Figurenbeschreibungen
Über Figurenbeschreibungen habe ich schon viele Diskussion hier auf Wattpad gehört. Bei diesem Thema gilt also besonder: Wenn ihr meine Ansichten dazu nicht teilt, befindet ihr euch in guter Gesellschaft. Das ist hier eben auch nur die Methode ist, die ich bevorzuge und die mir und meinen Geschichten am meisten nützt.
Vorab aber: Natürlich gilt das, was ich über Figurenbeschreibungen zu sagen habe, für Figuren jeglicher Hautfarben. Solltet ihr schwarze Personen und/oder PoC in euren Büchern haben, empfehle ich aber dringend, euch vorher zu informieren, welche Repräsentationen gewollt sind - und welche beleidigend und rassistisch.
Da das aber nicht mein Platz zu sprechen ist, weil ich weiß bin, deswegen poste ich da lediglich den Link zum Tumblr-Blog Writing with Color, der von PoC betrieben wird, in dem jegliche Fragen beantwortet werden:
https://writingwithcolor.tumblr.com
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Nachdem ich dieses Kapitel geschrieben habe, ist mir aufgefallen, dass der Umfang der allgemeinen Punkte zu dem Thema relativ groß ist. Deswegen kratze ich anfangs Themen oft nur an, die ich dann im Unterpunkt „Wie beschreibe ich eine Figur?" nochmal deutlicher angehe. Also keine Sorge, es ist nur so, dass das, was ich vorher zu erzählen habe, auch relativ viel Raum einnimmt.
Ich werde dieses Mal Beispiele aus meinem eigenen Geschichten nehmen anstatt aus gedruckten Büchern, weil ich sonst Ewigkeiten lang passende Stellen suchen müsste, die auch gut zur Veranschaulichung sind. Und wir wollen diesen Beitrag ja noch vor Ende des Jahres lesen. Das heißt gleichzeitig aber nicht, dass ich meine Beschreibungen super-toll-perfekt finde, die haben natürlich auch einige Schwachstellen, sollen aber auch nur zur Veranschaulichung von den Punkten dienen, über die ich spreche.
Also, genug Vor-Blabla.
Sollten Figuren überhaupt in einem Buch beschrieben werden?
Dazu gibt es natürlich geteilte Meinungen unter den Leser*innen: Die eine Gruppe will sich die Figuren ohne Input der Autor*innen vorstellen, die andere Gruppe kann sich die Figuren ohne Input überhaupt nicht erst vorstellen. Zu der zweiten Gruppe gehöre ich tatsächlich auch. Wenn ihr mir nicht zumindest grob erzählt, wie eure Figuren aussehen, sind sie leere Hüllen.
Dieses Problem hat für mich aber eine relativ einfache Lösung: Ja, man sollte seine Figuren beschreiben, damit denen, die sonst nichts sehen, eine helfende Hand gereicht wird. Falls andere Lesende keine Lust auf Beschreibungen haben und die lieber nicht hätten, können sie die überspringen oder ignorieren und sich eigene Figuren überlegen.
Sollten meine Figuren besondere Merkmale haben oder ganz durchschnittlich sein?
Das ist ein auf Wattpad tatsächlich stärker diskutiertes Thema als in anderen Autor*innen-Communitys – vielleicht aber auch nur in den Kreisen, in denen ich mich aufgehalten habe.
Weil Jugendbücher die Hauptfiguren oftmals mit übertriebenen körperlichen Besonderheiten ausstatten, wurden davon schnell einige Leser*innen genervt und es hat sich eine Gegenbewegung entwickelt, in der Figuren möglichst minimal ohne viele Besonderheiten oder Details gezeigt werden. Also, man versucht, möglichst durchschnittliche Personen zu erschaffen.
Beide Übertreibungen sind für mich nicht ideal.
Wenn wir eine Geschichte schreiben, wollen wir, dass sie möglichst interessant gestaltet ist. Also sollten möglichst viele Elemente der Geschichte auch interessant sein. Klar, dass das nicht immer zu hundert Prozent zutreffen kann. Also haben wir bei Figurenbeschreibungen zwei Möglichkeiten, Dinge interessant zu gestalten:
1. Die körperlichen Merkmale sind interessant.
2. Die Beschreibung an sich ist interessant.
Idealerweise hakt man beide Punkte ab – auch wenn mir bewusst ist, dass das nicht bei jeder einzelnen Beschreibung jeder einzelnen Figur in jedem einzelnen Buch möglich sein wird.
