16.
Tiefe schwarze Kerben zogen sich über den am Boden liegenden Baum. Wieder schloss Lenny die Augen. Diesmal formte sie mehrere der rote Fäden zu einem kleinen Knäuel und schleuderte sie auf den Baumstamm. Mit einem Knall explodierte ein Teil des Stammes, der Rest ging in Flammen auf. Alice pfiff anerkennend. "Du wirst immer besser." sagte sie und kam aus ihrer Deckung hinter einem anderen Baum hervor.
Erschöpft ließ sich Alice auf den Boden fallen. Ihre sonst viel zu guten Sinne waren abgeschwächt und ihr Kopf brummte. Sie gähnte mit vorgehaltener Hand. Plötzlich hörte sie ein Knacken. "Hast du das auch gehört?" fragte sie Alice leise. Zu ihrer Überraschung nickte sie. Bevor Lenny sie stoppen konnte, sprang Alice auf und brüllte: "Komm raus, du Stalker!"
"Lass das!" zischte Lenny. "Es könnte ein Tier gewesen sein." Plötzlich raschelte das Gebüsch neben dem verbrannten Baum. Ein Junge mit wachen braunen Augen und schulterlangen schwarzen Haaren stolperte heraus. Er umklammerte mit beiden Händen sein Handy.
Lenny stemmte sich vom Boden hoch und packte Alice am Handgelenk, die sich auf den Jungen stürzen wollte. Ihre Freundin schüttelte die Hand ab. "Was willst du?" zischte sie wütend. "Wer bist du überhaupt?"
Erstaunt bemerkte Lenny, wie der Kopf des Jungen sich Tomatenrot verfärbte. "I-ich wollte mir eigentlich nur die Umgebung ansehen, ich bin neu hier, also eigentlich erst seit gestern." stotterte er. "Und da hab ich gesehen, dass ihr..." er deutete unbeholfen auf Lenny.
"Auf welche Schule gehst du?" fragte Alice. "Auf das Gymnasium gleich um die Ecke. Ich hab den Namen vergessen." murmelte der Junge. "Super, auf unseres... Wie heißt du?" schaltete Lenny sich ein.
"Timo." Er zuckte mit den Schultern. Lenny wunderte sich, dass sein Handy noch nicht zerbrochen war, so viel Druck wie Timo darauf ausübte. "Okay, jetzt hör mir mal gut zu. Wenn du irgendjemandem davon erzählst dann wirst du es bereuen je... Ach, vergiss es." zischte Alice.
Timo hob das Handy. "Ich werde es niemandem erzählen, wenn ihr mich zum nächsten Training mitnehmt. Sonst zeige ich jedem das Video hier." Lenny stockte der Atem.
"Du Bastard." fauchte Alice. "Was bringt es dir überhaupt, mit zwei Leuten zusammen zu sein, die dich nicht einmal mögen?" Timo zuckte nur mit den Schultern. "Ich erfahre mehr über dieses Dings da. Und ihr erschient mir ganz nett."
Lenny spürte einen kleinen Stich bei dieser Bemerkung. Obwohl Timo kein Recht dazu hatte, sie zu erpressen. Müde legte sie den Kopf in die Hände. Es wäre so einfach die Glut zu benutzen und ihn- Lenny erstarrte. Wie weit waren die negativen Essenzen im Stein schon auf sie übergegangen, dass sie so etwas dachte. Sie hatte gehofft, das Böse würde nicht auf sie übergehen.
"Alles okay?" Alice' Stimme riss sie aus ihren Gedanken. "Ja." murmelte Lenny und warf Timo noch einen kalten Blick zu. "Lass uns einfach nach Hause gehen."
Als sie das Fahrrad erreichten, setzte Alice sich hinter Lenny auf den Gepäckträger. Etwas wackelig fuhren sie los. "Bist du schwerer geworden?" fragte Lenny. Alice lachte trocken. "Selbst wenn, würde mein Gewicht das ausgleichen, das du verloren hast." Lenny schnaubte. "Ich meine das ernst." sagte Alice. "Du isst kaum noch, seit du das Herz hast. Es ist zwar erst drei Tage her, aber das Ding scheint dir deine Lebenskraft zu entziehen. Hast du mal die Schatten unter deinen Augen gesehen?"
Lenny kniff wütend die Augen zusammen. Sie konnte Alice zwar nicht sehen, aber ihre Freundin musste sich gerade über sie lustig machen. "Mir geht es gut." antwortete sie, harscher, als sie beabsichtigt hatte. "Und da sind keine Schatten." Alice zuckte anscheinend mit den Schultern, denn das Rad machte einen gefährlichen Schlenker.
"Pass auf." murmelte Alice und umarmte sie von hinten. "Vielleicht sollte doch lieber ich fahren. Du musst total müde sein, und wir haben noch Hausaufgaben auf." Lenny seufzte. "Die müssen wir sowieso nicht machen, wenn Messertyp uns vorher ermordet."
Alice boxte sie gegen den Arm.
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