Das 6. Kind
Das sechste Kind war ein Mädchen.
Unschuldig und teuflisch zugleich.
Ihre rabenschwarzen Haare, große, dunkelbraune Augen schauten einem direkt in die Seele und ihre Haut war weicher als alles andere, was ich je mit meinen vernarbten Fingern gespürt habe.
Ihre Gesichtszüge waren feiner als die der Mona Lisa.
Sie war unglaublich schön.
Und unglaublich böse.
Man schaute ihr hinterher, später würde man ihr hinterher pfeifen. Als erwachsene Frau wäre sie ein Vorbild, das alle ansehen würden.
Aber niemand erkannte, wie sie wirklich tickte. Niemand konnte wissen, wie es in ihr ausgesehen hatte.
Niemand außer ich.
Hinter ihren dunklen Augen war etwas, was mir anfangs nicht aufgefallen war. Ihre dunklen Lippen verbargen ein Geheimnis und ich zerbrach mir in den Nächten lang den Kopf. Dann war es jedoch so offensichtlich, dass man es übersehen hatte.
In ihr schlummerte die Multible Persönlichkeit. Sie war nicht nur eine Person, sondern gleich drei.
Während das eine Mädchen eine liebe, hilfsbereite Person war, die keinem etwas übelnehmen konnte, war die zweite Person eher ein böses Kind, welches sich vom Leid Anderer ernährte. Ihre dritte Seite jedoch war erst später in ihr Leben getreten.
Ich sah sie zwischendurch zur Schule gehen, doch je weiter die Zeit verstrich, desto deutlicher wurde ihr künstliches Verhalten. Ihre eigentlich niedlichen Macken waren verschwunden und sie schien das Haus nur noch wegen der Schule zu verlassen.
Die dritte Person dominierte ihren Kopf und unterdrückte die beiden anderen Persönlichkeiten.
Sie begann andere Kinder zu verletzen. Ich sah sie, als sie von der Polizei nach Hause gebracht wurde, da sie einen Mitschüler angeblich mit einem Messer angegriffen hatte.
Die dunkelbraunen Augen wurden tief und schwarz.
Dann kam sie zu mir und erzählte mir von ihrem Therapeuten und ihren letzten Sitzungen. Und ich verstand es. So, wie sie mit mir geredet hatte, ihre Blicke und die Emotionen, die ihre Worte mit sich brachten.
Dieser Mann schien daran schuld zu sein, dass ihre dritte Persönlichkeit in ihr ausgebrochen war.
Ich sagte ihr die Regeln.
Sie rieb sich dabei die Hände, als hätte sie Spaß. Sie war so böse.
Und trotzdem merkte ich, wie mein Herz raste, als sie ihre kleinen Hände an meine Wangen legte und mich küsste.
Ich wusste, wieso sie das getan hatte.
Sie wollte wissen, wie es ist, jemanden zu küssen.
Sie hatte die wichtigste Regel nicht gebrochen.
Dafür war die Badewanne voller Blut, als ich sie einige Stunden später fand.
Lea.
Sie war das sechste Kind.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro