
Botengang
Liora brummte der Schädel, als sie das Schloss verließ und auf dem Weg nach Hogsmead wurde es trotz der frischen Luft nicht besser. Es war noch früh am Tag und während die Schüler auf Hogwarts im Unterricht saßen, war sie heute befreit worden, mit dem Hinweis, sie solle ein paar Besorgungen machen. Snape hatte ihr per Eule ein paar knappe Hinweise zukommen lassen und Liora hatte sich unverzüglich auf den Weg gemacht.
Noch immer vermied er so gut wie möglich jeden direkten Kontakt mit ihr. Sie bekam keinen zusätzlichen Unterricht in Zaubertränke mehr und auch auf die abendlichen Ausflüge zum See und die damit verbundenen Trainingseinheiten musste sie mittlerweile vollständig verzichten. Erst war sie über den radikalen Schlussstrich, den er gezogen hatte schockiert gewesen, doch mittlerweile hatte sie sich damit abgefunden und versuchte ihm nicht all zu sehr nachzutrauern.
Es fiel ihr nicht schwer, denn sie hatte mittlerweile genug zu tun, auch ohne das Training mit ihm. Das Lernen für die UTZ-Prüfungen nahm viel Raum in ihrem Alltag ein, ebenso wie ihre Botengänge und die Abende, die sie noch immer mit Lupin verbrachte. Sie kam nicht einmal dazu das Wetter zu genießen, als es endlich wieder wärmer wurde und der Schnee wich, um den grünen Wiesen und ersten Blumen Platz zu machen. Liora beobachtete die Schüler oft vom Fenster ihres kleinen Apartments aus und versuchte sich vorzustellen, wie es wohl wäre mit ihnen über die Ländereien zu streifen und die freie Zeit nach dem Unterricht zu genießen. Freie Zeit, wie eine normale Schülerin.
Ein leises Seufzen kam ihr über die Lippen und sie betrat ohne weiter auf ihre Umgebung zu achten den Eberkopf. Der Wirt hob nur kurz den Kopf und Liora nickte ihm zur Begrüßung zu. Hier konnte sie ohne Probleme den Kamin benutzen, um in die Winkelgasse zu kommen. Niemand stellte Fragen und keiner der anderen Schüler verirrte sich für gewöhnlich hier her. Schon gar nicht zu dieser Zeit. Liora griff in ihre Tasche, holte den kleinen Beutel mit Flohpulver heraus, den Snape ihr bei ihrem ersten Botengang überlassen hatte und warf eine Prise davon in die Flammen, bevor sie hinterher stieg und mit einem deutlichen „Winkelgasse!" verschwand.
An ihrem Ziel angekommen trat sie aus dem Kamin und hinaus auf die Straße. Die Sonne schien und die Winkelgasse war sehr belebt. Überall konnte man Lachen, Gesprächsfetzen und hin oder wieder auch Flüstern hören. Die Straßen waren trotz der düsteren Zeiten voll und so fielen die patrouillierenden Auroren kaum auf. Liora zog ihre Kapuze vom Kopf und atmete erst einmal tief durch. Noch immer waren die Kopfschmerzen nicht vollständig weg, doch sie schob es auf das viele Lernen und den wenigen Schlaf.
Ein Glück, dass ihr erster Anlaufpunkt die Apotheke war, wo sie für Snape wieder einmal ein paar Zutaten abholte. Es war nicht das erste mal in diesem Monat. Er war in letzter Zeit wirklich verschwenderisch und Liora vermutete, dass er gerade an einem neuen Trank saß, der ihm nicht so recht gelingen wollte. Das würde dann auch erklären, warum er sie in den letzten Tagen auf dem Flur noch nicht einmal mehr gegrüßt hatte. Sie runzelte die Stirn und schlenderte langsam an den Schaufenstern vorbei. Eilig hatte sie es nicht, denn er hatte die Zutaten bis heute Mittag bestellt und bis dahin hatte sie noch eine ewig Zeit.
Die Tage nach dem Streit mit ihrem Lehrer hatte Liora wie gelähmt auf ihrem Bett gesessen und geschwiegen. Was geschehen war, war einfach zu unwirklich gewesen und sie hatte lange gebraucht um zu verstehen, was genau Snape eigentlich gesagt hatte. Den Rest hatte ihr sein Brief gegeben. Dass er seinen Standpunkt so kühl und konkret klar machte, hatte sie betroffen gemacht. Sie hatte eine Zeit lang das Gefühl in einem Alptraum gefangen zu sein. Selbst heute erschien es ihr noch wie eine sehr tragische Geschichte, die sie in einem der vielen Bücher in Hogwarts Bibliothek gelesen hatte. Eine tragische Liebesgeschichte über Eifersucht und Missverständnisse. Sie blieb vor einem der Läden stehen und betrachtete nachdenklich die Umhänge und Kleider im Schaufenster. Sein Eingeständnis, sie so sehr zu begehren, dass es weh tat, hatte sie völlig aus der Bahn geworfen. Dass sie eine gewisse Wirkung auf ihn hatte, ja, das war ihr von Anfang an klar gewesen und er hatte auch recht schnell dafür gesorgt, dass ihr Körper keine Gefahr mehr darstellte, doch sie hatte nicht geahnt, dass er so eifersüchtig und besitzergreifend sein konnte.
