Alrakis
Kurz vor dem Abendessen wachte ich auf. Mein Schlaf war nicht erholsam gewesen – immer derselbe Alptraum: Peter. Dementoren. Feuer. Schreie. Dunkelheit. Mein Kopf fühlte sich schwer an, und meine Glieder wollten sich kaum bewegen.
Nachdem ich mich zurechtgemacht hatte, überlegte ich, ob ich zu Sirius hinuntergehen sollte. Vielleicht war es besser, das Gespräch zwischen uns endlich zu führen, bevor die Distanz sich weiter vertiefte.
Doch bevor ich mich entscheiden konnte, klopfte es an der Tür. Das Geräusch ließ mich zusammenzucken, und ein unbehagliches Gefühl stieg in mir auf. Hastig machte ich mich daran, sie zu öffnen.
„Minerva? Was führt dich denn zu mir?" fragte ich erstaunt und musterte sie.
Sie stand mit einem siegessicheren Lächeln da – einer Mischung aus Triumph und einer Spur Wehmut.
Mein Herz setzte kurz aus. „Du weißt es?" fragte ich mit rauer Stimme.
Sie nickte langsam.
Ich zog die Tür weiter auf und bedeutete ihr mit einer Geste hereinzukommen. Doch anstatt mich nervös zu rechtfertigen, verschränkte ich die Arme vor der Brust und nahm einen tiefen Atemzug. „Na schön. Lass hören."
Minerva ließ sich auf einen Stuhl nieder, schob ihren Umhang zurück und musterte mich. Sie wirkte wie eine Schachspielerin, die gerade den entscheidenden Zug enthüllt hatte.
„Es hat eine Weile gedauert, ich gebe es zu", begann sie.
Ich schnaubte leise und setzte mich ihr gegenüber. „Na, hoffentlich. Ich wollte es dir ja nicht zu leicht machen. Und, wer bin ich? Samstag hattest du ja noch keine Ahnung."
Ihre Augen funkelten. „Olivia Ivy Wood", sagte sie, und ihr Ton ließ keinen Zweifel zu.
Mir blieb fast die Luft weg, aber ich ließ mir nichts anmerken. „So einfach, ja? Wie hast du es herausgefunden?"
„Samstag wusste ich wirklich noch nichts." Ihr Blick wanderte kurz zur Seite, bevor sie weitersprach. „Doch dann brach Sirius Black hier ein, und Albus war so erbost, wie ich ihn nur im Zusammenhang mit einer bestimmten Person je gesehen habe."
Ich lachte bitter auf. „Erbost ist ja wohl noch untertrieben. Und das hat dir gereicht?"
„Nicht ganz", gab sie zu. Ihre Augen begannen zu glänzen, und ihre Stimme wurde weicher. „Es gab da noch etwas... Erinnerungen, die plötzlich wiederkamen."
„Minerva? Ist alles in Ordnung?" fragte ich, als sie nicht weitersprach.
Ihre Lippen zitterten leicht, und sie sah mich traurig an. „Mir ist wieder eingefallen, wie oft ich Olivia vor Albus gerechtfertigt habe. Wie ich mich um sie und die Jungs gekümmert habe, als wären sie meine eigenen Kinder." Ihre Stimme brach fast. „Vor allem Olivia und Sirius. Sie waren... wie eine Familie für mich."
Ihre Worte trafen mich wie ein Schlag. Ich schluckte schwer, fühlte, wie meine Kehle sich zuschnürte.
Minerva fuhr fort, als wollte sie die Leere in der Luft füllen. „Wie... wie konnte ich das vergessen?"
Ich wollte etwas sagen, doch die Worte kamen nicht. Stattdessen legte ich eine Hand auf ihren Arm, fühlte die Kälte ihrer Haut. „Minerva... es tut mir leid."
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Dich trifft keine Schuld", erwiderte sie zögerlich.
Schuldbewusst sah ich sie an. „Doch, Minerva. Es ist meine Schuld. Nach meiner Hochzeit mit Sirius... haben wir alle mit einem Zauber belegt. Damit ihr es vergesst."
Ihre Augen weiteten sich, und ihre Lippen öffneten sich leicht, als wollte sie etwas sagen, doch sie schwieg.
