2. Türchen
Es war still im Schloss. Außer dem Knistern des Feuers in den Fackeln und den schnellen Schritten Hermines, wagte es kein Geräusch, den Weihnachtsmorgen zu stören. Es war kalt, doch die braunhaarige Hexe ignorierte das. Sie schaute vorsichtig um eine Ecke, doch wie sie erwartet hatte, war der lange steinige Korridor leer. Es war noch zu früh am Morgen, als dass einer der wenigen Schüler, die über die Ferien in der Schule blieben, durch die Gänge schleichen würden. Viel zu früh, es waren noch Stunden bis zum Festessen. Mit Ausnahme von ihr natürlich. Und Draco.
Sie war von einem Türknallen geweckt worden. Nur ein paar Sekunden später hatte sie sich ein frisches T-Shirt und eine Jeans übergeworfen und ein paar braune Stiefel angezogen, um Draco durch die Schule zu verfolgen. Sie vermutete, dass Draco sich zum Raum der Wünsche begab, um dort was auch immer zu tun. Das musste sie noch herausfinden. Aber eine andere Erklärung, wieso er zu dieser frühen Stunde im Schloss unterwegs war, fand sie nicht.
Sie nahm eine Abkürzung und rannte, was das Zeug hielt. Er hatte zwar ein oder zwei Minuten Vorsprung, aber sie musste unbedingt vor ihm da sein, um ihn davon abzuhalten, an dem weiterzuarbeiten, an welchem er schon seit Schuljahresanfang arbeitete. Denn es war mit Sicherheit nichts legales, denn sonst würde er es nicht so geheimhalten.
Mit der Hoffnung, er hätte ihre Schritte nicht gehört, die ziemlich laut von den Wänden wiederhallten und dass er nicht schon im Raum, der alles versteckt, war, kam sie schlitternd vor der kahlen, unscheinbaren Wand zum Stehen. Sie verschränkte ihre Arme, nachdem sie kurz über ihre Haare strich und schlenderte ein wenig im Gang herum, während sie sich bemühte, ihren verräterischen Atem zu beruhigen.
"Hermine?" Der erwartete Blondschopf blieb überrascht an einer Ecke stehen, die ein paar Meter von ihr entfernt war. Sie hatte es wohl doch geschafft. "Draco." Sie tat überrascht. "Was tust du denn hier?"
Er hob eine Augenbraue und trat ein wenig näher, der ettapte Ausdruck auf seinem Gesicht wich einer Maske. "Das gleiche könnte ich dich fragen."
"Ich war spazieren. Ich liebe Weihnachtsspaziergänge."
"Ist es nicht ein wenig sehr früh dafür?"
"Je früher, desto besser. Um diese Uhrzeit sind so gut wie keine Schüler unterwegs und der Schnee ist noch frisch. Ich liebe einfach die Atmosphäre. Aber was tust du hier?", fragte sie und zwang sich zu einem Lächeln. "Das gleiche wie du." Sie wäre ein Narr, ihm zu glauben. Dennoch nickte sie. "Freust du dich schon auf das Festessen? Es soll wie jedes Jahr köstlich sein, auch wenn die Hauselfen es zubereiten, die anstatt befreit zu werden, in der Küche arbeiten müssen."
Draco nickte. "Ja, natürlich. Das Essen hier ist wunderbar." Er ging nicht auf die Hauselfen ein, wohlwissend, dass ihre Meinungsunterschiede in diesem Thema zu groß waren. Wie in vielen Themen. "Was meinst du, bekommst du von deinen Eltern dieses Jahr geschenkt? Von meinen bekomme ich bestimmt wieder einen Haufen Zahnputzzeugs und zuckerfreie Süßigkeiten", sagte sie und versuchte, die angespannte Atmosphäre ein wenig aufzulockern. Vielleicht würde er dann leichter reden. "Nun, ich erwarte einen Brief, der davon handelt, dass ich mich mehr in der Schule anstrengen soll. Mehr nicht."
Sie hob die Augenbrauen. "Mehr nicht? Warum denn?" Dass Dracos Eltern ihrem Sohn nicht sehr viel Liebe schenkten, wunderte sie nicht, aber sie wollte noch mehr erfahren. "Sie sind eben meine Eltern. Die Malfoys waren noch nie sehr herzlich." Kaum zu übersehen. "Warum denn? Der Familienname sollte nicht die Persönlichkeit ausmachen." Er verschränkte die Arme und lehnte sich an die Wand, noch immer ein paar Meter zwischen ihnen.