Wahrscheinlich war es ihm auch selbst nicht klar gewesen. Liora würde nie den erschrockenen und gleichzeitig hilflosen Blick vergessen, den er ihr zugeworfen hatte, nachdem er sich endlich von ihr hatte lösen können. Vermutlich war das auch der Grund, warum sie ihm recht schnell verziehen hatte und auch gegenüber den Professoren Dumbledore und Lupin zu den genauen Geschehnissen des Abends schwieg. Beide hatten mehrfach versucht sie zum Reden zu bringen, doch Liora hatte abgewunken und sich mit damit raus geredet, dass alles okay sei und sie lediglich eine kleine Meinungsverschiedenheit gehabt hatten. Die offizielle Begründung lautete, es sei unschicklich, wenn Liora weiterhin im Kerker wohnte. Sie war - zumindest körperlich - genesen von den Traumata ihrer Gefangenschaft und könne nun eigene Räume beziehen.
Tatsächlich genoss sie es nun ein so großes Zimmer mit einem wunderbar großen Fenster in einem der Türme zu haben. Sie hatte es schlicht eingerichtet, entspannte sich abends mit einem Buch vor dem Kamin oder in der großen Badewanne in ihrem Badezimmer. Es war ein Traum und es tat ihr gut tun und lassen zu können was sie wollte. Dennoch fehlte es ihr hin und wieder abends jemanden zum Reden zu haben oder morgens aufzustehen und beim Kaffee oder Tee über den kommenden Tag sprechen zu können. Es war hin und wieder sehr einsam und auch die Besuche bei Lupin konnten einen Mitbewohner nicht ersetzen.
Mit dem Vorsatz, später wegen eines taubenblauen Umhangs noch einmal wieder zu kommen, riss sie sich von dem Schaufenster los und ging weiter. Sie hatte anfangs das ein oder andere mal versucht mit Snape darüber zu sprechen. Ihm zu erklären, dass es keinen Grund gab, sich um Harrys Avancen ihr gegenüber Sorgen zu machen, aber er hatte es nicht hören wollen. Stattdessen hatte er sie mit dem Hinweis, er bräuchte Abstand und sie solle das akzeptieren wieder weggeschickt.
Also wartete sie. Seit Wochen. Doch es kam nichts von ihm. Keine Annäherung, keine Entschuldigung, keine Erklärung. Es war, als hätten sie sich einfach getrennt und lebten nur noch nebeneinander her. Sehr schade, doch was sollte sie tun? Der Abstand tat ihnen wahrscheinlich beiden gut, auch wenn sie es jetzt noch nicht so sah. Liora betrat nun die Apotheke und schnupperte interessiert nach Gerüchen, die sie noch nicht kannte. Hier fand man wirklich die interessantesten Zutaten und seit Snape sie zum ersten mal bei einem Einkauf dabei gehabt hatte, war sie fasziniert von dem Angebot, dass sie jedes mal wieder hier erwartete.
Heute war allerdings nicht viel Spielraum zum ausgiebigen Bummeln, denn Snapes anweisungen waren klar gewesen und er sie lediglich geschickt um alles abzuholen, nicht um selbst noch einzukaufen. Schade, sie mochte es durch die Regale zu schlendern und darin zu stöbern. Nach kurzem Warten war sie auch schon dran und der noch recht junge Zauberer hinter der Theke grüßte sie, ohne dabei auch nur das geringste Anzeichen von Freundlichkeit zu zeigen. Mr. Bobbin schien heute nicht selbst anwesend zu sein. Schade, sie mochte den alten Mann und mit ihm konnte man auch richtig gute Geschäfte machen. Seine Fachkenntnisse waren einzigartig und Liora wusste von Snape, dass Mr. Bobbin fähig war selbst die seltensten Zutaten aufzutreiben. „Ich hole die Bestellung für Professor Snape ab.", erklärte sie als Reaktion auf die unterkühlte Begrüßung, ebenfalls in einem sehr kalten Ton und ihr Gegenüber rümpfte die Nase. Sie mochte es nicht, wie er sie aus seinen kleinen graugrünen Augen musterte und die Mundwinkel herunter zog. Sein aschblondes Haar hatte er mit viel zu viel Pomade zur Seite gekämmt und seine Erscheinung ließ ihn dadurch so snobistisch wirken, dass Liora nur zu gerne einfach wieder gegangen wäre. „Aha ... die Bestellung des Professors also. Er kann sie nicht selbst holen?", bekam sie nur zur Antwort und Liora fühlte sich genötigt ihren Standpunkt klarer zu formulieren: „Es ist alles mit Mr. Bobbin abgesprochen. Sie finden entsprechende Anweisungen auf dem Bestellformular. Würden Sie jetzt bitte Ihre Arbeit tun, oder wollen Sie weiterhin meine wertvolle Zeit verschwenden? Ich kann schnell unangenehm werden und das wollen Sie doch nicht!"
