10. Türchen
Ziemlich pünktliches Kapitel 😂
"Harry!" Hermine eilte zum Bett des Schwarzhaarigen. "Oh Gott, wie geht es dir?" Sie setzte sich an die Bettdecke und musterte ihn besorgt. Er hatte einen dicken Verband um den Kopf und sah noch ein wenig verwirrt aus, doch im Grunde hatte Madam Pomfrey ihn wieder zusammengeflickt. "Den Umständen entsprechend." Er lächelte ironisch. "Ich mach McLaggen fertig!", drohte die Jägerin Demelza Robins. Die ganze Gryffindor-Mannschaft war um Harrys Bett versammelt. Bis auf Cormac selbst. Ginny schüttelte den Kopf und befreite ihre roten Haare aus dem Pferdeschwanz. "Wie kann er es wagen, sich selbst als Kapitän aufzuspielen. Wo doch jeder weiß, dass du der Beste für den Posten bist."
Harrys Pupillen weiteten sich ein wenig. Ginny hatte ihm ein Kompliment gemacht. "Ja schon, aber er wollte eigentlich doch nur helfen", warf Dean Thomas, der als Ersatz für Katie Bell diente, ein und zog damit verärgerte und ungläubige Blicke auf sich. "Er wollte das Team besser machen." Er rückte ein wenig näher zu Ginny, die ihn jedoch nicht mit ihrem zweifelnden Blick verschonte. Er war ihr Freund und wollte natürlich nicht, dass sie anderen Jungs Komplimente machte. Dean sah Harry als Rivalen. "Aber doch nicht, indem ich den Kapitän mit einem Klatscher vom Besen haue und das Spiel mit meinen besserwisserischen Kommentaren unterbreche", meldete sich nun auch Ron zu Wort, der sich im benachbarten Bett aufgesetzt hatte. "Bestimmt will er Harrys Position als Kapitän haben."
"Leute, hört zu", sagte de Brillenträger schließlich. "Ich denke, es ist gut. McLaggen wird aus dem Team fliegen, aber es war ein Unfall. Okay?" Alle nickten. "Kann mir jemand meine Sachen aus dem Turm holen? Madam Pomfrey möchte mich noch ein paar Tage hier behalten. "Ich mach schon", meldete sich Ginny freiwillig. "Ich kann sie holen." Dean musterte sie misstrauisch und sah dann genauso skeptisch zu Harry. "Das musst du aber nicht."
"Ich will aber, Dean", antwortete die junge Weasley. "Genug geplaudert." Madam Pomfrey kam mit einem Trank in der Hand aus ihrem Büro. "Mister Potter braucht Ruhe. Hier", fügte sie an Harry gewandt hinzu. "Trinken sie das, das wird ihrem Kopf helfen. Und dann legen sie sich hin und schlafen. Ach und sie beide", sie musterte Ron und Hermine argwöhnisch, "sie passen in Zukunft auf, dass ich sie nicht schon wieder behandeln muss. Sie alle drei innerhalb von ein paar Tagen behandlungsbedürftig begrüße ich nicht nochmal. Ihr Schüler müsstet generell besser auf euch aufpassen und euch nicht immer auf die Magie verlassen." Mit diesen Worten schickte sie die besorgte Gryffindor-Mannschaft und Hermine aus dem Zimmer.
*
Die Brünette öffnete die Tür zum Turm und trat in den Gemeinschaftsraum. Und erschrak, als eine blonde Person auf dem Sofa saß. "Draco." Ihre Stimme war ausdruckslos und sie verschränkte die Arme vor der Brust, als die Kälte des Sees wieder in ihr hochstieg. Er drehte den Kopf und stand auf. "Granger. Schön dich wiederzusehen." Seine Stimme hatte nichts bedrohliches an sich, nichts drohendes, nur diesen leicht spöttischen Unterton, den sie schon von ihm kannte. Sie zog eine Augenbraue hoch. "Wirklich? Du freust dich, mich wiederzusehen? Ich nämlich irgendwie nicht."
Der Malfoy legte den Kopf schief. "Ach nein? Schade." Sie starrten sich ein paar Sekunden lang an. "Lassen wir die Spielchen", gab sie schließlich auf. "Wegen dir wäre ich fast ertrunken."
