Kapitel 7
Joaquin tritt von einem Fuss auf den anderen und pustet sich in seine klammen Finger. „Kann er sich bitte mal beeilen, sonst verwandle ich mich noch in einen Eiszapfen." „Aber ein ziemlich grosser Eiszapfen", grinst Jack.
Helen kaut nervös auf ihren Fingernägeln herum. „Was, wenn er es nicht geschafft hat? Und vor allem: Was, wenn wir erwischt werden? Ich will auf KEINEN Fall in den Jugendknast oder ins Kinderheim!" „Cool down, Helen! Wir werden bestimmt nicht erwischt. Nicht wir! Wir sind Profis", sagt Joaquin lässig.
„Stimmt. Sonst ist doch immer Jo derjenige, der sich fürchtet, Helen." Jack formt einen Schneeball. Entrüstet räuspert Joaquin sich. „Stimmt doch gar nicht! Oder wer hat sich das letzte Mal fast in die Hosen gemacht, als eine Blindschleiche über unseren Schlafplatz gekrochen ist?" Bei der Erinnerung daran fängt er an zu lachen. „Aah, Hilfe, eine Kobra!" Jo macht eine theatralische Bewegung, die aussieht, als würde er in Ohnmacht fallen.
„Ach halt doch den Mund! Wäre eine Spinne bei unserem Schlafplatz aufgetaucht, wärst du derjenige gewesen, der sich eingepisst hätte." Jack schmeisst Joaquin den Schneeball an den Kopf. „Jungs, wie könnt ihr in dieser Situation bloss blöde Sprüche reissen?!" Helens Stimme klingt schrill. „Wir werden in einen Polizeiposten einbrechen, Mann!" „Ist ja für 'nen guten Zweck. Chris und Diego sind jetzt schon seit einem halben Jahr verschwunden. Wir müssen sie unbedingt endlich finden." Jack zündet sich eine Zigarette an. „Leute, dort ist er!", ruft Joaquin. „Endlich!" Jack wirft die angefangene Zigarette auf den Boden. „Es kann losgehen!"
Rick kommt auf die drei Jugendlichen zu und klatscht sich mit ihnen ab.
„Und? Hat es geklappt?", will Joaquin gespannt wissen. „Jep. Ich habe jede einzelne Bewegung aufgenommen. Jetzt müssen wir nur noch unbemerkt ins Archiv gelangen." Etwas erleichtert nickt Helen. „Das Archiv ist direkt neben dem Eingang. Um diese Zeit sind meistens nur zwei Beamte auf dem Posten. Ich würde vorschlagen, dass zwei von uns die Polizisten ablenken, während die anderen sich ins Archiv schleichen." Sie schaut in die Runde.
„Ist die Tür abgeschlossen?", fragt Jo. „Ich denke schon, aber Schlösser sind für mich ja kein Problem", erwidert Jack. „Das Problem ist aber, dass die Tür des Archivs, vom Empfangstresen her sichtbar ist", gibt Rick zu bedenken. „Das heisst, wir müssen beide Polizisten irgendwie rauslocken."
„Aber gleich beide Beamte?", fragt Helen kritisch, „wie soll das gehen?" „Tja, das ist die Frage", sagt Joaquin nachdenklich. „Ich denke nicht, dass hineinschleichen funktioniert." Jack spielt mit seinem Feuerzeug. Helen durchfährt ein Geistesblitz. „Doch! Wir müssen jemanden damit beauftragen, dass er die Polizei anruft. Kurz danach stürme ich in den Empfangsraum hinein und rufe laut um Hilfe. Wir können ja so tun, als hätte Jo sich verletzt." Sie schaut zu Joaquin.
„Der eine Polizist wird von unserem Anrufer abgelenkt und der zweite rennt mit Helen nach draussen", führt Rick den Gedanken zu Ende. „Jack und ich verstecken uns in der Nähe und schleichen uns sofort ins Archiv hinein." „Und wenn wir die Polizisten nicht lange genug ablenken können?" Joaquin ist noch nicht überzeugt. „Dann müssen wir eben rausrennen. Das Archiv ist ja gleich neben dem Eingang." Jack sprüht vor Tatendrang.
„Also los!" Helen schaut auf ihre Uhr. Es ist 21:15 Uhr. Ich würde vorschlagen, dass wir die Aktion um 22:00 Uhr starten. Wer soll den einen Polizisten volllabern?" Ich würde Mareike vorschlagen." Rick grinst. „Die kann schwatzen, bis einem die Ohren abfallen." „Ich schreibe ihr." Jack tippt eine Nachricht in sein Handy. Danach machen sich die vier Jugendlichen auf den Weg zum Polizeirevier.
