Kapitel 6
Jacky kratzte mit ausgefahrenen Krallen an der Tür. Als alles ruhig blieb sprang er auf die Klinke und diese wurde durch sein Gewicht nach unten gedrückt. Die Tür sprang auf und Jacky flog regelrecht in den Raum. Geschickt landete der Kater auf den Pfoten.
Das Zimmer war in zwei Hälften eingeteilt. Auf jeder Zimmerseite standen jeweils ein Bett, ein einfacher Schreibtisch und ein großer Schrank in dem man alles mögliche lagern konnte. Kleidung, welche überall auf dem Boden verteilt war, ein ziemlich zerwühltes Bett, ein vollgepackter Schreibtisch und noch ein paar andere Sachen, wiesen Jacky darauf hin, dass die linke Zimmerseite bereits bewohnt wurde.
Also ging Jacky zur rechten Zimmerseite. Nachdem er alles genau beschnuppert hatte, trat er zu dem großen Fenster, welches sich vom Boden bis zur Decke zog. Das Zimmer befand sich allem Anschein nach im zweiten Stock und der Anblick, der sich ihm jetzt bot, verschlug ihm die Sprache. Zur rechten Seite hin öffnete sich eine kleine, wunderschöne Bucht. Zur linken Seite jedoch befand sich ein riesiges Waldgebiet.
Plötzlich hörte Jacky, wie jemand das Zimmer betrat. Schnell drehte er sich um. Vor ihm stand ein großer Junge, mit braunem Haar, welches ihm strähnig in die Stirn hing. Er war dünn und wirkte ein wenig schlaksig. Misstrauisch starrte ihn sein Gegenüber an. Hallo, du musst Travis sein. Ich bin... Weiter kam Jacky nicht.
„Wehe du nennst mich noch einmal Travis. Ich hasse diesen Namen." Wütend funkelte er Jacky an. Oh sorry, dass wusste ich nicht, wie soll ich dich denn sonst nennen. Taubendreck, das fing ja schon mal gut an, dachte Jacky und wäre am Liebsten im Boden versunken. „Nenn mich Sky", sagte der Junge nun mit einem etwas freundlicherem Ton.
„Ok, also fangen wir noch mal von vorne. Hallo, ich bin Sky dein Zimmerpartner und du bist?"
Ich bin Jacky.
„Katze", murmelte er und rümpfte dabei die Nase.
Was bist du für ein Tier? Kurz schien der Junge zu überlegen, doch dann meinte er: „Fledermaus." Mit diesen Worten drehte er sich um und wollte gehen, schien es sich dann aber doch anders zu überlegen und meinte zu Jacky gewandt: „Du hast bestimmt Hunger. Komm doch mit in die Cafeteria."
Jacky wusste nicht was eine Cafeteria war, aber anscheinend gab es dort etwas zu essen, weswegen er Sky begeistert folgte. Der Junge führte ihn den Flur entlang, bis sie an eine Treppe gelangten, welche sie nach unten in die große Halle führten, in dessen Mitte sich eine große alte Eiche befand. Drumherum glitzerte ein kleiner Teich. „Dies ist übrigens die Eingangshallen", bemerkte Sky. Er steuerte auf eine große Tür vor ihnen zu, welche die Jungs in einem Saal ausspuckte.
Der Saal war riesig, vor allem für Jacky, der als Katze unterwegs war. Am anderen Ende des Saals gab es ebenfalls einen Durchgang. Die Cafeteria selbst sah ein wenig ungewöhnlich aus, da sich in ihrer Mitte ein rechteckiger See befand, auf dessen Oberfläche mehrere kleine Boote dicht nebeneinander vertäut und in die Sechsertische komplett mit Sitzplätzen eingebaut worden waren. Der Rest der Cafeteria war trocken und mit normalen Tischen ausgestattet. Erstaunt blickte Jacky sich um. Sky der seinen Blick bemerkt hatte, musste sich das Lachen verkneifen.
An den Tischen und in den Booten verteilt, saßen lauter Kinder in ihrem Alter, die sich entweder unterhielten, schweigend ihr Essen verspeisten, oder sich anderweitig beschäftigten. Sky trat mit ihm an einen Tisch, an dem bereits zwei Jungs und ein Mädchen saßen. Neugierig betrachteten sie den kleinen, schwarzen Kater. Hallo, ich bin Jacky.
Das Mädchen ergriff als erste das Wort. „Freut mich dich kennen zulernen, ich bin Luna, meine Zweitgestalt ist ein Igel." Luna war Jacky sofort sympathisch. Sie war eher kleiner gebaut und dünn. Sie hatte braunes, glattes Haar, welches ihr bis zu den Schultern reichte. Noch dazu war ihr Gesicht von unzähligen Sommersprossen bedeckt.
„Das sind Louis, ein Anemonenfisch und Shakeel,... eine Grubenotter", stellte sie nun auch die anderen vor. Als sie bei Shakeels Zweitgestalt angekommen war, zögerte sie kurz, was Jacky nicht entging. Shakeel war von muskulöser Statur, groß gewachsen und hatte braune, etwas längere Haare, die er sich zu einem kleinen Zopf zusammen gebunden hatte. Louis dagegen, war sein genaues Gegenteil. Klein, etwas pummelig mit orangefarbenen Haaren. Außerdem trug er eine Brille.
Während Sky sich auf den Weg zur Essensausgabe machte, setzte sich Jacky neben Luna auf die Bank. Als auch Sky sich gesetzt hatte, gab er Jacky ein wenig von seinem Essen ab. Plötzlich fragte Luna: „Bist du eigentlich als Mensch oder Katze aufgewachsen?"
Jacky spannte sich automatisch ein wenig an.
Als Katze.
„Hast du dich denn schon mal in einen Mensch verwandelt? Und wie ist das Leben als Katze so?"
Nein, meinte Jacky kurz angebunden und wandte sich wieder seinem Essen zu, ohne auf die letzte Frage einzugehen.
Luna die merkte, dass sie anscheinend einen wunden Punkt getroffen hatte, schwieg von jetzt an. Der Rest des Essens verlief ruhig und Jacky war erleichtert, als er endlich auf sein Zimmer fliehen konnte.
„Alles in Ordnung?", fragte Sky, als sie wieder alleine waren.
Alles katzig, meinte Jacky etwas zu überzeugt.
„Es tut mir Leid, wegen Luna. Sie handelt manchmal... ein wenig unbedacht."
Schnell wechselte er das Thema. „Hast du später vielleicht Lust, auf eine kleine Nachtwanderung. Und keine Sorge. Es ist nicht verboten oder so." Fragend schaute er Jacky an.
Gerne, meinte Jacky, der ein wenig Abwechslung gut gebrauchen konnte. „Gut, dann ruh dich jetzt am Besten ein wenig aus, damit du nachher ausgeschlafen bist." Jacky rollte sich auf seinem Bett zusammen und sah gerade noch, wie Sky es ihm gleich tat, dann schlief er auch schon ein. Der Tag war ziemlich anstrengend gewesen.
„Hey Jacky, wach auf", hörte der Kater eine Stimme flüstern. Er öffnete seine Augen. Das Zimmer war in Dunkelheit getaucht, doch Jackys Augen hatten sich schnell daran gewöhnt und er blickte sich neugierig um. Als er Luna neben Sky stehen sah, verspannte er sich kurz, doch ihre Miene verriet, dass sie sich immer noch für gestern schämte und so verzieh er ihr. Jacky streckte sich, dann folgte er den anderen nach draußen.
Die Nachtluft war kühl und es war eine klare Nacht, sodass der Mond die Umgebung in ein schummriges Licht tauchte. Sky führte sie zu dem angrenzenden Waldgebiet. Dort angekommen verwandelten sich Sky und Luna. Ihre Kleidung kehrten sie unter einen Busch. Als Igel, Katze und Fledermaus zogen sie schließlich los, in die Tiefen des Waldes.
Sie waren schon eine Weile unterwegs, als Sky plötzlich nicht mehr weiter flog und stattdessen auf dem Boden landete. Sky, was ist los?, fragten Luna und Jacky fast zeitgleich. Schhht, seid leise, flüsterte er in ihre Köpfe. Nach ein paar Sekunden, meinte er: Ich orte dort drüben etwas. Etwas großes.
Oh hilfe, ein Baum!, witzelte Luna, doch Sky zwang sie still zu sein.
Es ist länglich und... steht auf Rädern. Höchstwahrscheinlich ein Kleinbus.
Aber was hat ein Fahrzeug hier bei uns, mitten im Wald zu suchen?, fragte Luna nun doch etwas verunsichert.
Da fragst du den falschen.
Ich kann mich ja mal ran schleichen, meldete sich Jacky plötzlich zu Wort.
Ok, aber pass auf dich auf, meinte Luna besorgt und ehe Sky ihn zurückhalten konnte, war der Kater auch schon verschwunden.
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