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ᔕEᑕᖇETᔕ

Die Spannung im Raum kitzelte Jeongguk an seiner Nase und er hielt sie zu, um nicht niesen zu müssen. Er war sich sicher, dass die ganze Hitze seines Körpers sich in seinem Kopf angesammelt hatte und dort vor sich hin brodelte und seine Gehirnzellen einkochte.

Hinter den Fenstern, in der Dunkelheit des Winterabends, tobte ein Schneesturm, doch er sah die dicken, weißen Flocken nur als hellere Flecken in der Schwärze, die eisern darum kämpften nicht auf dem Boden zu landen und sich zu der dicken Schneeschicht zu gesellen, die sich über den Tag verteilt aufgestaut hatte.

Jeongguk spürte eine Bewegung neben sich und wandte den Blick von dem Unwetter ab. Seine Wangen waren noch immer gerötet und er hatte das Gefühl in diesem Raum irgendwann noch zu ertrinken, wenn niemand bald die Fenster öffnen würde. Wie ein U-Boot in dem die Luft langsam knapp wurde.

„Bist du schon fertig?", zischte er dem Jungen zu, der neben ihm gerade seine Klausurblätter sortierte und als Antwort nur knapp den Kopf schüttelte. Jeongguk grinste. Jimin hatte kapituliert. Vielleicht sollte er seinem Beispiel folgen.

„Mr. Jeon? Ist da irgendwas spannendes auf Jimin's Klausur?"

Jeongguk wollte gerade den Mund aufmachen um etwas freches zu erwidern, doch ihm fiel - außer dem französischen Wort für Staubsauger - nichts ein, was sich gelohnt hätte laut auszusprechen.
L'aspirateur.

„Ich hab ihn nur gefragt, ob er noch auf mich wartet, bis ich fertig bin, Miss", murmelte er eingeschüchtert. Eigentlich war ihm der Französischkurs egal. Er hatte ihn nur für seine Mutter gewählt. Doch egal, ob er ein Fach leiden konnte oder nicht, darin schlecht zu sein, kratzte immer an seinem Ego. Und irgendwie hatte er das dumpfe Gefühl seine Französischlehrerin wusste das ganz genau.

„Verkauf mich nicht für blöd, Jeon. Ab jetzt herrscht Ruhe, wenn ihr beide keinen Ausfall haben wollt. Klar?"
„Ja."
Er schwieg und wich ihrem Blick aus.
„Tut mir Leid."
„Das will ich hoffen. Jimin, vergiss bitte nicht dein Handy mitzunehmen."

Jeongguk vermied Jimin's Blick bis dieser seine Tasche geschultert und ihm einen Zettel zugeschoben hatte, den Jeongguk hastig in seiner Federtasche verschwinden ließ, und ihn mit einem finsteren Blick bedachte. Wenn er wegen Jimin doch noch einen Ausfall bekommen sollte, würde er ihn für ein halbes Jahr dazu zwingen seine Französischhausaufgaben zu machen. Immerhin hatte Jimin eine Cousine in Kanada, auch wenn das absolut nichts an seinen Sprachkenntnissen änderte.

Als er weg war und Jeongguk für weitere fünf Minuten auf sein sehr spärlich beschriebenes Blatt gestarrt hatte ohne sich an eine Sache zu erinnern, die sie in den letzten Stunden durchgenommen hatten, zog er endlich den Zettel hervor und schob ihn so neben seine Klausur, dass er ihn lesen konnte.

„Es ist okay zu weinen, Bro. Ich geh schon mal. Fahren wir morgen zusammen Bus?"

Jeongguk riss sich zusammen, nicht laut zu fluchen. Anstatt dass Jimin ihm einen Tipp gab, kam das hier...? Warum war das so typisch für ihn?
Fehlte nur noch, dass er sein Gesicht von außen an die Fensterscheibe presste und ihn gruselig anstarrte, bis er es bemerkte...

„Verdammte Scheiße...", entfuhr es Jeongguk und die übrigen fünf Schüler im Raum drehten sich zu ihm um.

„Gibt es ein Problem, Mr. Jeon?"

„Nein, Miss. Ich hab... mir ist nur eingefallen, dass ich heute noch Mathehausaufgaben machen muss."
Vereinzelt hörte man kichern, nur seine Lehrerin rollte mit den Augen.
„Noch eine Störung und du gibst ab."
„Ja... es tut mir Leid."

