Omas Gartenkräuter
>>Hören sie, ich habe wenig Zeit und würde es von daher begrüßen, wenn sie sich etwas beeilen! << Schnaubend schaute ich dabei zu wie der Apotheker, dessen rotgeräderten Augen durch die dicken Brillengräser groß wie ein Schnatz waren, die Gänseblümchenwurzeln abwog. Ich hatte das unzweifelhafte Gefühl, dass der junge Mann die Nacht durchgemacht hatte. Fast drohte er über der Waage einzuschlafen. Ungeduldig tippelte ich mit dem Fuß, während ich mit verschränkten Armen vor der Ladentheke stand. Mein Blick wanderte zur Tür, über deren Rahmen eine magische Uhr hing. Ich verschwendete meine wertvolle Freizeit nicht mit unnötig langem Schlaf, weshalb ich bereits um fünf aufgestanden war. Die Apotheke, zu der ich sonst immer ging, wo der tattrige, alte Greis endlich das Zepter an seinen Sohn abgeben hatte, öffnete erst um acht. Die in der Winkelgasse jedoch schon um sieben, weshalb ich nun mit diesem Stümper vorlieb nehmen musste.
>>Bitte zeigen sie etwas Geduld! Das Abwiegen von Zutaten erfordert Geschick und ein genaues Augenmaß. << Kritisch zog ich die Augenbrauen zusammen.
>>Beides Eigenschaften die ihnen offensichtlich fehlen <<, sagte ich harsch. Der Kopf des jungen Burschen ruckte in die Höhe. Seine Miene verfinsterte sich, doch noch ehe er zu einer aufbrausenden Erwiderung ansetzten konnte, fuhr ich fort.
>>Wenn sie Schlaf brauchen, dann gehen sie nach Hause, anstatt hier meine Zeit zu vergeuden! Ich wünsche von fachkompetentem Personal bedient zu werden. Nicht von einem Teenager, der meint die ganze Nacht Party machen zu müssen. << Empört schnappte der Jüngling nach Luft.
>>Wo ist der Eigentümer dieses Etablissements? << Ich rauschte um die Theke herum, um im hinteren Bereich des Ladens nach Mr Mulpeppers zu suchen.
>>Was erlauben Sie sich eigentlich? << Mit hochrotem Gesicht sprang der junge Mann vor und versperrte mir den Weg. Meine Hand zückte zu meinen Zauberstab, doch da trat bereits ein weißhaariger Mann mit blauen Augen aus dem Schatten.
>>Was ist denn das hier für ein Lärm? << Sein Blick schweifte von dem Jüngling zu mir.
>>Mr Snape, welch Freude sie in meinem Laden begrüßen zu dürfen. Was kann ich für sie tun? << Ich wusste nicht was schlimmer war. Der inkompetente Teenager, der augenscheinlich zu Wutausbrüchen neigte , oder die geheuchelte Freundlichkeit des Eigentümers, der mit eklatant hohen Preisen handelte. Der Worte überdrüssig drückte ich ihm einfach eine Liste mit Zutaten in die Hand.
>>Ich verstehe, kleinen Augenblick bitte! << Akribisch studierte er die von handgeschrieben Zeilen.
>>Jeremy, geh bitte ins Lager und pack die neue Lieferung für mich aus! << Mit der Hand wedelte er in Richtung Tür. Der junge Mann schenkte mir noch einen giftigen Blick, ehe er nach hinten verschwand. Während ich wieder vor die Theke trat, arbeitete Mr Mulpepper die Liste ab. Keine fünf Minuten später lag alles verpackt und abgewogen vor mir. Warum nicht gleich so?
>>Also, da haben wir jetzt eine Unze Zinnkraut, drei Kalmuswurzeln...<<, begann er aufzulisten. Ungeduldig fuhr ich ihm über den Mund.
>>Ich habe durchaus Augen im Kopf. << Der Apotheker nickte darauf nur und setzte ein höfliches Lächeln auf, welches einfach nur widerwärtig war.
>>Darf es denn sonst noch...?<<
>>Verplempern sie nicht meine Zeit! Wie viel schulde ich ihnen? << Mit stechenden Blick wartete ich darauf, dass er mir den Preis nannte. Ich zahlte und verließ ohne Umschweife den Laden, mit dem Wissen, dass ich ihn nie wieder freiwillig betreten würde.
Zuhause angekommen sortierte ich die Trankzutaten sogleich in die dafür vorgesehenen Regale ein, ehe ich einen geeigneten Kessel zum Brauen heraussuchte. Drei Tage hatte es gedauert, mein Labor wieder so herzurichten wie es einst war und nach weiteren drei Wochen intensiver Recherche wusste ich jetzt, wie ich Wachstum und Ausbreitung des Lungenkarzinoms fürs Erste eindämmen konnte. Denn wenn ich eines brauchte, dann war es Zeit. Zeit, die Hilde nicht hatte. Für die Herstellung eines Heilmittels konnten Jahre ins Land ziehen, weshalb eine provisorische Lösung her musste.
