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Kapitel XIV

Der Parkettboden knarzt unter meinen Füßen, als ich den Raum durchquere, um ans Fenster zu treten. Als ich die schweren Gardinen zur Seite geschoben habe, stockt mir der Atem. Die dunklen Fluten des Meeres tun sich dort unten auf. Ich sehe zu, wie die Wellen an den Klippen der erhöhten Insel, auf der sich der Palast in die Höhe reckt, brechen. Ihre Gischt sprüht auf, die einzelnen Wassertropfen werden vom Licht in die Farben des Regenbogens gebrochen, bevor der Wind sie davonträgt. Ich kann meinen Blick über die felsige Küste Duniyas wandern lassen, die roten Dächer Satieds zählen und den Nebel beobachten, der sich zwischen den Hausmauern hindurchrankt. Die Fensterscheibe ist so sauber, dass sich mein eigenes Gesicht darin spiegelt. Schweigend mustere ich den Bluterguss um mein Auge, das verkrustete Blut unter der Nase habe ich längst weggekratzt. Einzelne Wassertropfen lösen sich aus meinen frischgewaschenen Haaren und tropfen auf das Fensterbrett, auf dem ich meine Arme aufstütze. Der Linke kribbelt immer noch leicht vom Gift des Ormons.

Ich höre die anderen, bevor ich sie sehe. Wie eine Schar schnatternder Gänse klingen ihre Stimmen vom Gang herein, Clarices Lachen perlt von den Wänden. Im nächsten Moment wird die Tür geöffnet und sie schlüpfen allesamt herein.
Ich lehne mich rücklings gegen das Fensterbrett und sehe zu, wie sie den Raum mustern. Die dunklen Holzvertäfelungen, die uns von allen Seiten zu erdrücken scheinen, die Bücherregale an den Wänden und die schweren, weinroten Gardinen. Das Prasseln eines Feuers erklingt aus einem offenen Kamin, die Luft ist stickig und beinahe kann man den Zigarrenqualm riechen, der sich in die braunen Lederbezüge der Sitzgelegenheiten gefressen hat.
Mein Blick gleitet von Panduk zu Janae und weiter zu Xanthio, dem die Augenringe praktisch bis zu den Mundwinkeln reichen. Die Zeit im Kerker scheint also auch an ihm nicht spurlos vorbeigezogen zu sein. Er lächelt mir vorsichtig zu und mustert sichtbar fasziniert mein blaues Auge. Als ich merke, wie sich ein spöttischer Ausdruck auf mein Gesicht schleicht, wende ich schnell den Blick ab. Er fällt auf Clarice, die die großen Glasaugen der ausgestopften Jagdtrophäen an der Wand mustert.
„Was ist das für ein Raum?", fragt sie, den Blick nicht von den toten Tieren abwendend.
Panduk ist die Erste, die auf einem der Ledersofas Platz nimmt.
„Das ehemalige Herrenzimmer, Königin Charis hat es als Ort für unsere Arbeit vorgeschlagen", antworte ich und setze mich ebenso hin, „Wir sollten anfangen, sonst sind wir bis heute Abend nicht fertig. Es gibt ziemlich viele Informationen über die Schattenwesen."
„Wir haben noch genug Zeit", widerspricht Janae mir, in ihren Augen spiegelt sich das Feuer des Kamins, „Zuerst müsst ihr uns erzählen, was passiert ist. Bis jetzt mussten wir uns alles zusammenreimen."
Beinahe entweicht mir ein genervtes Seufzen. Der Gedanke, die letzten Stunden, die mir wie Wochen vorkommen, noch einmal wiederzukäuen, ist alles andere als erfreulich.
Auch Clarice ist wenig begeistert, doch das würde sie den anderen nie sagen. Stattdessen beginnt sie von der Zeit im Kerker und der Jagd nach den Ormonen zu erzählen.
