Schock
„Mum ... Daaaad ...!“
Vor Freude laut schreiend und über das ganze Gesicht breit grinsend, platzte Charlie, einen immer noch geschockten Harry hinter sich herziehend, in die Küche des Fuchsbaus.
„Ihr werdet mir nicht glauben, was passiert ist! Ich habe ihn gefunden! Ihm geht es gut! Er ist endlich wieder da!
Oh Professor, das trifft sich ja ausgezeichnet, dass sie auch da sind!“
Der Rotschopf kam völlig außer Atem vor dem großen Küchentisch zum Stehen und sah freudestrahlend in die Richtung des Hogwarts-Schulleiters.
Harry indessen stand wie festgefroren neben Charlie und starrte mit geweiteten Augen und zu schnell schlagendem Herzen in dieselbe Richtung.
Nur dass er anscheinend der Einzige war, welcher das teuflische aufblitzen in den eiskalten blauen Augen des Weißmagiers bemerkte und augenblicklich anfing am ganzen Körper zu zittern.
Wie konnte das nur passieren?! Warum hatte Charlie das getan, ohne ihn zu fragen, ob er zurückwollte! Sie konnten doch nicht einfach davon ausgehen, dass er glücklich darüber war, zurückgebracht zu werden. Sie hatten doch überhaupt keine Ahnung! Oder sie waren alle so exzellente Schauspieler wie der Schulleiter selbst.
„Ohhhh Harry!“
Sofort kam Molly Weasley mit ausgestreckten Armen um den Esszimmertisch herum geeilt und zog ihn sogleich in eine rippenbrechende Umarmung.
„Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht! Du kannst dir gar nicht vorstellen welche fürchterliche Szenarien sich alle ausgemalt haben, wie wir erfuhren, dass du einfach so verschwunden bist! Was mit deinen Verwandten passiert ist ... grauenvoll! Einfach grauenhaft! Es muss ein Schock für dich gewesen sein. Ich bin ja so froh, dass es dir gut geht mein Junge!“
Harrys Augenbrauen verengten sich leicht, „... was ist mit meinen Verwandten?“
Doch wie immer schien sich keiner so recht für seine Frage, für ihn, zu interessieren, und ignorierten ihn schlichtweg. Zumindest kam es dem Grünäugigen so vor, was seine eh schon beschissene Laune, kein bisschen verbesserte.
„Mum ...“, Charlie lachte gelöst, „... lass ihm doch etwas Luft zum Atmen. Du erdrückst ihn ja!“
„Papperlapapp!“ Die Frau des Hauses winkte ab und schob den Grünäugigen zu einem der freien Stühle am Tisch. „Komm, setz dich. Jetzt wird erst einmal etwas gegessen.“ Und wuselte dann in Richtung Arbeitsplatte davon, auf der wie immer einige Töpfe standen, so wie ein fertiger Kuchen.
Doch bevor Harry der Aufforderung nachkommen konnte, legte sich eine knochige Hand auf seine Schulter, welche, wie er feststellen musste, dem Schulleiter gehörte.
Seitdem er so einiges freiwillig und unfreiwillig, in Erfahrung gebracht hatte, sah er den Mann mit komplett anderen Augen und verengte sie zu schlitzen. Wie konnte er all die Jahre nur so blind gewesen sein!
Harry wollte einen Schritt zurückweichen, um Abstand zwischen sie zu bringen, was die Hand auf seiner Schulter jedoch gekonnt verhinderte, indem sie einfach etwas zudrückte und ihn somit ohne Aufsehen zu erregen zwang, dortzubleiben, wo er war.