Zerknirscht drehte Jeongguk sich zum Fenster um und formte mit dem Mund ein wortloses „Fick dich", was Jimin draußen so sehr zum Lachen brachte, dass er ausrutschte und mit dem Gesicht voran in die ausgeschaufelten Schneemassen im Innenhof der Schule fiel. Verdient, dachte Jeongguk grinsend und widmete sich wieder seinen Aufgaben.

Am Ende schaffte er es zu jeder Aufgabe etwas zu schreiben und gab als letzter ab, auch wenn er wusste, dass seine Französischlehrerin ihn zurückhalten würde, um ihm den Tag gänzlich zu versauen.
Wortlos drückte er ihr also seine Klausur in die Hand und wollte sich gerade umdrehen, als sie sich auffordernd räusperte.

„Nicht so hastig."

Er befürchtete schon das schlimmste, eine Strafpredigt, in der sie ihren ganzen Hass auf ihn loswerden könnte, eine dramatische Ansprache, wie schlecht er doch in Französisch sei und warum er dieses Fach überhaupt gewählt hatte, wenn es ihn nicht einmal zu interessieren schien, sogar eine Nachfrage, ob denn bei ihm zuhause alles in Ordnung wäre, was seine wahnsinnig wenig ausgeprägte Begabung erklären konnte.

„Weißt du wem dieses Handy gehört? Jemand hat es vergessen."

Für einen Moment noch hielt Jeongguk die Luft an, realisierte dann jedoch das die Gefahr gebannt war und besah sich das herrenlose Smartphone. Apple. So wie 95 Prozent der Schülerschaft hier. Eine nichtssagende Hülle, in der der Besitzer zwei Glückskekssprüche und einen Zettel mit einer Adresse und Telefonnummer aufbewahrte. Vermutlich von einem Jungen.

„Ne. Keine Ahnung", meinte er, machte jedoch ein Foto und stellte es in die Gruppe des Französischkurses.

Weiß jemand von wem das ist? Er hat es nach der Klausur vergessen.
Es dauerte keine halbe Minute, da kam eine Antwort.
Das ist Taehyungs, schrieb ein Mädchen, das Jeongguk nicht eingespeichert hatte. Er konnte den Großteil der Namen sowieso nicht irgendwelchen Gesichtern zuordnen.

„Es gehört Taehyung", antwortete er trotzdem genervt und sah seine Lehrerin an, die die Stirn in Falten zog.

„Könntest du es für mich mitnehmen und ihm morgen im Unterricht geben? Ich bin morgen auf einer Fortbildung und das Sekretariat ist zu. Sonst könnten wir es dort deponieren", bat sie ihn freundlich aber in einem solchen Tonfall, der keine Widerworte erlaubte.

Augenrollend steckte Jeongguk das Handy also ein, verabschiedete sich knapp und verließ als letzter Schüler die Schule. Draußen stürmte es noch immer und er wurde fast erschlagen von der eisigen Kälte, die sich sofort an seine Jacke klammerte und unter den Stoff grub.

Die Hände in den Taschen vergraben und den Kopf gesenkt machte er sich auf den Weg zur nächsten Kreuzung an der seine Mutter wartete und ihn abholte. Eigentlich hasste er es, wenn sie darauf bestand ihn abzuholen, doch heute, nach zwölf Stunden und einer Französischklausur in den letzten zwei, kam er dieser Einladung nur dankend entgegen. Außerdem war die Kälte schon nach fünfzig Metern absolut unerträglich.

•••

„Hallo Schatz", begrüßte Jeongguks Mutter ihn, als er sich in den BMW schob, die Tür hinter sich zuzog und sofort die Sitzheizung einschaltete. „Küsschen?"
„Ich bin siebzehn, Ma."
„Dein Vater ist fünfundvierzig und will trotzdem immer noch ein Küsschen."

Sie erwartete einen Lacher, doch Jeongguk ignorierte sie, um ihr zu zeigen, dass er gerade nur nach Hause wollte. Er wollte jetzt nicht reden. Nicht über sich, nicht über die Schule und schon gar nicht, über seine Mutter und seinen Vater.