Mit einem unwilligen Brummen wandte er sich ab und schlappte gelassen durch einen Vorhang in den Nebenraum. Manchmal verstand sie einfach nicht, wo diese Apotheke ihre Angestellten her hatte. Es war eine Zumutung! Snape würde mit Mr. Bobbin sprechen müssen. Sie schüttelte ungläubig den Kopf und ließ den Blick über die Regale gleiten, während sie wartete. Ein Trank gegen ihre Kopfschmerzen wäre nicht schlecht ... Liora griff sich an die Stirn und versuchten den Ursprung des Schmerzes zu lokalisieren. Es gelang ihr nicht recht. Das schummrige Gefühl schien sich überall ausgebreitet zu haben, als wäre ihr ganzer Kopf voll mit Wattekügelchen.
Der Apotheker kam zurück und stellte ein paar Gläser, zwei Holzkästchen und mehrere Beutel auf die Theke, während er seinen Blick über eine lange Liste an Zutaten wandern ließ. Als er sicher war, dass alles da war, räusperte er sich und musterte Liora wieder mit seinen kleinen Augen. „Auf dieses Kästchen sollten Sie besonders aufpassen. Der Inhalt ist gefährlich.", sagte er und zeigte mit einem seiner spindeldürren Finger auf ein Holzkästchen, das magisch versiegelt war. „Es enthält eine Phiole des Erumpent-Sekretes, das Professor Snape bestellt hat. Höchst explosiv. Wir haben es mit einem Anti-Stoß-Zauber versehen, doch man kann nie vorsichtig genug sein. Zu diesem hier ...", sein Finger wanderte zu einem etwas größeren Kästchen, „ ... gibt es nur zu sagen, dass der Inhalt noch heiß ist. Feuersalamanderblut. Ganz frisch. Er sollte wissen, wie er damit umzugehen hat, dennoch für Sie der Hinweis, das Fläschchen ist heiß."
Liora nickte verstehend und er begann die Zutaten zu schrumpfen, damit alles problemlos in ihre Umhängetasche Platz fand. Die Informationen waren für sie nicht neu, da sie bei jedem Besuch auf die Gefahren der Zutaten hingewiesen wurde. Es gehörte zu den festen Aufgaben der Apotheker. Dennoch war sie extrem ungehalten über sein nächstes Kommentar. „Dass die Kästchen versiegelt sind und niemand außer der Professor sie öffnen kann, sollte Ihnen klar sein. Sie sollten also unter gar keinen Umständen versuchen die Siegel zu brechen. Könnte schmerzhaft für Sie werden.", fügte er mit einem süffisanten Lächeln hinzu, als Liora das Feuersalamanderblut in ihrer Tasche verstaute. Was für ein Ekel! „Werden Sie bloß nicht unverschämt.", murmelte sie warnend und warf ihm einen bösen Blick zu. Das schien ihn jedoch nicht zu kratzen. „Niemals, Miss. Es ist nur meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen. Benötigen Sie außerdem noch etwas?", wollte er wissen und Liora bat um einen Trank gegen Kopfschmerzen.
Als sie alles verstaut hatte und den kleinen Beutel mit dem Geld herausholte, den Snape ihr mitgegeben hatte, um alles zu zahlen, ließ er sie nicht eine Sekunde aus den Augen. Plötzlich war er sehr interessiert. So so ... da war wohl jemand ein Freund von glänzenden Münzen. Na dem würde sie ordentlich die Suppe versalzen. „Was schulde ich Ihnen?", fragte sie kühl und er warf noch einmal einen fast schon gelangweilt wirkenden Blick auf die Liste mit der Bestellung, der so kurz war, dass er unmöglich die Summe hatte kontrollieren können. „Ich denke, wir einigen uns bei 300 Galleonen. Ein Freundschaftspreis für den Professor." Wie bitte? Liora zog eine Augenbraue hoch und erwiderte sein unverschämtes Grinsen mit einem freudlosen Lächeln. „Das glaube ich nicht. Rechnen Sie nochmal nach.", bat sie, doch er rührte sie nicht.
„Da gibt es nichts nachzurechnen. Das Feuersalamanderblut ist ganz frisch per Express heute morgen rein gekommen. Das kostet extra und alle anderen Zutaten sind auch nicht gerade aus dem Standardsortiment. Der Professor hat einen sehr extravaganten Geschmack. Die Sachen haben ihren Preis, da machen wir keine Ausnahmen, Miss.", wehrte er ab und versuchte sich an einem herablassenden Tonfall. Es misslang ihm. „Das habe ich aber anders in Erinnerung. Strengen Sie ihr kleines Köpfchen mal ein bisschen an. Soweit ich informiert bin, wurde schon vorher festgelegt, dass der Professor auf seinen Einkauf einen Rabatt bekommt. Immerhin ist er hier Stammkunde und einer ihrer größten Abnehmer. Das steht sicher auf dem netten kleinen Zettel, den sie da so verkrampft festhalten und von einer Gebühr für Express-Lieferungen höre ich heute zum ersten mal. Verarschen kann ich mich selbst.", erklärte Liora möglichst ruhig und öffnete den kleinen Beutel um darin nach den entsprechenden Münzen zu suchen. „Machen Sie mir einen Preis, der angemessen ist! Los jetzt!" Sie würde ihm sicher nicht die Genugtuung gönnen sie über den Tisch zu ziehen.