Um die körperlichen Merkmale interessant zu gestalten, braucht man aber überhaupt keine lilafarbenen Augen oder glitzernde Vampirhaut oder dieses eine super seltene Dingsbums. Alle Menschen unterscheiden sich in der Zusammenstellung ihrer Details – auch eineiige Zwillinge.
Wie wir zusammengewürfelt wurden, das ist der besondere Teil, den man interessant gestalten kann. Dafür müssen wir uns aber die Details der Figuren angucken und bei unseren Beschreibungen genau auf die eingehen, anstatt auf die ungefähren Umrisse von Prota aus der Ferne, die zwei Million andere Menschen auch zeigen.
Natürlich können wir erst einmal die grobe Erscheinung ansprechen, sollten dann aber schnell von Allgemeinheiten wegkommen, um zu zeigen, was diesen Menschen interessant macht.
Es kann schon interessant sein zu hören, dass die Haare einer Figur verfilzt, abgebrochen und verknotet sind, ohne dass das ein übertriebenes Detail wäre, das andere Menschen nicht auch haben können. Andere Beispiele für solche Details wären, dass die Haut einer Person mit einer Staubschicht bedeckt ist, weil sie immer draußen schläft, oder wie bei meinem jetzigen Prota Jack, dass er (fast) immer Farbflecken am Saum seines Hemdes hat.
Natürlich kann man auch Muttermale, Sommersprossen, Leberflecken und Narben einsetzen, sollte damit aber vorsichtiger umgehen. Wenn jede Figur in einem Buch Narben und Muttermale an besonderen Stellen hat, kann das auch schnell negativ hervorstechen. Und wenn man Narben erwähnt, erwarten Lesende womöglich auch eine Auflösung dazu, woher die kommen.
Jeder Mensch hat Details, die andere in genau dieser Zusammensetzung nicht haben – deswegen unterscheiden wir uns ja. Wieso sollten wir die in einer Figurenbeschreibung also kürzen und mit Durchschnittswerten ersetzen, wenn genau die das Ganze spannend machen können?
Wie poetisch und bildlich sollten meine Figurenbeschreibungen sein?
Es passiert Autor*innen anfangs häufig – zum Beispiel mir -, dass sie die Erzählung in der Stimme der Erzählperson schreiben, dann zu den Beschreibungen kommen und plötzlich die Sprache so anders nutzen, dass nicht kohärent wirkt und aus der Geschichte rauswirft.
In der ersten und zweiten Person und in einer personalen dritten Erzähleinheit bildet die Erzählstimme die Stimme der Protas ab. Und genau in dieser Stimme sollte man auch bleiben, wenn es um Beschreibungen geht. Es gibt keinen Grund, plötzlich mit der entworfenen Erzählstimme zu brechen. Figurenbeschreibungen sind nämlich auch nur ein ganz normaler Teil der Geschichte.
Wenn Prota also eher kalt über die Geschehnisse berichtet, mit wenigen Metaphern und ausufernden Beschreibungen, wären übermäßig viele bildliche Vergleiche und poetische Satzkonstruktionen nicht passend – selbst wenn das eher zu eurem natürlichen Stil passt. Genauso aber umgekehrt: Falls die Stimme, in der ihr erzählt, eher träumerisch ist, ist es sinnvoll, diese Stimme auch in Beschreibungen zu übertragen.
Klar, sollte man dennoch aufpassen, nicht zu blumig zu werden. Im Englischen nennt man es Purple Prose, wenn die Sätze unnötig kompliziert und blumig werden und damit die Klarheit des Textes negativ beeinflussen. Purple Prose will man aber generell im gesamten Text vermeiden und deswegen kann man das hier einfach auch so fortführen.
Bei einer objektiven und auktorialen Erzähleinheit gibt es eine Erzählstimme, die nicht mit den Protagonist*innen übereinstimmt, aber trotzdem eigene Sprachmerkmale aufweist. Deswegen gilt hier einfach genau dasselbe, nur mit anderem Referenzpunkt: Jetzt achtet ihr nicht darauf, wie bildlich Prota die Menschen beschreiben würde, sondern wie eure Erzähleinheit das tun würde.
Wann sollte ich eine Figur beschreiben?
Hier kann man zwischen Protagonist*in und Nebenfiguren unterscheiden: Sobald eine Nebenfigur auftritt, gibt es in den allermeisten Situationen die Gelegenheit, diese Person zu beschreiben. Ergreift die Möglichkeit, denn so schnell wird sie nicht mehr kommen!
