Five ~ Goodbye
„Meine Güte, du machst Scherze!", kreischte Jasmine mit hoher Stimme in ihr Handy und unwillkürlich hielt ich mir mein Smartphone mit zusammengekniffenen Augen vom Ohr halten.
„Wie krass ist das denn bitte? Meine beste Freundin – EINE SÄNGERIN IN MEINE LIEBLINGSMUSIKBAND?! ich glaube, ich sterbe", plapperte sie weiter.
Matt grinsend lehnte ich mich nach hinten an meinem Schreibtisch und ließ mein Blick durch mein Zimmer schweifen.
Überall lagen Kartons herum, die halb gefüllt waren. Schon am frühen Morgen weckte mich meine Mom auf, damit wir meine Sachen einpacken konnten. Ich hatte nur drei verdammte Stunden schlafen können und fühlte mich wie ausgelaugt. Außerdem war gestern Vollmond, weshalb ich kaum ein Auge zuschließen konnte.
Als ich aufgewacht war, musste ich mir erstmal in Erinnerung rufen, dass ich nun seit drei Stunden ein Mitglied der Band ChessBless war. Vor Aufregung musste ich erstmal eine Runde in mein Kissen schreien und mich beruhigen.
Jetzt war es schon 11:00 Uhr morgens und ich saß in meinem Zimmer und sah mich um, während Jaysi vor sich hinquatschte. Ich war kein Ordnungsfreak, weshalb ich erstmal aufräumen musste.
Mein Schreibtisch war nun leer, sowie meine Fensterbank, auf der Kindheitsfotos waren. Überall auf dem Boden lagen frischgewaschene Kleidung verteilt, die ich noch bügeln und in Kartons stapeln musste.
Mom war einkaufen gegangen. Jake und die anderen würden mich heute um 18:00 Uhr abholen. Erstmal mussten wir zu ihrem Hotel in der Stadt fahren und Morgen früh ging es nach New York. Jasmines Stimme holte mich aus meinen Gedanken. „Sag mal, hörst du mir eigentlich zu?"
„Nein, ich war gerade damit beschäftigt meine Umzugskartons anzustarren", antwortete ich erschöpft und ließ mich auf dem Stuhl vor meinem Schreibtisch fallen.
Die Sonne schien durch die große Balkontür mit den offenen Vorhängen neben mir und warf ihren Schein auf dem Holzboden des Zimmers.
„Hä? Wessen Kartons?", fragte Jasmine verwirrt zurück. „Meine Kartons. Ich muss ja demnächst nach New York", erwiderte ich und spielte gedankenverloren mit dem Saum meines Tops. Kurz wurde es still am anderen Ende der Leitung, bevor Jasmine entsetzt flüsterte: „du gehst?"
Ich erstarrte augenblicklich. An sie, Luca und Eric hatte ich noch gar nicht groß gedacht. Verdammt, war ich eine schlechte Freundin. Luca wurde augenblicklich in unser Talk hinzugefügt. „Hey, Mädels, was gibt's?", fragte er gutgelaunt.
Im Hintergrund hörte man Motorgeräusche, weshalb ich annahm, dass er bei Eric war. „Sag mal, höre ich da etwa Erics Motorrad?", fragte ich etwas amüsiert und spürte, wie meine Schuldgefühle wuchsen.
„Ja man, stellt euch vor, der Spaten hat diesen Schrott tatsächlich repariert. Ein paar Gehirnzellen besitzt er also noch", erwiderte Luca. „Hey, ich kann dich hören!", hörte ich Eric empört rufen und musste schmunzeln.
„Weiß ich doch. Warum glaubst du sonst, dass ich das extra laut sage? Na, jedenfalls will er mit dem Ding fahren und braucht mich, um seine Leiche später wegzuschleppen", berichtete Luca ernst.
„Ein Problem weniger in der Welt", grinste ich und konnte mir lebhaft vorstellen, wie Luca Doctor be like mit vollem Ernst mit dem Kopf nickte. „Meine Worte. Na egal, was gibt's bei euch?", fragte er neugierig.
Jasmine, die bisher nur schweigend zugehört hatte, flüsterte immer noch fassungslos: „sie geht." Mein Herz zog sich bei ihren Worten zusammen und ich schluckte schwer.
„Wer geht wo? Hä? Habe ich was verpasst?", fragte Luca sichtlich verwirrt. Jasmine schwieg, weshalb ich das Reden übernahm und Luca von der Neuigkeit über meine Aufnahme in der ChessBless erzählte.
Er hörte mir still zu und rief am Ende begeistert: „hey, wie geil ist das denn? Dann kannst du mir doch VIP Karten besorgen, oder? Junge, junge, der beste Freund einer Berühmtheit zu sein hat bestimmt seine Vorteile ..."