„Miss, ich bin nicht gewillt mit Ihnen zu ..." „SCHT!", unterbrach Liora ihn rigoros und sah sich um, als eine ältere Hexe die Apotheke betrat. Sehr gut! Jetzt hatte sie ein Druckmitteln, denn ein Mithörer wäre sicherlich schlecht für den Ruf der Apotheke. Liora beugte sich leicht über die Theke und nickte dann in Richtung der Eingangstür. „Jetzt hören Sie mir mal zu, Sie Anfänger! Professor Snape bekommt IMMER Rabatt! Ich weiß nicht, wie lange Sie hier schon arbeiten, aber Sie sollten zusehen, dass ich mit einem Lächeln hier raus marschiere, sonst muss ich noch einmal mit Mr. Bobbin sprechen. Der wird nicht erfreut sein. Erst recht nicht, wenn ich ihn nochmal daran erinnere, dass ich auf die Samen der Venemosa Tentacula die ich letzten Monat trotz der Einschränkungen der Handelsklasse C hier gekauft habe, auch Rabatt bekommen habe. Wollen Sie das?", fragte sie leise und setzte ein zuckersüßes Lächeln auf.
Seine aufgesetzte Arroganz bröckelte, doch noch wollte er nicht nachgeben. „Mit solchen Dingen handeln wir hier nicht.", war sein Versuch die Verhandlung zu retten. Liora lachte leise und legte den Kopf leicht schräg. „Unterstellen Sie mir, eine Lügnerin zu sein? Sie haben keine Ahnung, mit wem Sie es hier zu tun haben ...", ihr Blick glitt kurz zu dem Namensschild an seinem Umhang, „... Pius ... aha ... seien Sie vorsichtig mit wem Sie in diesen düsteren Zeiten zu scherzen gedenken, Pius. Ich mag Ihnen unwichtig erscheinen, doch glauben Sie mir, Sie wollen mich nicht zu Ihren Feinden zählen. Das kann extrem ungemütlich für Sie werden, mein Lieber." Sie hatte die letzten Worte nur geflüstert und musste wieder lächeln, als sich seine Augen weiteten, weil sie ihre Finger bedeutungsvoll über ihren linken Unterarm gleiten ließ. Er würde den Wink schon verstehen und auch wenn es Liora eigentlich widerstrebte diese Karte auszuspielen, genoss sie es die Oberhand zu haben.
Der Apotheker setzte eine Miene auf, als hätte er in eine faulige Zitrone gebissen. „Natürlich, DIESER Rabatt ... wie konnte ich das nur vergessen ... Sie zahlen natürlich nur 250 Galleonen.", murmelte er dann, was Liora abfällig mit der Zunge schnalzen ließ. So leicht machte sie es ihm nicht. Er verzog das Gesicht und sie konnte kleine Schweißperlen auf seiner Stirn erkennen. Er hatte Angst. „Ich meinte natürlich 220 Galleonen, Miss.", korrigierte er schnell und jetzt ließ Liora ein zufriedenes Lächeln sehen. Der arme Kerl sollte ja nicht gleich einen Herzanfall bekommen. „Sehr freundlich von Ihnen! Ich kann Ihnen gar nicht genug für Ihr Entgegenkommen danken!", sagte sie dann laut und schob ihrem mittlerweile blass gewordenen Gegenüber den entsprechenden Betrag über die Theke.
Sie wandte sich ab, nickte der alten Hexe mit einem „Guten Tag." freundlich zu und eilte dann hinaus. Geschafft! Sie hatte sogar noch ein bisschen mehr ausgehandelt, als Snape es von ihr erwartete. Das übrige Geld war ihr Lohn und den wusste sie schon zu verwenden. Sie kramte den Trank gegen Kopfschmerzen aus ihrer Tasche und schluckte das Gebräu in einem Zug. Widerlich, aber schon nach wenigen Momenten spürte sie, wie der Druck auf ihre Schläfen nachließ und die Wolken im Kopf sich verzogen. So war es gleich viel angenehmer. Mit einem freudigen Kribbeln in der Magengegend machte sie sich auf, sich den taubenblauen Umhang näher anzusehen. Im Laden brauchte sie nicht lang um zu entscheiden, dass er genau das Richtige für den Sommer war. Leicht, fließend und schmal geschnitten, damit ihr weiblicher Körper perfekt zur Geltung kam.
Zufrieden und mit ihrem neuen Umhang verließ sie den Laden wieder. Sie schlenderte die Straße entlang und blieb stehen, als sie die Abzweigung zur Nockturn Alley erreichte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es schon bald Zeit für das nächste To-do auf ihrer Liste war. Obwohl sie die Sonnenstrahlen gerade sehr genoss, war es jetzt an der Zeit sich wieder etwas bedeckter zu halten und in die düstere Nockturn Alley abzutauchen. Hier würde sie nur sehr kurz zu tun haben, reine Routine mittlerweile.