Es ist 21:57 Uhr. Die beiden Diensthabenden Polizisten sitzen gelangweilt hinter dem Tresen. Officer Jenssen stopft sich einen fettigen Burger in den Mund.
Er ist das, was die meisten Leute als „fett" bezeichnen würden. Seine Uniform sieht aus, als würde sie jeden Moment platzen. Der Kopf ist wie immer knallrot und verschwitzt. Keiner seiner Kollegen kann sich erklären, wie Jenssen die Sportprüfung in der Polizeischule bestanden haben konnte. Jedoch ist diese Prüfung nun auch schon ganze 27 Jahre her. In so einer langen Zeit kann sich schliesslich vieles verändern. Der zweite Beamte hat erst gerade seine Ausbildung abgeschlossen. Es ist der erste Nachtdienst seiner Polizeikarriere.
Genau um 21:59 Uhr klingelt das Telefon. Jenssen schaut auffordernd zum jungen Beamten hinüber. Er hat keine Lust, das Telefon abzunehmen. Schliesslich möchte er lieber seinen leckeren Burger fertigessen. Zögernd nimmt der unerfahrene Polizist den Hörer ab. Er kommt gar nicht dazu, sich vorzustellen, denn die Frau am anderen Ende quasselt sofort los. Jenssen ist froh, das Telefon dem Anderen überlassen zu haben, denn die Stimme tönt sogar aus dem Hörer heraus. Und sie klingt nicht sonderlich angenehm.
Doch Jenssen hat sich zu früh gefreut. Denn im selben Augenblick stürmt ein etwa 16 jähriges Mädchen in den Raum. Sie hat sich einen Schal fest um ihr Gesicht gewickelt. Das Mädchen geht auf Jenssen zu. „Kommen sie bitte schnell nach draussen!! Es geht um Leben und Tod!" In Jenssen meldet sich sein alter Polizeiinstinkt. „Keine Angst, junge Lady, ich komme sofort!" Er zieht sich eilig seine Jacke an und rennt so schnell wie möglich dem Mädchen hinterher. Der Rest des Burgers platscht unbeachtet auf den Boden.
Kaum ist Jenssen aus dem Polizeirevier verschwunden, regt sich etwas hinter einem Abfallcontainer. Rick und Jack schleichen eilig durch die Tür in den Posten hinein. Dort wird der arme Polizist immer noch von Mareike zu getextet und starrt vor sich auf den Tisch. Geduckt bewegen sich die Jungs auf die Tür des Archivs zu. Rick drückt die Türfalle hinunter. Es ist abgeschlossen. Ohne zu zögern macht Jack sich mit seinem Dietrich ans Werk. Innerhalb von wenigen Sekunden schwingt die Tür auf und die beiden verschwinden ungesehen dahinter.
Der Computer ist zum Glück nur im Ruhezustand. So verlieren sie keine Zeit mit dem Aufstarten. Ein Eingabefeld für ein Passwort ploppt auf. Mit Hilfe des Videos, das Rick einen Tag zuvor aufgenommen hatte, diktiert er Jack das Passwort. Schon beim ersten Versuch klappt es.
Eilig machen sie sich daran, wichtige Informationen heraus zu suchen. Von jeder Seite, die ihnen wichtig erscheint, macht Jack ein Foto. Die beiden konzentrieren sich vor allem auf Einträge, bei denen es sich um Kindesentführung handelt. Aber auch auf alle möglichen anderen kriminellen Vorkommnissen, die sich im letzten halben Jahr in ihrem Umkreis ereignet haben, fokussieren sie sich.
Nach zehn Minuten klappt Rick den Computer zu. Auf keinen Fall können sie länger hierbleiben, ohne erwischt zu werden! Vorsichtig schaut Jack zur Tür hinaus. Der junge Polizist sitzt immer noch am Telefon. Mareike leistet gute Arbeit. Der Dicke ist auch nirgends zu sehen. Deshalb verschliesst Jack eilig die Tür und die Beiden huschen aus dem Revier hinaus.
Nur eine Minute später taucht Jenssen in der Türauf und murmelt wütend vor sich hin. Für lange Zeit hatte es so ausgesehen, als müsse er einem, am Boden liegenden Jungen, das Leben retten. Doch dann waren das Mädchen und er plötzlich abgehauen. Jenssen hatte seinen Burger ganz umsonst fallen lassen und das passt ihm ganz und gar nicht!
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro