Kapitel 29
Nähe Waren an der Müritz
Ein Zimmer in einer kleinen Pension
Donnerstag
Nun sind es für Andreas Konzius schon zwei Wochen der Untätigkeit, der Ungewissheit und des Abwartens.
Keine Kontakte zu Dritten außerhalb dieser Pension.
Keine Hilfe mehr, obwohl er mehrfach versucht hatte, seinen Kontakt zu erreichen.
Keine Informationen zu Jana und Marcel.
Kein Zuhause, dass ihm Wohlbefinden gab.
Andreas Konzius fühlte sich allein gelassen und war in manchen Momenten ratlos.
Auch hier in der Pension würden sicherlich schon die nächsten Fragen bald auftauchen, die ersten Fragen hatte er mit viel Phantasie immer abgepuffert mit reichlichen Fehlinformationen plausibel darstellen können. Aber dennoch war aufgefallen, dass Andreas Konzius –für Männer auf Montage unüblich- auch am Wochenende hier geblieben war, keine Technik für die Arbeit mit sich führte, keinen Blaumann trug, ein eher untypisches Fahrzeug fuhr und sich auch ansonsten von den anderen Leuten auf Montage unterschied.
Seine kleine 'Legende' bröckelte langsam und es war an der Zeit für einen anderen Rückzugspunkt, oder eine andere Aktion.
'Ich werde morgen am Freitag dann abreisen!', hatte er schon der Pensionsinhaberin angekündigt. 'Zurück zur Familie. Die warten ja schon sehnsuchtsvoll, wenn man den Worten meiner Frau glauben kann.'
Mit diesen Worten war dann auch ein Abschluss dieses Pensions- Intermezzo für ihn beschlossen und auch die Pensionsinhaber würden – auch wenn sie sich Fragen stellen würden- diese Nachfragen zu seiner Person oder seiner Tätigkeit nicht mehr stellen.
Keine Rückendeckung mehr zu haben oder jemanden, der ihm gute, sinnvolle Ratschläge gab- dies belastete Andreas Konzius sehr- zunehmend erwog er Handlungsoptionen.
Was könnte er selbst tun- ab morgen?
Er brauchte eine neue Bleibe, womöglich das kleinste seiner Probleme. Geld war reichlich vorhanden, damit könnte er sich noch gut einige Monate in erträglichen Hotels oder Pensionen einmieten und wäre dort auch gut versorgt. Doch wo soll er nun die Zelte aufschlagen? Mehr nach Süden? Weg vom eigenen Hof und noch mehr Abstand schaffen? Aber war dies überhaupt noch notwendig? Zu weit entfernen wollte sich Andreas Konzius auch nicht.
Und all seine Sachen vom Hof? Oh, wie er sie vermisste. Selbst die alte Kaffeetasse fehlte ihm, seine Fotos, die Speicherkaten mit den Videos und Tonmitschnitten- alles war nicht da, um sich richtig wie zu Hause fühlen zu können. Alles ist auf dem Hof.
Diese Hoffnung hatte Andreas Konzius. Wenn die Polizei doch alles mitgenommen haben sollte, müsste er das Pferd anders aufzäumen. Dann würden sie ihn schon kennen lernen. Aber er musste zuerst sehen, was noch da ist.
Aber es war ja sein Grundstück, die Polizei wird wohl nicht alles mitgenommen haben. Das wird sie doch nicht interessieren, was da so an Krimskram herumsteht. Selbst wenn sie durchsucht haben, waren sie sicher mit den Sachen zufrieden, die sie haben. Zweimal kommen die doch nicht wegen einer Bagatelle, wie die vom Marcel.
Ja vielleicht ist es so, dass sie ihn schon entlassen haben- Marcel zurück auf dem Hof ist und vielleicht nur darauf wartet, dass ich wiederkomme. Die haben doch sicherlich nicht viel in der Hand gegen ihn und müssen ihn sicherlich laufen lassen. Mutige Staatsanwälte haben die doch heutzutage für solche Sachen sicher nicht.
Vielleicht hat Marcel dann auch schon neue Informationen für ihn, Informationen, die wichtig waren. Auch wenn dem so war, Marcel hatte eine Maßregelung nötig. Egal, ob er dann jammert, seine Dummheit musste bestraft werden.
Andreas Konzius ärgerte sich über sich selbst, er hätte sein altes Mobiltelefon nicht einfach so entsorgen sollen. Er hatte es aus Angst vor Entdeckung durch die Polizei auf ein gut befahrenes Schienengleis der Strecke Rostock- Stralsund gelegt und gewartet, bis der erste Zug die Verschalung des Handy erwischte. Nun war es weit in Einzelteilen sicherlich verstreut- platt wie eine Flunder. Die SIM- Karte war von ihm weiter südlich in einen Fluss geworfen worden- in mehrere kleine Teile mit einer Zange zerstört. Keine Spuren hinterlassen. Sollte sich dies rächen?
Wenn Marcel Deulert oder Jana Woitig ihn kontaktieren wollten, so hatten sie nun keine Möglichkeit mehr dazu. Und selbst anrufen und nachfragen? Aus der sicher wirkenden Deckung gehen? Lieber nicht so. Denn wenn die Polizei nun in der Vergangenheit herumstöbert, so werden bei der Polizei sicherlich Fragen zu seiner Person auftauchen, vielleicht stellt sie ja Ungereimtheiten oder Reibungspunkte fest zu anderen Geschichten. Auch wenn aus seiner Sicht alles richtig gemacht worden ist- dies könnte ein Staatsanwalt oder Richter vielleicht anders sehen. Vielleicht wollen die ihm dann ja auch noch etwas Ungelöstes anhängen. Das hörte man ja immer mal.
Aber nicht mit ihm.
Ich werde das schon klären! , dachte sich Andreas Konzius, stand aufrecht vor dem Spiegelbild in der kleinen Nasszelle des Zimmers und blickte in sein entschlossenes Gesicht im Spiegel.
Zuerst aber hole ich, was mir zusteht!
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