Sie beeilte sich durch die engen Gassen zu huschen und wich dabei immer wieder unheimlichen, meist gut verhüllten Gestalten aus, die sie aufhalten oder nach ihr greifen wollten. So erreichte sie recht schnell den Laden den sie ansteuerte. Noch einmal einen Blick über die Schulter werfend, drückte sie die dreckige Tür zu dem düsteren Laden auf und fand sich im Inneren von Borgin & Burke's wieder. „Pünktlich wie immer.", wurde sie von Mr. Borgin persönlich begrüßt, der sobald die Tür hinter ihr zu fiel jede ihrer Bewegungen genau beobachtete. Er begrüßte sie jedes mal so und auch wenn der Mann ihr anfangs etwas Angst eingejagt hatte, hatte sie schnell gemerkt, dass er eigentlich harmlos war. Nicht nur harmlos, sie würde schon fast sagen pflegeleicht. Sobald er begriffen hatte, wer sie war, hatte er angefangen sie wie einen seiner wichtigsten Kunden zu behandeln und Liora schätzte dabei seine unkomplizierte und hin und wieder etwas wortkarge Art.
Liora zog ihre Kapuze ein Stück zurück, um sich besser im Laden umsehen zu können, nahm sie jedoch nicht ab. „Zeit ist Geld, Mr. Borgin. Die Geschäfte wollen erledigt werden.", antwortete sie in einem neutralen Tonfall und er zwang sich zu lächeln. Im Gegensatz zu dem Herren aus der Apotheke, hatte Borgin ihr noch nie Probleme gemacht. Im Gegenteil. Liora vermutete, dass es für ihn wie ein Geschenk war, mit ihr eine Kundin zu haben, die nicht sofort drohte ihn umzubringen, wenn etwas nicht schnell genug ging. „Suchen Sie heute etwas Bestimmtes, Miss?", wollte Borgin wissen und Liora beendete ihre misstrauische Suche nach anderen Kunden. Auf den ersten Blick war niemand außer ihr und Borgin anwesend. „Heute nicht. Ich bin rein geschäftlich hier. Kein Einkaufsbummel. Sie verstehen.", erklärte sie und sah ihn fragend an. Er schien sofort zu begreifen was sie meinte und zeigte schweigend in den hinteren Teil des Ladens. Liora nickte ihm dankend zu und schritt betont gelassen in diese Richtung. Nachdem in den Gassen und Pubs mittlerweile zu viele Auroren unterwegs waren, hatten sie irgendwann ihre Geschäfte zu Borgin & Burkes verlegt. Der alte Ladenbesitzer akzeptierte es, dass in seinem Geschäft gehandelt wurde und verlangte lediglich einen kleinen Betrag als – wie er es nannte - „Schweige-und-Wegschau-Erleichterung".
Liora war das nur Recht. Sie hatte keine Lust auf der Straße von Auroren kontrolliert zu werden und hier bei Borgin war sie auch immer sicher, dass kein Angreifer oder Komplize ihres Kontaktmannes im Verborgenen auf sie lauerte. Sie schritt einfach in den abgelegeneren Teil des Ladens, wo die verstaubten Vitrinen mit dem Schmuck waren und nahm in Empfang, was auch immer an Snape weitergereicht werden sollte. Tatsächlich stand dort auch heute ein etwas bulligerer Zauberer, er war ihr allerdings vollkommen unbekannt. Von hinten konnte sie nur erkennen, dass er extrem breit war und gerade mal einen halben Kopf größer als sie. Sein Umhang war staubig und mit Flecken bedeckt. Vermutlich kippte er den einen oder anderen Drink mal gerne daneben und war nicht besonders geschickt im Umgang mit Messer und Gabel. Sie musterte ihn kurz und kam zu dem Ergebnis, dass sie diese Person nicht länger als nötig in ihrer Nähe haben wollte.
Sein schütteres dunkles Haar stand von seinem runden Kopf ab und als sie neben ihn trat, war ihr schnell klar, dass ihr erster Eindruck stimmte und die Vorderseite auch nicht besonders gepflegt war. Außerdem roch er schrecklich nach Alkohol und kalten Fett. All ihre Vorurteile waren damit bestätigt. Sie rümpfte die Nase und heuchelte Interesse an den Gegenständen, die er sich gerade in der Vitrine ansah. Kette, Ohrringe, Ringe und vieles mehr, in den unterschiedlichsten Farben und Formen. Es waren ein paar schöne Stücke dabei, doch Liora hatte schon bei ihrem ersten Besuch gelernt, dass kaum eines der Schmuckstücke ohne einen Fluch oder andere Merkwürdigkeiten war. Deswegen war sie heute auch nicht hier. Was sie wirklich interessierte war die Ware, die sie für Snape entgegennehmen sollte.