Unter seinem Hintern wurde es langsam warm und er griff nach dem Gurt um sich anzuschnallen.
„Was gibt's zum Abendbrot?"
„Ich hab Ofenkäse mit Brot, Weintrauben und heißen Punsch gemacht. Und zum Nachtisch frische Vanillekipferl", antwortete seine Mutter und startete den Motor. Über sein Gesicht huschte ein erleichtertes Lächeln und er hoffte, dass sie es gesehen hatte. Er mochte seine Mutter, aber gerade war er einfach nicht dazu bereit sich mit ihr zu unterhalten.

Stattdessen zog er sein Handy heraus und tippte eine Nachricht in den Chat des Französischkurses.
Ich hab's mitgenommen. Kann ihm morgen jemand sagen, dass er mich suchen soll, falls er es wieder haben will?

Irgendjemand würde bestimmt antworten. Das Problem war also gelöst. Auch wenn Jeongguk jetzt tatsächlich ein wenig neugierig geworden war, wer dieser Taehyung genau war. Sonderlich interessant konnte er nicht sein, sonst wäre er ihm definitiv aufgefallen. Außerdem hatte er gerade sowieso nichts besseres zu tun, als seiner Mutter beim Verfluchen des Wetters zuzuhören.

Kurzerhand entschied er sich also dafür dort zu suchen, wo jeder suchte, wenn er treffsichere Ergebnisse haben wollte: In den Followern von Jimin.

Auch wenn Jeongguk es unfassbar nervig fand, dass Jimin Freunde im ganzen Viertel der Stadt hatte und der Schüler ihrer Schule mit den meisten Followern auf Instagram war, war es beinahe nicht möglich irgendwo zwischen diesen Menschen nicht jemanden zu finden, den man potenziell kennen könnte.

Tatsächlich tauchten unter Taehyung gleich drei Ergebnisse auf. Der Erste war ein Siebtklässler von ihrer Schule, der Handball spielte und eine Freundin namens Wonyoung hatte, die zwei Köpfe größer war als er. Der Zweite war ein junger Mann, der Klaviercover von berühmten Liedern hochlud, aus Daegu kam und sich vermutlich nur durch Zufall auf Jimin's Profil verwirrt hatte. Der Dritte war privat.

taehyung_V_30.12.1995

Versuchshalber folgte Jeongguk ihm und in seiner Hosentasche vibrierte es. Seine Mutter schaltete neben ihm das Radio ein und fing an von ihrem Tag zu erzählen, doch er hörte ihr nicht einmal zu. Neugierig zog er Taehyungs Handy aus seiner Tasche und sah aufs Display.

jjgguk.the.one.and.only möchte dir folgen

Jeongguk grinste, tippte auf die Nachricht und ein Ziffernblock poppte auf. Code eingeben... na klasse.
Er hatte schon öfters versucht sich in die geheime Welt des Hackens zu lesen, doch aufgegeben als das erste Mal das Wort strafbar aufgetaucht war.

Er hatte schon viele dumme Sachen angestellt, doch nie hatte er sich soweit in eine riskante Situation gebracht, dass man ihn dafür bestrafen konnte. Das Letzte, was er wollte, war seine Eltern in irgendeiner Form zu enttäuschen.

Wahllos versuchte er es also mit den Standartmöglichkeiten und sperrte Taehyungs Handy für eine Minute. Seine Mutter erzählte gerade von ihrem neuen Großkunden, doch er starrte nur weiter auf die Zahlen und dachte fieberhaft nach.

Die Zahlen in seinem Instagram Namen entsprachen wahrscheinlich sein Geburtsdatum. Wie einfallsreich. Er verdrehte die Augen. Vermutlich war Taehyung irgendeiner von diesen langweiligen Strebern, die bis spät abends noch an ihren Hausaufgaben saßen und sich ganz vorne in die erste Reihe setzten, um den Lehrern bestmöglich in den Arsch kriechen zu können. Solche Menschen dachten nie weiter als bis zu ihrer Zimmertür und dem was im Unterricht gefordert war. Jeongguk könnte seine Lieblingsschuhe dafür verwetten, dass der Code irgendwas mit seinem Geburtsdatum zu tun hatte.