„Ich denke, es ist besser und vor allem sicherer, wenn ich unseren jungen Freund hier ohne Umwege nach Hogwarts bringe, Molly meine Liebe. Nur dort ist es nach Voldemorts Handlung im Moment am sichersten für ihn. Denkst du nicht auch?“
„Albus hat recht Mollyröllchen. Harry sollte sofort nach Hogwarts. Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn unsere Feinde mitbekommen, dass er sich hier im Fuchsbau befindet.“ Arthur Weasley sah mit nachdenklich gerunzelter Stirn zu seiner Frau. Die Rothaarige überlegte einen Moment und nickte zustimmend, „... ihr habt natürlich recht.“
Damit dirigierte Albus Dumbledore den Gryffindor wieder Richtung Haustüre, wandte sich im Vorbeigehen jedoch noch einmal an den Zweitältesten der Weasleys und schenkte diesem ein herzerwärmendes Lächeln. Legte ihm ebenfalls eine Hand kurz auf die Schulter und drücke leicht zu. „Das hast du wirklich ausgezeichnet gemacht mein Junge. Wirklich ausgezeichnet! Nicht auszudenken was unserem jungen Freund alles hätte passieren können, wenn du nicht so schnell gehandelt hättest!“
Und dann noch einmal an die Hausherrin selbst, bevor er und Harry endgültig nach draußen verschwanden, „... und bitte Molly, erst einmal kein Wort, zu niemandem. Es sollte vorerst unter uns bleiben!“
Harry ging keuchend in die Knie, als er wieder festen Boden unter seinen Füßen spürte.
Sie waren auf dem Balkon von Dumbledores Büro gelandet, welches der Ältere nun mit eleganten Schritten betrat, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Daromirs Gefährte schnaubte.
Langsam rappelte er sich auf und folgte dem Mann ins Innere. Etwas anderes blieb ihm schließlich gar nicht übrig und verfolgte jede Bewegung des Älteren mit einem trotzigen Blick.
Dieser ließ sich in diesem Moment auf dem Stuhl hinter seinem Schreibtisch sinken, verschränkte seine Finger ineinander und sah den Jüngeren wie schon all die Jahre zuvor, musternd über seine Halbmondbrille hinweg an. Doch Harry ließ sich von dieser falschen freundlichen Art nicht noch einmal täuschen und reckte sein Kinn etwas, „... ich werde nicht mehr kämpfen Professor!
Suchen sie sich einen anderen Idioten, den sie an vorderster Front in den Krieg schicken können! Ich habe die Nase gestrichen voll!“
Dumbledore schmunzelte und ließ sich mit dem Rücken gegen die Lehne seines Stuhls fallen, ohne den Blick vom Gesicht des Schülers abzuwenden. „Du willst also nicht mehr kämpfen mein Junge?! Und da bist du dir absolut sicher?! Wir haben doch schon so oft darüber gesprochen! Es ist deine Pflicht gegenüber der magischen Bevölkerung! Was hat deine Meinung geändert.“
Harry schnaubte erneut und starrte mit wütend funkelnden Augen zu seinem Schulleiter hinauf, „... ich bin nicht ihr Junge, Professor! Und ich bin mir absolut sicher! Ich wollte nie kämpfen und werde es auch nicht mehr! Davon abgesehen, dass mich nie einer gefragt hat, was ich überhaupt möchte! Sie können mich nicht dazu zwingen! Lasst mich einfach alle in Ruhe!“
„Harte Worte, die ich da von dir höre, Harry.“
Dumbledore wirkte betrübt und zog langsam eine Schublade an seinem Schreibtisch auf, was den Schwarzhaarigen sofort in Alarmbereitschaft versetzte. Doch unternehmen konnte er so oder so nichts, schließlich besaß er nicht einmal mehr einen Zauberstab. Er musste einfach darauf hoffen, dass der Alte ihn nur noch dieses eine Mal gehen ließ, dann konnte er wieder verschwinden.
„Weißt du, mein lieber Junge, dass dumme für dich ist nur, dass es mir egal ist, was du willst. Ich habe keine Lust mehr, mich länger mit deinen Launen herum zu ärgern. Ich habe wirklich gehofft, du würdest nach den Erziehungsmethoden deines Onkels endlich aufhören, dich aufzulehnen und nach all dem, was passiert ist, verstehen wie wichtig deine Rolle ist und dass du keine Wahl hast. Dein Schicksal endlich annimmst. Doch wenn du es immer noch nicht begreifen willst, muss ich wohl zu anderen Mitteln greifen, bis du es gelernt hast!“
Und da zerplatzte die Seifenblase.
Harry hatte die Worte des Schulleiters noch nicht einmal ganz begriffen, als ihn im nächsten Moment auch schon der Folterfluch in die Brust traf.
