Kapitel 13
„Treppe hoch, erste Tür rechts”, wies Noah mich an. Langsam erklomm ich jede Treppenstufe. Ich nahm mir Zeit, um meine Umgebung genauer betrachten zu können. Die Wände waren geschmückt mit alter Raufasertapete und an einigen Stellen konnte man kindliche Kritzeleien erkennen. Die Liebe zum Malen und Zeichnen schien in der Familie zu liegen. Ich schmunzelte leicht.
Jedoch war mein Fehler, nicht aufgepasst zu haben. In meiner Verträumtheit übersah ich eine Stufe und blieb mit meinem Fuß an dieser hängen. So gelang es mir, zugegebener Maßen recht unelegant, die Treppe hoch zu fallen. Schmerzvoll landete ich auf meinen Knien und zischte laut auf. Als ich wieder aufgestanden war, rieb ich mir die pochenden Stellen.
„Ist alles okay?”, rief Noah mir von unten zu und mir schoss vor Scham die Röte ins Gesicht. Schnell bemühte ich mich um eine passende Antwort.
„Jaja, alles gut. Wie war das nochmal? Erste Tür rechts?”, wiederholte ich in der Hoffnung, so ablenken zu können. Ein raues Lachen ertönte.
„Genau. Warte einfach da, ich komme gleich.”
Nach diesen Worten ging ich weiter. Als ich vor besagter Zimmertür ankam, blieb ich einen Moment stehen. Gleich würde ich in Noahs Zimmer stehen.
Lächelnd betrat ich den kleinen Raum. Die Luft war angenehm kühl und so atmete ich einmal tief ein. Zwei der Wände hatten einen dunklen Gelbton und die anderen waren weiß. An der hinteren Wand stand ein einfaches Holzbett.
An der rechten Wand stand eine große Glasvitrine mit vielen Pokalen und anderen Trophäen. Staunend stellte ich mich davor und betrachtete sie. Nach einigen Sekunden, in denen ich absolut nichts anderes tat, als Noahs Pokale zu bewundern, trat er mit zwei Gläsern und einer Flasche Wasser in den Raum. Er grinste mich an und stellte das Getränk auf seinen Schreibtisch. Dann stand er hinter mir und ich spürte, wie sich eine Gänsehaut, ausgelöst durch seinen Atem, auf meinem Nacken bildete. Mein Mund wurde trocken und ich musste schlucken.
„Sch-schöne Pokale hast du. Ich wu-wusste gar nicht, dass du so sportlich bist”, stotterte ich nervös vor mich hin.
„Es gibt so einiges, das du nicht von mir weißt, Aaron. Und ja, ich habe tatsächlich mal recht erfolgreich Fußball gespielt. In letzter Zeit ist meine körperliche Verfassung aber deutlich schlechter geworden. Ich bin schnell außer Atem und schlafen kann ich auch nur noch kaum.” Ein Blick auf seine Augenringe ließ keinen Zweifel.
„Vielleicht sollten wir ein wenig Sport zusammen machen, damit es mir besser geht”, brummte er kaum hörbar. Dennoch wurde mir ganz plötzlich heiß und ich versuchte meinen Kopf wegzudrehen. Noah jedoch hielt mich am Kinn fest und auf einmal waren sich unsere Gesichter so nah. Sein Atem kitzelze an meinen Lippen.
Gebannt starrte ich auf seine Lippen und bemerkte, wie er immer näher kam. Wenige Millimeter bevor wir uns berührten stoppte er. Prüfend sah er mir in die Augen und strich mir mit der Hand über meine Wange. Dann legte er sanft seine Lippen auf meine. Der Kuss dauerte nicht lange, denn Noah löste sich von mir und lehnte dann seine Stirn gegen meine.
„Ich will dich bei mir haben, Aaron. An meiner Seite. Ich will wissen, dass du da bist und dass ich dich beschützen kann”, sprach er und schloss dann konzentriert seine Augen.
„Aber dafür müssen wir uns vertrauen. Ich möchte dich nicht dazu zwingen, mir zu erzählen was passiert ist, aber ich will auch nicht angelogen werden. Schick' mich nicht weg, wenn du Angst hast, lass' mich auf dich aufpassen.” Er öffnete seine Augen wieder und sah mich intensiv an. Unter seinem Blick konnte ich nichts sagen, nickte einfach nur. Ich war sprachlos. Wenn ich das soeben richtig verstanden habe, hatte er mir gesagt, dass er mit mir zusammen sein wollte. Und wenn ich nicht komplett bescheuert war, hatte ich dem zugestimmt. Ich lächelte und Noah drückte mir erneut einen leichten Kuss auf die Lippen.
Er setzte sich auf sein Bett und zog mich mit sich. Dort legte ich meinen Kopf auf seine Brust und er seufzte zufrieden. So lagen wir eine Weile schweigend da, bis Noahs Atmung so ruhig und gleichmäßig war, dass ich nachsehen wollte, ob er schlief. Tatsächlich war er eingeschlafen und ich löste mich vorsichtig aus seinem Griff. An der Tür angekommen warf ich ihm nochmal einen kurzen Blick zu und lief dann leise die Treppe hinunter. Nachdem ich unten angekommen war, wollte ich gerade meine Schuhe wieder anziehen, als eine Frau aus der Küche trat und verwundert vor mir stehen blieb.
„Oh hallo. Wer bist du denn?”, fragte sie mich und sah mich mit gerunzelter Stirn an.
„Hallo, ich bin Aaron. Ähm, ich bin ein Freund von Noah, er hat mich nach der Schule mit hergebracht”, antwortete ich und versuchte meine Nervosität zu überspielen. Sie lächelte leicht und hielt mir ihre Hand hin.
„Freut mich dich kennenzulernen. Ich bin Rita, Noahs Mutter. Er hat schon ein paar Mal von dir erzählt. Wo ist er eigentlich? Ich wollte ihn doch noch was fragen.” Sie stieg schon die ersten Treppenstufen hoch, als ich sie aufhielt.
„Wenn sie mich fragen, sollten sie jetzt besser nicht hochgehen. Noah schläft gerade. Das hat er auch dringend nötig.”
„Oh, ja. Du bist hier übrigens immer willkommen. Ich wollte dich nicht vertreiben. Es ist schön, dass Noah so schnell einen Anschluss gefunden hat.” Sie warf mir ein ehrliches Lächeln zu und ich erwiderte eins.
„Danke, aber ich muss jetzt wirklich gehen. War schön, Sie kennengelernt zu haben.”
„Ach, Rita reicht. Komm gut Nachhause.”
Und so verließ ich sein Haus, obwohl ich mich wieder zurück in seine Arme wünschte.
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