Eine Era Kommt Zum Ende...
Ich war völlig übermüdet ins Bett gefallen, doch von dieser Müdigkeit war nun fast nichts mehr übrig. Wiedermal war ich überwältigt und dankbar über Karlheinz Mittel.
Zu meinem Überraschen fand ich neben meinem Bett eine Box, auf der ein Brief lag.
Natürlich ließ ich mir es nicht nehmen, diesen sofort zu lesen.
Liebe Marina,
es tut mir wirklich sehr leid, dass ich gestern so stark übertrieben habe. Dies war nie meine Intention. Als Ausgleich hab ich dir diese Kiste zusammengestellt. Ich hoffe du hältst es in guter Erinnerung trotz des Vorfalls.
Kino
Er war wirklich unverbesserlich. Jedoch war ich allerdings voller Neugier geplagt und öffnete die Kiste. Was ich dort entdeckte, erkannte ich sofort. Es waren meine Kostüme vom Musical.
Ich machte die Kiste sofort wieder zu. Tränen stiegen auf. Es war für mich zu emotional.
Doch statt meine Emotionen zuzulassen, zog ich mir lieber etwas an und rief Lila an, um sicherzugehen, dass es ihr auch gut geht.
"Geht es dir gut?" fragte sie energiegeladen wie eh und je. Es war schön, sie wieder so zu hören.
"Natürlich"
"Ich komme gleich vorbei. Ich werde sicher nicht zulassen, dass du mit ihm alleine bist!"
"Ich vertraue ihm. Er hat mir noch nie geschadet, glaub mir. Er ist nicht so schecht für wie du ihn hältst."
"Fang nicht wieder so an! Marina, ich habe das Spiel genauso gespielt wie du! Ich weiß, dass dieser Mann nicht besser ist als seine Söhne, nur weil er mehr soziale Skills hat und weiß seine Intentionen zu verbergen!"
"Du hast gewonnen."
"Supi, mache mich gleich auf den Weg!"
Ich seufzte, nachdem ich mein Handy zur Seite gelegt hatte. Ich würde mir jetzt erst mal etwas zu essen aus dem Kühlschrank holen.
"Oh Marina, geht es dir gut?" fragte meine Mutter besorgt als ich in die Küche kam. "Ja, wieso?", fragte ich verwirrt, doch erst dann realisierte ich, wer da mit meiner Mutter am Küchentisch saß.
Helle blonde Haare, helle braune Augen und ein sanftes Lächeln. Karlheinz in Schafspelz - Reinhart.
"Euer Schularzt hatte mir von deinem Bühnenunfall erzählt. Er wollte nach dir sehen, deswegen ist er hier."
Er ist schneller als ich dachte...
"Stimmt. Ich hab aber gar nicht so früh mit ihnen gerechnet." meinte ich da ehrlich.
"Tatsächlich war es auch für später geplant gewesen, doch ich hatte heute doch mehr Zeit als zuerst angenommen."
Ich nickte, glaubte ihm aber kein Wort.
Essen war trotzdem gerade meine Priorität und so ließ ich es mir nicht nehmen, mir etwas zu essen zu machen. Ich hatte richtig Kohldampf.
Meine Mutter indessen unterhielt sich weiter mit Reinhart.
"... und ab morgen tritt ja auch die neue Schuluniform-Pflicht in Kraft."
Ich glaube, ich höre nicht richtig!
"Schatz, warum hast du mir das gar nicht erzählt?" wandte sie ihre Frage an mich.
"Ich hab es wohl bei den ganzen Aufritten vergessen haben." meinte ich schlicht.
"Dann ist es ja gut, dass ich dich daran erinnern konnte. Nicht, dass man dich zum Rektor schicken muss, für Missachtung der Schulordnung."
Eines musste man ihm lassen, seine Insider Witze waren echt nicht schlecht. Ich musste mich wirklich zusammenreißen, nicht zu lachen.
Dennoch war es eine gute Chance ihn zu roasten.
"Ach, was kann da schon passieren."
"Wieso? Ist er so unfähig?"
"Das würde ich nicht sagen, aber ich durfte ihn als eine ganz nette Person kennenlernen, die sich gerne mit strengen Worten ziert. Aber hat er Ahnung was er tut. Anders als sein Vorgänger."
Das sollte genug sein, ich brauchte ihn immerhin noch.
"GUTEN MORGEN!", rief Lila durch das geöffnete Küchenfenster, bevor sie ein bekanntes Gesicht entdeckte. Schnell öffnete ich ihr die Tür. "Seit wann ist der denn schon da?!", flüsterte sie mir fast schon panisch ins Ohr, nachdem sie mich in eine Umarmung gezogen hatte. "Ich weiß es nicht. Anscheinend schon länger."
"Guten Morgen Lila." begrüßte Reinhart sie, nachdem auch sie die Küche betreten hatte. "Morgen...", murmelte sie ihm nur zurück.
"Vielen Dank, dass du dich gestern so gut um meine Tochter gekümmert hast." meinte meine Mutter da um die Stimmung zu heben.
