21. Türchen
Hermine spürte den harten, kalten Boden unter ihrem Körper, als sie auf dem Marmor aufschlug. Von ihren Knien ging ein plötzlicher Schmerz aus und etwas warmes rann ihre Wange hinunter. Irgendein Fluch musste sie von hinten getroffen haben. Vor Schmerz stöhnend wollte sie nach ihrem Zauberstab greifen, um sich zu wehren, doch ihre Finger konnten ihn nicht finden. Panik stieg in ihr hoch. Wo war ihr Zauberstab?
So schnell sie konnte drehte sie sich auf den Rücken und ignorierte den pochenden Schmerz in ihren Beinen. Die Hexe von vorhin stand ein paar Meter entfernt inmitten der Menschenmenge und lächelte sie mit dem gleichen Irren blick an, den sie auch schon vor ein paar Minuten drauf gehabt hatte. Wie psychopatisch konnte man sein? Sie kroch nach hinten, in der ständigen Angst, dass ihr jemand auf die Hände treten könnte. Wobei das ihr kleinstes Problem war.
Hektisch richtete sich die Brünette auf und sah sich nach ihrem Zauberstab um. Er musste irgendwo auf dem Boden liegen. Sie versteckte sich hinter ein paar anderen kämpfenden Zauberern, in der Hoffnung, von der schwarzhaarigen Hexe nicht entdeckt zu werden. In ihren Gedanken hatte sich ein Mantra festgesetzt: Bitte, bitte, bitte.
Wenn sie ihren Zauberstab nicht mehr fand, dann...
Und da lag er. Nur ein paar Meter von ihr entfernt.
Hermine sprintete erleichtert auf die Stelle zu, schnappte sich ihren Zauberstab und richtete sich wieder auf. Die Psychopatin hatte sich anscheinend ein anderes Opfer gesucht, jedenfalls kämpfte sie gerade gegen einen Siebtklässler, der ihre Flüche geschickt abwehrte. Ihr Blick glitt weiter durch die Halle. Hatte sie nicht eben noch einen blonden Schopf hier gesehen?
Bitte, bitte, bitte. Sie durfte ihn nicht verloren haben.
Verzweifelt fuhr sie sich durch ihre lockige Mähne, aber sie konnte jenen Kopf nicht mehr ausmachen. Sie hatte ihn aus den Augen verloren. Verdammt!
Panik stieg in ihr hoch, größere als zuvor. Sie hatte keine Ahnung, wo Draco war und was er gerade tat - alles was sie wusste war, dass Todesser ins Schloss eingedrungen waren. Harry und Dumbledore mussten unbedingt zurück kommen. Es war gut zweieinhalb Stunden her, seit die Beiden zur Hölle aufgebrochen waren, schätzte sie. Hatten sie in dieser Zeit das erreicht, was sie wollten, oder würden sie erst später zurückkehren? Denn dann wäre es zu spät.
Die junge Hexe beschloss, noch mal im Raum der Wünsche nachzusehen. Vielleicht kamen keine Todesser mehr heraus und Draco war dort. Einen Versuch war es wert. Sie rannte die Treppe hoch, verfluchte ein paar von Voldemorts Anhängern und ignorierte ihre schmerzenden Beine und ihren Rücken.
Das Kampfgetöse hallte im kompletten Schloss nach, selbst ganz oben, wo sie auf keine Kämpfenden mehr stieß. Ein Hoffnungsschimmer stieg in ihr auf. Wenn hier oben niemand kämpfte und auch niemand zu sehen oder zu hören war, dann kamen wahrscheinlich keine dunklen Gestalten mehr aus dem ehemaligem Quartier Dumbledores Armees.
Ihre Schritte hallten laut nach, viel zu laut ihrer Meinung nach, denn so war sie leichter zu verfolgen. Ihr Atem ging schnell, ihr Herz schlug schmerzhaft gegen ihren Brustkorb. Ihr Körper zitterte vor Aufregung. Achtlos strich sie ihre Haare beiseite, als sie vorsichtig einen Blick um die Ecke zum Korridor besagten Raumes warf. Niemand war da.
