Ein Monster, das die Welt brennen sehen will.
„Ich schlage vor, dass Rae mich begleitet." Kaz' Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Ich starre ihn an. Was hat er vor?
„Wie es ist, eine Mission ohne Begleitung durch Meister durchzuführen, sollte man nicht das erste Mal erfahren, wenn man seine erste Solo-Mission durchführt." Er breitet die Hände aus, um die Selbstverständlichkeit seines Arguments zu unterstützen. Er mag Recht haben, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Grund für sein Angebot ist. Sein Gesicht verrät jedoch nichts. Keine Häme, keine Abscheu und keine Herausforderung. Die Meister sehen mich abwägend an.
„Was meinst denn du dazu, Rae? Kannst du professionell mit Kaz alleine diesen Auftrag ausführen?", fragt mich Mirea offensichtlich bewusst provokativ. Ich setze mein bestes Gesicht verletzten Ehrgefühls auf und schnappe zurück: „Natürlich kann ich mich beruflich professionell ihm gegenüber verhalten! Wir sind schließlich nicht hier, um Freunde zu sein, sondern Kollegen!" Mit verschränkten Armen und erhobenem Kinn lehne ich mich in meinem Stuhl zurück und fixiere Kaz. Was auch immer er vorhat, ich werde mir die Sache umsichtig näher anschauen. Kaz hebt seine Augenbrauen, reagiert sonst aber nicht.
„Gut, dann ist es entschieden. Rae und Kaz beschatten heute diese Zielperson. Und Rae-" Severin sieht mich ernst an und ich fürchte schon, gerade zu dick aufgetragen zu haben - „wenn diese Mission gut läuft, kannst du die nächste kleinere Mission alleine erledigen." Mit diesen Worten sind wir entlassen. Streng dich also an, um uns zu beeindrucken, ist das, was sie bedeuten.
Ich schiebe meinen Stuhl vom Tisch zurück und stehe auf. Kaz ist mir dicht auf den Fersen und verlässt direkt hinter mir den Raum. Er folgt mir in die Küche, wo ich stehen bleibe und ihn anfauche:
„Warum verfolgst du mich?" Er steckt die Hände in die Hosentaschen seiner schwarzen Jeans und mustert mich grinsend. Warum grinst er so? Weiß er etwas darüber, was ich vorhabe? Wo ich war? Merkt man mir an, wie mich die gestrige Mission mitgenommen hat? Ich verstecke meine Zweifel so gut ich kann hinter meiner üblichen Fassade: Aggression.
„Hör auf mich so anzugrinsen!"
„Eigentlich wollte ich mit dir den Auftrag besprechen", sagt er mit Unschuldsmiene. „So, wie man das als professionelle Kollegen tut, weißt du?", setzt er noch hinterher und ich muss mich beherrschen, um ihm das Wasser, was ich mir gerade in ein Glas gefüllt habe, nicht ins Gesicht zu kippen.
„Bitte sehr", stoße ich hinter zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Dann setzen wir uns doch hin und besprechen den Auftrag, Kazimir. Soll ich uns einen Tee aufbrühen? Ich habe ,Fick dich' und ,Leck mich' zur Auswahl." Sein mir antwortendes Grinsen ist eine Waffe an sich. Ein fieses Ding, dunkel und hungrig. Ein Monster, das die Welt brennen sehen will. Es ist wie er.
„Grundsätzlich mag ich beide Sorten. Aber heute muss ich ablehnen", gibt er in höflichem Tonfall immer noch wölfisch grinsend zurück. Er muss müde sein, wenn er sich diese Einladung zum Streit entgehen lässt, anders kann ich es mir nicht erklären. Und tatsächlich liegen Schatten unter seinen Augen. Offenbar hatte nicht nur ich heute Nacht wenig Schlaf. Gut. Mit einem ausgeschlafenen Kaz würde ich bei meinem gestrigen Schlafdefizit nicht fertig werden.
Betont gekünstelt lächelnd klimpere ich mit den Wimpern, bevor ich mich an den Küchentisch setze. Kaz setzt sich neben mich, nah genug, das seine Schulter meine streift. Ich blicke ihn genervt an. Er könnte sich auch mir gegenüber hinsetzen, aber er scheint mich provozieren zu wollen. Ich kämpfe den Impuls ihn anzuschnauzen nieder und räuspere mich stattdessen, bevor ich mit zuckersüßer Stimme frage: „Wo sollen wir denn anfangen, Kazimir?" Er hasst seinen vollen Namen zwar nicht direkt, aber er wird eigentlich nur von Severin so genannt, wenn er etwas erledigen soll.
„Nun, Ramona", beginnt er mit besonderer Betonung meines Namens und ich werfe ihm einen hasserfüllten Seitenblick zu, „lass uns doch einmal die Fakten zusammentragen, um die Ausgangssituation zu klären." Das Gespräch entwickelt sich von diesem Punkt an tatsächlich zu einem professionellen Planungsgespräch und trotz unserer persönlichen Differenzen stelle ich fest, dass Kaz einen echt guten Teampartner abgibt. Unsere Ideen ergänzen sich und wir sind bei wichtigen Fragen der gleichen Meinung. Ich gewinne einen ganz neuen Respekt für ihn. Vertrauen kann ich ihm trotzdem nicht. Wir wollen am Nachmittag los, was mir ganz recht ist, da ich heute Abend mindestens noch ein Treffen mit Yanto habe. Wenn nicht noch mehr. Mein Gesicht scheint diesen flüchtigen, freudigen Gedanken verraten zu haben, denn ich bemerke, wie Kaz mich von der Seite mustert.
„Du musst echt aufhören mich immer so anzustarren", stöhne ich auf. Kaz verzieht seinen Mund zu einem seiner weniger brutalen Grinsen und sagt nur:
„Dann musst du aufhören so viel mit deiner Mimik zu erzählen." Ich sehe weg. Er hat natürlich Recht. Ich kann meine Emotionen nicht gut kontrollieren. Kaz hingegen zeigt immer genau das, was er gerade zeigen will. Unfair.
„Es ist, als würdest du ständig eine Geschichte erzählen. Aber in einer fremden Sprache. Häufig kann ich erahnen, was du sagst. Aber nur, wenn ich aufmerksam bin", sagt er und die Art, wie er es sagt, lässt mir eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Es fühlt sich an wie eine Drohung. Denn Kaz ist immer aufmerksam. Will er mir sagen, dass er weiß, was ich vorhabe? Ich muss mich unbedingt besser zusammenreißen. Kaz kennt mich zu gut, um nicht zu bemerken, dass ich mich verändert habe. Also tue ich das, was ich immer tue, wenn Kaz mich verunsichert.
Ich breche einen Streit vom Zaun: „Als Stalker bist du immer aufmerksam. Besorg dir ein Hörbuch. Da verstehst du die Sprache, in der erzählt wird", blaffe ich ihn an, während ich aufstehe. Dann verlasse ich den Raum, um mich in meinem Zimmer fertigzumachen.
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