2. "Spaßbremse"
Doch der noch immer verärgerte Ausdruck auf seinem Gesicht machte mir eindeutig klar, dass ihm nicht danach ist, auch nur irgendwen um den Finger zu wickeln. "Und wem gehört nun der Wagen?"
Ich versuchte mich davon nicht einschüchtern zu lassen, auch wenn mein Herz etwas unregelmäßiger in der Brust umherhüpfte.
Mein Güte, der sah aber auch gut aus.
"Einer Freundin", sagte ich erneut kurz angebunden, bevor ich es nicht mehr aushielt und ein letztes Mal versuchte, weiter nachzubohren. "Und was wollen Sie jetzt eigentlich? Klingeln Sie an jeder Tür und fragen schrittweise nach den Autobesitzern oder was?"
Jetzt lehnte er sich noch ein Stück näher zu mir heran und betrachtete mich herablassend, ein arrogantes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. "Ich kann Ihnen versichern, dass ich in meiner Zeit weitaus sinnvolleren Sachen nachgehe. Wären Sie also so freundlich und würden ihre Freundin fragen, ob sie ihr Auto zur Seite fahren würde, sodass ich endlich von hier wegkommen kann?"
Oh.
Oh.
"Einen Moment", murmelte ich. Mit geröteten Wangen drehte ich mich um und rief nochmal lautstark Kailys Namen in den Flur.
Und diesmal kam endlich eine Antwort. "Jaja. Ich räume meine Sachen im Bad gleich weg, okay?"
"Nee, du sollst dein Auto zur Seite fahren. Anscheinend hast du jemanden eingeparkt-"
"Den teuren Sportwagen? Ach das habe ich dir gar nicht erzählt, vorhin lief da so ein richtiger Adonis zu Maddy. Der könnte voll dein Typ sein. Groß, schlank, traniert, Locken. Hab schon überlegt, ob ich mir die Nummer für dich besorge-"
"Kaily!", unterbrach ich sie unwirsch und würde mir am liebsten die Hand vor Scham gegen die Stirn klatschen. Überaus deutlich spürte ich nämlich noch immer die Präsenz von unserem Besuch hinter mir.
Wie unglaublich peinlich, wer weiß, was er jetzt von mir dachte.
"Kannst du den Wagen jetzt bitte einfach wegfahren?"
"Warum?", kam es dumpf aus ihrem Zimmer. "Die verbringen den Abend heute doch bestimmt miteinander."
Oh man.
Ich will einfach nur noch, dass diese unfassbar peinliche Situation endete und er endlich zu seinem polierten Bürogebäude zurückfahren kann, sodass ich mir dann Kaily schnappen und ihr für diese Aktion jedes einzelne Haar herausreißen konnte.
"Wo sind die Autoschlüssel?"
Ein Lachen von ihr. "Oh man, sei doch nicht so verklemmt. Lass den ruhig da stehen, vielleicht klingelt er hier und du kannst den Traum von einem Mann sehen."
Es wurde von Sekunde zu Sekunde unangenehmer und ich würde mir bestimmt gleich nichtmal trauen, ihn in irgendeiner Weise auch nur anzuschauen.
Ich rieb mir mit den Fingerspitzen über meine Schläfen und versuchte mich dadurch irgendwie zu beruhigen. "Die Autoschlüssel, Kaily. Wo. Sind. Die?"
"Jane, du Spaßbremse!", wieder ihr irres Kichern. "Irgendwo in meiner Handtasche. Die hängt an der Garderobe."
Ruckartig drehte ich mich zur Garderobe, die sich genau neben der Tür befand, zog ihre Handtasche vom Haken und durchsuchte das Innenleben gehetzt nach den Autoschlüsseln. Nach bestimmt zwei Minuten, nachdem ich unzählige Lippenstifte oder anderes Zeug zu fassen bekam und einfach vor mir im Flur umherkullern ließ, fand ich die Autoschlüssel.
Ohne zu ihm hochzuschauen, schlüpfte ich in meine ausgelatschten Turnschuhe und lief an ihm vorbei unseren Gartenweg herunter. An der Hecke bog ich einmal nach links ab und siehe da, da stand das protzige Auto von Kaily gegenüber von unserem Haus zur Hälfte vor der Ausfahrt von Maddy.
Wieso hatte Maddy ihm eigentlich nicht verraten, dass der Wagen Kaily gehört und sie ihn öfter schräg abstellte? Maddy hätte uns doch auch anrufen können...
Ich überging diese Gedanken, wer weiß, warum er am Ende vor der Tür stand und nicht Maddy. Er wird ja garantiert nicht freiwillig zu uns gekommen sein, wenn er es angeblich so eilig hatte.
