Epilog
Vor einem schwarzen Tümpel mit undurchdringlicher Oberfläche stand ein hellgrauer Kater. Sein ungewöhnliches, weißes Muster erschien viel zu unpassend, er hob sich von dem dunklen Wald, der ihn umgab, stark ab, doch in seinem Blick lag kein Zögern, keine Angst.
Ihn störte der Geruch nicht, den das Verfaulen des fahlen, trockenen Grases unter seinen Pfoten und die verfallenen Bäume auslösten. Sein rechtes Auge schimmerte eisig blau wie der kalte Nordwind im spärlichen Licht, während das linke, grasgrüne, gefährlich glitzerte.
Im Wasser spiegelten sich nun Bilder, die der Kater gleichgültig verfolgte, nur seine Ohren zuckten angespannt. Das Gebüsch raschelte, eine schwarze Kätzin trat heraus, aber der Kater wusste, dass sie kommen würde, und beachtete sie nicht weiter.
"Eisherz", gurrte sie, "Was tust du da?" Sie sah neugierig über die Schulter des Katers und legte den Schweif auf seinen Rücken.
Eisherz wich ihr aus. "Das geht dich nichts an, Rabenschatten." knurrte er. Die Kätzin schnaubte. Nur ein Kater durfte sie so behandeln, sie, die Herrscherin vom Wald der Finsternis. Noch. Seit sie diese Position inne hatte, sprach nicht einmal ihr Vater - Korallendorn, Dämmersterns Stellvertreter und für seinen Verrat in der großen Schlacht bestraft - noch so richtig mit ihr, und sie genoss das.
Und hier stand nun Eisherz, der die Schlacht angezettelt hatte, der den Anführer ihres ehemaligen Clans zum Verrat gezwungen hatte. Reizend. Sie knirschte mit den Zähnen.
Allerdings hatte er ihr auf diese Stellung verholfen. Also bemühte sie sich um eine freundliche Haltung.
Dem Kater entging nichts. Er mochte Eisherz heißen, aber er war feinfühliger als die meisten anderen. Nur eben so verletzlich wie das Eis des Nordens. Er seufzte gespielt. "Wenn du es unbedingt wissen willst, ich suche nach einer Anführerin."
"Eine Anführerin?" Rabenschattens Neugier war echt. "Für welchen Clan denn?"
"Für den EisClan." Eisherz genoss das Wort und Rabenschattens Reaktion entging ihm nicht. Die schwarze Kätzin zuckte zusammen und riss die Augen auf. "Wie hast du das geschafft?"
"Tja, das wüsstest du wohl gerne." schnurrte der ehemalige Krieger. "Eure alten Freunde haben es nicht geschafft. Mein Clan existiert, und er lebt irgendwo da draußen, ohne Anführerin, aber nicht weniger schutzlos."
"Aber...Du bist tot! Willst du mir jetzt ernsthaft erzählen, dass deine Streuneranhänger es auf die Reihe bekommen haben, einen Clan zu gründen?" fragte Rabenschatten skeptisch.
"Nicht mehr und nicht weniger." Eisherz' Stimme nahm einen drohenden Unterton an. "Und ihr lasst die Pfoten von meinem Clan, verstanden?"
Rabenschatten fauchte ihn an. "Ich beherrsche den Wald, nicht du!"
"So?" Urplötzlich machte Eisherz einen Satz. Rabenschatten sprang zur Seite, und er landete geschmeidig neben ihr. Rabenschattens Krallen bohrten sich in den Boden.
"Was soll das?" rief sie. "Du kannst nicht mit mir kämpfen!"
"Kämpfen? Ich wollte nur herausfinden, wie stark du wirklich bist." entgegnete er, seine Stimme war tief und voller Schatten. Ein spöttischer Funke glühte in seinen Augen, als er einen Schritt näher trat. "Zeig mir, ob du die Anführerin bist, die Schatten braucht."
Die Anspannung zwischen ihnen knisterte in der schwülen Waldluft, die keine warRabenschatten konnte das Aufeinandertreffen nicht länger ignorieren; sie hatte doch gewusst, dass es nicht mit rechten Dingen zuging, als Eisherz keinen Anspruch auf ihren Platz erhob. Aber sie war die Anführerin des Waldes und würde sich nicht von ihren eigenen Kriegern einschüchtern lassen. Sie hatte bereits genug Prüfungen durchgestanden, um zu wissen, was auf dem Spiel stand, oh ja.
"Wenn du wirklich kämpfen willst, dann wähle deinen Zeitpunkt besser aus, Eisherz!" rief sie und machte einen Sprung auf ihn zu, bereit, ihm zu zeigen, dass sie nicht nur aus Worten bestand.
Der Kater wich keinen Pfotenschritt. "Aber das war nicht nur ein Kampf, Rabenschatten. Du musst verstehen, dass es auch darum geht, wer hier die Kontrolle hat. Führe uns, oder lass uns es wissen, wenn du nicht mehr kannst."
Rabenschatten starrte ihm sprachlos in die Augen.
"Gut." meinte der Kater höhnisch. "Ich werde es Schatten, dem Verbannten, überbringen."
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