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Ich stand geschockt über die Leiche gebeugt und betrachtete die Sauerei, die er angerichtet hatte.
Ich war mir ziemlich sicher dass er irgendetwas dabei haben musste, dass mir einen Hinweis darauf liefern konnte, wer er war. Also durchsuchte ich seine Taschen. Aber ich fand nicht einmal das kleinste Stückchen Papier, keinen einzigen Anhaltspunkt darauf, wer er war.
Ich sank enttäuscht und geschockt auf meinem Bett zusammen, ich konnte das Adrenalin, das der Überfall in mir ausgelöst hatte, immer noch in meinen Adern spüren. Dann fiel mein Blick auf das Messer.
Ich hatte im Erdgeschoss am Empfangstresen noch eine Rechnung zu begleichen.
Kaum war ich unten aufgetaucht, wurde der Hotelbesitzer leichenblass.
"Aber... wie..." Ich unterbrach ihn in seinem Gestammel.
"Fragen Sie sich gerade, wie es möglich ist dass ich noch am Leben bin? Ich kann es ihnen sagen: ich bin einfach besser als dieser mikrige Auftragskiller."
"Es tut mir so Leid, ich hatte nie vor..."
"Sie meinen, Sie hatten nie vor mich zu belügen? Ihre Gäste zu hintergehen? Seien Sie froh, dass es heute schon genug Tote gab sonst stünden Sie nämlich an nächster Stelle! Oh und schaffen Sie die Leiche oben weg, ich bin mir sicher Sie wissen wie. Ich reise ab." Damit verließ ich das Hotel und war heilfroh, lebend auf der Straße zu stehen und die frische Luft auf meiner Haut zu spüren.
Auch wenn es mich nicht viel Mühe gekostet hätte auch noch mit dem Hotelbesitzer zu kämpfen war ich doch immer wieder froh, wenn es nicht dazu kam. Ein Kampf bedeutete Risiko. Und Risiko bedeutete Tod.
Ich fasste im Kopf die letzten Dinge zusammen, die ich noch vor meinem Aufbruch erledigen wollte. Neues Hotel suchen. Etwas essen.
Das Hotel war schnell gefunden, drei Straßen weiter. Ich ging trotz des Risikos ins Hotelrestaurant, ich hatte wirklich genug von Mikrowellennahrung. Außerdem hatte das neue Hotel sogar drei Sterne. Ich sah nicht ein, noch einen Tag in einer Bruchbude zu verbringen wenn mich die Bösen doch sowieso schon längst aufgespürt hatten.
Das Restaurant war zwar nicht sehr gut aber immer noch besser als aufgewärmtes Hühnchen aus der Packung. Ich bezahlte und stand auf. Ich hatte vor noch heute aufzubrechen, ich wollte meinen Verfolgern nicht Zeit lassen noch einen weiteren Anschlag auf mich zu planen.
In meinem Zimmer duschte ich und flocht mir die Haare zu einem praktischen Zopf. Die Kleidung, die ich immer auf meine Expeditionen anzog, war Spezialkleidung, extra für meine Zwecke entworfen. Die Jacke kugelsicher und die Hose wasserfest. Perfekt.
Ich genoss das Gefühl der Sauberkeit nach dem Duschen, wusste ich doch dass ich es möglicherweise so bald nicht mehr konnte. Außer es regnete mal im Dschungel. Aber ganz ehrlich- mit Riesenschlangen und Spinnen duschen? Nicht so mein Ding.
Das Hotel hatte ich für zwei Wochen gebucht. Praktisch, da ich die Sachen die ich nun doch nicht gebrauchen konnte einfach hierließ.
Ein letztes Mal genoss ich das geborgene Gefühl beim Anblick der Zivilisation um mich herum und startete dann den Motor des Geländewagens.
~~~
Sobald ich die Grenzen der Stadt hinter mir gelassen hatte, atmete ich erleichtert auf. Ab jetzt gab es nur noch mich und den Dschungel, der sich am Straßenrand verdichtete und langsam versuchte, auch die Straße zu erobern. Per GPS errechnete ich die Richtung, in die ich mich halten musste und hoffte, dass ich den Luxus der Straße noch länger genießen konnte.
Ein paar Papageien flatterten über mich hinweg und ich fühlte mich wahrhaftig wie in einem Traum.
Nach einiger Zeit verwandelte sich die Straße jedoch in einen Schotterweg und ich wusste, dass ich jetzt wirklich mutterseelenallein war. Falls ich einen Unfall hätte, wäre ich verloren. Genau wie mein Vater.
Ein Blick auf das Gerät bestätigte mir, dass ich die Straße bald verlassen musste. Es wurde sowieso bald dunkel und ich wollte auf keinen Fall Aufmerksamkeit durch den schnurrenden Motor des Wagens erregen. Im Dunkeln war der Dschungel ein ganz anderes Level als unter Tags, das wusste ich von den Erzählungen meines Vaters.
Als sich der Dschungel an einer Seite des Wegrands ein wenig lichtete, ergriff ich die Chance und stellte den Wagen dort ab. Sorgsam verriegelte ich die Türen und Fenster und sah nach, ob auch wirklich alle Spalten abgedeckt waren. Ich hatte keine Lust auf krabbelnde Besucher in der Nacht. Danach rollte ich meinen Schlafsack auf der Rückbank des Autos aus und versuchte, mich von den Geräuschen des Dschungels in den Schlaf wiegen zu lassen.
~~~
Ich wurde von einem Geräusch geweckt. Als ich die Augen öffnete sah ich absolut nichts, es musste noch Nacht sein. Sofort war ich hellwach. Das verhieß gar nichts Gutes. Ich griff zur Pistole, die direkt neben mir lag. Kommt nur näher, das wird eine freudige Überraschung.
Etwas sprang auf das Dach des Wagens. Ich horchte gespannt und duckte mich tiefer unter einen der Sitze.
Ich hörte wie sich etwas auf dem Dach bewegte... wie ein Tier das nach Nahrung suchte. War es nur ein Tier?
Im diesem Moment ertönte ein Fauchen, das Gewicht verließ das Autodach und ich hörte Zweige rascheln.
Nur ein Tier. Ich versuchte, mich zu beruhigen und kletterte wieder in meinen Schlafsack. Trotzdem war es schwer, wieder in den Schlaf zurückzufinden.
~~~
Am nächsten Morgen beobachtete ich die Spuren, die das Tier von letzter Nacht auf dem Auto hinterlassen hatte. Zwei lange Kratzspuren auf dem Dach, ich vermutete mal, dass es ein Tiger gewesen war.
Es war ungewöhnlich still im Dschungel an diesem Morgen, das einzig laute Geräusch war der Motor des Wagens.
Und dann passierte es. Der Verkäufer des Wagens war mir schon bei der Schlüsselübergabe merkwürdig nervös vorgekommen und jetzt wusste ich auch, warum.
Der Motor erstarb von einem Augenblick zum anderen und die Räder des Wagens rollten langsam aus. Ich fluchte leise vor mich hin. Und dafür hatte ich auch noch Geld bezahlt!
Wütend stieg ich aus und knallte die Tür hinter mir zu, ich hob meinen Rucksack von der Rückbank und klemmte den Schlafsack zwischen die Schnallen des Rucksacks.
Ich seufzte. Das würde ein langer und nicht gerade ungefährlicher Marsch werden, den ich mit dem Auto in weniger als einem Tag hinter mich gebracht hätte.
Bevor ich losging versuchte ich noch einmal, Kontak mit Zip aufzunehmen doch wie zu erwarten baute sich erst gar keine Verbindung auf. Hieß, dass ich völlig auf mich allein gestellt war.
Ich begann, an der Straße entlangzugehen die ich auch mit dem Auto gefahren wäre. Von Zeit zu Zeit flogen Papageien aus dem Gebüsch oder von irgendwoher war ein anderes Tier zu hören.
Es war schon ein unbeschreibliches Gefühl, so durch den Dschungel zu laufen, es war mein ganz eigenes Abenteuer.
Als ich um eine Wegbiegumg kam bemerkte ich, dass die Straße oder vielmehr der Schotterhaufen, der sie Straße darstellen sollte, aufhörte und stattdessen einfach nur weitere Bäume und andere Pflanzen zu sehen war. Ich stand in einer Einbahnstraße.
Aber davon würde sich eine Lara Croft nicht aufhalten lassen. Ich hatte schon viel Schlimmeres überstanden, man brauchte nur an meine Wüstenexpedition zu denken, bei der ich mich verlaufen hatte und nur mit viel Glück vor dem Verdursten in einem Ort gelandet war.
Ich schlug die ersten Zweige zur Seite und begab mich nun vollends in die Hände des thailändischen Dschungels, der mich mit Haut und Haar verschlang.
Ich tauchte ein in ein Meer aus Grün und hatte Mühe, mir zwischen den kreuz und quer wachsenden Pflanzen meinen Weg zu suchen. Zwischendrin sah ich immer mal wieder auf meinen Kompass, um nicht von der Richtung abzukommen.
So musste es Stunden gehen, ich kam nur langsam voran und hatte zwischendurch zwei Schlangen erschießen müssen, die sich mir in den Weg gestellt hatten.
Es wurde Abend und durch das Blätterdach fielen immer weniger Sonnenstrahlen herein. Zeit, sich ein Lager zu suchen.
Als ich die geeignete Stelle gefunden hatte räumte ich den Boden von heruntergefallenen Ästen frei und überprüfte meine Umgebung nach weiteren Tieren.
Dann zerbrach ich das Holz und entzündete ein Feuer, das ich mit einigen Steinen einrahmte. Das sollte genug Schutz gegen Raubtiere sein, die den plötzlichen Drang verspürten, mich zu verspeisen.
Ich rollte meinen Schlafsack neben dem Feuer aus und sah nach oben zum Himmel. Anders als bei normalen Übernachtungen im freien war es hier im Dschungel wirklich stockdunkel. Das Blätterdach hielt den schwachen Mondschein komplett fern und ich hatte Sehnsucht nach den Sternen, die ich sonst immer beobachtete, wenn ich auf Expeditionen unterwegs war. Sie halfen mir beim Einschlafen und nahmen alle Sorgen und Ängste mit sich.
~~~
Die nächste Tageswanderung wurde noch anstrengender, denn falls das möglich war wurde der Dschungel immer dichter und dichter. So kam es mir jedenfalls vor.
Trotzdem war ich froh, keinen Besuch von wilden Tieren zu haben und genoss stattdessen den Anblick der Natur, sofern ich diese nicht gerade aus dem Weg schlagen musste. Laut meiner Karte würde ich die Ruinen jedenfalls heute Abend erreichen.
Gegen Mittag war ich durchnässt von der Schwüle, die in der Luft hing und hatte Mühe, nicht alle paar Minuten zur Wasserflasche zu greifen. Aber ich musste mich zusammenreißen, schließlich musste diese noch mehrere Tage reichen.
Ich war fix und fertig und verstand, warum die meißten Menschen sich in heißen Ländern eine Siesta gönnten. Es war einfach unmöglich so lange durchzuhalten, egal wie viel Kondition und Willen man hatte.
Erschöpft ließ ich mich an einen Baumstamm sinken und überprüfte meine Position. Es waren noch circa fünfzehn Meilen bis zu den Ruinen und ich lag perfekt in der Zeit. Froh darüber gönnte ich mir noch einen Schluck Wasser als ich das Knacken hörte.
Es war kein Knacken wie das eines Tieres auf Beutejagd, es war anders und genau das alarmierte mich.
Ein Tier hätte vielleicht ein kurzes Knacken verursacht und wäre dann sofort weitergelaufen aber dieses war ein langsames Knacken, als wäre Gewicht auf einem morschen Zweig und zerdrückte diesen. Doch dann hörte es sich an, als ob das Gewicht langsam wieder vom Ast genommen würde und in diesem Moment war ich mir sicher das es kein Tier war. Tiere waren nicht so dumm.
Ich versuchte, meinen Atem zu kontrollieren und flach zu halten, während ich die Pistole aus der Seitentasche meines Rucksacks nahm. Und sie entsicherte.
Dann suchte ich die Gegend nach meinem Verfolger ab. Es hatte sich angehört als ob das Knacken von weiter links gekommen war. In diesem Moment sah ich einen Schatten, der das hereinfallende Licht durchbrach. Bingo.
Ich kletterte leise auf den Baum, an den ich mich gelehnt hatte. Jetzt war ich dankbar für das zusätzliche Training vor meiner Abreise, denn es war etwas ganz anderes, lautlos auf einen Baum zu klettern.
Von meiner Position einige Fuß über dem Boden erkannte ich, dass der Schatten sich direkt auf mich zubewegte und wenige Sekunden später druchbrach er das Unterholz, das die kleine Lichtung um den Baum abschirmte.
Er hatte dunkelbrauen Haare und war von großer Statur. Außerdem trug er eine lange, korkfarbene Hose und Auf seinem Shirt prankte ein Zeichen, dass ich nicht genau zuordnen konnte. Es sah aus wie ein Hund?
Ich hätte ihn nicht als gefährlich eingestuft, trüge er nicht ein Gewehr über seiner Schulter. Und die Tatsache, dass er sich mutterseelenallein im Dschungel herumschlug, sprach für sich.
In diesem Moment entdeckte er meinen Rucksack, der noch immer auf dem Boden lag. Sofort griff er zum Gewehr und sah sich nach allen Seiten um. Nur nach oben nicht. Als er sich vergewissert hatte, dass die Luft rein war, kam er näher zum Rucksack und fing an, ihn zu durchsuchen. Er war jetzt direkt unter mir.
Genau das hatte ich geplant und ließ mich im gleichen Moment fallen. Ehe er Zeit hatte zu reagieren, hatte ich meinen Arm um seinen Hals gelegt und drückte zu. Würgegriffe sind immer sehr tückisch. Der Körper ist auf die nicht vorhande Luft fixiert und versucht, durch Röcheln welche zu bekommen. Was natürlich nicht funktioniert. Dabei wird der Sauerstofftransport zum Gehirn verringert und man kann nicht mehr logisch denken und das tun, was man eigentlich sollte: sich mit aller Kraft wehren.
Es war schnell vorüber und ich durchsuchte seine Taschen nach Informationen. Nichts. Dabei fiel mein Blick wieder auf das Zeichen. Es sah wirklich aus wie ein Hund, allerdings eher wie einer aus den Malheften für kleine Kinder, bei denen man die Linien zwischen den Punkten erst nachzeichnen musste.
Ich stand wieder auf und sah in die Richtung, aus der er gekommen war.
Wenn mich nicht alles täuschte war ich geradewegs in ein Wespennest gestoßen.
Diese Action-Szenen sind echt cool zu schreiben ^^
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