Kapitel 12
»Harry? Bist du wach?«, Sirius betrat leise Harrys Zimmer. Der Junge saß wie so oft auf der Fensterbank und sah nach draußen. Sirius ging näher und berührte ihn leicht an der Schulter.
»Kommst du zum Frühstück?«, fragte er sanft. Harry nickte abwesend und stand auf. Sirius seufzte leicht, als er Harry nach unten folgte. Es zerriss ihn schier, den Jungen so leiden zu sehen. Er fragte sich, wie Harry es schaffen sollte, in zwei Wochen wieder am Unterricht teilzunehmen. Am Ende müssten sie ihn vielleicht noch länger zu Hause behalten, aber war dies eine Lösung? Die Mentalheilerin Clara Oswald sorgte sich um beide Jungen. Auch sie hatten bereits zum wiederholten Male an das Ministerium geschrieben, dass die Trennung von Dudley und Harry für die Kinder eine Katastrophe war und eine Heilung so einfach nicht stattfinden konnte. Doch bisher hatte sich nicht viel getan. Erfreulich war lediglich, dass Sirius und Remus eine Adoption wohl nicht verweigert werden würde, da war sich ihr Betreuer Liam Daniels sehr sicher. Aber ein wirklicher Trost war das auch nicht.
»Harry, iss bitte etwas, okay?«, besorgt sah Remus auf den Jungen, der wie beinahe immer eher lustlos in seinem Essen stocherte.
»Ich weiß, das ist nicht einfach, aber wenn du wieder abnimmst, dann weisen sie dich wieder in die Klinik ein. Also tu uns den Gefallen okay? Wir haben dann auch eine Überraschung für dich«, sagte Sirius augenzwinkernd und Harry sah auf.
»Was denn?«, fragte er.
»Erst essen und dann«, sagte der Mann und lächelte. Harry nickte und leerte seine Teller. Er legte gerade die Gabel auf die Seite, als es an der Tür des kleinen Hauses klopfte. Remus stand grinsend auf und ging aus der Küche, während ihm Harry irritiert nachsah. Augenblicke später stand Severus im Raum.
»Severus!«, rief Harry und sprang auf. Er hatte den Mann seit einiger Zeit nicht mehr gesehen. Dieser umarmte das Kind schnell und dann entdeckte Harry ihn, hinter Severus stand Dudley und lächelte.
»Dudley!«, keuchte Harry und sofort lagen sich die Jungen in den Armen.
»Ich dachte, wir kommen mal vorbei«, sagte der Tränkemeister augenzwinkernd.
»Danke!«, sagte Harry und umarmte den Mann ein weiteres Mal.
»Schon gut.«
»Harry, vielleicht geht ihr etwas raus in den Garten. Das Wetter ist heute wirklich schön«, sagte Sirius.
»Okay, komm mit Dudley«, sagte Harry und zog seinen Cousin mit sich.
»Kaffee?«, fragte Remus dann und Severus nickte, ehe er sich zu den Männern an den Tisch setzte.
»Danke, dass du das machst«, sagte Sirius und der Lehrer nickte erneut.
»Ich mach das für Harry und Daniel. Sie brauchen einander.«
»Daniel?«, fragte Remus irritiert.
»Ach so ja. Dudley hasste seinen Namen, also haben wir ihm einen Neuen gegeben«, erklärte Severus.
»Ja, verständlich. Okay, also wie geht es Daniel?«, wollte Sirius wissen. Seufzend rieb sich Severus die Augen.
»Schlecht, sehr schlecht. Tabetha meint, dass er sich immer mehr in sich zurückzieht. Er isst schlecht, redet kaum und hat Albträume. Er hat heute Nacht bei mir geschlafen und sich keinen Millimeter von mir entfernt. Ich habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Aber so ... so wird er zerbrechen«, sagte er.
»Gibt es nichts Neues von Daniels?«, wollte Remus sichtlich erschüttert wissen.
»Bisher nicht. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich jetzt schon da war. Lucius versucht auch, seine Kontakte spielen zu lassen, aber bisher ohne Erfolg.«
»Ich frage mich nur, warum sie sich so querstellen?«, sagte Sirius wütend.
»Lucius sagt, dass es hauptsächlich mit dem Geheimhaltungsabkommen zu tun hat«, sagte Severus.