Als er bemerkte, dass er Gesellschaft bekommen hatte, riss er sich von den verschiedenen Amuletten die in der Auslage hingen los und drehte den Kopf in ihre Richtung. Liora beobachtete ihn aus den Augenwinkeln und bemerkte wie sich sofort ein anzügliches Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. „So so ... das hat mir Snape also geschickt? Hab mich schon gefragt wie du aussiehst. Glaubt man den Geschichten, müsstest du eine angriffslustige Amazone sein, doch ich sehe hier nur ein zierliches kleines Frauchen. Weiß nicht, ob ich enttäuscht oder erfreut sein soll.", knurrte er und Liora glaube sich übergeben zu müssen, als er im Anschluss an seine Worte eine ordentliche Portion Schleim durch die Nase hochzog. Der Ekel schien ihr ins Gesicht geschrieben zu stehen, denn er lachte leise. „Bist gar nicht so hart, wie alle sagen, was? 's sind auch nicht die richtigen Kreise für so'n zartes Ding."
„Ich bin nicht hier um zu plaudern.", antwortete sie nur und sah ihn nun zum ersten mal direkt an. Sein Gesicht war ungewaschen und der ungepflegte Dreitagebart machte es nicht besser. „Sehr schade, ich hätte mich so gerne ein bisschen mit Snapes kleiner Hure unterhalten. Man erzählt sich so viele interessante Geschichten über dich. Hätten uns bestimmt auch gut verstanden. Wir beide.", sagte er bedauernd. Liora rollte mit den Augen. Wie oft hatte sie das nun schon gehört. Jeder dieser dummen Zwischenhändler schien zu glauben, dass sie nichts besseres zu tun hatte, als zwischen ihren Botengängen mit gespreizten Beinen auf Snapes Bett zu liegen. Sie war seit Wochen nicht mehr in die Nähe seiner Wohnung gekommen, geschweige denn bis zu seinem Schlafzimmer!
„Ich bin sein Lehrling, nicht seine Hure! Können wir jetzt zum geschäftlichen Teil kommen?", zischte sie. Amüsiert grunzend griff er unter seinen Umhang. Dass er sie nicht ernst nahm, war offensichtlich. Liora fragte sich nur, wie weit er gehen würde mit seinen Provokationen. „Schade, schade ... es wäre interessant gewesen zu erfahren, was der große Severus Snape seinem Lehrling so beibringt. Wissen ja alle, dass er's gern mag mit den jungen Dingern.", sprach er weiter, während er in seinem Umhang herum suchte. „Sind noch frisch und haben Feuer. Das mag er doch. Wenn sie kleine wilde Katzen sind." Liora presste fest die Lippen aufeinander, ließ seine Aussage so unkommentiert und sah sich über die Schulter um. Zum Glück war es gerade heute sehr ruhig. Sie hätte keine Zuhörer brauchen können. Es wurde so schon genug geredet, auch in Hogwarts. Liora ignorierte die Gerüchte einfach. Was sollte sie auch sonst tun?
Als er endlich fand was er suchte, wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihm zu. Jetzt kam der spannende Teil. Was konnte es diesmal sein? „Weiß nicht was es ist. Die genauen Anweisungen stehen auf einem Pergament im Inneren des Kästchens.", murmelte er und betrachtete das Kästchen in seinen schmutzigen Fingern. Er stellte sich dabei so ungeschickt an, dass Liora stumm eine Augenbraue hob. Wer hatte diesem Zauberer nur geschickt? Gab es keine andere Aufgabe, die man ihm hätte übertragen können? Irgendwas, wo er nicht Gefahr lief etwas Wertvolles zu zerstören. Das dunkle Holz des Kästchens war glatt poliert und Liora erkannte sofort, dass sich darin mehrere Phiolen befinden mussten. Es war die selbe Konstruktion wie in der Apotheke. Nur hier war das Holz edler. Diese Art Kästchen hatte sich schon zu Hauf hin und her getragen. Sie waren innen gepolstert, außen unauffällig mit einem kleinen Metallverschluss und meist war etwas drin, dass Snape untersuchen sollte.
„Öffne es.", wies sie ihren Gegenüber kühl an und er tat wie geheißen, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen. Tatsächlich! Drei Phiolen gefüllt mit einer Flüssigkeit, die verdächtig nach Blut aussah. Am Deckel war innen auch der angekündigte versiegelte Umschlag befestigt. Liora hatte sich recht schnell angewöhnt sich immer erst alles zeigen zu lassen, bevor sie Päckchen, Fläschchen oder eben solche Holzkästchen von A nach B transportierte. Man konnte nie wissen, ob nicht eine böse Überraschung darin wartete. Sie nickte und er schloss das Kästchen wieder. Mit der Ware war alles in Ordnung, so konnte sie alles problemlos übernehmen. „Gib es mir jetzt.", befahl sie dann ungeduldig und streckte eine Hand aus.
Er zögerte, reichte es dann jedoch mit einem diebischen Ausdruck in den Augen rüber. Liora griff danach und warf ihm einen bösen Blick zu, als er nicht sofort loslassen wollte. Auch dieses Spielchen kannte sie bereits und sie wusste auch, wie sie zu reagieren hatte. „Auch wenn du für Snape nicht zu haben bist, wie du behauptest, macht es dir doch sicher nichts aus, zumindest mich, einen fleißigen Anhänger des Dunklen Lords, für seine Aufopferung zu belohnen?", grunzte er und zeigte dabei grinsend seine gelblichen Zähne. „Ich kann keinen fleißigen Anhänger sehen. Nur einen schmierigen Arschkriecher, der glaubt sich Frechheiten gegenüber einer sehr viel höher gestellten Dienerin unseres Herren erlauben zu können.", fauchte sie, doch er schien sie immer noch nicht ernst zu nehmen.
„Von wegen Dienerin! Jeder weiß, dass du nur Snapes kleines Püppchen bist!", schnaubte er abfällig. Er hob die Hand und wollte nach ihr greifen. Das ging zu weit! Liora würde sich sicher nicht von so einem dreckigen Objekt anfassen lassen. Sie hatte recht schnell gelernt mit harter Hand durchzugreifen und genau das tat sie jetzt. Viel schneller als er, hatte sie ihre Hand gehoben und sein Versuch sie zu berühren endete an dem Schutzschild, dass sie blitzschnell um sich errichtet hatte. Als seine Hand zurück prallte sah er erst irritiert aus, versuchte es jedoch sofort wieder. Das Ergebnis war das Selbe. „Was ... aber ... du hast keinen Zauberstab verwendet! Wie kann das sein?", fragte er und sie konnte sehen, dass er zwischen Verwunderung und Wut schwankte.
So war es richtig! Es machte immer wieder Eindruck auf diese einfachen Geschöpfe, wenn sie sie spüren ließ, wer am längeren Hebel saß. „Niemand fasst mich an und so ein widerliches Stück Dreck wie du, dürfte noch nicht einmal das Wort an mich richten.", flüsterte sie und gerade als er wieder zu einem höhnischen Kommentar ansetzen wollte, bog sie ihre Finger langsam zu einer Faust. Sofort begann ihr Gegenüber zu röcheln und griff sich panisch an den Hals. Sie schnürte ihm die Luft ab und wenn er jetzt immer noch nicht begriff mit wem er es zu tun hatte, wusste sie noch ganz andere Methoden. Snape hatte ihr eingebläut nicht zimperlich zu sein und genau das war sie auch nicht. Seine Augen begannen recht schnell hervor zu treten und er schnappte wie ein Fisch an Land nach Luft. Langsam färbte sich ein Gesicht rot und der Versuch nach Hilfe zu schreien endete mit einem hilflosen Krächzen.
Als er anfing zu schwitzen war es genug. Liora entließ ihn wieder aus ihrem Griff. Er ging nach Luft schnappend in die Knie und hustete rau. Borgin kam, durch die seltsamen Geräusche alarmiert, heran geeilt und sah verwundert von Liora zu dem riesigen Mann der vor ihr am Boden auf allen Vieren kauerte. „Was ist geschehen?!", wollte er entsetzt wissen. Mit einem letzten Blick auf den Mann am Boden wandte Liora sich an Borgin und lächelte kühl. „Wir mussten noch einmal die Vertragsbedingungen klären. Ich habe was ich möchte, Mr. Borgin.", erklärte sie und schritt langsam zurück zur Theke. Das Kästchen ließ sie schnell in ihrer Tasche verschwinden. „Sind Sie sicher, dass alles in Ordnung ist, Miss? Kann ich noch irgendwas für Sie tun?", wollte Mr. Borgin wissen, während er ihr hinterher eilte, immer besorgt die Gunst der Kundin nicht zu verspielen.
„Nein, es ist alles in Ordnung. Mein Zeitplan ist sehr eng, wenn Sie verstehen. Bei meinem nächsten Besuch, sehe ich mir gerne an, was Sie Neues hier haben.", wehrte sie ab, reichte ihm wie immer aus ihrer Tasche ein kleines Säckchen mit seinem Schweigegeld und ging zielstrebig zur Tür. Damit war dieser Punkt auf der Liste auch abgehakt. Jetzt wollte sie so schnell wie möglich zurück nach Hogwarts und all die Dinge erledigen, die heute liegen geblieben waren. Gerade zog sie sich die Kapuze weiter ins Gesicht, als die staubige Tür geöffnet wurde. Ein weiterer Kunde, zum Glück erst jetzt. Liora wollte an der Person vorbei schlüpfen, doch er versperrte ihr die Tür und als sie den Kopf hob, um zu sehen wer ihr gegenüberstand, sah sie in zwei kalte graue Augen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Sie kannte diese Augen irgendwo her. Etwas in ihrer Erinnerung regte sich und sofort schoss das Adrenalin durch ihre Adern. Sie sahen sich nicht zum ersten mal! Auch in seiner Miene war deutlich zu sehen, dass er sie erkannte, doch er wirkte nicht so schockiert darüber. Die langen fast weißen Haare ... er war da gewesen, als Snape sie gerettet hatte ... ja, sie erinnerte sich, ihn dort gesehen zu haben ...
