Ihre Augen flackern, sind nur noch eine schwache Erinnerung an ihre Macht. Ihre Kraft schwindet. Langsam, aber stetig. Unaufhaltbar.

Dendor kniet neben ihr nieder. Um ihn herum Flüsse aus Blut. Leichen. Nymphen, deren Augen erloschen sind. Die Körper ohne Leben. Kein Funke mehr, der sie leuchten lässt. Efna ist gefallen. Ein Abbild der Zerstörung. Wüst und leer.

»Das Ende ist nah«, flüstert die Königin. Blut auf ihren Lippen. Das helle Licht, das sie umgeben hat, ist nur noch ein leichtes Glimmen. Ihre Pracht ist Vergangenheit. Dendors Schatten umschmeicheln sie. Sie haben keine Angst mehr. Sie spüren die Schwäche. Sie spüren die nahende Dunkelheit.

»Die Todesfee wurde gefangen«, sagt er. Seine Hand umfasst die ihre. Kalt. Das Feuer in ihr ist erloschen. Es gibt nur noch die Mauer aus brodelnder Lava. Dort ist all ihre Magie, all ihre Macht. »Sagt mir, wie ich sie töten kann.«

Ihre Tränen leuchten nicht, verdampfen nicht. Ein Flackern in ihren Augen. Kalte Finger streichen über seine Wange. Traurig. »Eine Todesfee kann nicht getötet werden«, wispert sie. »Sie muss es selber tun. Sie muss das Leben so vollkommen hassen, dass sie den Dolch in ihrem Herzen spürt. Durch eigene Hand. Durch eigenen Willen.«

Dendor senkt den Blick. Verzweifelt. »Sie wird es nicht tun.«

»Ich spüre ihre Wut.« Die Königin atmet schwer. »Ihre Wut auf alles. Richte ihre Wut in die richtige Richtung. Rede mit ihr. Dann lass sie schreien.«

»Ihr werdet sterben.«

Sie lächelt traurig. Ihre Tränen leuchten auf. Kurz. Nur ein Herzschlag. »Wir alle werden sterben. Nur sie nicht. Sie muss das Richtige tun. Nun geh.«

Dendor steht auf. Zögert. Er sieht den Schmerz der Königin. Die Trauer um den Verlust ihres Volkes. »Ihr seid die letzte Nymphe.«

»Noch nicht«, flüstert sie. »Aber ich werde die letzte sein.«

Sechs Augen leuchten hinter den Säulen aus erstarrter Lava auf. Alle silbern. Ihre Körper sind Fels und Stein. Lebende Rüstungen. Drei Frauen. Die Blicke entschlossen. Ohne Furcht. Bereit, für ihre Königin zu sterben.

Dendor verneigt sich. Seine Dunkelheit folgt ihm. Über die Leichen. Durch die Flüsse aus Blut. Eine Träne tropft in das Rot. Eine Träne für Titor. Eine Träne für den letzten Shaderon, den letzten dunklen Schatten. Eine Träne ist alles, was er ihm geben kann. Er hat nichts mehr. Er hat schon alles verloren.