30 - Was bleibt, sind Freunde im Leben
Haselpfote schrie erschrocken auf, als fremdes Fell ihre Flanke berührte. Sie riss die Augen auf und blinzelte geblendet. Helles Licht beleuchtete die Höhle, in der sie sich befand, in einem Nest aus Moos.
Die Höhle. Woher kannte sie sie nur?
Der Heilerbau! fiel es ihr ein. Aber was mache ich im Heilerbau?
"Du bist wach!" stellte jemand glücklich fest. Als Haselpfote den Kopf drehte, zuckte sie zusammen. An ihrem Nacken prangte ein geschwollener Stich, der schmerzhaft juckte. Sie schaute sie in Ahornpfotes Gesicht. Der rotbraune Kater kauerte mit unterschlagenen Pfoten neben ihrem Nest.
"Wie, ich bin wach? Wie lange hab ich denn geschlafen?" wollte sie wissen und rieb sich mit der Pfote über das Gesicht.
"Du hast fast zwei Tage lang geschlafen."
"Zwei Tage?" Haselpfote hielt erschrocken inne. "Aber was ist denn passiert?"
"Wir wissen nicht viel." erzählte ihr Freund. "Ich habe dich auf der Zweibeinerbrücke gefunden, wir haben nach euch gesucht. Es war schon fast dunkel. Du warst ohnmächtig und hast gefiebert, also haben Wieselpfote und ich dich ins Lager getragen. Efeusturm war entsetzt. Sie hat gesagt, du wärst mit Todesbeeren vergiftet worden, und dir sofort Kräuter gegeben. Du hast ziemlich lange geschlafen, einmal warst du wach, aber dir war zu übel, um etwas zu essen."
"Deshalb habe ich so einen Hunger!" Ungläubig musterte die Schülerin den orangeroten Kater. "Aber warum habe ich das überlebt? Todesbeeren..."
"Sind tödlich, genau." Efeusturm war in den Bau getreten und musterte sie mit einer Mischung aus Strenge und Erleichterung. "Ich weiß nicht, wie du sie essen konntest, Haselpfote! Jedes Junge kennt doch Eibenbeeren und weiß, wie sie aussehen."
"Ich..." Verzweifelt kramte Haselpfote in ihrer Erinnerung, und sie war froh, nichts mehr von der Vergiftung zu spüren. "Ich war unvorsichtig. Aber warum habe ich das überlebt?"
"Das hast du allein ihm zu verdanken." Efeusturm wies auf Ahornpfote, der verlegen zu Boden sah. "Er hat nach dir gesucht und dich schnell ins Lager gebracht. Wenn du nicht so gute Freunde hättest, würdest du jetzt im SternenClan weilen."
"Danke, Ahornpfote!" schnurrte Haselpfote aus vollem Herzen. "Es tut mir leid, dass ich so böse zu euch war!"
"Schon gut." Ahornpfote schnurrte belustigt, dann wurde er ernst. "Es gibt etwas, das du wissen musst...der Grund, warum Wieselpfote und Rosenpfote nicht hier sind."
Haselpfote riss die Augen auf, als Bilder aus ihrem Traum auf sie einstürzten. "Glanzrose ist tot, richtig? Es hat einen Sturm gegeben."
Ahornpfote sah sie verwundert an. "Das stimmt! Woher weißt du das?"
"Ich habe es geträumt." Haselpfote legte den Kopf schief. "Geht es Kleintatze gut? Sind noch mehr aus dem Clan umgekommen?"
"Kleintatze geht es gut, sie hat sich keine Verletzung zugezogen. Dem Clan geht es auch gut, allerdings...Sieh selbst." Ahornpfote stand auf, streckte elegant die Beine und forderte sie auf, ihm zu folgen. Haselpfote erhob sich ebenfalls, stolperte aber verwirrt, als sie ihm hinterherlaufen wollte. Eine große Schürfwunde, verkrustet, aber ärgerlich, bedeckte ihr linkes Vorderbein.
"Seid vorsichtig!" rief Efeusturm den beiden Schülern nach.
"Ja!" rief Ahornpfote zurück, als Haselpfote neben ihn hinkte. "Was ist denn los?" wollte sie neugierig wissen.
Sie bogen um die letzte Ecke, dann standen sie vor einem Erdhaufen. Der Boden war nass. Haselpfote reckte den Kopf und erhaschte einen Blick auf das Lager, sie schnappte erschrocken nach Luft.
Der Sturm hatte es überflutet! Das Wasser sank zwar stetig, wie sie an den Dreckrändern am Abhang erkennen konnte, aber trotzdem hatten sich die Katzen zum Essen und Zungegeben, wie es zum Sonnenhoch Tradition war, auf höhere Felsen zurückgezogen.
Auf dem Großfelsen saß Haferstern und sonnte sich, danneben, dem Heilerbau ganz nahe, verspeiste Haselpfotes Familie ihre Beute. Haselpfote konnte auch Kleintatzes magere Silhouette und Wieselpfote und Rosenpfote erkennen.
Sie hüpfte aufgeregt auf und ab. "Kann ich zu ihnen? Bittebitte!" bettelte sie Efeusturm und Ahornpfote an.
Ahornpfote wartete, bis Efeusturm ergeben nickte, dann stieg er über den Erdhaufen. "Folg mir eifnach, ich kenne einen fast trockenen Weg."
Sie wateten kurz durch Schlammwasser, dann sprang Ahornpfote auf einen kleinen, runden Felsen. Haselpfote folgte ihm vorsichtig, rutschte aber trotzdem beinahe ab. Ahornpfote wandte sich um. "Geht es mit deinem Bein?"
"Passt schon." zischte Haselpfote unkonzentriert.
Wenig später erreichten sie die versammelten Katzen. Kaum hatte Haselpfote eine Pfote auf den Felsen gesetzt, da stürzten auch schon alle auf sie zu.
"Haselpfote! Ich bin ja so froh, dass es dir gut geht!" rief Wunschrose.
"Da bist du ja wieder! Wir hatten total Angst um dich!" schloss sich Plätscherpfote leicht vorwurfsvoll an. Frostpfote fügte hinzu: "Warum bist du uns nicht gefolgt?"
"Tun die Stiche noch weh?" erkundigte sich Hellpfote.
Wieselpfote schnurrte leise, Rosenpfote sah sie immerhin mit trauriger Freundlichkeit an. Ginsterkralle verdrehte die Augen.
Dann kam Kleintatze und zog sie neben sich auf den Felsen. "Setzt dich, hier hast du etwas zu Essen. Nein, Wunschrose! Nur, weil ihr Fell etwas zerzaust ist, musst du sie nicht vom Essen abhalten!" Belustigt zuckte die Älteste mit den Schnurrhaaren, als Haselpfote hungrig eine Wühlmaus verschlang. Dann wurde sie wieder von ihrer Familie umringt.
Haselpfote erzählte aufgeregt von ihren Erlebnissen, während Hellpfote, Ginsterkralle und Wunschrose sie abwechselnd entsetzt, gespannt und vorwurfsvoll ansahen.
"Traue nie einem Fremden!" belehrte ihre Mutter sie schließlich am Ende. "Ich hoffe, du hast etwas daraus gelernt."
"Habe ich!" Haselpfote nickte heftig. Und als Hellpfote, Frostpfote und Plätscherpfote sich schnurrend an ihre Flanken schmiegten, war sie auf einmal gar nicht mehr böse darauf, nicht Heilerschülerin geworden zu sein.
Sie spürte die Blicke der anderen auf sich ruhen und wusste, dass sie in ihrem Traum die richtige Entscheidung getroffen hatte. Sie würde kämpfen, um ihr Leben zu leben und für ihren Clan da zu sein, so gut, wie sie konnte.
Der SternenClan mochte rufen, aber sie war noch lange nicht bereit zu gehen.
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