Ohne sie aus den Augen zu lassen, wich er zur Seite und ließ sie durch. Wobei das schon sehr großzügig ausgelegt war. Sie musste ihm noch immer sehr nah kommen und es wäre ihr lieber gewesen er hätte darauf verzichtet ihr die Tür aufzuhalten. Als sie an ihm vorbei gehen wollte, griff er nach ihrer Kapuze und zog sie mit einer flinken Bewegung runter. Das hatte sie nicht kommen sehen. Sie glaubte zu bemerken, dass er sich leicht in ihre Richtung beugte, als wollte er an ihr riechen. Das konnte doch nicht sein! Erschrocken zuckte Liora weg, als er sie so bloßstellte und ihr näher kam, als es schicklich war. Er setzte ein anzügliches Grinsen auf, das sie sofort frösteln ließ und sobald sie außerhalb seiner Reichweite war, riss sie sich von seinen kalten Augen los und zog den schützenden Stoff wieder über ihr Haar. Was war das nur gewesen?! Es waren nur Sekunden, die dieses Zusammentreffen gedauert hatte, doch ihr kam es vor, als wäre alles über Stunden in quälender Zeitlupe abgelaufen. Alles in ihrem Kopf schrie danach zu fliehen. Schnell weg, denn sein Anblick brachte die Bilder von damals wieder an die Oberfläche. Ihre Gefangenschaft ... die Folter ... die Angst ... dieses Martyrium, das sie geglaubt hatte verdrängen zu können.
.........
Zurück auf Hogwarts machte Liora einen Umweg über ihr Zimmer, statt sofort zu den Kerkern zu eilen und wechselte dort ihren Umhang. Sie wollte den schwarzen Umhang reinigen lassen. Die Hauselfen würden sich darum kümmern. Er musste weg. Darin fühlte sie sich dreckig und beschmutzt. Er hatte sie angefasst ... Dieser Mann, der auch dabei gewesen war, als über ihr Leben entschieden wurde. Sie ging all die Treffen der letzten Wochen und Monate nochmal durch und glaubte ihn schon öfter als einmal gesehen zu haben.
Es war ekelhaft. Sie beeilte sich ihren Umhang loszuwerden und beschloss trotz des Zeitdrucks noch schnell unter die Dusche zu hüpfen, bevor sie frisch gewaschen in den neu erworbenen taubenblauen Umhang schlüpfte. Sie fühlte sich sofort besser und auch bereit nun Snape gegenüber zu treten. Gerade griff sie nach ihrer Tasche, als ein leises Klopfen sie aufschreckte. Liora fluchte leise und sah sich um. Vor ihrem Fenster erkannte sie eine der Schuleulen. Von wem kam denn um diese Zeit ein Brief? Sie runzelte die Stirn und ging dann um das Fenster zu öffnen. Es war Mittagspause. Die Schüler strömten gerade aus den Klassenzimmern zum Mittagessen. Liora hatte eine düstere Ahnung von wem die Nachricht kam. Er schickte zu dieser Zeit nie seine eigene Eule.
Sie ließ den kleinen Waldkauz herein und beeilte sich den Brief von seinem Füßchen zu entfernen. „Magst du eine kleine Belohnung?", fragte sie und griff in die Packung mit Eulenkeksen, die sie auf dem Fensterbrett stehen hatte. Der kleine Snack wurde mit einem zufriedenen Schuhschuhen angenommen und Liora wandte sich ab um den Brief zu lesen.
Liebe Liora,
du hast bisher auf keinen meiner Briefe geantwortet und würden die Eulen nicht jedes mal mit ein paar Krümeln am Schnabel zurück kommen, wäre ich gar nicht sicher, ob sie dich überhaupt erreicht haben. Das trotz meiner Mühen bisher kein einziges Wort von dir kommt, schmerzt. Ich vermisse dich und unsere Gespräche. Du kannst doch nicht einfach alles so hinwerfen und behaupten, es wäre am Besten so! Das ist es nicht und ich kann immer noch nicht begreifen, warum du so handelst. Du behauptest, es liegt nicht an IHM, doch woran dann?
Liegt es an mir? Bin ich dir zu nahe getreten? Bitte antworte nur ein einziges mal, damit ich mir nicht ständig den Kopf zerbrechen muss. Meine Gedanken können nicht zur Ruhe kommen und wenn ich keine Antwort bekomme, werde ich sie mir holen müssen. Erkläre mir dein Schweigen, oder ich verspreche, ich werde Tag und Nacht an deiner Tür klopfen, bis du nachgibst. Wenn es sein muss bis zum Ende dieses Schuljahres.
Alles liebe, Harry
Sie überflog die Zeilen noch einmal und seufzte. Schon wieder ein Brief ... Seit Wochen versuchte er es auf diesem Weg immer wieder. Anfangs waren die Briefe lang und ausführlich. Er hatte viel zu erzählen gehabt und ihr auch immer wieder versucht zu erklären, dass sie einen großen Fehler machte und Snape ein sehr böser Mensch war. Doch mittlerweile waren seine Nachrichten kürzer und verzweifelter. Wann würde er nur endgültig aufgeben? Liora nahm sich vor diesen Brief nicht sofort zu vernichten, wie sie es mit all den anderen getan hatte und schob ihn zwischen ihre Bücher. Einen um Aufmerksamkeit bettelnden Harry Potter konnte sie nicht vor ihrer Tür brauchen. Sie würde ihm also eine Erklärung liefern. Wie sie das tat, würde sie aber erst überdenken, wenn sie ihre Besorgungen im Kerker abgeliefert hatte.
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