Der Gryffindor fiel vor Schmerzen schreiend zu Boden. Krümmte sich und wimmerte, während ihm die Tränen unaufhaltsam über seine Wangen liefen.
Es war nicht das erste Mal, dass ihn der Cruciatus-Fluch zu Boden beförderte. Zu oft hatte er ihn schon ertragen müssen! Dass es dieses Mal jedoch Dumbledore selbst war, welcher den Zauberstab gegen ihn richtete!
Der letzte fehlende Beweis für sein Herz, welches bis jetzt immer noch nicht ganz glauben wollte, was sein Verstand schon lange wusste.
Harry konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, zu groß waren die Schmerzen, welche der Fluch und der Verrat seines Mentors verursachten.
So bekam er auch nicht mit, wie sich der Professor im stetig näherte.
Erst wie Dumbledore nach etlichen Minuten den Fluch löste, und er schwer atmend und zitternd, weiterhin auf dem Boden liegend, etwas zur Ruhe kam, bemerkte er, dass der Bastard neben ihm auf einem Bein kniete. Auf ihn herabsah und lächelte, was seine Augen jedoch nicht erreichte.
„Denkst du etwa, dass du, da du nun an irgendeine abnormale Kreatur gebunden bist, einfach so davonrennen kannst?! Dich vor deiner Aufgabe drücken kannst?!“
Dumbledores Stimme klang absolut emotionslos, ohne eine Spur Wärme trotz aller Sanftheit.
Harrys Augen weiteten sich leicht, woraufhin der Schulleiter kalt auflachte, „... du hast doch nicht ernsthaft angenommen, dass mir das Mal nicht auffällt?!“
Die Mundwinkel des Alten verzogen sich zu einem kleinen sadistischen Lächeln, „... weißt du mein Junge, du hättest mir damit keinen größeren Gefallen tun können. Denn egal wer es ist, eure Trennung wird euch beiden enorm schwer zusetzen und dich noch schneller brechen und gefügig machen.
Du wirst dir den Endkampf nur so herbeisehnen, damit du wieder zu deinem Gefährten kannst. Du wirst dich noch mehr anstrengen, dass hier zu überleben, da du tief in deinem Herzen weißt, wie sehr derjenige leiden wird, wenn du stirbst!“
Harrys Zittern verstärkte sich. Seine Hände ballten sich vor Wut zu Fäusten, währenddem er seinen hasserfüllten Blick gen Boden richtete.
„Er wird herausfinden, wo ich bin ... und er wird sie in der Luft zerreißen!“
Das nächste, was er spürte, und was ihn keuchend zurückschrecken ließ, war kaltes Metall, welches sich aus heiterem Himmel eng um seinen Hals legte. Seine Augen weiteten sich angsterfüllt, währenddem seine Finger diesen abtasteten und dabei heiser flüsterte, „... wa-was haben Sie getan?!“
Die Augen des Grünäugigen schossen zu Dumbledore, welcher sich mittlerweile wieder aufgerichtet hatte, und dabei war auf den Kamin zu zugehen. „Das glaube ich nicht mein lieber Junge. Vielmehr wird er, wie jeder Gefährte, alles dafür tun, dich wieder wohlbehalten in seine Arme schließen zu können. Und da ich dich in der Hand habe, wird er gar nichts unternehmen, um dich nicht zu gefährden! Du siehst also.“
Harry schluckte und sah dem alten Gichtknochen immer noch vollkommen geschockt dabei zu, wie dieser seinen Meister der Tränke über den Kamin zu sich in das Büro bestellte.
Ihm tat gefühlt jeder Knochen im Körper weh und sein Gehirn schien das Ganze nur sehr langsam und widerwillig zu verarbeiten. Das alles war hoffentlich nur ein völlig abscheulicher Alptraum, aus welchem er hoffentlich bald erwachte.
Erneut rannen ihm stumme Tränen über die Wangen, welche er mit dem Handrücken aus seinem Gesicht wischte und sich nebenbei langsam ein wenig aufrichtete.
Es dauerte nicht lange, bis die Flammen im Kamin Grün aufloderten und ein so grimmig dreinschauender Severus Snape elegant heraus trat und den Schulleiter mit seinen Blicken erdolchte. „Sie haben nach mir verlangt Schulleiter?! Was ist denn so wichtig, dass ich sofort meine Arbeit unterbrechen musste?“
Doch Dumbledore schenke dem Schwarzhaarigen wie immer bloß sein nachsichtiges Lächeln und reichte ihm einen Armreif.
„Ich hätte es nicht, Severus, wenn es nicht wichtig wäre. Schließlich weiß ich nur zu gut, dass du an einem komplizierten Trank arbeitest. Ich möchte von dir, dass du diesen hier trägst.“
„Was zum ...“
Die Augen des Tränkemeisters weiteten sich geschockt, als er den Reif in die Hand nahm. Er betrachtete ihn einen Moment lang und sah dann wieder fassungslos zum Direktor. „Was soll das Albus!? Das kann nicht dein Ernst sein! Wer?!“
Ohne dem Schwarzhaarigen eine Antwort zu geben, trat der Direktor näher an die Stufen heran, was Snape ihm argwöhnisch gleichtat. Wobei sein Blick nur wenig später unweigerlich auf Harry fiel.
„Potter!“
Severus Blick wanderte über Harrys Körper, blieb einen Moment lang an dessen Hals hängen und richtete sich dann erneut auf Albus Dumbledore, welcher mit hinter seinem Rücken verschränken Händen neben ihm stand.
„Ganz recht mein Junge ...“, Dumbledore schmunzelte, „... unser junger Freund hier, hat den Weg endlich nach Hause gefunden. Ich weiß, wie sehr du dich über diese Gelegenheit freuen wirst. Er gehört dir Severus. Du weißt wie das Sklavenband funktioniert, und du bist der Einzige, dem ich diese Aufgabe zutraue und anvertraue.
Ich verlange von dir, dass du ihn trainierst und auf seine Aufgabe, Voldemort gegenüberzutreten, vorbereitest. Schließlich ist Tom ein ernstzunehmender Gegner, welchen wir nicht unterschätzen dürfen.
Er wird natürlich in deinen Räumen wohnen müssen. Wo du ihn jedoch schlafen lässt, ist mir egal und wie du ihn behandelst, ebenso. Dass sich der Bengel in der Zeit seiner Abwesenheit gebunden hat, wird dir bei deiner Erziehung zugutekommen. Es sollte also nicht allzu lange dauern.“
„Ist es ihm möglich, das Schloss zu verlassen?“
Severus hatte ernsthaft Mühe, seine Stimme ruhig und teilnahmslos zu halten.
Dumbledore nickte. „Ja. Allerdings nur mit deiner Erlaubnis und in deinem Beisein. Es jedoch verlassen, ist nicht möglich. Wir müssen diesen Krieg endlich zu einem Ende bringen und das Böse vernichten.
Und dafür müssen eben Opfer gebracht werden. Da stimmst du mir doch sicherlich zu, mein Junge?!“
Nun war es der Tränkemeister, der verstehend nickte und sich den Reif anlegte, welcher sich prompt eng um sein Handgelenk verengte.
„Demnach nimmst du die Aufgabe an?“
Dumbledore lächelte zufrieden, woraufhin der Mann diesem ein teuflisches Grinsen schenkte. „Natürlich! Diese Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen. Und wie du schon sagtest, es wird mit Sicherheit nicht lange dauern, solange mir erlaubt ist, den Duellraum in den Kerkern zu nutzen, in welchem die Flüche nicht nachvollziehbar sind. Sonst noch etwas?“
„Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen.
Natürlich mein Junge, natürlich.
Schließlich wollen wir ja nicht, dass das Ministerium davon erfährt. Nicht wahr!
Nun geh, ich möchte dich nicht länger von deiner Arbeit abhalten.“
Severus Snape nickte leicht und lief mit wehendem Umhang und großen schnellen Schritten auf Harry zu, welcher nichts machen konnte, als das Ganze mit klopfendem Herzen und zur Salzsäule erstarrt, mit anzuhören.
„Mitkommen, Potter!“
Damit zerrte der Lehrer für Zaubertränke den Grünäugigen am Ärmel gewaltsam auf die Beine, aus dem Büro und in Richtung Kerker.
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