Kapitel 16
Suchend sieht Hayden sich um. Er steht in der Venusstrasse und hält nach der Hausnummer 14 Ausschau. Laut Murphys Angaben lebt Tyler hier. Endlich findet er die richtige Tür, aber als er klingelt, öffnet ihm niemand. Deshalb beschliesst er, bei der nächsten Gelegenheit wiederzukommen.
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Für den nächsten Tag hat der Wetterbericht, wie am Tag zuvor, schlimme Sturmwarnungen durchgegeben. Die Stimmung im Klassenzimmer ist noch angespannter. Sogar Frau Möller, die sonst so ruhige und besonnene Lehrerin, erhebt immer wieder lautstark die Stimme.
In der grossen Pause findet eine brutale Schlägerei statt. Alle schreien sich an. Aufgrund der dunklen Wolken am Himmel und der morgigen Rückkehr von Ray, Erkan und Liam verspürt jeder ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Die drei Jungs sind nämlich im ganzen Schulhaus negativ bekannt.
„Kommt, wir hauen ab!", sagt Eric zu Rick und Hayden und verschwindet eilig in der hintersten Ecke des Pausenhofs. In diesem Moment öffnet der Himmel seine Schleusen. Gehetzt rasen alle ins Schulhaus zurück.
Stöhnend knallt Hayden seine Schultasche auf den Boden. Heute isst Eric bei ihm zuhause, deshalb legt auch er seine Tasche hin. Liv und Aleyna sitzen bereits am Küchentisch, als die beiden Jungs eintreten.
„Mann, das war ein Morgen." Kopfschüttelnd schenkt sich Liv ein Glas Wasser ein. „Oh ja", erwidert Hayden. „Was war denn los?", will ihre Mutter verwundert wissen. Eric beantwortet Frau Parkers Frage. Diese nickt. „Ich glaube, heute sind alle etwas aggressiv", bemerkt sie, „vor einer Stunde hat mich euer Vater angerufen und ausgeschimpft, weil wir immer noch mit den Strassenkötern verkehren." Sie seufzt. „Na ja, egal. Dann bleibt er eben noch länger weg."
Nach dem Essen sitzen Hayden und Eric im Zimmer von Liv und machen Hausaufgaben. Wenig später stossen auch die Mädchen dazu. „Habt ihr schon einen Plan für heute Nachmittag?", fragt Aleyna. Es ist Mittwoch und die Schüler müssen nur am Morgen zur Schule. „Keine Ahnung." Liv zuckt die Schultern. „Es ist viel zu schlechtes Wetter, um draussen etwas zu machen." „Ich hätte einen Vorschlag!" Hayden streicht sich durch die Haare. „Der wäre?" Aufmerksam schaut Eric ihn an.
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„Hier wohnt Tyler? Ist ja abgefahren." Staunend sieht Aleyna sich um. „Ich meine, wir haben auch viel Kohle, aber der muss Millionär sein."
„Mit so einem war Mike früher befreundet?" Eric legt den Kopf in den Nacken und starrt zur imposanten Villa hoch. Das Anwesen ist von einem riesigen, steinernen Zaun umgeben. Die Villa selber sieht aus wie ein Schloss, denn sie hat viele Türme. Das ganze Gebäude ist schneeweiss angestrichen. „Murphy hat mir diese Adresse gegeben. Und Mike hat mir von Tyler erzählt. Ich denke schon, dass wir hier richtig sind", sagt Hayden Schultern zuckend.
Etwas eingeschüchtert gehen die drei Geschwister und Eric zum Tor und klingeln. Sie sehen, wie eine Kamera ihre Gesichter erfasst. Dann klickt es leise und die Tür öffnet sich. Mit weichen Knien betreten die vier die Eingangshalle.
Jemand schlendert auf sie zu. Er hat kurze braune Haare und grüne Augen. Anders als die Freunde es sich vorgestellt hatten, trägt der junge Mann keinen Anzug mit Krawatte, sondern eine normale Jeans und ein Poloshirt. „Heisst einer von euch zufällig Hayden?", fragt er freundlich.
Verwundert macht der Angesprochene einen Schritt nach vorne. „Ähm ja, ich. Woher wissen Sie das?" „Nennt mich doch bitte Tyler. Zu deiner Frage: Murphy hat mir mitgeteilt, dass sich ein gewisser Hayden Parker nach meiner Adresse erkundigt hat." Er lächelt. „Kommt doch rein!"
„Wollt ihr etwas trinken?" Tyler führt seine Gäste zu einem grossen Sofa. Nachdem er jedem ein Glas Limo eingeschenkt hat, setzt er sich ihnen gegenüber hin. „Also, was ist euer Anliegen?"
