Kapitel 5
Es war ein Sonntag an dem es geschah.
Besser gesagt der 25. März, fünf Tage nach meinem Geburtstag.
Der Wetterbericht hatte sonniges Wetter gemeldet, genau wie die letzten Tage auch. Und er hielt, was er versprach.
Ich saß am geöffneten Fenster unseres Wintergartens. Feine, warme Sonnenstrahlen streichelten mein Gesicht.
Ich schloß die Augen und lauschte mit ruhigem Atem den lachenden Stimmen der Nachbarskinder, die draußen herumtollten.
Ich seufzte. Wie gern ich doch nur auch nach draußen gegangen wäre, wie gern ich meinen Geburtstag mit Lara und meinen anderen Freundinnen gefeiert hätte. Doch leider ging es nicht, das hatte ich eingesehen.
Ich seufzte abermals und wendete mich vom Fenster ab.
Ich müsse hier bleiben, zur Sicherheit.
Meine Kräfte würden sich spätestens in zwei Tagen bemerkbar machen. Nicht auszudenken wie es wäre, wenn ein Außenstehender dies mitbekommen würde!
Mein Magen knurrte. Ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen.
Ich schleppte mich in die Küche, um mir ein Brot zu schmieren.
Als ich hinein biss überkahm mich plötzlich ein leichter Schwindelanfall.
Aber warum? Fing es etwa jetzt an?
Ich schüttelte meinen Kopf, doch dann bemerkte ich einen merkwürdigen Geschmack in meinem Mund.
Mein Brot schmeckte plötzlich ein wenig nach Eisen.
"Wäh!", angeekelt spuckte ich meinen letzten Bissen Käsebrot in den Mülleimer.
Auf ihm klebte Blut, viel Blut.
Schnell rannte ich zur Spüle und wusch meinen Mund aus. Doch das Blut wurde immer mehr.
Es war warm, sehr warm. Und dann wurde es heiß.
Es brannte förmlich in meinem Mund. Dieses Feuer breitete sich weiter aus. Von meinem Kopf bis hin zu den Zehen.
Es wurde immer heißer und heißer. Ich wollte schreien, aber ich konnte nicht.
Das Feuer wanderte wieder nach oben und breitete sich bis zu meinen Haarspitzen aus.
Es fühlte sich an, als würde ich bei lebendigem Leib verbrennen.
Ich schrie.
Und wie ich schrie. Ich schrie mir mein Herz aus dem Leib.
Doch dann hörte es auf.
Das Feuer verschwand genauso schnell, wie es gekommen war. Schnell und plötzlich. Auf einmal fühlte ich mich stärker, mutiger, eine unbekannte und unglaublich starke Kraft floss durch meine Adern.
Ich schaute auf meine Hände, in denen sich sofort Feuerbälle bildeten. Ich schloss meine Hände wieder und weg waren die Feuerkugeln.
Ich schnaufte und versuchte vergeblich nach Luft zu schnappen, aber aus meinem Mund drang nur ein Röcheln.
Mein Halz schmerzte von dem ganzen Geschrei. Ich fühlte mich wie ausgetrocknet, wie ein halbtoter Vogel in der heißen Wüstensonne.
Und dann hörte ich das leise Knistern.
Alle meine Sinne waren anscheinend auch geupgradet worden.
Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich jetzt gegrinst. Aber ich war zu schlapp, zu müde, ich sank auf den Boden.
In dem Moment realisierte ich, das dieses Knistern zu einem Feuer gehörte. Einem Feuer, das gerade gierig unsere Obstschale verschlang.
Rauch stieg auf und der Feuermelder heulte aufgeregt.
OK, jetzt bekam ich wirklich Panik. Ich musste Hilfe holen.
Mit ganzer Kraft versuchte ich mich hochzuhiefen.
Mir wurde schlecht.
Wankend versuchte ich es noch rechtzeitig in unser Bad zu schaffen, um nicht meinen ganzen Mageninhalt auf dem Boden zu verteilen.
Alles drehte sich um mich herum, alles wurde verschwommen. Plötzlich spürte ich einen leichten Schmerz, ein Piecksen an meiner Hüfte, aber ich ignorierte ihn. Ich hatte gerade wesentlich größere Probleme.
Ich wollte mich an etwas festhalten, ich wollte um Hilfe rufen, doch stattdessen sank ich einfach auf den Boden und fiel in Ohnmacht.
*
Ich spürte, wie mich zwei starke Arme hochhoben und aus dem Haus schleppten. Ich hustete, alles war voller Rauch.
In der Ferne hörte ich Sirenen, laute, kreischende Sirenen, die mir verzweifelt zuheulten.
Alles drehte sich.
Das letzte was ich sah, bevor ich wieder einnickte, waren zwei strahlend blaue Augen. Ich kannte nur eine Person die diese Augen besaß. Es war James.
*
"Sie wird keinen großen Schaden davon tragen. Wahrscheinlich besitzt sie noch nicht einmal Kratzer oder Verbrennungen." Mr. Charles lachte, aber Mum schluchzte.
"Wie können sie sich denn darüber lustig machen?!"
"Mir geht es gut Mum. Wirklich, mir geht es bestens! Schau, Mr. Charles hat Recht, mir ist wirklich nichts passiert."
Ich zeigte ihr meine Arme und Beine.
"Aber das mit der Küche tut mir leid...ich... hab nicht aufgepasst...ich hab das zu erst nicht gemerkt...es tut mir wirklich leid..."
"Oh Gott, Charlotte, mach dir doch nicht über solche Kleinigkeiten Gedanken! Das einzige was zählt, ist deine Gesundheit!" Mum schluchzte wieder.
"Aber mir geht es gut Mum, wirklich!"
Naja, abgesehen davon, dass ich bei lebendigem Leib verbrannt war.
Aber ich wollte meine Mutter nicht noch weiter belasten. Würde ich ihr dies erzählen, wäre auch sie zusammen brechen- allerdings vor Verzweiflung und Sorge um mich.
"Keine Sorge Mrs. Boston, falls wir uns nicht hundertprozentig sicher wären, dass es ihrer Tochter gut geht, hätten wir ihnen nicht irgendetwas von 'sie ist gesund' vorgegaukelt", meinte James der gerade mein Zimmer betrat.
Er schnaubte.
"Aber um ihre Küche tut es mir auch sehr leid, sie war wirklich schön", sagte er während er mir fast wütend in die Augen sah.
Woher sollte er das denn wissen? Ach ja, er hatte mich ja gerettet, ich musste mich unbedingt noch bedanken.
Doch warum verhielt er sich so arrogant?
Ich stieg mit einem Ruck aus meinem Bett, zum Glück hatte ich vorhin etwas straßentaugliches angezogen.
"Ich hab jetzt Durst und keine große Lust mehr zu diskutieren. Ich bin erschöpft, ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen und habe wirklich überhaupt keinen Bock auf Gesellschaft, also wenn sie jetzt bitte gehen würden, ich komm schon klar"
Ich seufzte und stapfte demonstrativ ins Bad, um mir etwas zu trinken zu holen. Nichts geht über gutes Leitungswasser.
Man, ich hatte gerade echt keine Lust auf irgendwelche anderen Menschen.
Ich wollte einfach nur schlafen, alleine, ohne irgendwelche 'Wächter zu meinem Schutz'. Ich könnte heulen. Mir ging es gerade so scheiße!
Doch dann blieb ich abrupt stehen und lief wieder in mein Zimmer. "Warte Mal, was machst du eigentlich hier?!
Achso",ich wurde rot," Du hast mich ja gerettet. Danke. Wirklich, ich bin dir deshalb sehr dankbar."
"Man Charlotte, wie dumm kann man eigentlich sein?", schnautzte mich meine innere Stimme an.
War er deshalb so schlecht gelaunt? Weil ich mich noch nicht bedankt hatte? Ich biss mir auf die Lippe. Jetzt hatte ich ein schlechtes Gewissen.
"Nicht nur das", meinte James," Ich bin dein Gegenstück, ich bin der Elementträger des Wassers, meine Liebe. So leid es mir auch tut, wir müssen die nächsten Jahre wohl miteinander aushalten, da wir meist zusammen unterrichtet werden."
Er schnaubte wieder.
Was sollte das denn jetzt heißen? Bei unserer ersten Begegnung war er mir noch so freundlich vorgekommen, aber jetzt...
"Tja, tut mir leid für dich, aber dann musst du das leider Gottes aushalten", sagte ich nun auch angespannt und starrte ihm wütend in die Augen.
Er hatte wirklich schöne Augen. Sie glänzten im Licht der Sonne.
"Charlotte, hör auf! Dieser Typ ist ein Mistkerl und du, du fängst jetzt auf einmal an für ihn zu schwärmen, oder was?!"
Ich schüttelte meinen Kopf.
"Jetzt tu nicht so, als hätte ich dich mit diesen Worten verletzt. Ich weiß, dass du dir den Elementräger des Wasser wahrscheinlich anders vorgestellt hast. Böse, fies. Vielleicht bin ich das ja auch für dich... "
"Hä? Ja, jetzt in diesem Moment finde ich dich echt fies. Zuerst kommst du mir total freundlich entgegen und dann...dann schnauzt du mich total wütend an. Was hab ich dir denn getan?!"
"Jetzt tust du noch so unschuldig, aber ihr Feuerteufel seid doch alle gleich. Ihr stellt euch Engelsgleich und freundlich und dann, dann schlagt ihr zu und verschlingt alles und jeden!"
Ich wich einen Schritt zurück. "WAS!??"
"Das heißt wie bitte."
Ich schnaubte nun auch.
"Ich verstehe, Feuer und Wasser. Dieses alte Roman-Klischee ist also wahr. Feuer und Wasser sind verfeindet. Verstehe. UND DESHALB SCHNAUZT DU MICH SO AN!? WEIL ICH DIE ELEMENTTRÄGERIN DES FEUERS BIN!? Deshalb bin ich für dich böse?"
Ich war noch völlig fertig mit meinen Nerven von dem gestrigen Brand und dieser...dieser Arsch hasst mich nur wegen meiner Kraft?
Ich kann daran doch nichts ändern und überhaupt! Nur, weil es das Klischee sagt, heißt es doch nicht, dass ich auch wirklich böse bin.
Ich schaute ihn starr und wütend, mit Tränen in den Augen, an.
"Raus. Alle beide, raus."
Er hatte mich verletzt. Sehr verletzt.
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