»Aber das ist doch Quatsch. Wie viele Zauber und Hexen sind denn bitte mit Muggeln verheiratet und das stellte ja auch nie eine Gefahr dar. Das ist alles politischer Kalkül. Sie wollen sich nicht vorwerfen lassen, dass sie die Kinder Misshandlungen ausgesetzt haben, ohne es zu merken. Immerhin ist Harry von öffentlichem Interesse. Ein weiteres misshandeltes Kind, was jahrelang neben ihm gelebt hat und nun in unserer Welt leben soll, lenkt zu viel Aufmerksamkeit auf ihr Versagen«, donnerte Sirius. Beschwichtigend legte Remus ihm eine Hand auf den Unterarm.
»Sicher, das ist das eine, aber etwas anderes ist, dass ausgerechnet ich ihn aufziehen will. Ich lebe in Hogwarts und ihn von dort in eine Muggelschule zu bringen ist sehr aufwendig und gefährdet natürlich das Geheimhaltungsabkommen. Die Gefahr, dass ich mit ihm gesehen werde, wenn ich mit ihm appariere, ist einfach zu groß. Ganz abgesehen davon, dass er nie sagen könnte, wo er eigentlich wohnt«, sagte Severus.
»Ich habe schon überlegt meine Arbeit im Schloss aufzugeben und mir was in London zu suchen. In Cokeworth gibt es eine gute Schule und dort könnte ich ihn zu Fuß hinbringen. Vielleicht wäre das einfacher«, sagte er weiter.
»Das kannst du nicht machen. Das wäre auch für Harry hart und für die Schule ebenso«, warf Remus ein.
»Ja, ich weiß, aber eine andere Lösung, um das Wohlwollen des Ministeriums zu bekommen, sehe ich nicht.«
»Dann unterrichte ihn eben zu Hause!«, sagte Sirius.
»Und wie? Ich unterrichte selber den ganzen Tag. Er kann doch nicht stundenlang alleine in der Wohnung hocken. Das wäre ebenso falsch. Außerdem ist und bleibt er ein Muggel. Er wird irgendwann arbeiten wollen und müssen. Aber ohne Zeugnisse, wie soll das gehen?«, Remus sah zu Sirius, der kaum merklich nickte.
»Okay hör zu, vielleicht haben wir eine Lösung. Wir haben uns entschlossen, ein Haus ist Hogsmeade zu kaufen. Dort steht eines leer, ganz am Rand zum Wald hin. Wir wollen in Harrys Nähe sein und das Vermögen von Sirius gibt uns die Gelegenheit dazu. Ich arbeite ja nur halbtags im Archiv und Sirius gar nicht. Daniel könnte morgens zu uns kommen und wir unterrichten ihn. Am Abend holst du ihn ab oder wir bringen ihn dir. Das mit den Zeugnissen bekommen wir schon irgendwie hin und wer weiß, vielleicht arbeitet er ja irgendwann auch in der Zauberwelt. Auch hier gibt es Jobs, in denen er keine Zauberkraft braucht. Also was sagst du?«, schloss Remus. Severus war für einen Moment sprachlos, dann nickte er.
»Das ... das würdet ihr tun?«
»Sicher. Und so könnten Harry und Daniel sich sehen. Es wäre für alle die beste Lösung«, sagte Sirius.
»Ihr vergesst nur, dass ich das Sorgerecht noch nicht habe«, sagte Severus.
»Ja, aber am besten du gehst am Montag zu Liam Daniels und erzählst ihm alles. Mit dieser Lösung sollte das Geheimhaltungsabkommen ja kein Thema mehr sein«, sagte Remus.
»Ja, das sollte ich und danke für alles. Ich weiß, wir kamen nie sonderlich miteinander aus, aber ich wäre froh, euch als Freunde an der Seite zu wissen«, sagte Severus und man spürte deutlich, wie viel Überwindung es ihn gekostet hatte, dies zu sagen.
»Hey klar. Lass uns die Vergangenheit endgültig hinter uns lassen. Was zählt, sind jetzt die Jungs«, sagte Sirius und streckte Severus die Hand entgegen. Dieser nickte lächelnd und griff danach.
Harry lief mit Dudley in den Garten des Hauses. Er war leicht verwildert und überall blühten Wildblumen. Am anderen Ende des Grundstückes gab es eine kleine Laube unter der ein Tisch und drei Stühle standen. Von hier konnte man hinaus auf das Feld sehen, das sich neben dem Wald hinter dem Haus erstreckte.
»Wow, das ist echt schön hier«, sagte Dudley, als sie sich gesetzt hatten.
»Mhm ... ist es auch. Aber ... aber du fehlst mir sehr«, sagte Harry matt. Dudley nickte.