"Jetzt tu nicht so, als wüsstest du nichts. Du weißt doch, dass meine Familie nicht ganz einfach ist. Und auch nicht ganz unschuldig." Er wurde direkt. Das war ein Schritt nach vorne. "Da lässt sich glatt annehmen, dass Leute herzlos und grausam sind, nur weil sie Todesser sind. Ich dachte, du magst keine Vorurteile?", antwortete sie und ließ ihre unwissende Maske fallen.
"Tu ich auch nicht. Manche Todesser haben auch noch ein Herz, das nicht aus Stein besteht." Sie hob die Augenbrauen. "Noch?"
"Die meisten werden hart und kalt, nachdem sie einige Zeit für den dunklen Lord gearbeitet haben. Man härtet ab", kam seine Antwort. "So wie du?" Sie war sich bewusst, dass diese Frage gewagt war, aber sie musste vorankommen, mehr herausfinden. Stille. "Wer sagte, dass ich für ihn arbeite?", sagte er nach ein paar ewigen Sekunden des Schweigens. "Nun, manchmal kommt es mir so vor, als wäre dein Herz eisig."
"Aber nur manchmal." Diesmal ging von ihr das Schweigen aus. Sie war schon definitiv weiter vorgedrungen, sie durfte jetzt nicht aufgeben. "Ich weiß, dass du regelmäßig im Raum der Wünsche verschwindest", antwortete sie und ging nicht auf seine Aussage ein. "Der Grund, wieso du jetzt hier bist." Er veränderte nichts an seiner Haltung, was ihn verraten könnte. "Ach? Und woher?"
"Aufgrund deiner Antwort gehe ich davon aus, dass meine Vermutung stimmt?" Ein kleines Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. "Ich habe es zwar nie gerne zugegeben, aber du bist schlau, Granger." Er änderte seine Haltung und trat ein wenig auf sie zu. "Ja, ich betrete oft besagten Raum. Ich nehme an, dass deine zwei Schoßhündchen das auch wissen?" Sie jubelte innerlich. Er redete. Endlich.
"Ich denke", antwortete sie, "dass kannst du dir selbst denken. Was tust du im Raum der Wünsche?", fuhr sie direkt fort. "Ich denke, dass kannst du dir selbst denken", zitierte er sie und sein Gesucht nahm einen spöttischen Ausdruck an. "Ist es illegal? Bedroht es andere Menschen? Zweifellos ist es illegal, sonst würdest du es nicht geheimhalten." Sie wusste, dass er Dumbledore umbringen wollte. Und dass Snape irgendetwas mit damit zu tun haben musste, sonst hätte er nicht den unbrechbaren Schwur geschworen. Doch wem gegenüber hatte er ihn abgelegt? Voldemort? Einer von den Malfoys? Und was genau? Es musste mit Draco zu tun haben, aber was? Was musste er tun?
"So geheimhalten tue ich es doch gar nicht. Ich erzähle es schließlich dir. Glaub mir, du willst es nicht wissen", fügte er hinzu, als sie schwieg. "Wieso? Ist es so schlimm?"
"Sagen wir es mal so: Deine moralischen Grenzen sind ziemlich -nun ja - engstirnig. Und das, was ich tue, überschreitet diese Grenzen nun mal gewaltig." Sie musste an sich halten, um nicht laut los zu lachen. Wenn er nur wüsste. "Wieso bist du dir da so sicher?"
"Du bist schon nervös, wenn du eine Hausaufgaben ein paar Minuten zu spät ab gibst. Das erscheint mir sehr aussagekräftig."
"Und da wären wir wieder bei Vorurteilen. Sagtest du nicht kürzlich, dass du nichts von ihnen hältst?" Er ging ein paar Schritte auf sie zu, bis er direkt vor ihr stand und sie zu ihm aufsehen musste. "Heißt das, dass deine moralischen Grenzen dehnbarer sind, als gedacht?" Sie konnte seinen heißen Atem spüren. "Vielleicht." Sie sah ihm direkt in die grauen Augen. Auf das hier hatte sie das ganze Schuljahr lang gewartet.
"Schön. Aber kann ich dir vertrauen?"
"Kann ich dir vertrauen?", antwortete sie mit einer Gegenfrage. "Ich weiß es nicht. Ebensowenig, wie ich weiß, ob ich dir vertrauen kann."
"Dann lass es uns ausprobieren", hauchte sie, während ihre Lippen sich nährten. "Willst du das wirklich?", kam seine leise Antwort. Sie flüsterte zurück. "Ja. Ich will es." Ihre Gesichter nährten sich immer weiter, sie konnte spüren, wie ihr Herz schneller schlug. Sie schluckte und konnte seine weichen Lippen schon fast auf ihren spüren, während sie seinen minzigen, frischen Geruch einatmete.
"Später. Ich zeige es dir später."
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