"Ach, das hab ich doch gerne gemacht. Sie ist immerhin meine beste Freundin." Ich musste Lächeln.
"Ich werde mir dann mal eben kurz Marina ausleihen." meinte Reinhart und stand auf. Ich schluckte. Ich würde ihm gerne für seine Taten danken, aber während Lila hier ist, wäre das keine gute Idee.
"Ich werde sie nicht alleine lassen."
"Möchtest du das, Marina?" Reinhart sah mich fragend an.
Ich wusste, dass wenn ich dies verneinen würde, Lila mir das ewig vorhalten und böse nehmen würde.
"Es ist OK." meinte ich schlicht. Es wird schon noch eine Situation geben, in der ich mich vernünftig bei ihm bedanken kann.
Reinhart nickte und ich ging mit ihm und Lila ins Wohnzimmer. Mit einer kleinen Handbewegung deutete er auf den Sessel.
"Es ist schon eine ganze Weile her, seitdem ich das letzte Mal hier war." meinte Reinhart locker.
Lila sah ihn verwirrt an, hielt sich aber zurück. Das wäre wahrscheinlich eine der nächsten Dinge, die ich ihr erklären musste.
"Das ist wahr...", murmelte Ich zustimmend. Ich ließ ihn das machen, wofür er hier war. Professionell wie eh und je machte er zu keinem Zeitpunkt den Eindruck etwas anderes versuchen zu wollen. Aber es gäbe wahrscheinlich bessere und einfachere Wege für ihn.
Lila hatte schon recht, dass ich mich auch vor ihm in Acht nehmen sollte. Ich wusste es doch selbst, dass er sehr intelligent ist und deutlich mehr Macht und Möglichkeiten. Auch wenn ich dieses Schein-Sein von ihm sehr mochte.
Er war der einzige, der mir in dieser Situation wirklich aktiv helfen konnte.
"Ey, was hast du vor!" meinte da Lila plötzlich und riss mich aus meinen Gedanken.
"Ich überprüfe die Verletzung von Kino und desinfiziere sie erneut, damit es sich nicht entzündet." meinte der Schularzt schlicht.
Mit einem Schnauben ließ Lila den hellblonden Mann weitermachen.
Seine mit Handschuhen bedeckt Hände strahlen eine kühle aus, während er mein Kopf in eine bessere Position geführt hatte, um besser an die Wunde zu gelangen.
Es fühlte sich nahezu so an, als würde ich ihn mein Blut anbieten. Mit dem Unterschied, dass ich das nicht hatte und vor Lila auch nicht tun werde.
"Achtung, es könnte etwas weh tun...", murmelte er konzentriert, bevor er mit einem Tuch das Areal desinfizierte und anschließend eine Creme auftrug, welche mit einem Verband geschützt werden sollte.
"Gibt es sonst irgendwelche Verletzungen? Irgendwelche Schmerzen?"
"Nicht wirklich. Danke."
"Nichts zu danken. Vergiss bitte nicht genügend zu trinken. Lila, könntest du bitte auch darauf achten?"
"Ähm... Sicher!"
"Vielen Dank. Ich lasse euch dann mal in Ruhe. Wir sehen uns bestimmt morgen in der Schule."
Mit diesen Worten ging er.
Lila setzte sich zu mir und wartete noch, bis er endgültig außer Reichweite war.
"Der hat echt Nerven!"
Ich hingegen zuckte nur mit den Schultern.
"Ey. Mir gefällt es gar nicht, in welche Richtung du dich entwickelst. Reiß dich zusammen und kick allen in den Arsch!"
Ich nickte wieder nicht mehr als geistesabwesend.
Einige Minuten saßen wir einfach da in Schweigen.
"Ich wollte dir noch sagen, was Karlheinz Worte bezüglich des Musicals zu bedeuten haben." durchbrach ich die Stille.
"Ja! Sag schon!" entgegnete Lila aufgeregt über das neu aufgebrachte Thema.
"Die Bedeutung des Musicals: Es repräsentiert mich und mein Leben!"
"Ohhh!"
Lila schien überrascht darüber nachzudenken. "Ja... Ich sehe was du meintest."
"Aber dann solltest du wirklich aufpassen... Du weißt ja, wie das Musical endet..."
"Das weiß ich, ich gebe mir Mühe. Dennoch bin ich auch nur ein Mensch und mache Fehler. Leider sind hier Fehler ziemlich... Sagen wir: Reich an Konsequenzen."
"Leider" seufzte sie.
Und der Gedanken an den öden Schulalltag machte alles nicht besser.
"Leider können wir aber auch an unserer Situation nichts wirklich ändern, alsoooo: Machen wir das Beste draus!"
"Ja genau...."
"Zeit für Videospiele! Wir kümmern uns morgen um die Probleme von morgen und bis dahin lenken wir uns ab!" Lila hielt mir ein Controller hin.
"Du hast recht. Heh, ich mache dich wieder fertig. Da hat sich das Treffen mit Kino ja fast mal gelohnt!"
So war der Sonntag so halbwegs normal und ich konnte mich etwas entspannen.
Aber genau das brauchte ich auch!
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