Kapitel 7
Schattenrose wusste, es war ein Traum. Aber es fühlte sich so echt an. Um sie herum war ein Wald, finster und unheimlich. Aber sie verspürte keine Angst. Sie verspürte nichts. Außer Wut.
"Willkommen, Tochter."
Schattenrose zuckte leicht zusammen. Vielleicht hatte sie doch Angst. Aber nur ein bisschen.
Nichts fühlen. Du darfst nichts fühlen.
Aus dem Gebüsch trat ein Kater. Aus purem Schatten. Schwarz. Angsteinflößend. Sie kannte ihn.
"Vater.", miaute sie kurz. Sichelschweif war sein Name. Und sie mochte diesen mörderischen Ausdruck in seinen Augen.
"Tochter. Wie schön, dich endlich hier begrüßen zu dürfen."
"Du wusstest, dass ich kommen würde?"
"Natürlich wusste ich das. Alles was dir zugestoßen ist, war von deiner Geburt an, vorbestimmt.
"Es war mir vorbestimmt zu leiden."
"Wer leer ist kann nicht fühlen. Wer nicht fühlen kann, kann töten. Fühlst du noch?"
Die Kätzin dachte nach. Nein. Sie fühlte nicht.
"Das tue ich nicht. Ich werde nie mehr etwas fühlen. Außer Hass. Das werde ich immer fühlen."
"Gut. Aber sag mir, was hasst du?"
"Alles. Die Clans und ihre mäusehirnigen Regeln. Distelstern. Mutter. Aber am meisten, am Meisten hasse ich Nebelfunke."
"Hasst du sie wirklich?"
Schattenrose starrte geradeaus. Ja sie hasste Nebelfunke. Mehr als alles andere.
"Ja, ich hasse sie. Ich will ihr noch schlagendes Herz in meiner Pfote fühlen und ihr Leben enden sehen."
"Braves Mädchen. Glaub mir, du wirst nicht lange warten müssen."
Mit einem Schlag wachte Schattenrose auf. Sie wusste, was sie tun wollte.
Denk daran. Sie haben keine Heilerin mehr.
Flüsterte Sichelschweif noch in ihre Gedanken, bevor er endgültig verschwand. Wie erst vor zwei Tagen bei Nebelfunke, kräuselten sich nun Schattenroses Lippen zu einem gehässigen Grinsen. Nur wusste sie, dass Nebelfunke sie niemals töten würde. Ja, das Biest wollte nämlich Anführerin werden.
Oh sie wird zum Stern werden. Nur nicht so wie sie das wollte.
Schattenrose tappte los. Weg vom Grab ihrer Jungen. Weg vom Grab ihres Gefährten. Weg vom Schmerz und hinein in die Wut. Ihre Pfoten führten sie zum Aussichtsfelsen. Doch bevor sie sich im Gebüsch versteckte, wälzte sie sich in Hasendung. Ihr Geruch war verschwunden, mit der Umgebung verschmolzen, nichts auffälliges mehr. Und dann wartete sie. Sie kannte Nebelfunke. Wahrscheinlich besser als sie selbst es tat. Und Schattenrose behielt Recht. Die WindClan-Kätzin tauchte auf, setzte sich auf den Aussichtsfelsen und begann, mit dem Halbmond zu sprechen. Sie sprach über belanglose Dinge. Dinge über die sich Schattenrose totlachen würde, würde sie etwas fühlen. Oh, wie sehr liebte Nebelfunke ihren Gefährten und oh wie sehr wünschte sie sich Junge mit ihm. Blablabla.
Lautlos schlich Schattenrose aus den Farnen. Nebelfunke, das dumme Kätzchen, sprach weiter mit dem Halbkreis am Himmel.
Sie ist so ahnungslos wie ein Kaninchenbaby.
Wieder verzogen sich ihre Lippen zu einem gehässigen Grinsen. Ihre Krallen kratzten am Boden. Die hellgraue Kätzin schrak auf doch schneller als sie jemals denken konnte, wurde sie von der Felsplattform hinuntergeschleudert, zusammen mit Schattenrose. Die schwarz-rote Kätzin klammerte sich fest an die junge Kriegerin. Sie hatte nie Kämpfen gelernt. Aber das brauchte sie auch nicht. Sie wusste, je tiefer sie ihre Krallen grub, desto mehr Schaden würde sie anrichten. Und das reichte. Pure Wut trieb ihre Krallen tiefer in Nebelfunkes Fleisch, zerfetzten ihren Nacken, ihren Bauch, ihren Rücken. Und zum Schluss, da landeten sie unten im Kies. Eisblaue Augen blickten Schattenrose an, ebenso hasserfüllt wie hilflos. Ohne auf darauf zu warten, dass die Worte in Nebelfunkes Kehle Gestalt annahmen, grub die schwarze Kätzin ihre Zähne in den Hals der Kriegerin. Wie ein wildes Tier riss sie einen Fetzen Fleisch heraus, Blut sprudelte ihr auf die Pfoten. Pulsierendes Blut. Gierig leckte Schattenrose einen Teil davon auf, selbst auf ihrer Zunge pochte das Blut noch im Takt des immer schwächer schlagenden Herzens. Sie sah die Angst. Und das befriedigte sie ungemein. Sie würde Nebelfunke nicht jetzt töten. Sie würde ihr erst später beim Sterben zusehen. Erst später. Je mehr Qualen, desto größer der Spaß.
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