„Und was soll das blaue Auge, Arkyn?", fragt Panduk und lacht leise. In meinem Magen grummelt der Zorn. Sie hat die letzten Stunden entspannt in Clarices Elternhaus verbracht, während wir unser verdammtes Leben riskieren mussten.
Doch ich komme nicht mehr dazu, ihr meine Meinung zu geigen, denn da öffnet sich auch schon die Tür und ein Diener im Frack bringt Papier und Stifte auf einem goldenen Serviertablett herein.

Der restliche Nachmittag zieht wie im Flug an uns vorbei. Die Stimmung wandelt ständig zwischen gedrückt und heiter. Zwischen guten Erinnerungen an die Zeit bei den Gestaltenwandlern und Alpträumen an den Schattenwald und seine Kreaturen, über die wir Informationen sammeln sollen. Panduk und Clarice verfassen die Schriften zu den Schattenwesen, Xanthio und Janae futtern Pralinen aus einer Schale, die immer wieder aufgefüllt wird, und verschriftlichen Informationen über das Leben im Schattenwald und die Namen der ranghöchsten Gestaltenwandler.
Und ich? Ich bin dazu verdammt, eine Zeichnung nach der anderen anzufertigen. Die Schattenwesen auf Papier zu bringen. Ich merke, dass Clarice nicht wagt, herüberzublicken, während ich verbissen mit der Feder übers Papier kratze. Todträgerinnen, Ormonen, Greifklauen, die Nebelfrau. Die Bestien starren mich herausfordernd vom Papier an, sobald ich mit einer Skizze fertig bin, lasse ich sie in einer Mappe verschwinden.
Es dämmert schon beinahe, als wir endlich enden. Ein paar Diener nehmen uns die Schriften sofort ab und bringen sie auf ihren albernen Tabletts zur Königin.
Sie lassen uns völlig ausgelaugt zurück, vollkommen leer. Wir haben all unser Wissen weitergegeben und ich kann mir nicht vorstellen, dass das taktisch klug war.

~~~~~~~~~~~~~

Die Zofen wuseln um mich herum, stecken letzte Haarsträhnen hoch, knöpfen letzte Knöpfe zu und überprüfen mit kritischen Gesichtern mein Gesamtbild.
„Einfach wundervoll", stellt eine der Bediensteten fest, „Sehen Sie doch, Miss Ovun."
Ich drehe mich, um einen Blick in den Spiegel zu werfen. Einen Moment lang denke ich, dass ich meine Gestalt verändert habe, bis mir einfällt, dass ich es bin. Wahrhaftig ich.
Meine Wangen leuchten in zartem Rosa von der Tinktur aus Rosenblüten, die mir eine Zofe sanft aufgetragen hat. Die Haare wurden mir hochgesteckt, der Haarreif aus filigranem Silber passt perfekt zu dem Kettchen um meinen Hals. Doch am atemberaubendsten ist mit Abstand das Kleid an meinem Körper. Weiß, die Farbe der Unschuld, wie die Zofen mehrmals betont hat, mit einem Mieder, das sich zauberhaft an meinen Oberkörper schmiegt, und lockeren Ärmeln.
Was Arkyn wohl denken wird? Stopp, schimpft mich eine innere Stimme, auch wenn ich mit jeder weiteren Minute, die verstreicht, erleichterter bin, dass er es ist, der mich zum Abendempfang begleitet. Königin Charis hat nicht all meinen Freunden erlaubt, teilzunehmen. Es geht hier nur um dich, hat sie mir zugeflüstert, aber wenn du willst, dann nimm dir einen Verbündeten mit. Ich musste nicht recht lange überlegen, bevor ich Arkyn bat, mich zu begleiten. Während Panduk ein bisschen enttäuscht wirkt, dass sie sich den Mitgliedern des Großen Rates nicht stellen darf, kann man Janae die Erleichterung von der Stirn ablesen.
„Pass auf dich auf, Clarice", wiederholt sie zum tausendsten Mal und drückt meine zittrige Hand. Ihre Aufregung macht meine nicht gerade besser.
„Lass sie endlich gehen, Janae", meint Panduk genervt. Sie beobachtet das ganze Spektakel von einem gewissen Sicherheitsabstand aus, die Arme vor der Brust verschränkt.

Ich winke den beiden ein letztes Mal, bevor Janae mich sanft zur Tür hinausschiebt, in der ich mit meinem Kleid beinahe steckenbleibe. Doch schließlich spuckt mich das Zimmer aus und ich finde mich mit wildpochendem Herzen in einem ellenweiten Gang wieder. Ich hole ein letztes Mal tief Luft, bevor ich mich auf die Suche nach Arkyn mache. Der weiße Rock meines Kleids wallt um mich, ich vergrabe meine Finger im weichen Stoff, als ich die erste Treppe bezwingen muss. Am unteren Ende erkenne ich ihn, die Arme verschränkt wartet er auf mich. Seine Augen weiten sich ein Stück, als er den monströsen Stoffberg erblickt, der mich umgibt.
„Du siehst aus wie eine Wolke", stellt er trocken fest, als ich vor ihm anhalte. Ein Lachen entweicht mir, doch die Nervosität in meiner Stimme ist unverkennbar.
„Wohin müssen wir gehen?", frage ich und mustere unauffällig seine dunkle Hose, die blankpolierten Schuhe und das lockere Leinenhemd.
„Folgen wir einfach dem Klang der Musik", meint er pragmatisch, doch mir fallen erst jetzt die sanften Klänge auf, die durch die hohen Hallen des Palastes echoen.
Unsere klackernden Schritte auf dem blanken Marmorboden mischen sich mit dem lauterwerdenden Stimmengewirr. Mein eigener Herzschlag dröhnt mir in den Ohren, ich versuche, mich nur auf Arkyns Arm zu konzentrieren, bei dem ich mich untergehakt habe.
Wir durchqueren eine letzte Halle, die Spiegel an den Wänden zerren den Raum in die Breite. Das Stimmengewirr klingt inzwischen viel zu nahe. Hinter der nächsten Abbiegung wird der Festsaal voller fremder Menschen auf uns warten. Ich merke, wie mich der Schwindel von den Füßen schubsen will. Ich kann das nicht.
„Warte!", presse ich hervor, bevor Arkyn mich um die letzte Biegung ziehen kann. Ich löse mich aus seinem Griff und mache einen nervösen Tänzler nach hinten. Als ich die kühle Marmorwand im Rücken spüre, lehne ich mich erleichtert dagegen. Von hier können wir die Stimmen der Gäste klar und deutlich vernehmen, doch die Ecke und eine riesige Säule verbergen mich vor ihren neugierigen Blicken. Der Große Rat? Ich kenne mich zwar nicht mit Politik aus, aber die konservative Einstellung der Mitglieder ist mir nicht unbekannt. Sie werden Arkyn und mich in Stücke zerreißen.

„Clarice, wir können nicht den ganzen Abend hier stehen bleiben", meint Arkyn nach einer Weile. Als ich aus entgegengesetzter Richtung einen älteren Herrn in Frack strengen Schrittes näherkommen sehe, reagiere ich blitzartig. Bevor wir gesehen werden, packe ich Arkyns Arm und ziehe ihn zu mir hinter die Säule. Der Gast der Königin eilt vorbei und verschwindet im Saal, ohne uns zu erblicken. Ein erleichtertes Seufzen entweicht mir.
Erst jetzt, wo die Gefahr vorübergezogen ist, fällt mir auf, wie eng ich Arkyn an mich gedrückt habe.
„Du zerquetscht meinen Arm", meint er lässig und ich lasse ihn los, während mir die Röte in die Wangen kriecht. Mein Blick gleitet über Arkyns Gesicht.
„Was haben die denn mit deinen Haaren gemacht?", frage ich leise und mustere sein locker zurückgekämmtes Haar. Eine einzige Strähne hat sich gelöst und hängt ihm leicht in die Stirn.
Arkyn verdreht die Augen. „Ich weiß, sieht albern aus."
Ich schüttle den Kopf. „Nicht albern, aber ungewohnt."
Es ist ein unaufhaltbarer Reflex, der mich dazu zwingt, meinen Arm auszustrecken und die einzelne Strähne zurückzustreichen. Ich spüre die weiche Haut seiner Wange an meinem Arm, als ich ihn zurückziehe.
„Was soll das werden?", fragt er mich, der heiserer Klang seiner Stimme lässt mein Herz in meiner Brust taumeln. Ich weiß es selbst nicht. Alles würde ich lieber tun, als einen Schritt in diesen Saal zu setzen.

„Da sind Sie ja", ertönt eine Stimme hinter Arkyn und vor Schreck verliere ich beinahe den Halt. Doch es ist nur ein Diener, der offenbar schon auf die Suche nach uns geschickt wurde. Ich weiß nicht, ob ich über die Ablenkung enttäuscht oder erfreut sein soll.
„Sie werden bereits erwartet", meint der Bedienstete und deutet uns, ihm zu folgen, „Sie brauchen sich nicht zu sorgen, Miss. Wir werfen Sie schon nicht in ein Haifischbecken."
Als uns die Flügeltür zum Festsaal geöffnet wird, versuche ich mein Bestes, um mich nicht allzu sehr an Arkyns Arm zu klammern. Auf keinen Fall sollte ich wie jemand wirken, der vor einem einfachen Abendempfang plötzlich Todesangst verspürt. Auch wenn mir die Sorge, ich könnte die Gäste enttäuschen und so meine Freunde und Eltern in Gefahr bringen, beinahe den Atem raubt, setze ich ein falsches Lächeln auf.
Doch die erste Hürde ist geschafft, als wir den Saal betreten. Zahlreiche Gäste sind im ganzen Raum verteilt, ausgestattet mit Gläsern unterhalten sie sich leise. Sie geben vor, keine Notiz von uns zu nehmen, doch als wir an ihnen vorbeigehen, spüre ich ihre bohrenden Blicke im Rücken.
Der Diener scheint sich in Luft aufgelöst zu haben. Arkyn und ich sind auf uns alleine gestellt. Kein Haifischbecken, kein Haifischbecken, erinnere ich mich. Ein Diener eilt mit einem Tablett vorbei und ich angle mir ein Glas herunter, das mit einer leicht blubbernden Flüssigkeit gefüllt ist. Das Getränk prickelt auf meiner Zunge, als ich den ersten Schluck nehme.

„Guten Abend, Soldaten."
Die tiefe Stimme kommt mir seltsam bekannt vor und als ich mit Arkyn im Schlepptau umdrehe, erkenne ich den Unteroffizier mit dem Glasauge. Plötzlich ist mir sein Name entfallen.
„Unteroffizier Jami'in, schön Sie wiederzusehen", begrüßt Arkyn ihn und ein leises Seufzen entweicht mir. Bis jetzt stellt er sich viel besser an, als ich es tue. Lächeln, Clarice, ertönt die Stimme meiner Mutter in meinem Kopf. Ich gehorche ihr.
„Sie sollten sich zu mir und Leutnant Auia gesellen", schlägt der Unteroffizier vor und wir folgen ihm zu einem der aufgestellten Tischchen. Erst auf den zweiten Blick erkenne ich die junge Frau wieder. Ihr seidiges, rabenschwarzes Haar ist hochgesteckt, sie trägt ein Kleid aus einem samtenen, rubinroten Stoff, der ihre blasse Haut und die dunklen Augen zur Geltung kommen lassen. Leutnant Auia, präge ich mir ein.
„Das ist wirklich ein bezauberndes Kleid", stelle ich fest und sie lächelt mir zu. An der Art, wie ihre langen Finger das Glas umklammern, erkenne ich, dass ihr die Situation alles andere als angenehm ist. Das macht sie beinahe noch sympathischer.
Als Jami'in uns für die Informationen über die Schattenwesen dankt und Arkyn ihn ein Gespräch einwickelt, driften meine Gedanken ab. Schweigend nippe ich an meinem Getränk und lasse meinen Blick durch den Festsaal schweifen. Vier Kronleuchter verteilen ihr warmes Kerzenlicht im ganzen Raum und lassen den blankpolierten Marmor erstrahlen. Es beruhigt mich, dass der Empfang wohl nicht nur dazu dient, mich und Arkyn vorzuführen. Einige Paare tanzen in der Mitte des Saals, unterhalten sich oder holen sich kleine Häppchen vom Buffett.
Dauernd huschen Diener mit Tabletts voller Getränke durch den Raum und ich tausche mein leeres Glas gegen ein neues aus. Und dann noch eins.
„Ihr solltet unbedingt noch tanzen, bevor die Königin mit den Ratsmitgliedern erscheint", meint Jami'in und reißt mich damit aus meinen Gedanken.
„Die Mitglieder sind noch nicht hier?", entfährt es mir erleichtert. Ich höre Arkyn neben mir geräuschvoll ausatmen, als würde meine dämliche Frage ihn ärgern, doch die Leutnantin lacht nur leise.
„Nein, sie erscheinen erst in etwa einer Stunde zusammen mit der Königin", erklärt sie mir, „Die Leute, die hier schon hier sind, gehören praktisch nur zum ... Mobiliar. Wenn ihr tanzen wollt, dann tut es jetzt noch."
Ich werfe Arkyn einen schnellen Blick zu, er zuckt die Schultern.
„Na gut, ab auf die Tanzfläche", beschließe ich und leere mein Glas in einem Zug, bevor ich nach Arkyns Arm greife und ihn mit mir zerre.

„Ich habe keine Lust, mich zu blamieren, Clarice", murrt Arkyn, als ich meine linke Hand auf seine Schulter lege. Ich verdrehe die Augen.
„Wir sollten uns amüsieren, solange wir können", widerspreche ich ihm und blicke eindringlich in seine Augen, „Gib mir deine Hand."
Genervt seufzend lässt er zu, dass ich meine Finger in seine lege. Sie sind kühl, die Haut weich. Die Musiker stimmen ein neues Lied an, im nächsten Moment fühle ich Arkyns andere Hand ein Stück unter meinem Schulterblatt. So viel er auch gemeckert hat, die Schritte beherrscht er überraschend gut und so wirbeln wir bald über die Tanzfläche. Ich merke, wie er sich lockert, und lasse mich von ihm im Kreis drehen, bis sich der Rock meines Kleids auffaltet wie eine Blüte.
„Partnerwechsel", verkündet eine laute Stimme und bevor ich etwas sagen kann, ergreift mich eine fremde Hand und ich finde mich vor der Brust eines anderen Manns wieder, der mich mit ernster Miene mustert. Verzweifelt werfe ich einen Blick über meine Schulter, doch ich kann Arkyn nirgendwo sehen.
„Clarice Ovun, richtig?", fragt mein Tanzpartner, doch es ist mehr eine Feststellung als eine Frage. Ich nicke.
„Und Sie sind?"
Etwas zu unverblümt mustere ich die hakenförmige Nase, die buschigen Augenbrauen und den grimmigen Gesichtsausdruck des Mannes. Die ersten Ansätze von Falten bezeugen, dass er etwa im Alter meines Vaters zu sein scheint.
„General Jatus", stellt er sich vor und das Herz rutscht mir in die Hose. Nach Einschätzung der Leutnantin gehört der General wohl ebenfalls nur zum Mobiliar, doch er ist trotzdem ein Höhergestellter. Jemand, den es gilt, zu überzeugen. Für einen winzigen Moment habe ich tatsächlich verdrängt, warum ich hier bin. Nicht etwa, um zu tanzen, sondern um das Gefolge der Königin von meiner Unschuld zu überzeugen. Und davon, wie wichtig ich für dieses Land sein könnte. Schnell ringe ich mir ein Lächeln ab.
„Es freut mich, Sie kennenzulernen", presse ich hervor, „Mein ... mein Kollege Arkyn Anduru und ich wurden von der Königin beauftragt, die Informationen über die Gestaltenwandler zu sammeln. Ich hoffe, sie sind brauchbar."
„Das sind sie, in der Tat", meint der General und ich merke, wie er in meinem Gesicht nach einem Zeichen sucht. Einem Zeichen, dass ich eine echte Gestaltenwandlerin bin. Gesindel der übelsten Sorte. Als er mich unsanft herumdreht, hebt es mir beinahe den Magen aus. Der ganze Saal scheint um mich zu wirbeln, verschwommen ziehen die Gesichter der anderen Gäste an mir vorbei. Auf einmal scheint der Boden zu schwanken wie das Deck eines Schiffs auf stürmischer See.
„Entschuldigen Sie mich bitte", bringe ich hervor. Der General lässt mich los und ich taumle von der Tanzfläche. Mein Blick gleitet durch den Saal, doch nirgendwo kann ich Arkyns dunklen Schopf erkennen. Als ich bemerke, dass von der anderen Seite des Raums zwei älterer Herren, wahrscheinlich irgendwelche Minister oder königliche Berater, in meine Richtung deuten, mache ich mich schnell aus dem Staub.

Bevor ich den Festsaal verlasse, nehme ich mir noch schnell ein neues Glas von einem vorbeiziehenden Tablett. Als ich in den menschenleeren Gang hinaustrete und Stimmengewirr und Musik hinter mir lasse, beruhigt sich mein Magen schnell wieder. Ich verberge mich hinter der Säule von vorhin, lehne mich gegen den kühlen Marmor und versuche, einen klaren Gedanken zu fassen. Seltsamerweise gelingt es mir nicht. Die plötzliche Übelkeit ist zwar verschwunden, doch der Boden wackelt immer noch hin und her.
„Ach, hier sind Sie."
Vor Schreck gleitet mir beinahe das Glas aus der Hand. Ein Teil des Inhalts schwappt über den Rand und ergießt sich über meine Finger. Es ist der General von vorhin, seine Miene ist ernst und ein mulmiges Gefühl beschleicht mich, als er den Blick von meinem Kopf bis hinab zum Saum meines Kleids wandern lässt, als wäre ich ein Ausstellungsstück in einem Museum.
„Sie leeren dieses teuflische Zeug ja, als wäre es Wasser", stellt er fest und ich brauche einen Moment, bis ich verstehe, dass er das prickelnde Getränk meint, „Nicht sehr damenhaft, aber was erwartet man schon von jemandem Ihrer Art."
Er seufzt und ich verziehe angewidert das Gesicht. Als er einen Schritt auf mich zu macht, will ich zurückweichen, doch der Marmor presst sich bereits haltgebend gegen meinen Rücken.
„Was wollen Sie?", bringe ich hervor. Plötzlich rast mein Herz in meiner Brust, das Mieder schnürt mir die Luft zum Atmen ab. Ein widerwärtiges Schmunzeln ziert das Gesicht des Generals, mit der Zunge befeuchtet er die Lippen. Als er die Hand ausstreckt und meinen Arm berührt, zucke ich zurück.
„Gestaltenwandler hin oder her. Ihre Schönheit lässt sich nicht leugnen."
Er tritt näher und bevor ich nachdenken kann, kippe ich ihm den restlichen Inhalt meines Glases über das Hemd. Einen Moment lang starrt er mich entgeistert an, dann verzieht sich sein Gesicht zu einer wutverzerrten Fratze. Ich keuche auf, als er meine Arme packt und mich so fest gegen die harte Marmorwand drückt, dass mir die Luft aus den Lungen weicht. Das Glas fällt klirrend zu Boden und zerspringt in tausende Scherben.
„Du erlaubst dir ganz schön viel, Mädchen", zischt er. Spucketröpfchen landen auf meinem Gesicht. Ich versuche, mich aus seinem festen Griff zu wehren, doch dafür bin ich viel zu wackelig auf den Beinen. Zitternd drehe ich den Kopf zur Seite, als ich seinen heißen Atem auf meinem Hals und seine Hände an meiner Taille spüre. Die Welt schwankt um mich. Ich müsste schreien, doch meine Kraft reicht gerade so aus, um nicht ohnmächtig zu werden. Die Angst schnürt mir die Kehle zu.

„Was soll der Scheiß?", brüllt jemand. Im nächsten Moment weicht das Gewicht des Generals von mir, als er zurückgerissen wird. Meine Beine geben unter mir nach, ich knicke zu Boden, während mein Kopf zurück gegen die Marmormauer sinkt. Ein stechender Schmerz fährt durch meine Hände und ich werde wieder zurück in die Realität katapultiert. Mein Blick gleitet zu meinen blutverschmierten Handflächen, einzelne Splitter vom zerbrochenen Glas hängen noch in der Haut. Mit zitternden Fingern schnippe ich sie weg.
„Clarice!"
Ich hebe den Kopf und starre in zwei dunkle Augen. Arkyn. Die Tränen der Erleichterung brechen aus meinen Augen. Er packt mich an den Armen und zieht mich auf die Beine, bevor er sich vor mich stellt. In einiger Entfernung erkenne ich den General. Dickflüssiges Blut läuft ihm aus der Nase und tropft auf sein Hemd, sein Gesicht ist immer noch wutverzerrt.
„Du brauchst mir nicht die Nase zu brechen, du Dreckskerl", schnauzt er Arkyn an, „Was kann ich schon dafür, dass sich diese Schlampe an mich heranmacht?"
Kurz ist es still, dann geht alles ganz schnell.
„Ich bring' ihn um", entfährt es Arkyn, ich stolpere nach vorne, um ihn festzuhalten, doch da ist er schon auf den General losgestürmt und hat ihn zu Boden gerissen. Der General brüllt und schlägt nach Arkyn, der zurücktaumelt. Ich schreie auf, als er gegen die Säule stößt. Doch Arkyns Zorn ist noch nicht verraucht. Ein Schwall an Flüchen ergießt sich aus seinem Mund, bevor er dem General die Faust gegen den Kiefer und das Knie in den Magen rammt.

„Auseinander!"
Die schneidende Stimme der Königin hallt von den Wänden wider, duldet keinen Widerspruch. Ich sehe zu, wie Arkyn sich aufrappelt und vom General ablässt. Der Hass blitzt in seinen Augen, ich presse mir die Hand vor den Mund, um nicht in lautes Schluchzen auszubrechen. Die Türen des Festsaals sind verschlossen, heiteres Stimmengewirr dringt dumpf an mein Ohr.
„Was ist hier los?", zischt die Königin und deutet dem General, aufzustehen. Stöhnend rappelt er sich auf, den Ärmel auf seine blutüberströmte Nase gepresst.
„Dieser Dreckskerl hat mich ohne Grund attackiert", lügt er und die Tränen strömen erneut aus meinen Augenwinkeln. Arkyns Schultern beben vor Wut, als er vortritt.
„Hör auf, zu lügen, du verdammtes Schwein!", brüllt er, seine Stimme klingelt in meinen Ohren, „Er hat Clarice belästigt. Zum Glück bin ich rechtzeitig hier gewesen!"
„Ist das wahr?" Die Stimme der Königin duldet keine Lügen.
„Natürlich ist das wahr", entfährt es Arkyn.
„Ich will es von ihr hören", weist Charis ihn zurecht und deutet auf mich.
Arkyn fährt herum und starrt mich fordernd an. Aus einiger Entfernung trifft mich der hasserfüllte Blick des Generals. Ich zögere. Nur ganz kurz, weil ich daran denken muss, dass ich erneut Probleme bereite. Was die Königin dann mit mir machen wird, mit meinen Eltern, mit Arkyn, der dem General die Nase gebrochen hat. Ich ringe mit mir, dann gebe ich nach.
„Es ist wahr", sage ich leise, den Kopf gesenkt, um die Königin nicht ansehen zu müssen. Doch sie hat mich verstanden und als ich den Blick hebe, huscht eine Welle aus den verschiedensten Emotionen über ihr Gesicht, die ich nicht zu deuten wage.
„Sir Shaw, teilen Sie den Gästen mit, dass Miss Ovun und ihr Gefährte aus vertraulichen Gründen verhindert sind", erweist die Königin Anweisungen an einen Diener, „Wachen, begleitet den General in mein Arbeitszimmer und holt gefälligst einen Heilmagier."
Ich zucke zusammen, als Arkyns Finger sich um meinen Arm schlingen.
„Ich bringe Clarice zu Bett", meint er zur Königin. Sie zögert kurz, dann stimmt sie zu.
„Die Zofen sollen ein Bad einlassen und Verbandszeug holen", ruft sie uns hinterher, doch da hat Arkyn mich schon weggezerrt.

Ich bin wie in Trance, lasse mich praktisch die Stufen hinaufschieben und warte schweigend, bis ein paar Zofen die Anweisungen der Königin ausgeführt haben. Ich weiß nicht, was das bringen soll. Denken sie etwa, dass das Wasser all die Erinnerungen von mir abwäscht? Zögernd bleibe ich im Türrahmen stehen, der Lavendelduft, der mir aus dem Baderaum entgegenschlägt, benebelt mein Gehirn.
Arkyn schiebt mich über die Schwelle und schließt die Tür hinter sich ab. In dem Moment tropft die letzte Kraft aus mir wie klebriger Sirup. Sogar meine Tränen sind versiegt. Zitternd sinke ich am Wannenrand zu Boden.
„Lass mich deine Hände ansehen", bittet Arkyn und ich strecke ihm meine von den Scherben zerschnittenen Handflächen hin. Schweigend mustere ich seinen konzentrierten Blick, als er mit einer Pinzette die letzten Splitter entfernt und dann mit dem warmen Badewasser das Blut abwäscht. Einzelne rote Tropfen fallen auf den weißen Stoff meines Kleids.
„Es tut mir leid, Clarice."
„Du trägst doch keine Schuld", flüstere ich.
„Ich hätte früher nach dir sehen sollen. Du hast drei Gläser von dem Zeug getrunken und bist einfach verschwunden."
„Vier. Vier Gläser", verbessere ich ihn seufzend. Kein Wunder, dass mir kotzübel ist.
Schweigend mustere ich Arkyn. Ich wünschte, er würde schimpfen, mich belehren oder sich über den General auslassen, doch er tut nichts dergleichen. Er starrt mich einfach genauso in Gedanken versunken an, wie ich ihn mustere. Ich frage mich, was in seinem Kopf vorgeht und ob ich es ertragen könnte.
„Tut das noch sehr weh?", frage ich schließlich, meine Finger wandern zu seinem rechten Wangenknochen, der bläulich schimmert. Er zuckt zusammen und schüttelt den Kopf.
„Willst du ein Bad nehmen?"
„Ich will einfach nur ins Bett."
Er greift nach meinem Arm und zieht mich sanft auf die Beine.
„Weißt du noch, wo dein Zimmer liegt? Ich bringe dich hin. Wenn du willst, bleibe ich sogar davor sitzen", meint er und lächelt müde. Mein Herz drückt in meiner Brust.

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