»Ja, du mir auch. Ich darf das ganze Wochenende bei Severus bleiben. Vielleicht kommen wir ja morgen auch noch mal her«, sagte er.
»Ja, das wäre schön. Wie ist es so bei Severus zu Hause?«
»Ich mag es. Das Haus ist klein, aber mein Zimmer ist toll und wir waren in der Winkelgasse«, sagte Dudley nun mit leuchtenden Augen.
»Das ist toll Dudley. Ich freu mich für dich«, sagte Harry.
»Ry?«
»Ja?«, fragte Harry alarmiert, der wusste, dass Dudley seinen Spitznamen nur verwendete, wenn es wirklich ernst war.
»Ich ... ich heiße nicht mehr Dudley«, erklärte der andere.
»Ähm ... okay. Wie heißt du jetzt?«
»Daniel. Severus hat mir den Namen gegeben. Ich wollte einfach nicht mehr Dudley heißen«, sagte Daniel nun und sah Harry flehend an. Dieser nickte. Er wusste, dass sein Cousin den Namen immer gehasst hatte, denn er war abwertend gemeint und er musste ihn viel zu vielen schlimmen Situationen hören.
»Also ich finde, Daniel ist ein cooler Name. Ich nenn dich ab jetzt gerne so«, sagte er dann.
»Danke. Aber ob die anderen im Heim das auch machen ...«, sagte Daniel traurig.
»Wie ist es da so?«, wollte Harry vorsichtig wissen.
»Geht schon. Sie sind alle sehr nett. Aber ... aber ich würde trotzdem lieber bei Severus leben. E-er will mich adoptieren, weiß du«, sagte Daniel nun und lächelte scheu.
»Wirklich? Wow, das ist ja super. Glaubt er, dass es klappt?«, fragte Harry und sein Cousin zuckte mit den Schultern.
»Weiß nicht. Er sagt, er tut alles dafür. Wenn es nicht klappt, dann ... dann bin ich ganz allein«, Daniel schluchzte auf und Harry rutschte neben ihn.
»Hey, das wird schon. Ich gehe hier nicht ohne dich weg«, sagte er ebenfalls den Tränen nah.
»Q-Quatsch ... du musst gehen. Da gehörst du hin«, sagte Daniel und wischte sich über die Augen.
»Aber ...«
»Nein, ich meine ... na ja ich muss doch wissen, dass es dir gutgeht, und in Hogwarts wird es dir gutgehen«, sagte Daniel und schluckte schwer. Gemeinsam hielten sie sich im Arm und hofften doch auf ein Wunder.
Seufzend wandte sich Severus vom Fenster ab und sah wieder zu Sirius und Remus.
»Sie gehen beide kaputt ohne einander. Ich würde Daniel gerne über Nacht hierlassen, aber ich fürchte, das könnte Ärger geben. Das Ministerium darf nicht wissen, dass ich ihn hergebracht habe, sonst kann ich die Adoption sofort vergessen«, sagte er.
»Ja, das stimmt. Aber wir könnten morgen auch zu dir kommen oder du kommst noch mal mit ihm her«, sagte Sirius.
»Ja das mach ich. Ich muss heute Nachmittag noch mal ins Mungos's mit ihm. Seine letzte Untersuchung und dann sehen wir weiter. Ich werde Daniels noch heute Abend kontaktieren und dann hoffen wir das Beste«, sagte Severus und die anderen beiden nickten nachdenklich.
Nach ein paar Stunden bei Harry, Remus und Sirius standen Severus und Daniel nun vor dem St. Mungo's. Der Junge hatte den Tag bei Harry genossen und freute sich, dass er auch am nächsten Tag zu ihm durfte, aber das er am Montag bereits wieder ins Heim musste, machte ihm Bauchschmerzen.
»Alles wird gut. Keine Angst«, sagte Severus und griff nach Daniels Hand. Sie betraten das Krankenhaus und setzten sich ins Wartezimmer.
»H-Harry hat gesagt, dass er nicht ohne mich nach Hogwarts gehen will«, sagte Daniel leise, als sie saßen.
»Mhm ... ja, das dachte ich mir, aber es wäre nicht gut«, sagte Severus.
»Ja, ich weiß. Kannst du nicht noch mal mit ihm reden? Ich will nicht, dass er meinetwegen nicht zur Schule geht«, sagte der Junge.
»Ich kann es probieren. Aber Daniel, du musst daran glauben, dass du zu mir kommen kannst, und dann wird alles gut«, sagte Severus sacht und strich dem Kind über den Kopf. Im selben Moment betrat Andrea Morgan den Raum.
»Ah, da sind Sie. Na Dudley, wie geht es dir?«, fragte die Heilerin.
»Ich heiße jetzt Daniel«, sagte der Junge schnell und drückte sich an Severus.
»Oh, na dann. Gut Daniel, dann komm mal mit«, sagte die Frau lächelnd und Severus zog den Jungen auf die Beine.
»Also es sieht alles sehr gut aus. Du kannst dich gerne wieder anziehen«, sagte die Heilerin, nachdem sie Daniel untersucht hatte. Schnell zog dieser sich wieder sein T-Shirt über.
»Könntest du kurz draußen warten? Dein Vormund kommt gleich zu dir«, sagte Andrea dann. Daniel sah zu Severus, der ihm aufmunternd zunickte.
»Okay. Danke«, sagte er schnell und ging dann aus dem Raum.
»Also wie sieht es aus?«, fragte Severus dann.
»Nun, seine Lunge ist vollständig ausgeheilt und auch die alten Verletzungen sind kein Thema mehr. Allerdings macht mir sein Gewicht immer noch Sorgen. Bei Harry sieht es da schon wesentlich besser aus. Verstehen Sie mich nicht falsch. Beide Kinder werden in Gewicht und Größe immer etwas hinterherhängen und sicher auch nicht so zunehmen können, wie andere. Dafür haben ihre Körper viel zu lange darben müssen, aber Dud ... Daniel hat, seit er hier eingeliefert wurde, gerade einmal zwei Kilo zugenommen. Damit ich mir keine Sorgen mehr machen muss, sollten es schon noch mindestens sieben bis acht werden«, sagte Andrea.
»Was schlagen Sie vor? Ich meine, im Heim versucht man alles, damit er isst, aber zwingen können sie ihn nicht. Er ist emotional einfach nicht dazu in der Lage. Er ist gerade erst zwölf und die Ungewissheit, was mit ihm geschieht, frisst ihn auf. Er hat momentan keine Perspektive ...«, Severus stand auf und lief auf und ab.
»Ich verstehe«, sagte Andrea.
»Nein, ich glaube nicht, dass Sie das wirklich verstehen«, sagte der Lehrer.
»Daniel hat niemanden mehr außer Harry. Sie hatten immer nur einander und nun sind sie getrennt. Daniel kann nicht adoptiert werden, er wird keine Pflegefamilie bekommen. Er wird, wenn das Ministerium sich nicht umentscheidet, sein Leben in diesem Waisenhaus verbringen, bis er hoffnungsvoll irgendwann alleine leben kann. Wenn sie sein Gedächtnis löschen, stirbt er wahrscheinlich und wissen Sie was, manchmal dachte ich schon, dass es vielleicht so am besten für ihn wäre, denn das Leben, das er jetzt hat, ist keines. Wie also, soll ich ihn dazu bringen, sich nicht tot zu hungern? Verraten Sie mir das?«, Andrea Morgan seufzte.
»Ja, ich sehe, was Sie meinen. Liam Daniels hatte schon vor ein paar Tagen nach Daniels Zustand gefragt. Wir haben ihm ebenfalls eine realistische Einschätzung gegeben. Ich sehe die Not des Kindes. Leider kann ich nur versuchen, das Körperliche zu behandeln. Ich bin der Meinung, dass der Junge bei Ihnen am besten aufgehoben wäre, aber unsere Meinung zählt nicht viel. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Geben Sie ihm die nächsten zwei Tage möglichst viele Nährtränke und von mir aus auch Eis, Kuchen ... was immer ihm schmeckt. Bevor Sie nach Hogwarts abreisen, kommen Sie noch mal her, dann sehen wir weiter. Zur größten Not bescheinige ich ihm, dass er weiter behandelt werden muss und das am besten in Hogwarts, da Madame Pomfrey eine Koryphäe im Bereich Ernährung von Kindern ist«, schloss die Heilerin.
»Moment das würde gehen?«, fragte Severus überrascht.
»Na ja es ist nicht gelogen und mit Professor Dumbledores Wohlwollen sollte das klappen. Aber das ist nur der letzte Ausweg. Im besten Fall entscheidet das Ministerium noch vor Ende der Ferien, dass der Junge zu Ihnen darf«, sagte Andrea.
»Ich danke Ihnen«, sagte Severus nun und reichte der Frau die Hand.