Wenn eine Nebenperson den Raum betritt, drei Seiten lang mit Prota spricht, aber die Figur danach erst beschrieben wird, wirkt das erzwungener, als wenn die Beschreibung gleich am Anfang passiert, wenn Prota diese Figur auch zum ersten Mal wahrnimmt.
Bei den Protagonist*innen ist das natürlich schwieriger, aber auch hier: Sobald sich die Gelegenheit ergibt, sollte man sie ergreifen. Vielen fällt das bei Ich-Erzähler*innen schwer, dazu einen passenden Einstieg zu finden. Deswegen folgt meine kleine-große Randbemerkung: Ja, wir Menschen in unserem täglichen Leben denken nicht plötzlich in poetischer Weise darüber nach, wie wir aussehen, weswegen viele annehmen, dass Ich-Erzähler*innen sich nicht beschreiben dürften oder nur in ganz knappen Bemerkungen oder wenn sie in den Spiegel schauen. Nun.
Ein*e Ich-Erzähler*in in Retrospektive schaut auf die Ereignisse zurück, was man daran erkennt, dass die Erzählung in einer Vergangenheitsform geschrieben ist. Das bedeutet, dass die Zeit, zu der die Handlung stattfindet, und der Moment, in dem die Ich-Erzählperson davon berichtet, nicht gleichzeitig stattfinden. Die Handlung liegt in der Vergangenheit, aber wird jetzt zu diesem Augenblick erzählt. Ein schlecht gemaltes Paint-Bild dazu:
Wenn wir so ein Schema haben, kann die Ich-Erzählerperson alles Mögliche an jeglichen Punkten hinzufügen, egal, ob es in diesem Moment der Handlung aktiv erlebt wurde oder nicht. Denn wie ihr seht, gibt es einen zeitlichen Abstand zwischen Handlung und Erzählung. Wenn ich euch von meinem letzten Erlebnis beim Bäcker erzähle, kann ich an jeder Stelle davon einen Vortrag über Pinguine einfügen, ohne dass es unauthentisch wäre. Wenn also Prota entscheidet, über sein*ihr Aussehen zu reden, dann ist das nicht falsch, nur weil es eine Ich-Erzählung ist.
Ein Beispiel (kleiner Spoiler, man erfährt es aber auf Seite 2, also ...) ist Eine Geschichte von Wölfen von Emily Fridlund, ein Buch, in dem die Ich-Erzählerin in Retrospektive immer wieder sagt, dass eine Figur sterben wird, obwohl wir uns in der Handlung noch gar nicht an diesem Punkt befinden. Sie kann das sagen, weil sie die Geschichte erst erzählt, nachdem sie abgeschlossen ist.
Es gibt aber natürlich auch Ich-Erzählungen im Präsens. Dort gibt es keinen zeitlichen Filter zwischen der Handlung und der Erzählung, das ist fast mehr eine Erzählung als Bewusstseinsstrom. Dort kann man sich überlegen, wie man die Beschreibung geschickt einfließen lässt, ohne dass es als normaler Gedankengang unnatürlich wirkt.
Eine Methode, um die Beschreibung in Ich-Perspektive geschickt einzubauen, die von vielen genutzt wird – von mir auch jedes einzelne Mal, weil ich zu chaotisch bin, wenn es um meine eigenen Geschichten geht, ist, Prota mit einem Familienmitglied zu vergleichen. Da kann man zwei Figurenbeschreibungen miteinander verbinden, ohne dass es groß auffällt. Und da man Nebenfiguren ohnehin beschreiben muss, fügt sich das meist ganz gut ein.
Ein Beispiel aus meiner Kurzgeschichte Echo, in dem ich Ashton mit seiner Schwester Lolly vergleiche:
Wir teilten uns dieselben blauen Augen, dieselben Stupsnasen, dieselben schmalen Schultern und dieselben Stimmen, eine Emulsion aus Kratzen und Quietschen. Wo meine braunen Strähnen keimten, spannten sich Wellen in fleckigem Indigo über ihre Schultern, eines ihrer missglückten Experimente, das sie nächste Woche mit einem anderen Experiment übermalen würde. Um meinen Körper hing seit drei Wochen derselbe verwaschene Pullover, wohingegen Lolly sich in mehr Metall als Stoff kleidete: Stacheln an ihrem selbstgenähten Kleid, fünf Ketten um ihren Hals, Nasenring, Ohrring, Zungenpiercing.