Das Display leuchtete wieder auf und er bekam eine zweite Chance. Zuerst versuchte er es mit 3012, dann mit 1995, die selben Kombinationen rückwärts gelesen und ein weiteres Mal aus Reflex seinen eigenen Code bis die Warnung auftauchte, dass bei einem weiteren falschen Versuch das Handy fünf Minuten gesperrt werden würde.

Unter seinem Hintern war es nun sehr warm und er drehte die Temperatur ein bisschen runter, bevor er sich wieder Taehyungs Instagram Namen widmete.
31.12.1995

Seit er in der dritten Klasse herausgefunden hatte, was eine Quersumme war, hatte er sich eine Zeit lang selbst Rätsel ausgedacht, die diese Methode als Lösung hatten. Hauptsächlich weil er damit angeben wollte, ein solches Wort und seine Bedeutung schon zu kennen.
Mehr amüsiert als ernst berechnete er schnell im Kopf die Quersummen der einzelnen Zahlen und hielt sie nebeneinander. Drei, drei und vierundzwanzig.

Auch wenn er nicht daran glaubte, dass Taehyung auf einen solchen Mist kommen würde, tippte er die vier Zahlen ein.

Der Bildschirm überlegte einen Moment. Dann öffnete sich Instagram und seine Aboanfrage auf dem Display erschien.

Perplex tippte er auf annehmen. Mit Taehyungs Account likte er das letzte Bild, das er von sich hochgeladen hatte (sein nackter Rücken, während er sich eine Klimmzugstange hochzieht - Jimin hatte es gemacht und ohne zu fragen hochgeladen, seitdem hatte sich seine Followerzahl um ein Vielfaches erhöht), und fing dann so breit an zu grinsen, dass ihm seine Wangen wehtaten. Von wegen, er würde einen schlechten Detektiv abgeben. Das konnte er morgen Jimin unter die Nase reiben. Er hatte einen Handycode geknackt. Von einer Person, mit der er noch nie ein Wort gewechselt hatte.

Direkt auf dem Handy ging Jeongguk auf Taehyungs Profil und scrollte sich durch die Bilder. Siebzig Beiträge, obwohl er nur neununddreißig Abonnenten hatte. Neununddreißig plus einen.
Hauptsächlich Bilder von Skizzen, Landschaften, Gebäuden und verschiedenen Gegenständen die irgendwie von der Sonne beleuchtet waren, aber auch ein paar Schnappschüsse von Taehyung selbst, die jemand anderes gemacht haben musste, der auch jedes Mal ordentlich verlinkt worden war.

Auf dem ersten Bild dieser Art war Taehyung zu sehen, wie er seinen Arm durch den Ärmel eines Mantels geschoben hatte und sich selbst das Kinn hochschob. Der Winkel ließ es so aussehen, als würde in dem Mantel ein kopfloser Mensch stecken, der Taehyungs Gesicht in seine Richtung drehte.
Jeongguk grinste und beschloss später mit seinem Profil das Bild zu liken.

Er scrollte ein wenig weiter und stellte fest, dass er dem Jungen tatsächlich schon mehrmals über den Weg gelaufen war. Auch erinnerte er sich an sein Gesicht aus dem Französischkurs und stellte peinlich berührt fest, dass er sich sogar schon einmal mit ihm unterhalten hatte.

Vor etwa einem Monat hatte Jeongguk sich abholen lassen wollen, da ihm den ganzen Morgen schon übel gewesen war. Seine Mutter musste von der Arbeit kommen, weshalb er eine halbe Stunde im Krankenzimmer warten durfte. Taehyung war zufälligerweise mit ihm dort gewesen, hatte sich ganz merkwürdig auf einer der Liegen zusammengezogen, es jedoch geschafft hatte sich lächelnd nach seinem Befinden zu erkundigen.

Jeongguk erinnerte sich, dass sein erster Gedanke „Streber oder Freak" gewesen war, bis Taehyung den Mund aufgemacht hatte und tatsächlich redete, wie er es von seinen eigenen Freunden kannte.
Bevor er ihn jedoch nach seinen Namen fragen konnte, war eine Frau hereingekommen und hatte ihn nach draußen zitiert. Er hatte ihm lange nachgesehen, ab diesem Tag jedoch keinen weiteren Gedanken mehr an ihn verschwendet.