Sie atmete auf und ging zur leeren Wand. Wenn Draco noch immer da drin war und nicht gefunden werden wollte, dann könnte er das auch nicht. Aber sie musste es probieren, sie hatte keine andere Wahl. Sie strengte die kleinen Zahnrädchen in ihrem Gehirn an: Was würde er als Ort nehmen, um Todesser ins Schloss zu schleusen?
Einen Raum, den niemand finden konnte? War klar. Ein Raum, den niemand ohne Erlaubnis betreten konnte? Ebenfalls logisch. Aber das reichte nicht, sie brauchte genauere Angaben. Was für einen Raum genau? Sie musste sich ihn genau vorstellen können, sonst würde das nichts werden. Verzweifelt griff sie in ihre braunen Haare. Das würde doch eh nicht gehen, sie hatte verdammt nochmal keine Ahnung! Alles was sie wollte war, dass Schloss in Sicherheit zu wissen!
Sie schloss die Augen, Tränen in ihren Augenwinkeln. Konzentriere dich, Hermine! Konzentriere dich! Sie atmete tief durch und versuchte, ihren Puls zu senken. Dann hätte sie bessere Chancen.
"Na sieh mal einer an", hörte sie auf einmal eine Stimme. Erschrocken öffnete sie die Augen und wandte sich in die Richtung, aus der sie gekommen war. Ein Mann stand am anderen Ende des Korridors und sah sie mit einem Blick an, der in ihr Übelkeit und eine Gänsehaut verursachte. So, als würde er sie gleich aufessen wollen. "Du bist doch Potters Kleine, oder?" Er kam ein paar Schritte näher und Hermine wich zurück. Wo war er denn bitte hergekommen?
"Ich bin niemandes Kleine", fauchte sie zurück und versuchte, so groß wie möglich zu wirken. Was jedoch kläglich scheiterte, auch wenn sie sich von ihm keine Angst einjagen lassen würde. Der Mann zog eine seiner dunklen Augenbrauen hoch. Alles an ihm war dunkel. Seine Haare, seine Augen, seine Kleidung. Die blasse Haut bildete einen starken Kontrast dazu. In der Muggelwelt wäre er locker als Emo durchgegangen.
"Ganz schön mutig für so ein kleines Mädchen." Er kam noch näher und sie wich noch weiter zurück. Wie sie es hasste, als kleines Mädchen angesehen zu werden. So, als würde sie nichts können, wehrlos und schutzbedürftig sein. Sie hatte das schon immer gehasst. "Das gleiche könnte ich von ihnen sagen", schleuderte sie zurück und umklammerte ihre hölzernen Zauberstab fest. Sie war - verdammt nochmal - eine Gryffindor und sie würde sich nicht von einem Todesser einschüchtern lassen.
Sie war eine Löwin.
"Und frech bist du noch dazu." Seine Augen schienen sich zu verdunkeln und er legte den Kopf schief, während Hermine die Schauer, die ihren Rücken hinab rannen, ignorierte. "Vielleicht waren diese Kommentare nicht so gut."
"Das werden wir ja sehen. Verkestatum!" Aus ihrer Zauberstabspitze kam ein blauer Strahl geschossen, der direkt auf den unvorbereiteten Mann traf, der ganz offensichtlich nicht mit ihrer Attacke gerechnet hatte, und ihn quer durch die Luft bis ans andere Ende des Korridors schleuderte. Den hatte Draco ihr beigebracht. Nur hatte er bestimmt nicht damit gerechnet, dass sie ihn gegen seine eigenen Leute einsetzen würde.
Bevor der Zauberer wieder aufstehen konnte - was vermutlich aber noch eine Weile dauern würde, weil er hart gegen die Wand geprallt war - rannte die Gryffindor in die entgegengesetzte Richtung. Zwischen all der Verzweiflung stellte sich ein gutes Gefühl ein. Dem hatte sie es gezeigt.
Die Hochstimmung hielt allerdings nicht lange, als sie Stimmen hörte.
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