4. "Wir haben unser Ziel erreicht"
Der Dodge war nicht gerade ein unauffälliges Auto, das hatte ich schon zu spüren bekommen, als ich durch die Innenstadt gefahren bin. Auch wenn viele diese Autos fahren, schienen diese Ungeheuer wahre Eyecatcher zu sein.
Alleine das blubbernde Motorengeräusch zog schon jede Aufmerksamkeit auf sich. Wie auch jetzt, als ich das Auto in die firmeneigene Tiefgarage steuerte und einige Leute die Köpfe zu mir drehten, während sie auf den Weg zu den Fahrstühlen waren.
Auf einen der hintersten Parkplätze parkte ich ein und trank erstmal einen großen Schluck von meinem mitgebrachten Kaffee.
Die heiße Flüssigkeit wanderte meinen Rachen herunter und konnte trotzdem diesen riesigen Kloß in meinem Hals nicht so recht lösen, der sich schon seit dem Aufstehen heute Morgen festgesetzt hatte.
Jetzt schon mit den Nerven etwas fertig ließ ich mich in dem Sitz zurückfallen und schloss kurz die Augen.
Schon heute Morgen ist eine Menge schief gegangen.
Erst bin ich eine halbe Stunde zu spät aufgestanden, dann wurde das Bad eine Ewigkeit von Kaily besetzt. Als ich mich dann endlich fertig machen konnte, schmierte ich mir die Maskara sonst wo hin, weil ich nicht das gewohnte Fingerspitzengefühl wie sonst besaß und konnte mich deswegen nochmal neu schminken, weil ich den Concealer und alles andere mitheruntergewischt hatte.
Als ich nach dieser aufwendigen Prozedur in der Küche einfach nur frühstücken wollte, kippte ich mir den Kirschssaft über meine extra neu gekaufte Bluse und konnte wie eine Wilde nach einem weiteren dunklen und eleganten Kleidungsstück suchen, da sich meine helle Unterwäsche irgendwo in der Schmutzwäsche tummelte und ich von der hellen eh nicht viel besaß.
Da ich nur mehr oder weniger erfolgreich die Suche abschließen konnte, würde ich meinen ersten Arbeitstag mit einem dunklen engen Businesskleid beginnen und nicht wie geplant mit einer schönen gebügelten Hose und einem luftigen Oberteil.
Später, als ich es endlich in mein Auto geschafft hatte, wollte diese Trude nicht mehr anspringen und so musste mir Kaily ihr Auto leihen, da ich auf eine Busverbindung um diese Zeit in unserer Gegend nun gar keine Chance mehr hatte.
Zum Glück hatte sie damit kein großes Problem und wurde eh von ihrer Arbeitskollegin mitgenommen. Im Gegenteil zu mir empfand sie den heutigen Morgen wie ihre eigene persönliche Comedyshow.
Ich seufzte ein letztes Mal, bevor ich mir die Handtasche von dem Beifahrersitz schnappte und aus dem Auto stieg. Nachdem ich mich gefühlt hundertmal abgesichert hatte, dass dieses teure Auto auch wirklich abgeschlossen und während der Fahrt keine Kratzer abbekommen hatte, machte ich mich mit Gummibeinen auch auf den Weg zum Fahrstuhl.
Gähnend betätigte ich den Knopf und musste nicht lange darauf warten, dass sich die Türen öffnen würden. Zögerlich trat ich herein, drehte mich um und beobachtete wie sie sich hinter mir nach ein paar Sekunden schlossen.
Langsam setzte sich der Kasten in Bewegung und ich warf unterdessen einen prüfenden Blick in die verspiegelte Seitenwand, die ab Hüfthöhe ungefähr begann.
Meine dunkelblonden Haare fielen glatt über meine Schultern und meine steingrauen Augen blickten mich eindeutig viel zu verängstigt an. Man würde mir meine Nervösität allzu deutlich ansehen, sie prangte als Wort über meinen Kopf und blinkte jeden fröhlich an.
Ich schloss die Augen und massierte mir wieder meine Schläfen, nebenbei registrierte ich, dass der Fahrstuhl wieder zum Stehen kam. Erst dachte ich, dass niemand einsteigen würde, doch dann spürte ich einen Luftzug, der verriet, dass nun doch jemand hereingetreten war.
Ein verführerischer Duft zog sie mir herüber, der mir seltsamerweise viel zu bekannt vorkam... na wunderbar, würde ich jetzt bei jedem Männerparfüm nur das von dem riechen, der erst letztens vor meiner Tür stand?
Lieber sollte ich mich auf wichtigere Sachen konzentrieren, zum Beispiel, ob ich einfach mal den verdammten Kopf hob, um ihn zu grüßen.
Machte doch einen guten Eindruck, wenn ich schließlich hier die Neue in der Firma war oder? Ich konnte ja nicht alle hochnäsig ignorieren, weil mir meine Aufregung im Weg stand.
Oder ein Kopfkino von einem Unbekannten.
Langsam öffnete ich die Augen und wollte gerade den Mund aufmachen, als die Person mit dem Rücken zu mir in der nächsten Etage den Fahrstuhl ohne ein weiteres Wort verließ. Nachdenklich musterte ich die Schulterpartie, die durch das schwarze Jackett betont wurde. Die braunen Haare waren ordentlich zurückgegelt, jedenfalls soweit ich das von hier beurteilen konnte. Die eine Hand in der Hosentasche und in der anderen eine schwarze Aktentasche tragend lief der Mann den langen Gang herunter, als würde ihm hier alles gehören.
Lässig, selbstbewusst und die Ruhe vollkommen mit alles weg.
Schön, da hatte Kaily ihre herrschsüchtigen Männer.
Hoffentlich waren hier nicht alle Arbeitskollegen so drauf, sonst würde das hier ja noch richtig lustig werden.
Auf der Unterlippe nagend verfolgte ich, wie sich die Türen des Fahrstuhls wieder schlossen. Bis zur Etage der Firmenleitung waren es noch ganze drei Etagen und ich wollte gar nicht wissen, wie aufgeregt ich sein würde, wenn ich da ankam.
Jetzt war mir schon schlechter als schlecht.
Warum konnte es diese Firma nicht genauso machen wie die andere, in der ich vorher gearbeitet hatte? Man wurde von den Arbeitskollegen eingearbeitet und gut ist.
Nein, hier bei Laynce&Co. galten andere Regeln.
Egal in welcher Abteilung der neue Angstellte arbeiten würde, nach dem bestandenen Einstellungstest und dem bestandenen Vorstellungsgepräch musste sich dieser am ersten Arbeitstag bei der Firmenleitung einfinden und nochmal ein einweisendes Gespräch mit den Köpfen dieser Firma führen.
Ich konnte das Unaufhaltsame, nämlich den Fahrstuhl, schwer stoppen, sodass ich wenig später auf zittrigen Beinen die Etage der Firmenleitung betrat.
Als erstes fiel mir der dunkelblaue Teppich auf, der hier ausgelegt wurde. Er führte an dem Empfangstresen links und der Lobby rechts vorbei und endete genau vor einer doppelflügigen hellen, verblendeten Glastür Tür am Ende des Ganges.
Ich nahm einen tiefen Atemzug, rückte meine Handtasche zurecht und stöckelte dann in meinen Highheels auf den Empfangstresen zu. Die braunhaarige, schon etwas ältere Frau lächelte mich warmherzig an. "Sie sind Jane Parker, richtig?"
"Ja", brachte ich nur heraus, mein Hals war staubtrocken.
Sie hielt mir die Hand hin und ich ergriff sie. "Ich bin Mrs Piettson. Herzlich Willkommen bei Laynce&Co. Freut mich sehr, Sie kennzulernen."
"Dankeschön, freut mich ebenfalls", entgegnete ich höflich. Nach einem festen Händedruck bedeutete sie mir auch schon ihr zu folgen. "Kommen Sie, man erwartet Sie bereits."
Oh nein, bin ich etwa zu spät?
Panisch suchte ich die Umgebung nach einer Uhr ab, was Mrs Piettson nicht entging. Zur Beruhigung legte sie mir ihre Hand auf meinen Arm.
"Keine Sorge, Sie sind pünktlich. Aber unsere Chefs sind noch pünktlicher, lassen Sie sich deswegen nicht verunsichern."
Chefs.
Ja, zwei Chefs. So viel wusste ich auch, dass diese Firma von dem Vater an die Söhne weitergegeben wurde und diese widerum das Unternehmen noch erfolgreicher als bisher ausgebaut haben. Ich fand diese Vorstellung schon interessant, dass sich beide demnach bei schwierigen Entscheidungen immer genauestens aufeinander abstimmen mussten, um keinen schmerzhaften Fehler zu machen.
Und seien wir mal ehrlich, wie oft stritt man sich unter Geschwistern? Viel zu oft.
Ich kannte das, weil ich eine kleinere Schwester hatte, die jetzt gerade ihren Schulabschluss machte. Uns trennten ganze fünf Jahre und von Unstimmigkeiten zwischen uns will ich gar nicht erst anfangen.
Der weiche elegante Teppich verschluckte unsere Schritte regelrecht, als wir auf ihm zu der doppelflügigen Tür liefen. Dabei kamen wir noch an weitere geschlossenen Räumen mit vorbei. Jede dieser Türen besaß ein goldenes Schildchen mit eingravierten Wörtern. Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, dass es sich entweder um Meetingräume oder um weitere Büroräume von den unterschiedlichen Abteilungleitern handelte.
Ich war mit dem Entziffern der verschlungenen Wörter so versunken, dass ich in Mrs Piettson beinahe hereingerannt wäre, da sie plötzlich stehen geblieben ist.
Wir haben unser Ziel erreicht.
Ganz ruhig, sagte ich mir. Das sind doch nur deine Chefs, von denen du ab jetzt abhängig bist und bei denen du auf jeden Fall einen guten Eindruck hinterlassen solltest.
Denn die Vorstellungsgespärche übernahmen die Chefs hier ebenfalls nicht, sondern es waren hier richtig Manager für die potenziellen Rekruten eingestellt, die die Auswahlverfahren als Aufgabe bewerkstelligten und entschieden, wer hier arbeiten durfte und wer nicht.
Umso aufgeregter war ich bei meinen ganzen Zweifeln. Vorallem, was ist, wenn ich jetzt plötzlich aus Sicht der Firmenleitung nicht hier hereinpassen würde und nur die Rekruten große Stücke auf mich hielten? Müsste ich dann gehen?
Mrs Piettsons Klopfen riss mich aus meinen Gedankenstrudel. "Ihre neue Angestellte im Bereich Marketingmanagement, MissParker, ist angekommen."
Entweder mir kam es nur so lange wegen meiner Aufregung vor, bis eine dumpfe Antwort zu hören war oder es dauerte tatsächlich eine Weile.
"Dankeschön, Mrs Piettson. Lassen Sie sie herein."
Und schon wurde mir die Tür von der lächelnden Empfangsdame geöffnet.
Und da bin ich, sogar vor dem Updatetermin, weil es mir schon in den Fingerspitzen gekribbelt hat.
Für diesen miesen Cliffhanger revanchiere ich mich mit einem offiziellen Upload morgen😏
Danke für über 1K Reads😍
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