10.3 Kapitel
Ihre Haare waren ganz fettig und ihr Pony viel zu lang. Die Experimente hatten aufgehört, da sich Stella viel zu oft mit Eos Hilfe gegen die Wissenschaftler gewährt hatte. Doch genau deshalb hatte man sie irgendwann aufgegeben und nun verrottete sie in diesem öden, kahlen Raum. Die Kerze in der Ecke des quadratischen Raumes war meist das Einzige, was sich bewegte. Natürlich könnte sie ausbrechen. Ihre Macht war in letzter Zeit drastisch gestiegen. Die Magie von Eos erholte sich immer mehr, auch wenn sie vergessen hatten, wovon sich die Magie erholte. Denn immer wenn Stella ausbrach, kam sie nicht weit. Das Gebäude war zu groß und die Wachen waren ihr zahlenmäßig überlegen. Daher hatte man sie bisher jedes Mal wieder eingefangen und ihr das Gedächtnis gelöscht. Sie konnte sich nicht mehr erinnern seit was sie genau hier war, oder wie lange die Stimme in ihrem Kopf namens Eos sie schon begleitete. Eos war ein Wesen, welches weder ein Mensch noch ein Elements war. Sie war etwas mächtigeres, auch wenn beiden nicht mehr einfallen wollte, welches Wesen sie genau war. Jedenfalls war sie im Gegensatz zu Stella nicht so anfällig beim Gedächtnislöschen. Stella verlor immer all ihre Erinnerungen, während Eos nur die Hälfte vergaß. Vielleicht hing es damit zusammen, dass sich Eos immer in den hintersten Winkel von Stellas Gehirn zurückzog. Wenn Eos die Kontrolle über ihren gemeinsamen Körper gehabt hätte, sprich mit ihren Gedanken im Vordergrund gestanden hätte, dann hätte wohl sie und nicht Stella alles vergessen.
Plötzlich hörten sie Schritte von draußen. Sie kamen schnell näher und im nächsten Moment wurde die schwere Metalltür entriegelt und ein junger Mann erschien im Türrahmen. Neben ihm ging eine Gestalt mit langen, schwarzen Haaren. Er hatte sie am Kragen gepackt und schleuderte sie nun zu Stella in den Raum. »Benimm dich, sonst werden wir dein Gedächtnis wieder löschen müssen« brummte er, bevor er die Tür wieder hinter sich zustieß. Das war eindeutig an Stella gerichtet gewesen!
Neugierig krabbelte sie näher an das fremde Mädchen heran. Sie lag mit dem Gesicht zum Betonboden und ihre Kleidung war mindestens genauso dreckig wie Stellas. Vorsichtig hob sie das Mädchen an, um sie aufzusetzen, doch nur kurz nachdem sie ihr Gesicht gesehen hatte, ließ sie sie wieder fallen. Selene!, schrie Eos. »Kennst du die etwa?« Nein - ja, ich weiß nicht. Sie kommt mir so vertraut vor, bedauerte sie. Wieder griff Stella nach Selene und drehte diese vorsichtig auf den Rücken, sodass Eos und sie sie besser betrachten konnten. Ihre Augen waren friedlich geschlossen und ihr Brustkorb senkte sich regelmäßig auf und ab. Ihr wurde also kein Schaden zugefügt. Das bedeutete wohl, dass sie nicht als Experiment eingesetzt worden war. Doch wieso war sie dann hier? Stella schnippte mit ihren Fingern und die Kerze loderte mit einem Mal viel kräftiger und heller. Sie erleuchtete den Raum und ermöglichte Stella einen besseren Blick auf den Neuankömmling. Die Haut, welche sie zuerst für dunkel gehalten hatte, schimmerte nun strahlend blau. Das ist die Selene! Jetzt weiß ich es wieder. Sie ist die Göttin des Mondes und hat die Elements vor Ewigkeiten erschaffen. Doch vor 14 Jahren war sie auf die Erde geflüchtet, sprudelte es aus Eos heraus. Überrascht hob Stella ihre Augenbrauen und betrachtete das schlafende Mädchen vor ihr noch einmal genau. Sollte das wirklich eine mächtige Göttin sein? War sie etwa hier wegen den vielen Elements, die bald angreifen wollten? Jedenfalls hatte das einmal eine Wache vor ihrer Tür erwähnt.
Es dauerte nicht lange und schon wachte sie auf. Sie richtete sich langsam auf und betrachtete verwirrt den quadratischen Raum. Stella hatte die Kontrolle Eos überlassen, da diese Selene wohl kannte. »Auch schon wach Dornröschen?« kicherte sie über ihren eigenen Witz. Ruckartig blickte das Mädchen hinter sich und erblickte Stella, die kerzengerade da saß. Stella würde diese Haltung nie einnehmen, aber Eos legte wohl einen gewissen Wert auf Eleganz. »Wer bist du?« Willst du ihr verraten wer wir sind?, ertönte Stellas Stimme. Natürlich konnte nur Eos diese hören. Als Antwort wischte sie die Fragen von Selene und Stella mit einer Handbewegung weg. Es hatte keinen Sinn dem Mädchen ihre Namen zu nennen, da sie doch kaum selbst wussten, wer sie waren. Dieses ganze Gedächtnislöschen hatte ihnen ziemlich zugesetzt! »Das ist unwichtig. Viel wichtiger ist doch, wieso du hier mit mir eingesperrt bist und nicht dort draußen bist, um zu kämpfen!« Selene legte ihre Stirn in Falten. Sie hatte wohl keine Ahnung was sie nun sagen sollte. »Wie kommst du darauf, dass ich kämpfen müsste?« »Du bist doch Selene! Die Göttin aller Element, oder? Mir erscheint es sehr unlogisch dich hier zu sehen. Du hast doch doch nicht freiwillig gestellt!« Eos riss erschrocken ihre Augenbrauen nach oben und ihre Augen wurden groß, doch Sunshine schüttelte schnell ihren Kopf. In ihrem Kopf lachte Stella. Sie fand es witzig, wenn Eos so förmlich sprach.
»Bevor du dir die Mühe machst deine Frage auszusprechen; es gibt nur eine Person mit schwarzen Haaren und blauer Haut, die sie hier einsperren würden. Obwohl ich es doch ziemlich überraschend fand, dass du dein Aussehen verändern kannst« Das Mädchen blickte etwas überrascht an sich herab. Sie hatte also nicht gemerkt, dass sich ihre Haut nun blass und ihre Haare blond waren. Amüsiert über Selene legte sich Eos auf den Bauch und stütze ihren etwas müden Kopf mit ihren Händen. Sie hatte keine Ahnung, wie lange Stella und sie schon wach waren. »Also, wie bist du hier?« hackte Eos weiter nach. Darauf verdrehte Sunshine ihre Augen. Sie schien wohl etwas genervt von ihr zu sein und das brachte Stella wieder zum Kichern, woraufhin sie leise fluchte.
Selene berichtete wie sie hier gelandet war, während Eos und Stella einfach nur zuhörten. Dieses Mädchen hatte schon viel erlebt und sie auch etwas mitgenommen, trotzdem durfte sie jetzt nicht einfach aufgeben. Denn ihr Sieg bedeutete auch die Freiheit von Stella und Eos. Als sie schließlich endete, drehte sich auf den Rücken und streckte sich genüsslich. Dabei knacksten ihre Gelenke unüberhörbar. »Faszinierend. So leicht kann man also eine Göttin wie dich ausschalten« »Was willst du damit sagen?« Selene wirkte skeptisch und rückte auch etwas ab. Eos drehte sich ruckartig wieder auf ihren Bauch und funkelte Selene mit steigenden Tatendrang an. »Was ich damit sagen will ist, dass wir dich so schnell wie möglich hier raus schaffen müssen« Sie sprang ungeschickt auf ihre Beine und taumelte zur Tür. Bist du damit einverstanden?, fragte Eos Stella in Gedanken. Ich glaube wir tun das Richtige, bestätigte Stella. »Nimm meine Hand« forderte Eos Selene auf. Zuerst betrachtete sie die Hand misstrauisch, doch nach kurzem Überlegen ergriff sie sie doch. Als sich ihre Handflächen trafen, sprang ein Teil von Selenes Energie zu Eos über. Genug Energie um die Tür zum Schmelzen zu bringen. Das Metall unter ihrer Handfläche wurde heiß und begann langsam rot zu glühen. Eos strengte sich noch mehr an und presste weiterhin ihre Hand gegen die Tür. Es wurde immer heißer, doch das reichte noch nicht! »Sie beobachten uns!« zischte Sunshine, doch das war Eos egal. »Ich weiß. Doch dich hier raus zu bringen ist wichtiger« Die wenigen Sekunden, welche Eos gebraucht hatte um die Tür vollständig zu schmelzen vergingen wie Stunden, doch schließlich war es ihr gelungen. Selene warf ihr einen überraschten Blick zu. In ihrem Kopf schienen die verschiedensten Fragen aufzuleuchten, doch dafür hatten sie nun keine Zeit! Eos entriss ihr ihre Hand und forderte sie dazu auf endlich abzuhauen. Einen dankbaren Blick später war sie auch schon weg.
Stella hing schlaf in den Armen von zwei Wachen. Es hatte keinen Sinn sich dagegen zu sträuben. Sie hatte ja gewusst, was geschehen würde, wenn sie Selene beim Ausbrechen half. Dennoch hatte sie es getan. Die Wachen blieben bei einer Weggabelung kurz stehen und sahen ratlos nach links und rechts. »Zum Gedächtniszentrum geht es nach links« murmelte Stella genervt und die Wachen setzten sich wieder in Bewegung. Kurz darauf saß sie auch schon auf einem kalten Stuhl. Wieder einmal war sie gefesselt und ihrem Schicksal schutzlos ausgeliefert. Man hatte ihr einen eisernen Hut aufgesetzt, welcher mit den verschiedensten Kabeln mit einer Maschine verbunden war. Irgendein Wissenschaftler, wessen Gesicht sie kannte, den Namen aber vergessen hatte, stand neben der Maschine und schien genauso gelangweilt wie sie. Er drückte auf einige Knöpfe und legte schließlich einen Hebel um und Dampf drang aus den Hut. Binnen weniger Sekunden waren Stellas Haare komplett nass und ihr fielen die Augen zu. Sie bekam noch mit, wie Eos etwas zu ihr sagte, ihre Stimme jedoch immer undeutlicher wurde und schließlich für eine ganze Weile komplett verstummte.
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