»Gerne und wir sehen uns«, sagte sie und der Lehrer nickte, ehe er das Behandlungszimmer verließ.
Mit Daniel an der Hand lief er in Richtung Winkelgasse, die vom Krankenhaus nur einen Steinwurf entfernt war. Sie mussten noch die Tränke aus der Apotheke holen und so konnte er gleich probieren, ob Daniel vielleicht zu einem Eis zu überreden war. Seit sie das Mungo's verlassen hatten, schwieg der Junge.
»Schau nicht so, sie war nicht sauer auf dich«, sagte Severus, der ahnte, was Daniel beschäftigte.
»Wirklich nicht?«
»Nein, sie macht sich nur Sorgen.«
»Ich hab versprochen, dass ich mehr essen, aber ich kann nicht«, sagte der Junge resigniert.
»Ja, das weiß ich doch. Aber wir schaffen das schon. Ich will nicht, dass du dich tot hungerst, hörst du? Also packen wir es jetzt an und ich verspreche dir, dass du ganz sicher nicht immer in diesem Heim bleiben musst. Egal was passiert, ich werde dich, so oft es geht besuchen, aber du darfst jetzt nicht aufgeben, okay?«, sagte Severus und drückte die Hand des Kindes fester.
»Ich versuche es.«
»Gut, wie wäre es mit einem Eisbecher. In Florean Fortescues Eissalon gibt es das beste Eis, das ich kenne«, sagte der Lehrer.
»Ich weiß nicht ... ich hab noch nie einen Eisbecher gegessen. Im Heim gab es Letztes so Wassereis, das war ganz lecker«, sagte Daniel.
»Na dann wird es aber Zeit und ich sagte dir, du wirst es nicht bereuen«, sagte Severus und schon bald standen sie in der Winkelgasse.
Severus hatte den Nachmittag mit dem Kind genossen. Daniel schien sein kindliches Staunen noch nicht verloren zu haben. Den Eisbecher hatte er schneller gegessen, als Severus schauen konnte. Sie waren dann durch die Winkelgasse geschlendert und Daniel konnte sich nicht sattsehen. Severus schmerzte es sehr, dass er den Jungen am Montag wieder abgeben musste. Die Lösung von Andrea war zwar immerhin etwas, aber wie diese schon sagte nur das letzte Mittel.
Inzwischen war es früher Abend. Daniel schlief bereits, der Tag hatte ihn erschöpft. Severus goss sich ein Glas Wein ein und setzte sich an seinen Schreibtisch. Mal wieder bat er Liam Daniels um einen Termin, um die Sache weiterzubringen. Natürlich wusste er, dass dem Betreuer mehr oder weniger die Hände gebunden waren, aber Severus musste es einfach versuchen. Er rollte gerade das Pergament zusammen, als es am Fenster klopfte. Irritiert stand der Lehrer auf und öffnete Selbiges. Eine Schleiereule saß davor und hatte einen Brief bei sich. Schnell nahm Severus diesen an sich, gab dem Tier einen Eulenkeks und schloss das Fenster wieder. Er schluckte schwer. Es war ein offizieller Brief des Ministeriums. Inständig hoffte er, dass dieses nichts von seinem Ausflug mit Daniel zu Harry erfahren hatte. Mit zitternden Fingern öffnete er den Brief und las:
Sehr geehrter Mr. Snape,
hiermit bitten wir Sie, am kommenden Montag, gemeinsam mir Dudley Dursley im Ministerium zu erscheinen. Nach intensiver Prüfung will das Gremium ein letztes Mal mit Ihnen und auch dem Jungen sprechen. Im Anschluss an diese Gespräche entscheidet das Gremium, ob Dudley Dursley in Ihre Obhut übergeben wird. Bitte seien Sie pünktlich.
Hochachtungsvoll
Thomas Arthur (Vorsitzender des Sorgerechtsgremiums)
Severus seufzte. Das konnte alles und nichts bedeuten, aber vor allem musste er Daniel darauf vorbereiten, dass er eventuell noch einmal wiederholen musste, was ihm geschehen war. Er legte den Brief beiseite und zerknüllte das Pergament an Daniels. Stattdessen schrieb er an Lucius Malfoy. Er wollte seinen besten Freund bei sich wissen, wenn er vor das Gremium musste, denn der Malfoy war objektiver und kannte viele der Mitglieder des Gremiums. Am Ende konnte er einen Fürsprecher wie Lucius vielleicht dringend brauchen.
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