie quietschte erschrocken, als er sie am Oberarm packte und näher zu sich zog. Sofort richteten sich ein paar der Blicke umstehender Schüler auf sie. „Das hat mit deinen kleinen Eskapaden nichts zu tun, Liora! Ich will wissen ob Malfoy dich angefasst hat! Hat er dich berührt? Egal wie!", knurrte er leise und warf dann einen finsteren Blick zur Seite, wo eine Gruppe Erstklässler stehen geblieben war und mit großen Augen beobachtete, wie der Professor die rothaarige Hexe so nah an sich zog.

Zum Glück standen sie etwas abseits und nicht mitten im Hof. Dennoch konnte Liora die neugierigen Blicke auf sich spüren. Es musste befremdlich auf die Schüler wirken, dass ihr so übellauniger Professor einen anderen Menschen so weit in seine gewohnten Distanzzonen eindringen ließ. „Ich habe keine Ahnung, was dir diese Information bringt, aber ja. Ja, er hat mich berührt.", flüsterte Liora. Sie sah ihm in die Augen und konnte sehen wie er zwischen Wut und Sorge zu schwanken schien.

„Wie?", wollte er wissen und sein Blick schien sie zu durchbohren.

Liora zögerte und versuchte die Situation in Gedanken noch einmal durchzugehen. „Er hat mir die Tür aufgehalten und mir dann im Vorbeigehen die Kapuze meines Umhangs runtergezogen und das war's. Ich bin erschrocken, aber weitergegangen. Mehr war es nicht."

„Du lügst! Was noch?", harkte Snape nach und Liora wich seinem Blick aus. Sie war sich nicht sicher was er noch hören wollte. Es war nicht mehr passiert. Zumindest glaubte sie, dass es nicht mehr war. Vermutlich hatten ihre Sinne sie in dieser kurzen Stresssituation im Stich gelassen und sie hatte es falsch in Erinnerung.

„Liora, was noch?!", war seine Frage nun eindringlicher und diesmal war sie sicher, dass er besorgt klang.

„Ich glaube er hat sich mir absichtlich so in den Weg gestellt und ich ... ich bin nicht sicher ... ich glaube er hat an mir gerochen, als ich an ihm vorbei geeilt bin.", erklärte sie und hob hilflos die Schultern. Es klang wirklich lächerlich. Warum sollte ein erwachsener Mann so was tun? Doch Snape sah aus, als war das genau die Antwort, die er erwartet hatte. Er ließ sie los und wandte sich ab, um seinen Weg über den Hof fortzusetzen.

„Severus!" Liora sah zu, dass sie ihm hinterher kam und als sie wieder an seiner Seite war, erkannte sie, dass er angestrengt nachdachte. „Es tut mir leid, ich dachte, da ist völlig bedeutungslos! Vielleicht habe ich mich auch geirrt und die ganze Situation falsch eingeschätzt. Der Bote hat mich vorher gereizt und ich war noch übermäßig geladen. Vielleicht habe ich mich verschätzt.", versuchte sie einzulenken, doch Snape schüttelte entschieden den Kopf, bevor er mitten im Hof stehen blieb und sich umsah. Liora runzelte die Stirn und wollte gerade noch anmerken, dass sie möglicherweise auch durch die plötzlich wieder aufkommenden Erinnerungen an ihre Gefangenschaft voreingenommen war, als er ihr zuvor kam: „Lucius Malfoy tut nichts ohne einen Hintergedanken. Ich bin mir noch nicht sicher, aber ich vermute, dass es kein Zufall war, dass er dir an diesem Tag über den Weg gelaufen ist. Er wollte an diesem Tag dort sein. Kanntest du den Boten?"

„Nein, ich hab ihn vorher noch nicht gesehen."

Snape schien seine Theorie bestätigt, denn er nickte leicht und sah dabei aus, als würde er am liebsten jemanden umbringen. „Er wurde vermutlich kurz vorher ausgewechselt und wenn ich Malfoy richtig einschätze, dann sollte der Bote dich unnötig hinhalten. Malfoy hat jedoch nicht damit gerechnet, dass du dich zu wehren weißt. Du hast doch dafür gesorgt, dass alles problemlos abläuft?", fragte er und hob eine Augenbraue. „Natürlich. Wie immer. Ich habe keine Zeit für dummes Geschwätz.", antwortete Liora sofort und glaubte einen seiner Mundwinkel kurz nach oben zucken zu sehen.

„Damit hatte er nicht gerechnet. Du warst zu schnell. Vermutlich hat er deswegen jetzt Draco geschickt, um sich weiter an deine Fersen zu heften. Der gute Lucius wird langsam durchschaubar. Halte dich von Draco fern. Ich sorge dafür, dass er dich in Ruhe lässt, aber sollte er wider erwarten noch einmal versuchen dich anzusprechen, mach ihm klar, was du davon hältst. Gerne auch mit Gewalt. Um Lucius kümmere ich mich."

Liora ließ den Blick schweifen und sah gerade zu, wie die Gruppe um Harry und seine Freunde sich um ein paar weitere Griffindores vergrößerte, als Snape ihr eine Hand auf die Schulter legte und damit wieder ihre Aufmerksamkeit forderte. Eine Berührung! Er hatte seit ihrem Streit peinlich genau darauf geachtet sie nicht mehr zu berühren, auch nicht aus Versehen. Sie wandte sich zu ihm um. „Wenn wir schonmal Zeit haben uns zu unterhalten: Ich habe in den nächsten Tagen einen besonderen Auftrag für dich. Du bist mittlerweile gut vorbereitet und ich denke es wird Zeit einen Schritt weiter zu gehen.", sagte er leise und sah sich um, damit auch kein möglicher Zuhörer in der Nähe stand.