Und jetzt hatte er sein Handy...

„Was guckst du denn da die ganze Zeit?", mischte sich seine Mutter auf einmal ein und er sah erschrocken auf. Sie standen im abendlichen Stau an einer roten Ampel. „Das ist nicht dein Handy, oder?"

„Nein. Ein Kumpel hat das nach der Klausur vergessen. Ich hab's für ihn mitgenommen", log Jeongguk und schob sich das Teil in die Hosentasche. Seine Mutter senkte den Blick und ihr Gesicht verfinsterte sich.

„Was ist das?", fragte sie tonlos und deutete auf das Loch an Jeongguks Knie im Stoff der Jeans.
„Bin gestolpert und hingefallen", nuschelte Jeongguk und wurde rot. Eigentlich hatte er sich geprügelt, aber das würde seine Mutter vermutlich noch viel weniger beruhigen.

„Du weißt, was das für eine Hose ist, oder?"
„Ja."
„Und du weißt wie viel sie gekostet hat."
„Mehr als genug", murmelte er und verkniff sich die Augen zu verdrehen. Er wusste dass seine Mutter nicht darauf hinaus wollte, dass dieser Fetzen Stoff ein kleines Vermögen gekostet hatte. Wenn er eine Schnute zog, würde sie ihm ein Dutzend davon bestellen.

Es ging ihr um die Seele eines Modedesigners, die Jeongguk mit diesem Unfall zerrissen hatte. Auch wenn er wusste, dass ein solcher Schwachsinn nur den Mund einer anderen Designerin verlassen konnte, war es das, was ihn an seiner Mutter am meisten nervte.
Ihre Gleichsetzung von Klamotten mit ernstzunehmender Kunst.

Den Rest der Autofahrt wagte er trotzdem nicht mehr noch einmal zu Taehyungs Handy zu greifen, geschweige denn aufzuhören ein bedrücktes Gesicht zu ziehen, während er der Strafpredigt seiner Mutter lauschte.
Alles dem Ofenkäse zuliebe.

•••

Erst nachdem Jeongguk geduscht und es sich im Bademantel auf seiner Couch bequem gemacht hatte, holte er Taehyungs Handy hervor und begutachtete die Adresse in der Hülle.

Eigentlich musste er Hausaufgaben machen, aber nach dem Abendessen hatte Jimin bei ihm angerufen, um sich - das musste man ihm lassen - zu entschuldigen und im gleichen Atemzug etwas in ihrer Konversation fallen gelassen, das Jeongguks Neugier auf Taehyung endgültig geweckt hatte.

Jimin wusste nämlich über die ganzen Gerüchte zu berichten, die Taehyung und alle anderen Schüler ihrer Schule umgaben, wie undurchdringbarer Nebel. Normalerweise hielt Jeongguk nicht viel davon. Hauptsächlich weil er selbst eine Zeit lang als schwul abgestempelt worden war, nur weil seine Mutter eine berühmte Designerin und sein Vater als Frau auf die Welt gekommen war.

Doch nachdem auf Taehyungs Handy eine sehr fragwürdige SMS gefolgt von fünf vergeblichen Versuchen ihn anzurufen eingetroffen war, hatte Jeongguk sich die Variante, dass Taehyung einer Gruppe von Kleinkriminellen angehören sollte, doch ein wenig zu Herzen genommen.

Auch wenn die Adresse ihn geradewegs ins Niemandsland führte, irgendwo auf der anderen Seite der Erdkugel.

Wahllos suchte Jeongguk sich also weiter durch Taehyungs Handy. Er hatte genau ein Spiel - Among Us - heruntergeladen, kaum Bilder und bis auf Instagram, Twitter und einen Nachrichtenmessenger keine weiteren sozialen Medien.

Ab und zu kam in Jeongguk der Gedanke von Schuldbewusstsein auf, dass er das Handy eines vollkommen Fremden aus purer Langeweile durchwühlte, doch dann dachte er daran, dass Taehyung, wenn er tatsächlich so langweilig war, wie er andere glauben lassen wollte, doch sicher nichts zu verbergen hätte.