Wie beschreibe ich eine Figur?
Beim Schreiben gibt es so ein Wort, dass immer wieder wichtig ist: Spezifität.
Wenn wir eine Figur beschreiben wollen, können wir ruhig erst die ungefähren Ausmaße nennen, aber sollten dann doch schnell zu spezifischen Details übergehen, damit wir auch wir nicht irgendwo im ungefähren Nebel von ungefähr versinken.
Es ist außerdem besser, sich wenige interessante Details rauszusuchen, die man beschreibt, als drei Seiten lang jede Strähne perfekt einfangen zu wollen, die man sich vorgestellt hat.
Daumenregel für Figurenbeschreibungen: Drei Sätze, die man nicht künstlich in die Länge zieht. Falls man zwei Figuren miteinander vergleicht, kann man das natürlich ein bisschen ausdehnen. Und natürlich muss man sich daran nicht jedes Mal strikt halten, aber es ist eine gute Übung, um Beschreibungen zu kürzen.
Oben habe ich schon erwähnt, dass die Figurenbeschreibung interessant sein soll. Noch eine Daumenregel: Fehler sind immer interessanter als Perfektion.
Selbst wenn ich eine Figur beschreiben will, die für die Erzählperson attraktiv ist, ist es keine besonders gute Idee, deren Fehler unter den Tisch fallen zu lassen. Wenn keine Fehler beschrieben werden, füllt unser Gehirn das mit Perfektion aus. Heißt aber auch, dass unser Gehirn generell sich erstmal alles ästhetisch vorstellt, bis wir die Vorstellung korrigieren. Deswegen müssen wir nicht stundenlang darauf herumreiten, wie perfekt die Figur aussieht, sondern können uns auf interessante Details konzentrieren.
Hier ein sehr kurzer Beispielsatz auf meinem aktuellen Work in Progress: Seine Haare waren tintenschwarz und ölig.
Hätte ich nicht gesagt, dass sie ölig sind, hättet ihr sie euch vermutlich eine Prise perfekter oder zumindest konventionell attraktiv vorgestellt.
Um aber nochmal auf Anziehung zwischen Figuren zu kommen: Generell solltet ihr Figuren nicht als super sexy, heiß, richtig attraktiv und perfekt betiteln, sondern uns ihre Merkmale zeigen. Die Art, wie über die Merkmale gesprochen wird und welche wir uns herauspicken, sollte euren Leser*innen schon vermitteln, ob die Erzählperson diese Figur attraktiv oder abstoßend findet.
In Harry Potter und der Stein der Weisen wird – soweit ich mich erinnere – Draco unter anderem von Harry als rattengesichtig beschrieben. Damit sollte uns schon klar sein, wie sympathisch er Harry war.
Also, wie immer: Zeigen, warum jemand sexy ist – ohne mit Perfektion zu übertreiben – anstatt uns zu erklären, dass die Person sexy ist.
Eine Beschreibung kann interessanter und bedeutungsreicher werden, indem wir mit ihr schon die Persönlichkeit der Figuren einführen. Oder uns damit herantasten.
Wir alle können bis zu einem gewissen Grad etwas an unserem Aussehen verändern. Wir können über viele unserer Merkmale selbst – mehr oder weniger frei – entscheiden. Eure Haare haben eine Länge und eine Farbe, die ihr ändern könnt, sie können unterschiedlich gepflegt sein. Kleidung könnt ihr selbst auswählen, ihr könnt eure Haut draußen bräunen lassen oder Selbstbräuner nutzen oder die Sonne meiden. Ihr könnt Make-up benutzen oder auch nicht. Ihr habt eine gewisse Freiheit, auch wenn die nicht jedes Mal von eurem Bewusstsein ausgeht. Zum Beispiel können Figuren, die zu selbstzerstörerischem Verhalten neigen, diese Merkmale auch auf ihrem Körper oder ihrer Kleidung sichtbar werden.
Beschreibungen werden leichter interessant, wenn es in gewissem Maße Gründe dafür gibt, warum eure Figur wie aussieht. Damit leitet ihr ein Schema ein, das sich in die Charakterisierung später einfügen kann. Außerdem zeigt ihr dann nicht wie bei zufällig gesetzten Narben Details, die ihr Auflösen müsst, hinter denen aber gar nicht steht.