Entschlossen lief ich über die schmale Straße zu ihrem heißgeliebten Wagen, den sie immer liebevoll Dodgie nannte. Ein Geburtstagsgeschenk von ihrem Vater, der in Geld nur so schwimmt. Normalerweise traute ich mich gar nicht, auch nur die Wagentür oder irgendetwas anderes an diesem Auto anzufassen, aus Angst, ich machte irgendeinen Schaden.
Doch heute musste ich nicht nur das Auto anfassen, ich müsste es auch noch fahren... Der Tag versprach immer besser zu werden.
Deswegen zögerte ich auch nicht weiter, sondern klickte das Auto per Schlüssel auf, riss die Tür auf und ließ mich in das weiche Polster der Ledersitze sinken. Zum Glück hatten Kaily und ich die gleiche Größe, sodass ich nicht noch etwas am Sitz oder so verstellen musste.
Als ich die Tür mit einem Ruck hinter mir zuzog und den Wagen startete, stieß ich die angehaltene Luft bei dem Anblick der ganzen Technik um mich herum laut aus.
Nichts im Vergleich zu meinem alten treuen Auto, das einige Meter entfernt still vor sich hinruhte.
Ich sah in den Rückspiegel, konnte den Typen aber nirgendswo sehen. Wieso ist er noch nicht zu seinem Auto gegangen, wenn er es angeblich so eilig hatte?
Unschlüssig schaute ich zur Seite - und zuckte vor Schreck zusammen, als ich ihn an meiner Fahrertür stehend bemerkte.
Mit einer hochgezogenen Augenbraue und die Hände in den Hosentaschen vergraben musterte er mich abwartend.
Schnell richtete ich meinen Blick zurück auf das Lenkrad und startete das Auto. Der Motor röhrte dröhnend zur Bestätigung los und ich fuhr das schwarze, spritfressende Ungetüm mit zittrigen Händen ein Stück vor - um dann zu stark auf die Bremse zu treten und mich schwungvoll vom Gurt in den Sitz zurückdrücken zu lassen.
Nochmals peinlich.
Ich hatte nicht daran gedacht, dass der hier viel feinfühliger reagieren wird als meine kleine Schrottkiste...
Um der Situation dann endgültig zu entfliehen, stieg ich sie so schnell wie nur möglich aus dem Auto wieder aus, ließ die Tür vorsichtig zufallen und wollte gerade die Straße wieder überqueren, als mich jemand an meinem Handgelenk festhielt.
Verblüfft fand ich mich in diesem sonderbaren Augenpaar, das mich so unergründlich anfunkelte, wieder. "Vielen Dank. Und..." Er hielt inne, dabei verzogen sich seine Lippen zu einem verwegenen Lächeln. "... und sagen Sie ihrer Freundin, dass Sie sich problemlos alleine Nummern von Adonismännern besorgen können." Sein Blick glitt kurz an mir herunter, bevor er mich losließ, sich zielstrebig zu seinem Sportwagen aufmachte, um dann zügig an mir vorbeizufahren.
Wenigstens hielt er in etwa das Tempolimit ein.
Verstohlen sah ich auf mein Handgelenk herunter. Die Haut kribbelte noch immer an den Stellen, an denen er mich berührt hatte.
"Sagen Sie ihrer Freundin, dass Sie sich problemlos alleine Nummern von Adonismännern besorgen können."
Ich schüttelte meinen Kopf, um diesen Satz aus meinen Gedanken zu vertreiben.
Darauf sollte ich mir nichts einbilden, wahrscheinlich wollte er die unangenehme Situation von vorhin irgendwie ausbügeln oder mich tröstend ermutigen. Oder über meine Bremseskapade kein Wort weiter verlieren.
Hoffentlich würde ich ihn nie wieder sehen.
So gut er auch aussah, aber das war heute peinlich genug und diese Sache von heute würde mir immer wieder in den Sinn kommen, wenn er in mein Blickfeld geriet.
Zum Glück ist diese Stadt groß genug.
Erneut schüttelte ich meinen Kopf und stapfte zum Haus zurück, um nun Kaily die Leviten zu lesen.
Dieses Buch hat tatsächlich als erstes meiner Bücher feste Updatetage. Jeden Donnerstag wird euch ein neues Kapitel erwarten und zum Start dieses Buches hatte ich jetzt zwei hochgeladen. Ich hoffe, sie haben euch gefallen.
Wie findet ihr den "unbekannten" Geschäftsmann?
Wärt ihr an der Stelle von Jane am liebsten auch im Erdboden versunken?
Najaa.... wir lesen uns hoffentlich :)
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