„Voldemort war uns zu nah gekommen", fuhr ich fort, meine Stimme brüchig. „Sirius war augenscheinlich der Geheimniswahrer der Potters, und wir waren uns sicher, dass er beobachtet wurde. Es war zu gefährlich, unsere Verbindung öffentlich zu machen. Also haben wir beschlossen, alle Erinnerungen an unsere Hochzeit und an das, was uns miteinander verband, zu verschleiern."
Minerva schloss kurz die Augen. „Das war ein schweres Opfer", sagte sie schließlich. „Für euch. Für uns alle."
Ich nickte langsam. „Wir hatten gehofft, es nach dem Krieg rückgängig zu machen. Aber dann..." Ich hielt inne, schüttelte leicht den Kopf. „Es kam nie dazu."
Minerva betrachtete mich lange, ihre Augen glänzten vor unterdrückten Gefühlen. „Könntest du den Zauber jetzt aufheben?"
Ich sah sie unsicher an. „Es gibt einen Trigger. Es wird alles zurückbringen – Bist du sicher, dass du das willst?"
„Wenn ich eins im Leben gelernt habe, Olivia", sagte sie sanft, „dann dass Erinnerungen uns formen. Gute wie schlechte. Ich will wissen, was mir fehlt."
Ich nickte zögernd, dann hob ich den Zauberstab. „Warte hier. Ich bringe es dir."
Ich ging zum Bücherregal und zog ein kleines, unscheinbares Kästchen hervor. Darin lag das Bild, das all die Erinnerungen zurückbringen würde: ein magisches Foto, das Sirius und mich an unserem Hochzeitstag zeigte. Minerva hatte mich an diesem Tag zum Altar geführt, weil meine Eltern nicht mehr lebten. Ihre Augen waren damals vor Stolz und Zuneigung gefunkelt, und auf dem Foto war sie bei jedem magischen Wiederholen der Szene zu sehen, wie sie meinen Arm an Sirius übergab.
Langsam reichte ich ihr das Bild. „Das hier ist der Schlüssel."
Minerva nahm es mit zitternden Fingern und betrachtete es einen Moment. Dann, wie ein leiser Windstoß, wirkte der Zauber. Ihre Augen schimmerten, und sie atmete tief ein, als die Erinnerungen in Wellen zurückkehrten.
Einen Moment lang schien sie überwältigt. Doch dann, wie durch einen plötzlichen Riss in der Stille, begann sie zu lachen.
„Oh, Olivia!", sagte sie mit einem freudigen Funkeln in den Augen. „Du warst so nervös an diesem Tag! Weißt du noch, wie du beinahe über deinen eigenen Umhang gestolpert bist?"
Ich konnte nicht anders als zu lächeln. „Das habe ich nie vergessen. Sirius hat noch stundenlang darüber gelacht."
Minerva schüttelte den Kopf und hielt das Foto fest an ihre Brust. „Ihr wart so glücklich. Und ich... ich war so stolz, an eurer Seite zu sein. Mein Gott, wie habe ich das alles vergessen können?"
„Es war zu eurem und unserem Schutz", sagte ich sanft, doch meine Stimme hatte einen entschuldigenden Ton.
Minerva stand auf und zog mich in eine feste Umarmung. „Du musst dich nicht entschuldigen, Olivia. Ihr habt getan, was ihr tun musstet. Aber ich bin froh, dass ich es jetzt wieder weiß."
Ich lachte leise und erwiderte die Umarmung. „Ich auch, Minerva."
Sie löste sich schließlich von mir, wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und hielt das Foto in die Höhe. „Ich werde dieses Bild gut aufbewahren. Vielleicht sogar irgendwo aufhängen."
„Nur, wenn Albus es nicht sieht", scherzte ich.
Minerva lachte leise. „Du hast recht. Albus wird wahrscheinlich die Stirn runzeln, wenn er mich damit sieht."
„Wahrscheinlich?"
„Na gut", antwortete sie trocken, „ziemlich sicher. Ach, und du schuldest mir jetzt einen Gefallen"
Wir lachten beide, und für einen Moment war ich so glücklich wie schon lange nicht mehr.
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1043 Wörter
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