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Erzählsicht/PoV - #2

(Wusstet ihr, dass R2D2 und C3PO die Erzähler von Star Wars sind? Nerdiger wird es nicht mehr)

Willkommen zum umfassenden Ratgeber für Point of View Teil 2! Dieses Mal geht es um Vor- und Nachteile von häufig gewählten Erzählsichten, sowie häufige Fehler, die beim Schreiben damit gerne gemacht werden. Am Ende reden wir dann darüber, wie man weiß, welche PoV für das eigene Buch das richtige ist. Spoiler: Es ist ganz einfach, aber eigentlich auch super schwierig.

Ich habe das Kapitel ein bisschen unterteilt, um möglichst viele Bereiche abzudecken, also reden wir erst über Zeiten und dann über Personen. Wenn ihr die mischt, was ihr automatisch tun werdet, kommen dann halt ein paar Punkte zusammen, auf die man insgesamt achten sollte.

Präsens:

Geschichten im Präsens werden genau dann erzählt, wenn die Handlung passiert, ein bisschen so, wie wenn man eine Live-Übertragung eines Sportevents anguckt. Dabei kann natürlich jede Person im Präsens erzählen.

Vorteile:

- Unmittelbarkeit. Die Geschichte passiert genau dann, wenn die Lesenden sie aufschlagen, wodurch eine Direktheit oder Unmittelbarkeit der Handlung entsteht. Dadurch, dass alles in diesem exakten Moment stattfindet, kann sehr leicht Spannung und emotionale Nähe zur Geschichte aufgebaut werden. Deswegen findet man Präsens auch so oft in Jugendbüchern, die meist extrem auf schnelle Spannung gehen, um die Aufmerksamkeit bei sich zu halten.

- Ungewisser Ausgang. Gleichzeitig ist der Ausgang der Figuren in dieser Erzählsicht ungewiss. Selbst bei Ich-Erzähler*innen kann man sich nicht sicher sein, ob sie am Ende des Romans überhaupt noch leben, weil die erzählte Handlung ja noch nicht stattgefunden hat. Theoretisch könnte selbst ein*e Ich-Erzähler*in im Präsens am Ende der Geschichte sterben.

- Ungewollte Erzählung. Erzähler*innen im Präsens können ihre Geschichte für das Publikum sehr schlecht manipulieren – auch wenn natürlich Subjektivität eine Rolle spielt –, weil sie keine Zeit dazu haben. Dadurch kann in manchen Geschichten das Gefühl für Lesende entstehen, dass sie etwas sehr Intimes lesen, das eigentlich nicht gelesen werden sollte. Das passiert häufig in dritter Person, weil die Protas nicht einmal selbst die Geschichte erzählen, sondern nur eine unsichtbare Einheit, die sehr nah an den Figuren ist und in Echtzeit deren Handlungen und Gefühle mit uns teilt.

Nachteile:

- Keine Filter. Gerade weil die Handlung unmittelbar passiert, kann eine Erzählperson diese kaum manipulieren, was auch Nachteile mit sich bringen kann: Die Reihenfolgen der Szenen muss (so gut wie immer) chronologisch erfolgen und unwichtige Szenen auf eine Art wegzulassen, die sich organisch zu der Erzählzeit anfühlt, kann auch schwieriger sein als in der Vergangenheitsform.

- Keine Zeit zum Reflektieren. Weil die Erzählfigur keine Zeit zum Reflektieren hat, werden alle Gedanken, die die Figur gerade hat, genauso wiedergegeben. Das kann schnell zu Melodrama führen, wenn man die Geschichte im Gesamten betrachtet. Menschen reagieren manchmal über und merken es erst später. Wenn wir aber nur in der Situation direkt sind, kriegen wir nur extrem starke Gefühle ab, die schnell überdramatisch wirken können.

Häufige Probleme:

- Satzstruktur. Im Präsens fällt vor allem auf, dass Sätze sehr ähnlich begonnen werden mit: Pronomen Verb [Rest]. („Er schlendert durch die Regale und bleibt vor der Tiefkühltheke stehen. Er greift sich einen Käse. Er packt den Käse in seine Hosentasche, die sich nach außen beult, als hätte er einen besonders unförmigen Hintern. Er seufzt.") Da sollte man einfach ein bisschen aufpassen, dass der Satzrhythmus trotzdem abwechslungsreich bleibt.

- „Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass es kein gutes Ende nehmen würde." Einfach dieser Satz. Oftmals versuchen Autor*innen in ihren Geschichten Spannung zu erzwingen, indem sie andeuten, dass später noch was Schlimmes passieren wird. Zum einen ist das eine ziemlich billige Art, um für Spannung zu sorgen, zum anderen passt es auch nicht in die Erzählsicht der Gegenwart. Die Erzählfigur kann zum Erzählzeitpunkt nicht wissen, was später noch passieren wird, denn für die Figur ist das noch gar nicht passiert! Das ist, als würde ich jetzt in diesem Moment denken: „Ich weiß zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass ich später ausgeraubt werde."

Wann sollte man Präsens als Erzählzeit nutzen?

Wenn man es für angebracht hält. :D

Wenn man die Unmittelbarkeit des Präsens aus irgendwelchen Gründen für sich nutzen will, oder wenn man findet, dass die spannendsten, interessantesten und wichtigsten Gedanken und Handlungen der Geschichte zu dem Zeitpunkt stattfinden, wenn die Handlung tatsächlich erlebt wird – und nicht dann, wenn später darüber reflektiert wird.

Vergangenheit

Erzähler*innen in der Vergangenheit hingegen erzählen die Geschichte dann, wenn sie eigentlich schon vorbei ist. Das kann direkt nach den Ereignissen sein oder auch fünfzig Jahre später. Das wichtige ist nur, dass sie die Ereignisse erst erlebt haben, und sie erzählen, sobald sie abgeschlossen sind – also meistens mit einem größeren Wissen berichten können, als sie im Moment der Handlung hatten.

Vorteile:

- Reflektion. Die Erzählperson hatte Zeit, über die Ereignisse zu reflektieren, die passiert sind, wodurch Emotionen und Gefühle von ihnen selbst besser kontrolliert werden können. Sie erleben nicht alles jetzt und mit all den Emotionen, sondern haben Zeit, sich selbst zu zensieren, ihre Ausbrüche anders darzustellen, oder Fehler selbst zu bemerken und entsprechend darüber zu berichten. Außerdem kann uns die Art, wie sie die Geschichte erzählen, verraten, wie sie jetzt zu den Ereignissen stehen – also ob sie sich noch weiter entwickelt haben, oder ob sie noch an demselben Punkt in ihrem Leben sind. Das kann interessante Implikationen aufwerfen, zum Beispiel ob das Ziel der Geschichte nun tatsächlich für die erzählende Figur erreicht wurde oder nicht.

- Struktur. Die Struktur der Geschichte kann viel besser beeinflusst werden. Ereignisse müssen nicht chronologisch erzählt werden, denn sie sind eh schon alle vorbei. Die Erzähleinheit kann selbst entscheiden, was sie wann wie erzählen will, was in manchen Fällen effektiv genutzt werden kann.

- Publikum. Erzähler*innen in der Vergangenheit können ihr Publikum viel besser mitbedenken – wie ich letztes Mal aber schon ausführlicher erklärt habe. Deswegen das nur am Rande.

Nachteile:

- Indirekt. Im Gegensatz zum Präsens ist eine Handlung in der Vergangenheit natürlich weiter weg von den Lesenden. Alles, was passiert, hat schon längst stattgefunden – wie die Sterne, die wir am Himmel angucken, die alle schon längst tot sind :). Dadurch geht die Unmittelbarkeit der Erzählung natürlich verloren.

- Distanz. Auch zu den Figuren schafft die Vergangenheit mehr Distanz. Lesende sind nicht mehr bei ihnen, wenn sie die Handlung erleben, sondern sehen sie nur hinterher. Vielleicht könnte man sagen, Vergangenheitserzählungen sind Aufzeichnungen von Live-Übertragungen. Okay, das Spiel ist noch spannend, wenn du es guckst, aber du weißt, dass es letzten Samstag stattgefunden hat und nicht aktuell ist. Wir haben immer ein minimales Hindernis zwischen der Realität der Figuren und unserer Realität, weil wir uns an einem anderen Zeitpunkt befinden.

- Gewissheit. Im Gegensatz zur Gegenwart ist es wahrscheinlicher, dass (zumindest die Ich-Erzähler*innen) am Ende der Geschichte immer noch leben – außer sie erzählen die Geschichte aus dem Jenseits.

Häufige Probleme:

- Jenseits-Erzählungen. Tatsächlich lassen Menschen immer wieder ihre Erzählfiguren der Vergangenheit sterben, obwohl sie die Geschichte danach bis zu ihrem Tod irgendeinem Publikum erzählen. Das ist ...schwierig, vor allem wenn es in der erzählten Welt kein festes System für ein Leben nach dem Tod gibt. Wieso labert uns dieser Geist mit seiner Lebensgeschichte zu? (Wäre aber auch ein interessantes Konzept für ein Buch)

- Form. Bei Vergangenheitserzählungen merkt man oft, dass die Form, die die Geschichte dadurch hat, nicht unbedingt mitbedacht wurde. Für viele ist Vergangenheit sowas wie die „normale" Erzählsicht. Die, die man eben für Geschichten nutzt. Wie im letzten Beitrag aber schon erwähnt, gibt es dort auch eine Menge zu bedenken, wie z. B. Publikum, Zeitpunkt der Erzählung, etc. Wenn man das vergisst, lässt man eine Menge Potential für die eigene Geschichte liegen.

Wann sollte man Vergangenheit als Erzählzeit nutzen?

Wenn man findet, dass die spannendsten, interessantesten und effektivsten Gedanken über die Handlung erst nach dem Ende der Geschichte stattfinden. Wenn zum Beispiel eine Figur über ihre Lebensgeschichte – oder wichtige Ereignisse aus ihrem Leben – reflektiert. Wenn einem bestimmten Publikum eine Geschichte erzählt werden soll. Oder wenn die Erzähleinheit die Ereignisse der Geschichte stark manipulieren soll.

Zukunft:

Eine Geschichte in der Zukunft hat noch nicht stattgefunden, sondern ist entweder eine Vision, eine Mutmaßung, ein Wunsch, eine Angst oder fällt in eine ähnliche Kategorie.

Vorteile:

- Spekulativ. Die Geschichte ist spekulativ und damit sehr experimentell. Wenn man sehr experimentell werden will, könnte das auch ein Startpunkt sein.

- Innovation. Weil so wenige Geschichten in dieser Zeitform geschrieben sind, wird die Geschichte automatisch einen sehr innovativen und speziellen Ton haben.

Nachteile:

- Irreal. Nichts, was in der Geschichte passiert, passiert den Figuren tatsächlich, denn die Zukunft hat noch nicht stattgefunden. Es ist nur spekulativ, was es durchaus schwierig machen kann, überhaupt Spannung zu erzeugen. Das ist wie mit Träumen in Romanen: Sobald man weiß, dass es ein Traum ist, ist die Handlung darin vollkommen irrelevant, weil sie sowieso nicht stattfindet.

- Ineffektivität. Auf lange Sicht wird die Geschichte genauso ineffektiv sein wie eine Geschichte im Plusquamperfekt. Zukunft als Zeitform braucht nämlich enorm viele Hilfsverben, die auf Dauer anstrengend zu lesen werden, die man aber für die Form nicht weglassen kann.

Häufige Probleme: Weil die Zeit extrem selten genutzt wird, weiß ich leider nicht, auf welche Probleme Menschen dabei stoßen. :D

Wann sollte man Zukunft als Erzählzeit nutzen?

Menschen, die mit dem Gedanken spielen, Zukunft als Erzählzeit zu nutzen, werden sich dafür einen triftigen Grund überlegt haben. Generell ist ein guter Gedanke: Die Form der Geschichte ist das, was die Geschichte ist. Wenn die Geschichte also eine Zukunftsvision darstellen soll, könnte die Form auch gut die Erzählzeit Futur sein.

Erste Person:

Erste Person ist genau das, nach dem es klingt. Eine Figur – nicht notwendigerweise die Hauptfigur – erzählt uns von den Geschehnissen in der Ich-Form.

Vorteile:

- Nähe. Weil die Erzählsicht eine Figur selbst ist, sind die Lesenden natürlich extrem nah an deren Gedanken und Gefühlen, ohne dazwischen noch irgendeine Schranke zu haben. Die psychische Distanz ist also enorm klein, was sinnvoll sein kann, wenn man die Lesenden sehr nah an den Emotionen der Figuren haben will.

- Unzuverlässigkeit. Erzähler*innen in der ersten Person sind automatisch unzuverlässig, weil sie ihre subjektiven Erfahrungen mit uns teilen. Die automatische Unzuverlässigkeit kann als Vorteil gesehen werden, wenn man sie sinnvoll einsetzt. Dabei kann ein falsches Weltbild der Erzählfigur sehr schnell rübergebracht werden, weil die Lesenden eben genau mitbekommen, wie diese Figur die Welt sieht.

- Einheit. Die Stimme der Erzählperson ist eine Figur, was zu besonderer Einheit der Erzählperspektive und Stimme führen kann, ohne dass da noch eine unbestimmte Erzählperson zwischengeschaltet wird. Wenn die Geschichte zum Beispiel die Lebenserfahrungen einer Figur darstellen soll, kann es sinnvoll sein, auch nur diese Figur sprechen zu lassen, um für ein natürlicheres Erzählgefühl zu sorgen.

Nachteile:

- Nähe. Natürlich kann Nähe auch ein Nachteil sein. Wenn die erzählende Figur den Lesenden nicht sympathisch, oder einfach extrem uninteressant ist, dann zieht sich das durch die komplette Form der Geschichte. Dann ist das nicht nur eine Figur der Geschichte, sondern die Erzählung selbst, die die Lesenden nicht mögen. Ich würde nie empfehlen eine Figur möglichst sympathisch zu gestalten, sondern eher möglichst interessant. Allerdings bringt das aber natürlich auch Risiken mit sich, denn nicht alle Lesenden sehen das so.

- Limitation. Natürlich limitiert die erste Person die Sicht auf die Geschichte auch. Man bekommt nur die Sicht einer einzigen Figur mit und alle anderen Geschehnisse müssen ausgeblendet werden. Manche Geschichten brauchen allerdings eine Vielzahl an Sichten und Stimmen, um zu funktionieren, weswegen Ich-Erzähler*innen manchmal limitierend sein können.

Häufige Probleme:

- Satzstruktur. Gerade bei Ich-Erzähler*innen beginnen oft viele Sätze mit „Ich", wenn man nicht aufpasst. Das sorgt für einen eher unschönen Rhythmus beim Lesen. Am besten achtet man beim Überarbeiten darauf, dass sich Satzstrukturen ein bisschen abwechseln. Dabei muss man auch nicht seltsame Satzumstellungen machen – wie ich mal dachte –, sondern kann einfach Handlungen und Beschreibungen mal abwechseln.

- Melodrama. Ähnlich wie im Präsens sind Lesende bei Ich-Erzähler*innen sehr nah. Die Emotionen der Figuren sind in diesem Fall sogar die Geschichte selbst, was zum einen für starke Szenen sorgen kann, zum anderen aber auch schnell in Melodrama überschwappt. Vor allem in der Ich-Perspektive sollte man sich gelegentlich fragen, ob man nicht zu viel des Guten an Emotionen bringt.

- Kursive Gedanken. Oftmals sieht man in der Ich-Perspektive, dass spezielle Gedanken der Erzählfigur kursiv gesetzt, oder sogar mit „dachte ich" beendet werden. Allerdings sind alle Sätze, die eine Figur in der Ich-Perspektive erzählt, Gedanken. Ein kurzes Beispiel: „Ich ging zum Kühlschrank, aber auch hier fehlte Milch. Verdammte Scheiße, dachte ich." Dasselbe Beispiel in anders: „Ich ging zum Kühlschrank, aber auch hier fehlte Milch. Verdammte Scheiße." Auch beim zweiten Beispiel wissen wir, dass es sich um die Gedanken der Figur handelt. Wessen Gedanken sollten es denn sonst sein? Die Kursivsetzung lässt Lesende nur fragen: Sind diese Gedanken gedankiger als die anderen Gedanken?

Wann sollte man die erste Person nutzen?

Wenn man extrem nah an der erzählenden Figur sein will. Wenn die Figur selbst irgendjemandem aus irgendeinem Grund eine Geschichte erzählt. Häufig bei unzuverlässigen Erzähler*innen. Wenn man eine eingeschränkte Sicht auf die Dinge will. Oder wie immer: Weil man einen triftigen Grund dafür hat.

Zweite Person:

Zweite Person ist nicht – wie viele denken – eine Geschichte, die sich an die Lesenden richtet, sondern eine Geschichte, in der eine Figur mit sich selbst spricht. Das ist auch nicht zu verwechseln mit einer Geschichte, die ein „Ich" und ein „Du" hat. Bei dieser Art gibt es nämlich ein*e Ich-Erzähler*in, die jemanden anspricht. Bei der zweiten Person gibt es kein „Ich", sondern nur ein „Du".

Oftmals passiert das, wenn eine Figur dissoziiert, oder wenn die erzählten Ereignisse so schmerzhaft oder unangenehm sind, dass die Figur nicht zugeben kann, dass sie ihr selbst passiert sind. Das sind nicht die einzigen Möglichkeiten, aber für zweite Person gibt es immer einen sehr, sehr speziellen Grund, den man kennen sollte, wenn man in dieser Person schreibt. Und nicht wie ich jede Kurzgeschichte in zweiter Person einfach ~fühlt~.

Vorteile:

- Experimentell. Man sieht zweite Person nicht jeden Tag in einer Geschichte, was diese Sicht natürlich sehr experimentell und den Klang sehr speziell macht. Auffällig ist diese Erzählsicht allemal.

- Konflikt. Durch die spezielle Person wird gleich schon der Konflikt der erzählenden Figur angedeutet. Die Lesenden wissen noch nicht, wieso diese Erzählsicht verwendet wird, wodurch schon die ersten Fragen entstehen. Ein Großteil des Charakters der Erzählfigur wird dann auch schon in die Form der Geschichte übertragen. Wir haben also Einheit von Form und Konzept – und das mögen wir.

Nachteile:

- Verständnis. Das Ding mit zweiter Person ist auch einfach, dass viele nicht verstehen, was diese Form bedeutet. Je nach Zielgruppe ist das also keine besonders gute Wahl, z. B. würde ich sie nicht unbedingt in Jugendbüchern empfehlen, weil die Zielgruppe damit eventuell schlechter klarkommt.

- Effektivität. Ähnlich wie Futur sind sehr experimentelle Erzählsichten eben schwierig über längere Zeit durchzuhalten. Bei längeren Projekten ist zweite Person natürlich auch möglich, aber könnte auf Dauer schwer zu halten sein.

