80 - delay
Ich wusste nicht wohin, in meiner Kabine würde Louis mich sofort finden und an Land konnte ich eigentlich auch nicht, das Schiff würde bald ablegen. Dennoch führte mich mein Weg letztlich doch von Bord, sollte es doch ohne mich ablegen, bisher hatte es nur Pech für mich gebracht. Louis Gesichtsausdruck, nachdem Eleanor das mit der Firma seines Vaters angesprochen hatte und das er dieser mit seiner Sexualität angeblich schaden würde, man hatte deutlich gesehen, wie all die Angst sich in seinen Augen wieder aufbaute und Eleanor dabei war, ihr Ziel zu erreichen. Wieso war sie auch hinter all das gekommen? Wieso hatte sie eins und eins zusammenzählen können und hatte auf meinem Handy die Bilder gefunden? Und wieso war sie auch noch so intelligent und hatte sich diese geschickt?
Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche, umso weiter ich mich aus dem Hafengebiet entfernte, umso öfter schien es sich zu Wort zu melden. Doch gerade wollte ich einfach nur nachdenken, wollte mir darüber klar werden, was ich nun tun sollte, wenn Louis sich tatsächlich gegen mich entscheiden sollte. Wir waren so weit gekommen, hatten so viel durchgestanden und nun, zu dem Zeitpunkt an dem Louis endlich bereit war, sich von Eleanor zu trennen, sollte sich das alles als umsonst rausstellen, weil sie eine Erpressung aus dem Ärmel schüttelte? Ich war mir sicher, dass das der Firma von Louis Vater nicht schaden würde. Sicher gab es einige, für die Toleranz leider noch ein Fremdwort war, obwohl es schon lange im Duden seinen Platz gefunden hatte, aber mit denen würde man die Arbeit dann einfach beenden und fertig. Es würden sich neue und bessere Partner finden.
Vielleicht sollte ich mal mit Louis Vater reden, nicht über seinen Sohn und dessen Sexualität, das sollte Louis schon selbst erledigen, aber vielleicht könnte ich ein paar Informationen aus ihm herausquetschen,wie die Lage in der Firma war und sowas. Und vielleicht könnte ich Louis dann mit diesen neugewonnen Informationen die Angst nehmen, anderenfalls würde er sich womöglich doch nicht outen oder sich erst gar nicht von Eleanor trennen. Ich wusste nicht, was da jetzt abging, nachdem ich abgehauen war, aber ich musste da einfach für kurze Zeit raus. Nach Eleanors Worten, was sie eigentlich alles mitbekommen hatte, so viele Details, und Louis ansteigender Angst, die sein Outing und ein Uns gefährdete, hatte ich einfach rot gesehen. Ich wollte das nicht viel länger geheim halten und das wusste er. Natürlich tat ich das für ihn, aber irgendwann wollte ich auch mal meine Mutter anrufen und ihr verkünden, dass ich einen Mann mit nach Hause bringe, der mich glücklich macht und der mich liebt.
Wie viel Pech konnte man haben, dass einem die Liebe immer und immer wieder so verwehrt wurde? Wie unfair konnte das Leben spielen? Es wollte sich mir nicht erklären, es wollte nicht in meinen Kopf. Die Trennung von Eleanor war eine Sache, die hatte Louis Vater abgesegnet und war für ihn dementsprechend auch nicht mehr beängstigend, aber dass er mit einem Outing, von dem der Vater noch nichts wusste, nicht nur seinen Vater, sondern auch dessen Firma zerstören könnte, an der er so lange gearbeitet hatte, war eine andere Sache und jagte ihm wieder eine riesige Angst ein. Auch wenn das bescheuert und zumindest mir klar war, dass Mark ein Outing positiv hinnehmen würde und Louis ihm auch wichtiger als die Firma war, Louis war das nicht so sichtbar und löste in ihm wieder eine Blockade aus, die man erst einmal beseitigen musste.
Als mein Handy wieder vibrierte, zog ich es seufzend aus meiner Hosentasche und als ich sah, dass es Niall war, nahm ich ab. ,,Hey." ,,Harry? Gott sei Dank nimmst du endlich ab. Wo bist du?", fragte Niall sofort und im Hintergrund konnte ich Liam erleichtert aufatmen hören. ,,Tut mir leid, ich wollte Michael und dich nicht alleine in der Eisdiele lassen, aber ich musste einfach raus. Ich bin irgendwo auf der Insel", gestand ich und sah mich einmal um, doch nichts kam mir bekannt vor. ,,Das du uns allein gelassen hast, ist doch egal, es war doch eh nicht viel los, zumal ich gemerkt habe, wie das Gespräch in eine ganz andere Richtung verlaufen ist, als geplant. Wir haben uns nur Sorgen gemacht, das Schiff legt in fünfzehn Minuten ab und Louis ist mittlerweile auch aus der Eisdiele verschwunden", erzählte Niall und ließ mich hellhörig werden.