Gerade als er jedoch aufgeben und sein Handy weglegen wollte, um selbst noch ein wenig seine Nachrichten zu checken, kam eine zweite SMS an.
Ein Video.
Reflexartig tippte Jeongguk es an und wartete geduldig bis es heruntergeladen werden würde. Kurz bevor sich der Kreis jedoch schließen konnte, stoppte der Download und eine Meldung der Systemeinstellung erschien.

Speicherplatz voll
• Verwalten
• Abbrechen

„Was zum...", murmelte Jeongguk leise und tippte auf die Meldung. „Der Typ hat buchstäblich nichts auf seinem Handy." Vom unteren Stockwerk her tönte leise Klaviermusik und er wusste, dass sein Vater gerade übte.

Das Fenster mit den Einstellungen öffnete sich und ein Balken zeigte den Speicherverbrauch auf Taehyungs Handy an. Sechszehn Gigabyte insgesamt, jede Menge Kleinkram zapfte etwa die Hälfte davon ab. Vier Gigabyte heruntergeladene Musik und vier Gigabyte... Notizen?

Der letzte Ort wo Jeongguk nachgesehen hätte. Niemand benutzte die Notizen auf seinem Handy. Allerhöchstens zum Einkaufszettel oder To Do Listen schreiben, aber meistens nicht einmal mehr das.

Der ICloud-Ordner war leer, genauso wie der von Taehyungs privater E-Mail-Adresse. Die Notizen auf seinem IPhone jedoch betrugen insgesamt 1.011.

Jeongguks Augen weiteten sich und er ging auf den Ordner. Sein eigenes Handy klingelte, doch er ignorierte es. War vermutlich eh nur Jimin, der ihn nach seinen Hausaufgaben fragen wollte.

Ungefähr drei Notizen waren oben angeheftet. Die Erste beinhaltete alle möglichen Passwörter für Social Media, seinen Computer, seine E-Mail-Accounts. Danach folgte eine Liste mit unzähligen verschiedenen Kürzeln und Daten, aus denen Jeongguk auch nach fünf Minuten nicht schlau wurde und eine To Do Liste auf der nur ein einziger Punkt stand.

• Handy loswerden

Das Klavierspiel seines Vaters verstummte und es klingelte an der Tür. Jeongguk hatte das Gefühl sein Herz hätte einen Schlag ausgesetzt und er umklammerte Taehyungs Handy fester, während er sich langsam aufsetzte und zu seiner Zimmertür lief.

Von unten hörte er die Stimme seines Vaters und die eines anderen Mannes. Oder Jungen.
Für einen Moment lauschte Jeongguk einfach nur auf das Gemurmel in der Hoffnung, dass er mit der Zeit die Worte besser verstehen konnte, doch dann rief sein Vater nach ihm.

„Jeongguk! Hier ist jemand für dich."
„Alles in Ordnung, Sir. Ich werde einfach kurz nach oben gehen und es mir abholen", kam die laute Antwort des anderen und Jeongguk schreckte sofort vom Türrahmen zurück, als hätte ihn jemand mit einer Nadel gestochen. Das war Taehyung. Das war definitiv Taehyung.

Schnell zog Jeongguk sich den Bademantel enger um den Körper und fuhr sich durch die halbnassen Haare, bevor er Taehyungs Handy entsperrte und alle Fenster schloss, die seinetwegen offen gewesen waren.
Gerade rechtzeitig als es an seinem Türrahmen klopfte und der Junge von den Bildern eintrat. Er hatte trotz der brutal kalten Temperaturen eine dünne Strickjacke an und eine Wollmütze auf dem Kopf unter der sich die schwarzen Haare zu kleinen Locken kräuselten.

Er sah aus, als wäre er den Weg von der Bushaltestelle zu ihrem Haus gerannt und hätte geistig noch immer nicht damit aufgehört.
Die Panik und Gehetztheit glänzten in seinen Augen, wie in Jeongguks vermutlich die Nervosität und das Schuldbewusstsein. Er war sehr froh, dass Taehyung zuerst den Mund aufmachte.

„Du hast mein Handy mitgenommen, oder?"
„Ja, sorry... ich hätte es dir morgen mitgebracht, aber..."
„Und du hast darin herumgeschnüffelt."

