Big Dream But Short Life
Ich streiche ihr zärtlich über die Stirn und mir läuft eine Träne über die Wange.
Womit hatte sie das verdient?
Sie, das stärkste Mädchen was ich je kennengelernt habe.
Sie lächelt mich an und ich lächle zurück, in der Bemühung die Trauer aus meinen Gesichtszügen zu vertreiben.
In ihrem Blick erkenne ich weder Trauer noch Angst, einzig und allein die Liebe eines Kindes.
Ihr Lächeln ruft meine Erinnerungen hervor.
Die schönen Erinnerungen.
An sie.
Alles begann am 26. März, vor 9 Jahren.
An dem Tag, an dem ich ein Leben verlor und ein neues bekam.
Ich kann mich noch genau an die letzten Worte meiner Frau erinnern, bevor sie ihre Augen für immer schloss.
„Luisa", flüsterte sie damals mit ihrer letzten Lebensenergie „die Kämpferin und mein Kind."
Natürlich nannte ich sie Luisa.
Sie, meine Tochter.
Luisa war das beste was mir je passiert ist. Sie half mir den Tod meiner Frau zu überstehen, einfach nur weil sie bei mir war. Wenn sie mich ansah zauberte sie mir ein Lächeln aufs Gesicht.
Dann kam die Diagnose.
Progerie.
Luisa war gerade mal ein halbes Jahr alt und ihre Lebenserwartung lag nun laut zahlreichen Ärzten bei höchstens 13 Jahren.
Meine Welt brach über mir zusammen.
Ich hatte gerade den Tod meiner Frau überstanden und jetzt das?
Auch diesmal war es Luisa, die mich am Leben hielt und mich die Situation langsam realisieren ließ.
Als ich die Diagnose psychisch überstanden hatte, meldete ich mich sofort in einem Portal für Kinder mit Progerie an. Tatsächlich dauerte es nur wenige Wochen bis wir eine Familie in der Nähe fanden, welche unser Schicksal teilte.
Yannick, ihr Sohn, war gerade einmal 2 Jahre älter als Luisa und hatte noch weniger Lebenszeit zu erwarten als sie.
Seine Lebensdauer lag bei höchstens 9 Jahren.
Es dauerte nicht lange und die beiden waren unzertrennlich. Die Krankheit verband sie, doch etwas unterschied sie stark voneinander.
Ihre Einstellung zum Leben.
Wir hatten uns als Eltern entschieden die Kinder so früh wie möglich über ihre Krankheit aufzuklären und Louisa kam damit super zurecht. Wir lebten nach dem Motto „lebe den Moment" und so schaffte Louisa es, glücklich zu sein.
In dieser Hinsicht war Yannick das genaue Gegenteil. Während Louisa nach dem Tod das Paradies sah, hatte er furchtbare Angst davor.
Er dachte ständig darüber nach und konnte kein sorgloses Leben führen.
Louisa tröstete ihn immer wieder und war immer für Yannick da.
An einen Moment kann ich mich noch genau erinnern.
Yannick war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 7 Jahre alt und dachte trotzdem schon über den Tod nach.
Louisa setzte sich damals zu ihm und legte einen Arm um ihn:
„Weißt du Yannick, warum wollen Menschen alt werden, wenn ein kurzes Leben doch genug ist?"
„Um ihre Träume zu erfüllen", antwortete er damals, doch als sie ihn nach seinem Traum fragte, hatte er keine Antwort.
Louisa selbst hatte einen Traum, sie wollte einmal auf einer großen Bühne stehen, vor ganz vielen Menschen.
Ich bemühte mich sofort diesen Traum zu erfüllen und schaffte es schon bald, auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen. Eine Organisation für Kinder wie sie organisierte in kürzester Zeit eine Fernsehshow, bei der Louisa höchstpersönlich auf die Bühne durfte und interviewt wurde.
Da war es, das Lächeln, in diesem Moment, nur noch glücklicher.
Ihre Stimme holt mich in die Realität zurück, hinaus aus meinen Gedanken.
„Papa, ich kann jetzt sterben. Ich habe meinen Traum erfüllt, ich brauch kein langes Leben, das kurze hat gereicht.
Ich geh jetzt zu Yannick. Ins Paradies."
Louisa schließt ihre Augen und ich weiß, dass es endgültig war. Doch ihr Lächeln bleibt auf ihrem Gesicht, bis der letzte Funken Leben aus ihr weicht.
Es ist der traurigste Moment in meinem gesamten Leben, doch ich muss lächeln.
Louisa ist dort, wo sie jetzt ist, gut aufgehoben, da bin ich mir sicher.
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Diese Kurzgeschichte habe ich für den Wettbewerb von Lilienwolke21 geschrieben, bei welchem ich den ersten Preis bekommen habe!
Dankeschön!!! <3
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