Kapitel 46
Stralsund
Mitte Januar- ein Donnerstagabend
Ein leeres Siedlungshaus
Mobiltelefone können Fluch und Segen zugleich sein, wie Frank Hartung diesen Abend feststellte.
So verlief das Telefonat mit Ellen weniger positiv, als er es sich erhofft hatte. Offenbar hatte Ellen von Silke, Franks Schwägerin aus Rostock, schon erfahren, dass Frank wohl auch eine neue Beziehung hatte. Dementsprechend kühl waren ihre Worte gewählt.
„Du hast dich aber schnell über meinen Auszug hinweg getröstet!"
„Wie meinst du das?"
„Wie mir Silke erzählte, hast du schon eine neue Flamme am Lodern. Du konntest es wohl kaum erwarten, mich und die Kinder los zu sein, was? Toll, wieviel wir dir bedeuten!"
Frank kam kaum zu Wort, musste einen Wespenstich nach dem anderen über sich ergehen lassen.
„Weihnachten ohne ihren Vater- nur ein kurzer Anruf, um die Kinderstimmen zu hören- mehr kam ja nicht von dir! Und die Geschenke?"
„Was ist damit, die sind doch super. Ich weiß doch, dass die Kinder die toll finden. Alexandra steht bestimmt auf ein redendes Plüschtier und Christoph baut gern mit den Figuren und Steinen. Das war doch auch nicht irgendein billiger Plunder. Allein diese sprechende Katze hat ein Vermögen verschlungen, das weist du doch!"
„Darum geht es nicht. Ich glaube, du willst jetzt gar nicht mehr mit den Kindern zusammen sein." Ellen blockierte die Diskussionen um die Geschenke.
„Aber das ist Nonsens. Ich kann sie auch gern jetzt am Wochenende nehmen, wenn du möchtest."
„In dieses unsägliche Haus? Oder willst du sie deiner Neuen vorstellen?"
Frank entschloss für sich, nicht nachzugeben. „Nein. Ich möchte sie einfach mal wieder um mich haben. Wir können ja in den Spielepark auf Rügen oder etwas anderes machen. Und hier zu schlafen wird ihnen ja wohl nicht schaden, oder?"
„Nein Frank. Das gefällt mir nicht. Und außerdem haben wir schon etwas vor für das Wochenende. Und übrigens, ich habe auch einen neuen Partner gefunden, jemanden der mich wirklich versteht und mich so nimmt, wie ich bin." Ellen ließ nun die Katze doch noch aus dem Sack. Frank hatte ja schon von seinem Bruder als Gerücht gehört, dass auch Ellen einen Partner gefunden hat.
Frank schwieg daher erst einmal, um Ellen nicht noch mehr durch Gegenfragen zu bedrängen.
„Ach!" sagte Frank nur zu dieser Information beiläufig. Insgeheim dachte er sich noch: 'Du hast doch schon viel früher die Angel ins Wasser geworfen als ich. Aber bei dir ist das ja sicherlich was ganz anderes'.
„Ja" antwortete Ellen knapp, als hätte sie Franks Gedanken lesen können, „auch bei mir hat sich privat einiges verändert. Ich habe eine alte Jugendliebe wieder entdeckt, die jahrelang im Verborgenen für meine Augen war!"
„Dann kenne ich ihn?" fragte Frank.
„Ja. Ich bin jetzt mit Hans- Peter wieder zusammen."
„Parz? Doktor Parz? Du bist jetzt mit deinem Seelenklemptner zusammen?"
„Ja. So, und wir fahren jetzt in die Stadt mit den Kindern- schön essen gehen wir Vier!"
„Okay? Hans- Peter Parz, echt jetzt?"
Frank wollte es gar nicht recht glauben, was seine Noch- Ehefrau gerade verkündet hatte. Frank wollte noch hinzufügen 'Parz- diese schleimige Mistkröte von einer Schlaftablette mit Antidepressiva- Parfümstoff', aber er verkniff es sich, um nicht noch mehr Porzellan an einem Abend zu zerschlagen.
So sagte er auch anstelle ,ich hoffe, das Essen bleibt ihm im Halse stecken' nur noch „Na dann noch guten Hunger und ich würde mich sehr freuen, die Kinder und auch dich einmal wieder zu sehen. Wenn schon nicht dieses Wochenende, dann gern einmal nächste Woche. Lass uns bitte da noch einmal reden, okay?"
„Ja, okay. Vielleicht ja nächste Woche. Wir reden. Wir machen jetzt los."
Damit war das Gespräch von Ellen beendet worden, nur noch ein Piep- Ton.
Doktor Parz also.
Eher Doktor Blödmann. So ein Aasgeier. Redet Ellen frei weg nach dem Mund, immer ja und amen. Oh ja- Ellen du Arme! Ich habe dir ja schon immer gesagt, du hast dich damals falsch entschieden mit Frank. Aber nun bin ich ja- wie immer- für dich da, meine Hübsche. Wein dich aus bei mir! Und dann lass und nachdenken, wie wir ihm noch eines auswischen können- oh, ich habe es: wir entziehen die Kinder seinem widerwärtigen Umgang. Aber vorher gehen wir etwas teures Essen mit den Kindern. Damit du, meine Ellen, auf andere Gedanken kommst.
Viel Zeit zum Überlegen hatte Frank Hartung nicht, denn kurze Zeit darauf rief seine Mutter an. Hackenschmerzen, Schilddrüsenmedikament abholen, Thermo- Leggins vom Polenmarkt waren dann die ablenkenden Thematiken und natürlich die Frage, ob Frank und Ellen es nicht noch einmal versuchen wollen- der Kinder wegen. Auch hier war es schwierig, die Tatsachen zu umschreiben und die im Raume stehende Scheidung anzusprechen.
Lichtblick dieses abends waren Worte des Vermisst- Werdens die Ina kurz darauf in das Telefon hauchte. Ina saß wohl auf irgendeiner Polizeidienststelle in Bereitschaft wegen einer Versammlung- von Verpflegungsbeuteln und lachenden Kollegen umgeben. Aber Ina klang zuversichtlich, dass der Einsatz bald beendet sei und sie auch gegen Mitternacht in ihr Zuhause kam. Und da Frank nun doch die Kinder nicht bekommen würde, konnte er ihr für das Wochenende ein Wiedersehen ankündigen. Dies war dann für Beide ein schöner Ausblick am Ende des kurzen Telefonates.
Von den Erkenntnissen zu Manuela Fuchs Unfallhergang sagte Frank Hartung jedoch bewusst nichts.
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