Jeongguk wurde rot und schluckte schwer, als Taehyung einen Schritt auf ihn zumachte. Er war nicht viel größer als er und bei weitem nicht so gut gebaut, doch irgendwie schindete er gewaltig Eindruck auf ihn, wie er ihn mit seinem Blick durchlöcherte, als würde er Jeongguk jeden Moment an die Gurgel springen können, wenn er wollte.

„Ich... also... ich war nur neugierig. Ich weiß, dass das nicht okay war, aber... ja. Es tut mir Leid..."
„Schon okay. Irgendwas interessantes gefunden?"

Die Frage verwirrte Jeongguk, doch er versuchte bestmöglichst nicht auf sie einzugehen und schüttelte entschieden den Kopf.
„Ich hab nur meine Aboanfrage auf Insta angenommen. Hoffe das stört dich nicht", murmelte er, während ihm von Sekunde zu Sekunde heißer wurde. „Deine Bilder sind cool."

Taehyung nickte ohne zu lächeln und starrte Jeongguk weiter an, als würde er herausfinden wollen, ob er log oder nicht.

Auf einmal vibrierte das Handy in Jeongguks Hand.
Taehyung wollte vorstürzen und es ihm wegreißen, doch Jeongguk hatte schon drauf gesehen und wurde von einem Moment auf den anderen kreidebleich.

Ich hoffe, du hast dich bei deiner Familie entschuldigt. Zwei Stunden noch. Ich hab gar nicht gewusst, dass ihr euch so ein Schloss leisten könnt...

„Was...?", fing Jeongguk an, doch Taehyung hatte ihm schon das Handy weggenommen und hämmerte wie wild in die Tastatur.

„Verdammte Scheiße... der Penner hat mich geblockt", stöhnte er nach fünf Sekunden. Ein Schatten huschte über sein Gesicht und Jeongguk spürte, wie ihm langsam schlecht wurde. Er hatte zwar absolut keine Ahnung, was genau sich hier gerade abspielte, doch die Horrorszenarien in seinem Kopf, kühlten seinen Gemütszustand nicht gerade herunter.

Nach einer Weile sah Taehyung wieder auf. Sein Gesichtsausdruck hatte sich verhärtet und er sah auf einmal noch zehnmal angsteinflößender aus, als in dem Moment, als er durch Jeongguks Zimmertür getreten war.

„Du musst hier weg", murmelte er leise und sah sich in Jeongguks Zimmer um. „Du und deine Eltern müssen hier sofort raus."
„Wa-... warum...?" Mehr brachte er nicht heraus. Seine Kehle wurde ganz trocken.
„Du hättest mein Handy nicht mitnehmen sollen. Wenn ihr nicht sofort abhaut, kann... sonst was passieren."

Über Jeongguks Rücken lief ein Schauer und er holte tief Luft um sich selbst ein wenig zu beruhigen.
„Was ist hier los?", murmelte er mit fester Stimme. Wenn das alles nur ein mieser Scherz war, würde er morgen das Gespött der Schule sein.

Taehyung seufzte und zog sich die Mütze vom Kopf. Seine schwarzen Haare lagen platt an seinem Kopf an.

„Die ganze Geschichte ist lang und unglaubwürdig. Bist du sicher..."
„Ja, zur Hölle", unterbrach Jeongguk ihn und klammerte sich fester an den Stoff seines Bademantels. Ihm war kalt und Taehyung machte ihn mit seiner Geheimnistuerei unfassbar nervös.

„Jemand will mich umbringen. Und benutzt mein Handy, um herauszufinden, wo ich bin."

Entsetzt schnappte Jeongguk nach Luft und presste sich schnell die Hand vor den Mund.
Das war ein Scherz. Ein verdammt schlechter Scherz. Taehyung hatte eine Wette zu gewinnen und sollte ihm Angst einjagen.

„Ich wollte es heute in der Schule lassen, um sie von mir wegzulenken."

Er machte eine kurze Pause und sah Jeongguk direkt in die Augen. Sein Blick war dunkel, ob vor Wut oder Furcht ließ sich nicht erkennen.

„Bis du dazwischen gekommen bist und alles ruinieren musstest."










Offene Enden sind toll... vielleicht kommt hierzu mal ein zweiter Teil xD

Euch allen einen guten Rutsch ins neue, hoffentlich etwas bessere Jahr 2021!

Danke für diese Zeit mit euch und fürs Lesen von diesem Oneshit...

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