"Aber nur fast", entgegnete er. Sie schüttelte ungläubig den Kopf. War das sein Ernst? Er hatte sie fast umgebracht und ihm viel nichts besseres ein, als 'nur fast' zu sagen? So, als wäre er sich keiner Schuld bewusst? Sie konnte jedes Mal von neuem über seine Arroganz staunen. "Ernsthaft? Nur fast?", zitierte Hermine ihn. "Nicht mal eine Entschuldigung?"
"Warum? Es war ja schließlich deine Schuld."
"Meine Schuld?" Ihre Stimme wurde vor Empörung und Entsetzen lauter. "Meine Schuld?", wiederholte sie und musste sich zusammenreißen, nicht laut loszulachen. "Ist das dein verdammter Ernst? Wer hat mich denn ins Wasser gestoßen? Du oder Ich? Weißt du überhaupt, wie sich das anfühlt? Wie es ist, in eiskaltem Wasser zu schwimmen und nur eine dicke Eisschicht über sich zu haben?"
Als Antwort kam nur ein Kopfschütteln, sein Gesicht zeigte keinerlei Emotion. "Siehst du. Du hast mir das angetan. Und jetzt sag mir nicht, dass es meine Schuld war, dass du wütend warst!"
"Wie kommst du darauf, dass ich wütend war?", fragte er ganz ruhig, die Hände lässig in den Hosentaschen vergraben. "Weil der Anschlag auf Dumbledores Leben nicht geglückt ist." Jetzt hatte sie sich verplappert. Obwohl. Eigentlich hatte sie ihm ja schon gesagt, dass sie ihn dahinter vermutete. Auf dem Steg, bevor er sie ins Wasser gestoßen hatte. "Und wieso denkst du, dass ich Dumbledore tot sehen will?"
"Weil du auch das mit der Kette warst. Und mit der Flasche Met." Ihre Stimme war genauso ruhig wie Dracos, der nicht antwortete, sondern einfach nur dastand. "Warum?" Sie trat näher an ihn heran, ihre Stimme im Flüsterton. "Wieso willst du ihn so unbedingt tot sehen?" Ihre Wut war noch immer da, so präsent wie nie, doch sie musste sie zurückhalten. Sie stand nun ganz nah an Draco, ihre Gesichter nur eine Handbreit voneinander entfernt. "Weißt du", kam seine gehauchte Antwort, "manche Dinge sind besser ein Geheimnis."
"Aber ich weiß doch schon Geheimnisse von dir." Hermine legte ihre Hand auf seine Brust. "Was würde ein Geheimnis mehr schaden?"
"Ich denke, wir sollten es einfach bei der jetzigen Anzahl belassen." Sein Atem war ruhig und warm, als er auf ihr Gesicht traf. "Wirklich? Wieso?"
"Weil es gefährlich für dich werden könnte." Machte er sich etwa Sorgen um sie? "Das ist es doch schon längst. Und erzähl mir nicht, dass du dich um mein Wohlergehen sorgst."
"Aber ich habe es gerade erzählt." Hermine sah ihn ungläubig an. Er, Draco Malfoy, sorgte sich um sie, Hermine Granger? Träumte sie? Sie schüttelte den Kopf und ihre Locken fielen ihr ins Gesicht. "Das glaube ich dir nicht. Du bist, wer du bist, und das kannst du nicht ändern."
"Und das höre ich ausgerechnet von dir?" Augenblicklich war die geladene Stimmung zwischen ihnen abgekühlt. "Ich dachte, du setzt dich dafür ein, dass das Schubladendenken abgeschafft wird? Und jetzt denkst du selbst so?"
"Wieso empört dich das?", feuerte sie zurück. "Wo du doch selbst so einer bist. Das sollte dich doch eigentlich freuen. Weißt du, alles, was ich von dir hören will, ist eine Entschuldigung." Er zog die Augenbrauen hoch. "Dafür, was du mir angetan hast. Dass du mich fast getötet hättest." Seine Mine veränderte sich nicht. "Wenn du mir nicht nachspioniert hättest, dann wäre das alles gar nicht erst passiert", verteidigte er sich. "Wenn du dich unter Kontrolle gehabt hättest, hätten wir das ebenfalls vermeiden können. Ist es denn wirklich so schwer, Entschuldigung zu sagen? Weißt du, das ist alles, was ich hören will."
"Ist das wirklich alles?" Er legte den Kopf schief, sein Gesichtsausdruck glättete sich wieder und seine grauen Augen wurden ein wenig dunkler, falls das überhaupt möglich war. Es schien ihr nur so. "Eine Entschuldigung?" Er kam auf sie zu. "Willst du wirklich nur das hören?" Draco drängte Hermine an die Wand und platzierte seine beiden Hände neben ihrem Körper. Diese Pose kam ihr bekannt vor. Ein Deja-vu.
"Nun, den Hintergrund über die Anschläge wären auch noch ganz interessant zu erfahren." Sein Gesicht näherte sich ihrem. "Dich interessiert aber auch nur das rationale, oder, Hermine Granger?" Die Hexe schluckte und versuchte, ihren Atem unter Kontrolle zu halten, der drohte, schneller zu werden. "Oder bist du auch offen für..." Seine Lippen streiften sanft ihre. "Das hier."
Draco küsste sie und drückte sie an die kalte Steinwand. Ihre Moral protestierte. Der Mann, der Katie Bell verflucht, Ron vergiftet und sie fast umgebracht hatte und Dumbledores Tod wollte, presste gerade seine Lippen gegen ihre. Doch wie immer, wenn sie das tat, schob sie ihr Gewissen beiseite. Das war nicht der richtige Moment für Gewissensbisse. Die Zeiten, in denen sie lebte, boten keinen Platz für Moral. Also küsste sie zurück und ließ ihre Zunge mit Dracos spielen. Seine eine Hand wanderte in ihr Haar, die andere umfasste ihre Hüfte, als der Kuss immer leidenschaftlicher wurde. Wenn sie ihm gab, was er wollte, dann würde er vielleicht reden.
Hermine wusste schon eine ganze Menge. Aber das bedeutete nicht, dass sie sich ausruhen durfte auf ihren Erfolgen. Noch immer staunte sie, wie aus einer Situation, in der sie ihn wütend beschimpfte, soetwas werden konnte. Wie er die Atmosphäre einfach komplett verändern konnte. Plötzlich kam ihr ein Gedanke: Hieß das, dass er Kontrolle über sie hatte? Dass er über sie bestimmen konnte? Angst stieg in ihr hoch. Hatte er sie wirklich so in seiner Hand? Eigentlich sollte sie ihn anschreien. Er hatte sie fast umgebracht. Doch stattdessen ließ sie sich von ihm küssen und an eine Wand drängen.
Die Brünette löste sich von ihm. "Was?", fragte er schwer atmend, seine Hände noch immer auf ihrer Hüfte und in ihrem Haar. "Ich...", stammelte sie. Sie konnte nicht. Sie konnte das nicht tun. "Ich sollte dich anschreien. Du hast mich fast getötet und dafür gesorgt, dass mein bester Freund im Krankenflügel liegt." Apropos Ron. Die Schuld stieg wieder in ihr auf. Sie wusste nicht, was sie für ihn fühlte, Doch sie würde es bestimmt nicht herausfinden, indem sie mit Draco Malfoy rummachte. "Aber du bist auch nicht gerade ein Unschuldsengel", kam seine Antwort. "Du betrügst deine Freunde und bewahrst meine Geheimnisse."
"Wie kommst du darauf, dass ich meine Freunde betrüge?" Sie sah ihn verwirrt an. "Naja, wenn du ihnen alles erzählt hättest, würdest du bestimmt nicht mehr hier im Turm wohnen und ich wäre vermutlich schon von der Schule geflogen." Er hatte Recht. Sie war nicht mehr so unschuldig, wie sie es einmal gewesen war. Nein, sie bewahrte Draco Malfoys dunkle Geheimnisse und ließ sich sogar noch von ihm in dunkler Magie unterrichten. Mit ihren Händen immer noch auf seiner Brust wandte sie ihren Kopf ab. Die pure Wahrheit vor Augen geführt zu bekommen, tat weh.
Seine Finger wanderten unter ihr Kinn und drückten es wieder zu ihm. "Das ist nichts schlimmes. Wir leben in Zeiten, wo Moral nicht mehr zählt. Wo uns unser Gewissen das Leben kosten könnte. Es ist gut, dass du auch mal auf dich selbst achtest." Hörte sie da gerade etwa Lob aus seiner Stimme? Sie hätte schwören können, dass das alles nur ein Traum war. "Das wirst du müssen." Mit diesen Worten küsste er sie wieder. Diesmal sanfter, zärtlicher.
Und sie erwiderte ebenso sanft.
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