,,Louis ist weg?", fragte ich nach. ,,Ja, er sucht dich sicher, aber Harry, bitte komm jetzt erstmal zurück zum Schiff. Du weißt wie wütend die hier werden, wenn man den ganzen Betrieb aufhält", sagte nun Liam, der Niall scheinbar das Handy abgenommen hatte. ,,Ist ja okay, ich mach mich auf den Rückweg. So lange wird es sicher nicht dauern, bis gleich", seufzend legte ich auf und schaute mich noch einmal um, doch alles sah so gleich aus, sodass ich nicht einmal mehr wusste, aus welcher Richtung ich eigentlich gekommen war. Ich wollte gerade das Navigationssystem auf meinem Handy starten, als eine Fahrradklingel ertönte und mich, mit Blick aufs Handy, einen Schritt zur Seite gehen ließ, um Platz zu schaffen. Doch das Fahrrad blieb neben mir stehen und gleich darauf ertönte eine erleichterte Stimme.
,,Hier bist du ja, ich hab dich überall gesucht auf dem Schiff." Erschrocken sah ich hoch, blickte direkt in Louis blaue Augen. ,,Wie hast du mich gefunden? Was willst du?", fragte ich, war nun sehr unsicher, im Umgang mit Louis, wer weiß was wegen Eleanors Erpressung in ihm vorging. ,,Ich hab ein paar Passanten auf den Straßen gefragt, ob sie einen süßen Lockenkopf gesehen hätten und so hab ich dich gefunden. Und du bist einfach aus der Eisdiele abgehauen und hast nicht auf mein Rufen reagiert, das hat mir Sorge bereitet." ,,Und mir bereitet es Sorge, dass du dich nun vielleicht doch nicht von Eleanor trennen willst, deshalb bin ich abgehauen. Ich brauchte eine Pause. Das zieht alles so an meinen Nerven."
Louis nahm eine Hand von dem Fahrradlenker und ergriff damit meine. Sanft hielt er sie fest und wirklich losreißen wollte ich mich auch nicht. ,,Ich liebe dich Harry. Bitte komm mit mir zurück aufs Schiff und dann erkläre ich dir, wie das Gespräch ausgegangen ist, aber hab bitte keine Angst", ehe ich hätte reagieren können, holte Louis sich einen kleinen Schmetterlingskuss von meinen Lippen und brachte mich damit umgewollt zum Lächeln. Meine Hand ließ er nicht los, während er mit der anderen den Lenker festhielt und das Fahrrad neben sich her schob. Es brachte nichts, sich gegen das Mitkommen zu wehren, eine Aussprache war dringend notwendig und ich wollte ja auch wissen, wie das nun zwischen uns und zwischen Eleanor und ihm weitergehen sollte. Angst hatte ich dennoch. ,,Wo hast du auf die schnelle das Fahrrad her?", fragte ich Louis grinsend, um mich selbst abzulenken und nicht zu sehr darüber nachzudenken, was er mir gleich erzählen würde.
,,Da wo wir uns gestern die Fahrräder ausgeliehen haben, habe ich mir schnell eins geschnappt und dem Besitzer des Ladens versprochen, es sofort zurückzubringen. Ich hab ihm gesagt, dass ich meine große Liebe zurückholen muss und deshalb hat er mich, ohne bezahlen zu müssen, ziehen lassen." ,,Du bist so ein Spinner", ich musste mir das Lachen verkneifen und biss mir auf die Innenseiten meiner Wangen, um auch nicht zu sehr zu grinsen. Louis Geschichte bewahrheitete sich, als wir beim Fahrradverleih ankamen und der Besitzer Louis gratulierte, mich wiedergefunden zu haben. Louis drückte ihm das doppelte von dem in die Hand, was er eigentlich hätte bezahlen müssen und eine halbe Stunde, nachdem ich mit Liam und Niall telefoniert hatte, kehrten wir verspätet zurück auf das Schiff.
Unsere Hände hatten sich mittlerweile wieder losgelassen, noch dauerte das Versteckspiel an. ,,Sie sind zu spät", sprach eine Mitarbeiterin des Schiffes, die die Bordkarten abscannte, damit kein Passagier vergessen werden würde, sobald das Schiff ablegte. ,,Ja, das ist meine Schuld", meldete Louis sich sofort zu Wort, ,,ich konnte mich einfach nicht von der Schönheit der Insel losreißen, wollte jede Ecke erkunden und deshalb sind wir zu spät." Er erntete tadelnde Blicke, die vorher noch auf uns beiden gelegen hatten, doch ich sagte auch nichts dagegen, auch wenn ich eigentlich Schuld an der Verspätung war. Ich als Mitarbeiter könnte Konsequenzen davon tragen und das konnte ich mir nicht leisten.
Wir gingen an Deck, wo mittlerweile viel mehr los war, jetzt wo alle Passagiere wieder an Bord waren und das Schiff bald ablegen würde. Liam war in der Eisdiele für mich eingesprungen, ich winkte ihm und Niall einmal zu, um ihnen zu zeigen, dass ich wieder aufgetaucht war und müsste dem braunhaarigen auf jeden Fall nachher ein Bier ausgeben. Als Chef musste er mein Verhalten nicht dulden, einfach vom Arbeitsplatz abzuhauen, auch wenn wir Freunde waren, doch er tat es und das bedeutete mir viel. Louis und ich suchten uns ein ruhigeres Plätzchen am Heck des Schiffes und während es vom Hafen ablegte, wartete ich gespannt darauf, was Louis mir nun zu erzählen hatte und vorallem, ob sich das nun positiv oder negativ auf den Fortlauf unserer Beziehung auswirken würde.
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Was glaubt ihr, wie hat das Gespräch zwischen Eleanor und Louis geendet? Auf was muss Harry sich einstellen? :(
All the love xx
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