Ich setzte den Kessel auf die Feuerstelle, studierte noch einmal meine Notizen, ehe ich dazu überging, die passenden Zutaten auf dem Tisch zu drapieren. Doch gerade als ich mit der Arbeit beginnen wollte, klingelte es an der Tür. Kurz dachte ich darüber nach es einfach zu ignorieren, doch da Albus mir gerne in den Ferien unangemeldete Besuche abstattete, offensichtlich wusste der alte Mann nichts mit seiner Freizeit anzufangen, rang ich mich dazu durch, die wenigen Treppenstufen bis zur Eingangstür hinaufzusteigen. Ich bereute meine Entscheidung jedoch sofort, als nicht wie erwartet Albus vor meiner Tür stand, sondern Hildes Enkelin. Skeptisch betrachtete ich sie und eine unerwartete Angst überkam mich. Hatte sich Hildes gesundheitlicher Zustand verschlechtert? Wieso sonst sollte dieses Mädchen bei mir auftauchen?
>>Verzeihen sie die Störung Mister. Ich wollte anfragen, ob ich noch etwas von der Medizin für Oma bekommen kann? Sie hat in letzter Zeit so stark gehustet, sodass das Fläschchen bereits aufgebraucht ist, welches sie mir neulich gegeben haben. Bitte! Ich bezahle auch dafür! << Sie hielt mir ein paar Münzen entgegen, während ihre Augen flehentlich zu mir aufschauten.
>>Ich weiß das wird nicht reichen, aber ich zahle ihnen den Rest ganz bestimmt zurück. Zu Weihnachten bekomme ich immer etwas Geld von Tante Gudrun und... Ich kann es auch abarbeiten, wenn sie es wünschen. Aber bitte, helfen sie mir! << Ihr Blick rührte etwas in mir, was ich nur schwerlich zu benennen wusste. Dass sie extra ihr Taschengeld opferte, um ihrer Oma zu helfen, ließ mich schwer schlucken. Eilig schüttelte ich dieses befremdliche Gefühl ab. Ich war niemand der so etwas wie Mitleid empfand und ich würde garantiert auch jetzt nicht damit anfangen.
>>Warte hier, ich werde schauen ob ich noch welche dahabe! << Ich ließ sie einfach stehen und ging hinunter in den Keller, wo sich mein Labor befand. Ich brauchte eine Weile, um meine Vorräte zu prüfen, was dem Mädchen scheinbar zu lange dauerte, denn plötzlich stand sie in der Tür.
>>Sie haben ja ein eigenes Labor! <<, stellte sie staunend fest und schaute sich mit offenen Mund um. Vor Schreck wäre mir beinahe der Kasten mit Phiolen aus den Händen geglitten. Erbost funkelte ich sie an.
>>Hab ich dir nicht gesagt du sollst warten? << Schnaubend stellte ich die Kiste auf den Tisch ab.
>>Ob ich nun da oben warte oder hier unten, dass macht doch keinen Unterschied, oder? << Frech war sie auch noch. Wenn sie so weiter machte würde ich mein Angebot mit den Tränken nochmal überdenken.
>>Haben sie einen Kräutergarten? Meine Oma baut auch Schafgarbe und Ringelblume an. << Sie war an meinen Arbeitstisch heran getreten. Fasziniert betrachtete sie einzelnen Pflanzen. Mit funkelnden Augen nahm sie die Schafgarbe in die Hand. Erst wollte ich sie ermahnen nichts anzufassen, doch da legte sie den Stängel bereits wieder zurück.
>>Aus der Schafgarbe macht Oma Tee. Sie sagt man muss sie bei kräftiger Sonne pflücken, da sich ihr ätherisches Öl und damit auch ihre Heilkraft steigert. << Zustimmend nickte ich, während ich die einzelnen Phiolen durchging. Ich hatte nicht mehr sehr viele schmerzlindernde Tränke übrig, wie ich missmutig feststellen musste. Einige waren bei der Explosion zu Bruch gegangen und ich war noch nicht dazu gekommen eine Inventur zu machen.
>>Ringelblume soll man auch bei Sonnenschein pflücken<<, riss mich die Stimme des Mädchen aus meinen Gedanken. Mit Argusaugen beobachtete ich, wie sie mit der Hand über die Ringelblumen strich. Das kleine Gör kontaminiert hier noch alles.
>>Oma sagt, dass wenn die Blütenköpfe geschlossen sind, dann gibt es Regen <<, fuhr sie in ihren Ausführungen fort.
>>Ganz recht und jetzt hör auf alles anzufassen, das ist kein Spielzeug! <<, fuhr ich sie an. Eilig, als hätte sie sich verbrannt, zog sie ihre Hand zurück.
>>Entschuldigung! << Ich wickelte ein paar Phiolen ein, um sicherzustellen, dass sie auch heile bei Hilde ankamen.
>>Und wofür brauchen Sie das Zinnkraut? Wollen Sie Kieselsäure daraus gewinnen? << Erstaunt wanderten meine Augenbrauen in die Höhe. Dieses Mädchen kannte sich wahrlich aus. Doch ich besann mich schnell und brachte meine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle.
>>Das geht dich nichts an. Und jetzt nimm die Tränke und verschwinde von hier! Ich hab noch sehr viel zu tun. << Distanziert drückte ich ihr die gut verpackten Reagenzgläser in die Hand, ehe ich sie zur Tür hinausschob.
>>Kann ich nicht helfen? Ich muss doch meine Schulden bei ihnen begleichen. << Widerspenstig stellte sie sich mir entgegen und wollte kein Schritt weitergehen, bevor sie nicht eine Antwort von mir hatte.
>>Ich schenke sie dir und nun verschwinde endlich! << Ich wollte dieses vorlaute Gör einfach nur noch schnell loswerden, stattdessen klammerte sie sich an meinem Arm fest.
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