Ein geheimnisvoller Brief
Ich rollte also zurück zum Heim. Da ja jetzt NUR unser Jahrgang frei hat, müsste ich wahrscheinlich Hausarbeit machen. SEHR wahrscheinlich.
Aus unserer Klassen lebten ich und ein Junge im Heim. Er hieß ohne Witz Anton!
Anton war sozusagen das Debbie-Double, nur männlich. Er hatte sehr gute Noten, genau wie sie. Er hatte allerdings keine braunen Haare und blassgrüne Augen, sondern strohblonde Haare und leuchtend grüne Augen.
(Melinda Graham P.O.V.)
Ich saß gerade am Schreibtisch, ein paar Unterlagen zurecht legen.
Heute war generell alles irgendwie komisch. Vorhin hatte doch tatsächlich Harry angerufen. Wir hatten jahrelang keinen Kontakt mehr.
Harry und ich waren damals zusammen mit Patrick und den anderen Genossen auf einem Internat. Das ist schon sehr lange her, ich konnte mich schon kaum daran erinnern. Aber es war sehr lustig, damals. Heute ist alles anders.
Alle hatten es zu etwas gebracht. Patrick, Harry, Shelly und Mae sind Lehrer geworden. Genauso wie Serafina, Claire, Jane und Winnie. Und ich? Hüte einen Sack voll Flöhe... Es ist kaum zum aushalten.
Ich bin tatsächlich immer noch froh darüber, daß die Idioten von der Polizei mich noch nicht eingebuchtet haben.
Normalerweise dürfte ich nämlich gar keine Heimleitung sein. Ich saß nämlich mal fünf Jahre wegen Kindesmisshandlung im Knast. Erschreckend was? Das ist nämlich auch der Grund dafür, warum ich keinen Kontakt zu meinen Kindern haben darf. Richterliche Anordnung.
Jedenfalls, nun öffnete sich die Eingangstür und jemand betrat das Heim. Da Harry meinte, dass in seiner Klasse der Unterricht ab jetzt ausfallen würde, rechnete ich mit Anton. Weil Elly... sitzt nun mal im Rollstuhl. Ich ging in Richtung Tür, um nachzuschauen, ob ich recht hatte. Und Überraschung... Ich hatte recht.
"Was machst du denn schon hier? Schwänzt du etwa?", fragte ich Anton. Natürlich war mir klar, dass ein Streber wie Anton niemals freiwillig schwänzen würde.
Allerdings ignorierte er meine Frage und stürmte an mir vorbei in sein Zimmer. War ja mal wieder klar...
Ich wollte zurück ins Büro gehen, da lief, oder eher gesagt rollte, mir Elly in die Arme.
Ich wusste, dass sie heute Geburtstag hatte, vor allem weil sie 15 Jahre alt wurde, aber das ist kein Grund, mir meine tägliche Freude, Elly runterzumachen, nehmen zu lassen.
"Na, schwänzt du schön?", fragte ich sie. "Nein, tue ich nicht!", antwortete sie selbstsicher, "unser Jahrgang würde für den Rest des Tages freigestellt!" "Wers glaubt", sagte ich, "und warum?" "Aufgrund von 'Eigenartigen Vorkommnissen'", sagte sie und wollte sich an mir vorbeischieben.
Naja, was soll ich sagen... Hat wohl nicht geklappt. "Nichts da!", meinte ich, "du gehst jetzt in die Küche, das Mittagessen kochen! Und weil ich heute mal nett bin, musst du es nicht alleine machen!" Ich schrie nach Anton, der sich erst nach einigen Murren bereiterklärte, zu helfen.
Nun bewegten sie sich in die Küche. Es war zwar erst 10 Uhr, aber warum sollten denn die beiden auf ihrer faulen Haut liegen, wenn ich das doch viel besser kann.
(Elly Hampshire P.O.V)
Ich rollte dann also nach Mrs Grahams Aufforderung in die Küche. Anton folgte mir schweigend. Dort angekommen, suchte ich verzweifelt nach den gekochten Pellkartoffeln von gestern, die ich zu Bratkartoffeln verarbeiten wollte. "Nichts wird verschwendet!", ermahnte Mrs Graham uns immer aufs Neue. Sie war wirklich sehr geizig...
Anton schien gemerkt zu haben, was ich vor hatte und suchte nach Schinkenwürfeln und Zwiebeln.
"Willst du die Kartoffeln schneiden?", fragte er. "Nee, ich schneide lieber die Zwiebeln. Dann hab ich wenigstens einen Grund zu heulen", antwortete ich. Er zuckte nur die Schultern, schnappte sich dann die Kartoffeln und ein Messer und fing an, sie in Stücke zu schneiden.
Ich schnappte mir ebenfalls ein Messer und fing an, die Zwiebeln zu schnippeln. Und schon fing ich an zu weinen, allerdings nicht wegen der Zwiebeln.
Ist mein Leben überhaupt noch etwas wert? Das ist meine einzige Frage zurzeit. Ich meine, ich habe keine Eltern, meine Lehrer hassen mich und sämtliche Schuldgefühle plagen mich. Ich wusste nicht einmal warum.
Wenn Anton mir nicht hätte helfen müssen, dann hätte ich wahrscheinlich auch zum Messer gegriffen. Aber nicht um Zwiebeln zu zerstückeln, sondern etwas, was mir nah am Herzen liegt. Eine Arterie, die hätte ich zerschnitten und das einzige, was die anderen dann gefunden hätten, wäre meine blutüberströmte Leiche.
Ich und Anton unterhielten uns während des Kochens, als wäre es etwas ganz normales. War es aber nicht. Antons Freunde, unter denen auch Mustafa war, waren Anhänger von Cedric gewesen, die mich überhaupt nicht leiden konnten. Anton war der einzig vernünftige in der Gruppe, aber wollte seinen Freunden nicht lächerlich wirken. Deshalb will er in der Öffentlichkeit nicht mit mir gesehen werden. Naja... Seine Entscheidung.
Nun schallte es aus Mrs Grahams Büro: "Anton, die Wäsche wartet auf dich!" Ich hörte nur sein Murren und dann ließ er mich nach einer kurzen Entschuldigung dafür, das er mir nicht weiter helfen darf, alleine in der Küche zurück.
Ich schaute schon wieder das große Messer an, was Anton eben zum Schneiden der Kartoffeln benutzt hatte. Die Versuchung, es jetzt in die Finger zu nehmen und ihr wisst schon was zu machen, war zu groß, sodass ich es in die Finger nahm und kurzen Prozess machen wollte. Aber dann wurde mir bewusst, das das keine Lösung war. Ich würde anderen nur mehr Probleme machen, vor allem Ben, der mich immer noch liebte.
Vielleicht gibt es ja noch eine schöne Sache, die mein Leben erheitern könnte, dachte ich mir. Wenn ich meine Tante Jane doch einmal kennenlernen würde, das wäre das Schönste. Dann legte ich das Messer doch wieder weg.
(Melinda Graham P.O.V.)
Mich um diese faulen Dinger zu kümmern, war nie etwas für mich. Aber dann konnte ich wenigstens meiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen.
Plötzlich klopfte es an der Scheibe. Ich dachte erst, ich spinne. Da saß eine Brieftaube und hakte mit ihrem Schnabel gegen das Fenster. Ich schloss schnell die Bürotür und ließ das Täubchen hinein. Sie setzte sich mit großen Augen auf meinen Schreibtisch. Und dass, obwohl sie schon mal hier war.
"Na? Was hast du denn da für mich?", fragte ich den Vogel und wollte ihm an den Fuß fassen, um den Zettel zu entfernen. Doch leider mochte der Vogel mich nicht. Er pickte zu und zog die Hand weg. "Verdammtes Mistvieh!", schnaubte ich, doch das schien er auch nicht zu mögen, denn er pickte erneut zu. "Also willst du mir den Brief nicht geben?", fragte ich den Vogel. Er schüttelte den Kopf. "Du willst es schon wieder selbst machen?", fragte ich. Die Taube gurrte und flatterte herum.
"Elly, du kleines Miststück! Beweg deinen fetten Arsch hierher!", schrie ich.
(Elly Hampshire P.O.V.)
Sie schrie nach mir. Und das nicht nett. Ich rollte ohne zu meckern zu ihr. In ihrem Büro angekommen, saß eine kleine zierliche Taube auf ihrem Schreibtisch, die sich erhob und auf meinem Schoß landete.
An ihrem Fuß war ein Bündel Papier befestigt, das ihr das Fliegen um einiges erschwerte. Ich entfernte es und schaute Mrs Graham an. "Ist es für mich?", fragte ich. Sie nickte und ich öffnete das Bündel, nein es war kein Bündel, sondern ein Brief. Adressiert an mich. Ich begann zu lesen.
Als ich damit fertig war, starrte ich Mrs Graham fassungslos an. "Ich soll auf Internat?", fragte ich ungläubig. Sie nickte. "Und jetzt kann dieses Mistvieh verschwinden!", brüllte sie, sodass mir der Schock durch die Glieder glitt. Aber ich war ja schon nichts anderes mehr gewohnt.
"Ich meinte eigentlich den Vogel!", meinte sie laut. Als ob der Vogel sie verstehen könnte, dachte ich. Schlussendlich hatte der Vogel sie verstanden, aber bevor er verschwand, hinterließ er ein schönes Geschenk auf Mrs Grahams Kopf, sodass ich lachen musste.
"Und kein Wort zu jemanden! Verstanden?", fragte sie. "Wie sie meinen!", meinte ich grinsend und verließ das Büro.
Morgen wurde ich also abgeholt und aufs Internat gebracht. Das ist meine Chance, mein Leben komplett auf dem Kopf zu stellen. Und von Mrs Graham wegzukommen. Wie ich sie satt hatte.
Später am Tag kam Mrs Graham und sagte mir, sie hätte neue Klamotten besorgt, damit es nicht so aussah, als würde ich hier schlecht behandelt werden. Außerdem hatte sie mir einen Laptop besorgt, den sie schon eingerichtet hatte.
Ehrlich gesagt war ich ziemlich überrascht darüber, das sie plötzlich so fürsorglich war. Oder vielleicht war es auch nur wegen dem Taubendreck auf ihrem Kopf...
Es war schwer, sehr schwer, die Sache vor Sam geheim zu halten. Die Vorfreude ließ sich nur notdürftig verstecken. Dennoch schaffte ich, mich zurückzuhalten. Glücklicherweise... Es würde sehr schwer für mich werden, Sam und die anderen bei der weiblichen Version des Teufels zu lassen.
Wirklich, ich freute mich aufs Internat. Neue Freunde, neue Lehrer... alles wird anders. Hoffte ich jedenfalls...
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Heyy Leudis!
Rhythmus ist wieder da, genauso wie das neue Kapitel!
Was haltet ihr von der jetzigen Entwicklung?
Elly auf dem Internat? Wird sie wirklich neue Freunde finden? Oder vielleicht auch alte?🤔
Und außerdem... Die Taube hat es Mrs Graham so richtig gezeigt!😂
Freue mich natürlich wie immer über eure Kommentare!
Und Voten nicht vergessen!!!
WeiseEisaura lässt grüßen!!!
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