
Die Liebenden
>Vorab: Das hier ist keine der "Schattengeschichten", hat aber eben so sehr fantastischen Inhalt. Das liegt daran, dass ich keinen neues Buch anlegen wollte, nur um diesen einen Text zu veröffentlichen. Wer also nur hier ist, um die düsteren Geschichten zu lesen, der sei gern dazu eingeladen, diese hier zu überspringen; allen anderen wünsche ich viel Spaß beim Lesen!<
Ihr Blick schien durch ihn hindurch zu sehen. Als würde sie nicht ihn, sondern eine Stelle irgendwo jenseits der Bäume fokussieren.
Kalt und abweisend.
Er öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch stockte.
Sie würde ihm sowieso nicht antworten.
Er zitterte, rutschte auf dem Felsen, auf dem sie beide saßen hin und her, fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln.
Dann legte er seine Hand auf die ihre, und streichelte sie sanft.
Sie zog sie nicht weg, aber sie erwiderte die liebevolle Geste auch nicht.
Sie saß nur unberührt da, während er neben ihr leise anfing zu schluchzen.
Er versuchte Worte zu formen, doch es kam nur ein tränenerfülltes Stammeln heraus.
Er kauerte sich zusammen, wie ein kleines Kind, raufte sich die Haare, schlug in das, noch vom Morgentau benutzte Gras. Wieder und wieder. Immer härter, bis er plötzlich mit einem Schrei der Verzweiflung aufsprang, und seine Wut, seine Angst und seine Trauer, all die Ungerechtigkeit des Schicksals in den Wald hinausschrie, mit weitaufgerissenem Mund, die Hände zu Fäusten geballt.
Er stand so noch immer da, als der Schrei leise im Grün des Waldes verklang, und nur noch ein paar aufgeschreckte Vögel davon zeugten, was hier grade geschehen war.
Mit zitternden Brustkorb, und einem Seufzer ließ er langsam die Anspannung los. Er wandte seinen tränenverschlierten Blick zu ihr.
Sie sah nur zu ihm auf, unberührt, die Blüten der Lilien auf ihrem Haupt flatterten leicht im Wind.
Er wischte sich mit dem Handrücken die Tränen weg, und ging langsam auf sie zu.
Streckte seine Finger nach ihrer Wange aus.
Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper, als er sanft ihre Haut berührte.
Seine Mundwinkel bebten, doch er brachte es nicht über sich, die Worte zu sagen. Die Worte, die ihm schon seit jenem Tag im Kopf herumspukten, die er nachts immer sofort aus seien Gedanken verbannte.
Er presste die Lippen zusammen.
Nein, er würde es nicht sagen.
Nicht heute
Niemals.
Dann würde es nur real werden.
Er ließ es noch ein letztes Mal zu, dass sich ihre Blicke trafen. Dann sog tief den Geruch ihrer Blumenkrone ein, und machte kehrt.
Sie winkte ihm nicht nach, als er im Unterholz verschwand, sie blieb nur auf ihrem Fels auf der Lichtung sitzen, und blickte ihm nach.
Er sah nicht zurück.
Er hatte immer noch ihr Gesicht vor Augen, wie sie ihn ansah, so ausdruckslos.
Er hatte noch immer den Geruch der Lilienblüten in der Nase.
Und er konnte noch immer das Gefühl, als er sie gestreichelt hatte unter seinen Fingerkuppen spüren.
Es war kein schönes Gefühl gewesen.
Denn es war das Gefühl von warmer Haut auf kaltem Stein.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro