Das 8. Kind
Das achte Kind war ein Junge.
Er war einer dieser Kinder, die auf dem Schulhof in der letzten Ecke saßen, um seinen Mitschülern aus dem Weg zu gehen. Alleine und einsam, das war er. Weder hatte er Freunde, noch wollte jemand mit ihm zusammenarbeiten. Wenn es darum ging, eine Partner- oder Gruppenarbeit auszuführen, blieb er als letztes übrig und musste unter dem genervten Stöhnen seiner Klasse zugeteilt werden.
Ich verstand nicht, wieso Schule so ein Ort der Ausgrenzung sein konnte. Die Kinder sollten sich glücklich schätzen, dass sie überhaupt Bildung in ihrem Land hatten und dass es eine Schulpflicht gab.
Er schätzte jede Sekunde, die er auf dem Schulgelände sein durfte. Er hatte in seinem Land nicht zur Schule gehen dürfen, sondern wurde als Soldat in den Kampf geschickt.
Ich sah seine erschrockenen Gesichter, als die Sirene der Feuerwehr losging und er versuchte, sich zu verstecken. Er kannte sie nur im Zusammenhang mit Bomben, die den Tod mit sich brachten.
Ich erklärte ihm, was sie wirklich bedeuteten.
Und er vertraute mir.
Mit seinen wenigen Worten, die er Deutsch und Englisch sprechen konnte, erklärte er mir, wie er lebte und wie genau sein Tag aussah.
Seine Worte schockierten mich.
Ich hatte schon gehört, dass eine kleine Wohnung in der Stadt komplett abgebrannt war. Doch ich wusste nicht, dass sie ihm und seiner Familie gehörte. Auch über die Täter sagte er was. Er hatte ihre Namen gehört und sie auch gesehen, kurz bevor die Wohnung in Flammen aufging.
Und er bat mich um Hilfe. Zwar schaute er skeptisch, als ich ihm die wichtigste Regel erklärte, doch er willigte schneller ein, als ich gedacht hatte.
Nun schauten mich seine braunen Augen an. In ihnen war nichts Lebendiges mehr.
Er hatte die Wahrheit nicht ausgehalten.
Ich hatte ihn davor gewarnt.
Er hatte die wichtigste Regel gebrochen.
Ahmed.
Er war das achte Kind.
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