„Was soll ich abholen?", wollte Liora wissen und rechnete fest damit wieder irgendwo etwas für ihn besorgen zu müssen.

„Diesmal wirst du nichts abholen, sondern etwas ausliefern. Du wirst allein gehen und ich werde dich kurz bevor es soweit ist noch mal genau instruieren. Es ist wichtig, dass du dich diesmal genau an meine Anweisungen hältst und nichts im Alleingang entscheidest.", sagte er betont ernst.

„Du tust ja gerade so, als würdest du mich in die Hölle schicken.", bemerkte Liora sarkastisch und lächelte über seinen ernsten Gesichtsausdruck. Was sollte schon noch kommen? Sie hatte bereits die unterschiedlichsten Botengänge hinter sich und noch nie war sie in eine Situation gekommen, in der sie sich nicht selbst hätte helfen können.

„Vielleicht tu ich das ja auch, Liora.", sagte er und als er bedeutungsvoll beide Augenbrauen hob, verging ihr das Lächeln recht schnell. Er meinte es tatsächlich ernst! Das konnte nur eines bedeuten ... Früher oder später musste dieser Tag ja kommen. Sie ließ die Schultern hängen und schüttelte den Kopf.

„Ich bin noch nicht so weit.", wehrte sie ab.

„Doch, das bist du. Er verlangt dich zu sehen. Du weißt wie es abläuft. Halte dich ans Protokoll und nichts wird dir geschehen.", erklärte Snape und seine Hand verschwand wieder von ihrer Schulter. Die Pause neigte sich dem Ende zu und er würde sich nun daran machen die Schüler einzusammeln. Liora schritt langsam zur großen Pforte und blieb auf der obersten Treppe stehen, um dort auf ihn zu warten. Snape ließ sich Zeit und so konnte sie beobachten wie Harry sich langsam erhob und eine rothaarige Schülerin, die Liora als Rons jüngere Schwester erkannte, in die Arme schloss.

Er schien es also verkraftet zu haben von ihr eine endgültige Absage bekommen zu haben und anscheinend hatte er auch schon jemanden gefunden, der ihn ablenkte. Die beiden wechselten leise ein paar Worte und Liora konnte sehen wie die Augen der jungen Weasley leuchteten, während sie Harry antwortete. Die Kleine schien ganz vernarrt in ihn zu sein. Sehr gut, dann brauchte sie sich zumindest in dieser Richtung keine Gedanken oder Vorwürfe mehr machen.

Die Schüler packten ihre Sachen und eilten wieder ins Innere des Schlosses, um sich für die nächsten Stunden in den Klassenzimmern einzufinden. Als auch der Letzte an ihr vorbei gerauscht war, folgte Snape und blieb neben ihr stehen. Er sah zu wie die Schüler die entsprechenden Wege einschlugen und sich beeilten dem finstern Blick ihres Zaubertränke Professors zu entkommen. So unangenehm die Themen waren, über die sie beide sich ausgetauscht hatten, sie hatten zum ersten mal seit langem wieder normal miteinander gesprochen und Liora konnte sich trotz allem nicht verkneifen wieder zu lächeln.

„Was meinte Draco damit, als er sagte, ich würde die Familie verraten?", fragte sie, als sie den blonden Slytherin um eine Ecke eilen sah. „Ich bin sein Patenonkel. Die Familie Malfoy und meine sind über Generationen schon miteinander verbunden. Vermutlich zählt er dich zu meinem näheren Umfeld. Gib nichts drauf.", antwortete er leise und ohne sie dabei anzusehen.

Liora starrte ihn verwundert an und ihr fiel gar nichts ein, das sie erwidern könnte. Es war auch gar nicht nötig, denn er war schon wieder bei einem ganz anderen Thema.

„Sieht aus, als wärst du ersetzt worden. Potter scheint einen bestimmten Typ zu favorisieren. Rothaarig, süß und unschuldig. Wobei er nicht ahnen konnte, dass Letzteres nicht wirklich auf dich zutrifft.", stichelte Snape, als Harry Hand in Hand mit Ginny Weasley die Treppe nach oben ging. Liora zuckte mit den Schultern. „Tja, er hat eben Geschmack, auch wenn der Ersatz nicht mal annähernd an mich ran kommt. Sie wird nie meine Klasse haben. Das kannst du nicht abstreiten.", antwortete sie schnippisch und Snape warf ihr einen ungläubigen Blick zu. „Sie wird nie dein loses Mundwerk haben und das ist kein Kompliment.", antwortete er und Liora legte den Kopf schief. „Das hat mir wirklich gefehlt. Sollte das ein Friedensangebot sein, nehme ich es gerne an.", sagte sie fing sich sofort einen strafenden Blick von ihm ein. „Das überlege ich mir erst noch! Komm, wir haben Unterricht und danach einiges zu besprechen.", brummte er und ging ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen in Richtung Kerker.

Liora verdrehte die Augen und folgte ihm in einigem Abstand. Wie sehr sie seine Garstigkeit vermisst hatte!


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