Ein Schmunzeln umspielte meine Lippen. „Sie geht, du Depp! Die VIP Karten sind da scheißegal!", brüllte Jasmine beinah. Luca musste erstmal verstehen, was sie damit meinte und er verstummte schließlich auch.
„Du willst uns ernsthaft verlassen?", fragte er dann ungläubig. Jasmine verließ den Talk und Luca auch, mit der Ausrede, er müsse Eric helfen. Frustriert schaltete ich mein Smatphone aus und katapultierte es auf meinem Bett. Am liebsten würde ich afu der Stelle losheulen.
Wie konnte ich sie nur vergessen? Luca und ich kannten uns bereits seit der ersten Klasse und waren seit der zweiten die allerbesten Freunde. In der vierten Klasse zogen dann Jasmine und ihre Familie zu uns in der Stadt und sie ging mit uns in dieselbe Klasse.
Damals verhielt sie sich recht zickig und Luca nannte sie immer verächtlich oberflächliche Kuh. Doch dann freundete ich mich ihr an und Luca akzeptierte es nach einem Jahr. Er benahm sich wirklich daneben und wollte nie wieder mit mir sprechen, weil ich „unsere Freundschaft durch ein Biest" zerstörte. Doch er konnte mich nicht lange ignorieren und am Ende musste ich ihm mein Süßigkeiten Vorrat geben, damit er mir „gnädig" verzieh.
Eric war in der 7. Klasse zu uns gestoßen, als er die Middle School gewechselt hatte. Luca war richtig froh nicht mehr der einzige Junge in der Clique zu sein. Seitdem waren wir vollständig und gingen gemeinsam durch Dick und Dünn.
Ich warf den Kopf in dem Nacken und schloss die Augen. Ich hörte aus dem Flur, wie die Haustür aufgerissen wurde und meine Mom rief Sekekunden später aus dem Flur: „¡Isabel querida estoy de vuelta!"
Meine Augen flatterten auf und ich fuhr mir kurz mit der Hand durch das hellbraune wellige Haar. Mein Blick huschte über das Chaos im Zimmer und ich seufzte .
Auf mich wartete Arbeit.
~~~
„Isabel, hast du auch wirklich alles eingepackt?", fragte Mom diese Stunde zum tausendsten Mal. „¡Si, Momia!", antwortete ich stöhnend und verbarg mein Gesicht in den Händen.
„¿De Verdad? Auch Zahnbürste, Zahnpasta und Duschsachen?", fragte sie weiter und lief im Wohnzimmer vor dem Fernseher hektisch auf und ab. Sie war ja noch aufgeregter als ich.
Ich nickte nur als Bestätigung und holte augenblicklich mein Handy aus der Hosentasche. Ein kurzer Blick aufs Display verriet mir, dass mir weder Jasmine noch Luca zurückgeschrieben hatten. Verzweifelt rieb ich mir den Nacken.
Ich hatte gerade um die tausend Probleme, doch das Wichtigste konnte nicht gelöst werden. So ein beschissenes Leben aber auch. „Du musst noch Schmerztabletten nehmen, zur Sicherheit! Wer weiß, was ..." Moms Stimme wurde gedämpft, da sie zu ihrem Zimmer spazierte, um mir wahrscheinlich noch ein riesengroßes Erste-Hilfe-Kasten zu bringen.
Ich sprang von der Couch auf und sah zu der großen Wanduhr, die überm kleinen Fernseher hing. 17:52. Nervös lief ich wie Mom vorher auf und ab. Was, wenn die Band mich doch nicht aufnehmen wird? Was, wenn meine Stimme doch zu kratzig, oder zu unpassend wäre? Was, wenn das alles eine schlechte Entscheidung war? Was, wenn...
Tausende negative Gedanken schwirrten mir durch den Kopf und mein Hirn drohte zu platzen. Kurz schloss ich die Augen und atmete tief durch. Jetzt bloß keine Panikattacke bekommen.
„¿Isabel?", fragte Mom von ihrem Zimmer aus. „Hmm?" Geistesabwesend ging ich zu ihr und massierte dabei mein Nasenrücken. Mom stand vor ihrem Kleiderschrank und hielt einen dunkelblauen Stoff in der Hand.
„Momia?", fragte ich leise und schritt vorsichtig zu ihr. Ihre Augen tränten leicht, doch ihre Lippen waren zu einem Lächeln verzogen. „Querido, dieses Kleid hat mir dein Vater geschenkt, vor unserer Hochzeit", erzählte sie leise und faltete den Stoff aus.
Es war ein knielanges trägerloses Kleid aus nachtblauer Seide. Mom faltete es wieder zusammen und übergab es mir. Perplex nahm ich das Kleid entgegen und sah meine Mom fragend an.
„Ich möchte, dass du das Kleid nun annimmst, Süße", erklärte sie und in ihre honigbraunen Augen, die ich von ihr geerbt hatte, glitzerten Tränen.
Das Klingeln der Tür unterbrach uns. „Ich gehe schon!", verkündigte ich und eilte zum Flur. Kurz stoppte ich bei dem Karton mit der Überschrift Kleidung und legte vorsichtig das Kleid drin.
Dann riss ich die Tür auf und blickte einem Hoodie, mit der Überschrift ChessBless und einer kleinen Gitarre drunter entgegen. „Auch schön dich zu sehen, Elfe", sagte Jake amüsiert und ich verdrehte leicht grinsend die Augen.
„¡Hola, Jake, chico!", begrüßte ihn meine Mom fröhlich, die wie aus dem Nichts hinter mir auftauchte und schloss ihn in ihre dünnen Armen. Überfordert legte er die Arme um ihr und sah mich über ihre Schulter überrumpelt an.
Ich lehnte mich nur mit vor Brust verschränkten Armen an dem Türrahmen und schmunzelte. „¡Adora, hola!, ¿Qué tal?", fragte Jake, sobald ihn Mom losgelassen hatte.
Hinter ihm tauchte ein Blondschopf auf, der sich als Alex entpuppte und begrüßte uns grinsend. Er trug denselben Hoodie wie Jake, nur statt der Gitarre war unter der Überschrift ChessBless ein Schlagzeug aufgedruckt. „Sind das alles deine Sachen?", fragte er etwas ungläubig mit einem Blick auf die drei mittelgroßen Kartons im Flur.
„Etwas mehr Verständnis bitte. Ich habe vielleicht die Hälfte meiner Sachen zurückgelassen!", sagte ich empört und Alex riss die Augen auf. „Frauen", murmelte er kopfschüttelnd und trug ein Karton weg.
„Ich helfe Alex mal", sagte Jake, nahm sich auch ein Karton und folgte seinem besten Freund raus. Sobald er außer Sichtweite war, nahm ich Mom ein letztes Mal in den Arm und drückte sie an mich.
„Pass auf dich auf Mom", sagte ich und sie lachte. „DU sollst auf dich aufpassen, Süße. Alles Gute, meine Kleine und vergiss nicht mir zu schreiben, ja?" Sanft strich sie über mein Haar und ich gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Dann balancierte ich ein Karton auf einem Arm und schnappte mit der anderen meine kleine Tasche. Als ich den Flur mit den Treppen betrat, bemerkte ich, dass es laut wurde. Unsere Nachbarn realisierten langsam, dass sich die Band hier befand.
Der Zwischenfall mit der offenen Tür morgens kam mir in den Sinn und ich drehte mich zu meiner Mom, die am Türrahmen stand. „Tschüss, Mom, hab dich lieb. Vergiss nicht, die Tür immer abzuschließen. Heute Morgen, als ich zurückkam war sie offen."
„Offen? Das kann nicht sein. Ich habe sie ganz sicher abgeschlossen. Warte, war sie etwa offen, als du zurückkamst?", fragte Mom verwirrt. Kurz blinzelte ich überrascht und wollte ihr sagen, dass die Tür sehr wohl offen war, doch dann ließ ich es, da ich sie nicht in Panik versetzen wollte und winkte nur zum Abschied.
Dann rannte ich die Treppe runter und ging nach draußen, wo Jake mir das Karton abnahm. In unsere Straße war die Hölle los. Kamerablitze blendeten mir kurz die Augen und Fankreische waren zu hören. Viele schossen Fotos oder baten um Autogramme.
Kein Wunder, Alex, Jake und Dylan waren nicht gerade unauffällig hier aufgetaucht. Gegenüber unserem Gebäude stand eine luxuriöse Limousine, vor der zwei Bodyguards standen. Jemand legte mir einen Arm um die Schulter und als ich nach oben sah, blickte ich direkt in Jakes grünen Augen.
„Achte einfach nicht auf die Leute", sagte er leise und führte mich zu der Limousine. Kurz bevor wir den Wagen betraten, hörte ich einen bekannte Stimme nach mir rufen. Mein Herz machte einen Hüpfer und ich sah mich suchend in der Menge um.
„ISABEL CAMPBELL, DU KLEINES STÜCK ETWAS! DU WILLST WOHL OHNE VERABSCHIEDUNG VERSCHWINDEN!", brüllte Jasmine und hinter ihr entdeckte ich Eric und Luca.
Ein Lächeln umspielte meine Lippen und ich rannte auf sie zu.
Joa, das Kapitel steht seit 3 Tagen fertig in meine Entwürfe.
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