Und das Beispiel von oben aus meinem momentanen WiP nochmal im Ganzen zu zeigen. Hier vergleiche ich den Protagonisten mit seinem Halbbruder – weil ich diese Technik ausnahmslos jedes Mal nutze. Das ist nicht die komplette Beschreibung der beiden, sondern nur ein Teil davon. Ich zeige euch erst das Beispiel und rede danach darüber:
Hinter seiner Hornbrille fixierten mich mattblaue Augen.
Bis auf deren Ton verband uns kaum ein Merkmal. Seine Haare waren tintenschwarz und ölig. Er rieb sie jeden Morgen mit Gel ein und versteckte sie unter seiner Dienstmütze, sortierte jede Strähne, sobald er sie abzog. Dagegen standen meine Locken ab wie Borsten eines abgenutzten Pinsels, variierten je nach Licht zwischen mahagonibraun und der Farbe von Rost, fransten in den Spitzen aus.
Hier fließt so eine ganz leicht angedeutete Charakterisierung mit ein. Edwin hat nicht nur eine ordentliche Frisur, sondern sortiert sie auch jedes Mal, wenn er seine Dienstmütze auszieht. Damit ist quasi schon der erste Schritt in Richtung seiner Persönlichkeit getan. Dann haben wir Chaot Jack, der sich offensichtlich nicht so viel Mühe bei seiner Haarpflege gibt, Stichwort abgenutzter Pinsel. Dass die beiden Brüder grundverschiedene Persönlichkeiten haben, merken wir also nur schon an ihren Äußerlichkeiten.
[cw: Drogen bis nach dem nächsten Zitat]
Noch ein Beispiel! In meiner Kurzgeschichte Eine Geschichte von Bäumen ist Astat abhängig – erst von Drogen und im Laufe der Geschichte auch von Menschen. Das erste Problem wird schon mit seiner Beschreibung zumindest angedeutet.
Astat stolpert zu dir. Deine Hände frösteln, als er das Tor aufsperrt. Seine Haarspitzen in Silber getaucht, Eyeliner umringt Wimpern, Armreifen umklammern die Handgelenke, die so zerbrechlich wirken wie morsche Äste. Du könntest sie in einer Bewegung zertreten. Sein Körper ist der einer Porzellanpuppe. Lass ihn nicht fallen, weil er sonst zersplittert.
Seine vernarbten Lippen küssen deinen Kopf.
Und zum Schluss nochmal: Eine Beschreibung muss nicht jedes Mal und immer total lang und detailliert und besonders sein. Und sie muss auch nicht jedes Mal direkt alles über die Person verraten. Meistens flirtet man hier auch nur mit den Lesenden und macht lediglich Andeutungen, die später aufgeklärt werden. Hier ist ein Beispiel aus Echo, in dem Tinders Narbe und sein eigenartiger Kleidungsstil knapp erwähnt wird, ohne erstmal viel dazu zu erklären, sodass wir womöglich einfach gespannt sind, was dahinter steckt. Hier seht ihr auch, dass ich in einem Satz auf die allgemeine Erscheinung eingegangen bin, bevor ich mich den Details gewidmet habe:
Seine nadelgrünen Augen zwinkerten, er grinste und deutete zur Wohnungstür, während er von einem Bein aufs andere tanzte. Ein junger Mann, großgewachsen, breite Schultern. Um seine Finger schlängelten sich Handschuhe aus Schafswolle, darüber ein Wollpullover, der aus einer Wolljacke lugte. Wollhose, Wollsocken, Wanderstiefel. Auf der linken Gesichtshälfte schnitt eine Narbe seine Augenbraue, rann über die Wange und klang unter dem Kinn aus.
Zusammenfassung:
Das war jetzt viel Gerede, also hier nochmal die wichtigsten Punkte ganz knapp:
- Ein Herz für Personenbeschreibung!
- Bleibt in der Stimme der Erzählperson.
- Beschreibt Nebenpersonen, sobald sie auftreten.
- Beschreibt Protas, sobald es sich gut einfügt.
- Eine Technik für Ich-Erzählende Protas sind Vergleiche mit Familienmitgliedern.
- Fixiert euch auf spezifische Details anstatt ellenlanges Rumgeschwafel.
- Daumenregel: 3 Sätze.
- Daumenregel: Fehler sind spannender als Perfektion.
- Man kann mit der Beschreibung den Charakter der Figur andeuten und damit von Anfang an ein Schema erschaffen.
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