„Stimmt es, dass du früher mit Mike Bonaparte befreundet warst?", kommt Hayden ohne Umschweife zum Punkt. Überrascht runzelt Tyler die Stirn. „Ja... Woher weisst du das?" „Mike hat mir von dir erzählt."
„Gutes oder Schlechtes?" „Gutes. Und ich glaube, er würde dich gerne wiedersehen, hat aber nicht den Mut sich zu melden." Langsam lehnt Tyler sich zurück. „Bist du dir sicher? Als unsere Freundschaft in Brüche ging, habe ich ihn immer wieder gefragt was los sei. Von einem Tag auf den anderen wurde er komisch zu mir. Irgendwann hat er sich gar nicht mehr gemeldet..."
„Ich weiss", erwidert Hayden, „es tut ihm sehr leid. Er hatte einen Grund dafür." „Dieser Grund würde mich ziemlich interessieren. Warum hat er sich plötzlich nicht mehr gemeldet?" Tyler verschränkt die Arme vor der Brust. „Es ist besser, wenn er es dir persönlich erklärt." Hayden kramt nach seinem Handy. „Bist du damit einverstanden, wenn ich ihn anrufe und zu einem Ort bestelle?" „Na gut, okay", willigt Tyler schliesslich ein.
„Hast du Alejandro gefunden?", fragt Mike sofort als er das Telefon abnimmt. „Nee, leider nicht, warum?" „Weil Jackson ihn aus irgendeinem Grund nicht aufspüren kann. Die Satelliten und Kameras sind wohl durch das Gewitter gestört oder so, keine Ahnung. Weshalb rufst du an?" „Hast du Zeit?" „Ja, warum?" Mike tönt verwundert. „Ich will dir jemanden zeigen. Kannst du ins Restaurant zum See kommen?" „Von mir aus, wann?" „In dreissig Minuten." „Okay super, bis dann." Er hängt auf.
„Mike hat zugesagt", teilt Hayden den anderen mit. In einer halben Stunde im Restaurant zum See." „Fahren wir hin." Kopfschüttelnd führt Tyler die vier in die Garage. „Da bin ich aber mal gespannt..."
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Beim Restaurant angekommen, setzen sie sich an einen freien Tisch und warten auf Mike. Noch immer stürmt es und hohe Wellen schlagen vom See ans Ufer. Als die Kellnerin auftaucht, bestellen sie eine Portion Pommes für Tyler und einen Burger ohne Salat für Mike. Sein Lieblingsessen.
Wenig später taucht Mike auf und bleibt wie vom Donner gerührt stehen, als er seinen ehemals besten Freund erblickt. Völlig überrumpelt reisst er die Augen auf. „Tyler?!", krächzt er, „was machst DU denn hier??" Schnell erhebt sich Hayden und schiebt Mike an den Tisch. „Essen ist bereits auf dem Weg. Ein Burger ohne Salat. Viel Spass!" Die Geschwister und Eric verschwinden und lassen Tyler und Mike zurück.
„Was denkt ihr, wie viel Zeit benötigen die beiden?", fragt Aleyna und tippt auf ihrem Handy herum. „Viel", erwidert Liv, „wie lange haben sie sich nicht mehr gesehen?" „Etwa fünf Jahre, schätze ich." Hayden schaut nach draussen ins Unwetter. „Kommt, wir setzen uns in irgendein Café!"
Über zwei Stunden reden Tyler und Mike miteinander. Dann stehen sie auf und umarmen sich lange. „Ich habe dich wirklich vermisst, Mike", flüstert Tyler. „Ich dich auch, Ty. Starten wir einen Neuanfang: Nie mehr werde ich dich beklauen oder anlügen. Das verspreche ich." „Ich glaube dir. Aber jetzt erzähl mal. Was hat es genau mit diesem Steinbruch auf sich? Kann ich helfen?"
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Ray und Mirroe packen ihr Zeug zusammen. Dann wirft sich Mirroe aufs unbequeme Bett. „Ab morgen muss ich NIE MEHR in dieser Dreckszelle schlafen." Er fängt an zu lachen, springt wieder hinunter und umarmt Ray. „Ey Sweetie! Morgen sind wir frei!" Ray nickt grinsend. „Ja Mann. Und dann haben die Penner ein Problem. Zuerst schnappen wir uns diese Karte, dann kommt der Rest."
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Als spüre das Wetter die Bedrohung, ziehen noch dunklere Wolken auf. Es wird so düster, als wäre es mitten in der Nacht. Liv, Hayden und Aleyna sitzen in ihren Zimmern und freuen sich über ihre geglückte Mission, Tyler und Mike. Auch ihre Freunde hocken zuhause oder gehen ihren Tätigkeiten nach. Niemand von ihnen ahnt, dass sich ein grosses Desaster immer mehr zusammenbraut...
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