Häufige Probleme:

- Satzstruktur. Generell entsteht hier auch oft wieder das Problem, dass sehr viele Sätze mit „du" oder „deine" beginnen. Das sollte man auf jeden Fall im Auge behalten. Hilfreich ist da auch, nicht nur Handlungen der Hauptfigur zu zeigen, sondern die mit Beschreibungen abzuwechseln, um einen besseren Lesefluss zu bekommen.

Wann sollte man die zweite Person nutzen?

Wenn man es für die Figur am sinnvollsten erachtet. Zweite Person ist genauso speziell wie Futur, sodass man sich genau überlegen sollte, wann man sie nutzt – aber wenn man glaubt, dass seine Geschichte dadurch besser wird, dann ist es sicherlich die richtige Entscheidung.

Dritte Person:

Bei der dritten Person erzählt jemand die Geschichte, ohne ein Teil der Geschichte selbst zu sein (es gibt immer Ausnahmen, okay?). Die dritte Person kann allwissend sein, d. h. Einblick in die Gedanken, Emotionen und Handlungen aller Figuren dieser Welt haben, sie kann limitiert sein, d. h. auf die Gedanken, Emotionen und Handlungen einer (oder weniger) Figuren beschränkt sein, oder sie kann objektiv sein, d. h. wie eine Kamera alle Handlungen sehen, aber keinen Einblick in das Innere von Figuren bekommen. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber das sind die häufigsten Nutzen.

Die dritte Person nimmt oftmals die Perspektive einer Figur ein und erzählt aus deren Sicht die Handlung, ohne die Figur wirklich zu sein – aber irgendwie quasi schon. Ein kleiner Geist, der mit den Augen der Figur sehen kann, aber nicht zwingend muss.

Manchmal kann eine dritte Person aber auch eine deutlich abgegrenzte Stimme zu den Figuren haben. Das passiert oft bei allwissenden Erzähler*innen.

Vorteile:

- Filter. Es gibt eine Erzähleinheit, die zwischen den Figuren und den Lesenden steht und die dadurch natürlich viel besser Emotionen und Gedanken filtern kann. Gerade bei Geschichten, die ansonsten – durch das Thema eventuell – zu Melodrama neigen könnten, kann diese Sicht für mehr Ausgeglichenheit sorgen.

- Freiheit. Die Limitation der ersten Person ist bei der dritten natürlich teilweise aufgehoben. Man muss nicht bei einer Weltsicht bleiben, sondern kann mehrere Perspektiven der Geschichte beleuchten, was bei größeren Epen durchaus Vorteile mit sich bringt. Deswegen ist die dritte Person auch in Fantasy-Welten so beliebt, denn sie kann reisen und uns mehrere Sichten aus verschiedenen Teilen einer gesamten Welt zeigen.

Nachteile:

- Distanz. Was ein Vorteil sein kann, kann auch ein Nachteil sein. Eine dritte Person kann zwar fast zur Figur werden, aber ist sie niemals ganz. Dadurch entsteht immer eine minimale Distanz zu den Figuren, die man je nach Geschichte vielleicht vermeiden will. Außerdem kann es schnell dazu führen, dass wenn die Erzähleinheit eine sehr andere Stimme als die Figuren hat, dass die Lesenden sich immer bewusst sind, dass es da noch etwas zwischen sich und den Figuren gibt.

- Manipulierbarkeit. Erzähler*innen in der dritten Person können zwar auch die Erzählung manipulieren, aber mit ihnen ist das viel schwieriger. Wenn eine Figur zum Beispiel ein sehr verqueres Weltbild hat, wird es für eine Erzähleinheit, die nicht die Figur ist, schwierig sein, diese zu zeigen, ohne dass es zu erzählt wirkt. (Ich hab ein ganzes Seminar dazu belegt, wie allwissende Erzähler in der Fantastik-Epoche so getan haben, als wären sie nicht allwissend, sodass sie die Erzählung manipulieren konnten. Es ist natürlich nicht unmöglich, man sieht es nur seltener, weil es nicht unbedingt intuitiv ist.)

Häufige Probleme:

- Head-Hopping. Wenn man sich für eine Version der dritten Personen entscheidet, sollte man auch dabei bleiben. Oftmals kommt es vor, dass ein*e Erzähler*in eigentlich limitiert auf eine Person ist, aber dann plötzlich in manchen Szenen von den Gedanken und Gefühlen, der anderen Figuren erzählt. Falls das eigentlich eine allwissende Erzählfigur sein soll, dann muss dieses Allwissen auch im gesamten Text durchkommen und darf nicht in manchen Szenen nur Vermutungen sein und in manchen Teil-Allwissen.

- Psychische Distanz. Bei der dritten Person ist es umso wichtiger, die psychische Distanz zu den Figuren zu kontrollieren, weil sie eben stark schwanken kann. Denn wenn die Erzähleinheit nicht die Figur selbst ist, kann sie natürlich mal näher und mal weiter weg springen. Daher findet man manchmal in Texten starke Schwankungen der Distanz innerhalb dreier Sätze, was sehr abrupt und störend wirken kann.

- Kursive Gedanken und Filter. In der dritten Person sind Autor*innen öfter dazu geneigt, Filterworte zu nutzen, weil sie klarmachen wollen, dass diese Figur das, was passiert, auch gerade sieht/hört/fühlt/sich daran erinnert. Allerdings wissen wir durch den Kontext und durch die psychische Distanz meist sowieso, dass das auch die Wahrnehmung der Figur ist. Gleiches gilt für Gedanken – wie in der ersten Person. Die müssen nicht kursiv gesetzt und mit „dachte X" abgeschlossen werden, denn uns ist allen klar, dass diese Figur genau das denkt und nicht irgendjemand sonst.

Wann sollte man die dritte Person nutzen?

Wenn man das für die beste Wahl hält. Viele dieser Fragen zielen genau darauf ab: Wenn ihr glaubt, dass diese Form der Geschichte am besten tut, dann wird es die richtige sein. Wenn ihr zum Beispiel sehr viele Figurensichten zeigen wollt, wenn ihr eine riesige Welt habt, wenn ihr den Abstand zu den Figuren braucht etc.

Zusammenfassend

Die PoVs, die ich hier gezeigt habe, sind keine abgeschlossene Liste. Es gibt zum Beispiel auch allwissende Ich-Erzähler*innen, es gibt dritte Person Plural, es gibt PoVs, die die psychische Distanz einsetzen, um etwas über die Figuren auszusagen.

Es gibt extrem viele verschiedene Möglichkeiten, eure Erzählsichten zu konstruieren. Wichtig ist, dass man nicht automatisch seine Lieblingssicht für jede Geschichte wählt, sondern sich fragt, welche Form euer Konzept braucht, um am effektivsten zu funktionieren. Manchmal entscheidet man sich dann vielleicht später nochmal um, weil der erste Gedanke nicht funktioniert hat, oder man merkt, dass mehrere PoVs angemessen wären, die der Geschichte aber jeweils eine leicht andere Färbung geben könnten. Das ist okay. Bei der Wahl der Erzählsicht gibt es kein Richtig und kein Falsch, solange man sich bewusst ist, warum man eine spezielle Wahl getroffen hat. Nur PoV als wichtiges Mittel fürs Schreiben auszublenden, wäre vermutlich falsch. :D

-

Welche PoV hat euer jetziges Projekt und warum? Ist es eine wildere/experimentellere PoV?

Wie kommt ihr damit klar?

War es eine leichte Wahl für euch, oder habt ihr lange rumprobiert?

Eure Antworten würden mich echt interessieren. :D

Sagt mir auch gerne, welches Thema (oder welche Fragen) euch als nächstes interessieren! Bis nächstes Mal!

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