Reckoning-Kapitel: Tiefste Schuld
"Und? Wie lief's?" Laslow lief ihnen entgegen, als sie zurück kamen.
"Wie geschmiert." Mari zeigte ihm den neuerworbenen Z-Kristall. "Besser als letztes Mal definitiv.",
"Das ist gut zu hören." Er schenkte ihr ein Lächeln. Jacky war schon längst gegangen, das bemerkte Mari jetzt erst. "Oh..." Sie blickte sich um. "...Und weg ist sie...",
"..." Laslow seufzte. "Sie kann mir nicht mal mehr ins Gesicht sehen, huh...",
"Es wirkt zumindest nicht so... Und dem zu urteilen, was sie letztens gesagt hat...",
"...Ist schon gut, du musst es nicht sagen." Er schüttelte den Kopf und lehnte sich gegen den Tisch. "Ich... bin kein guter Mensch. Ich habe nur ein hübsches Gesicht... Ich habe vielleicht viele gerettet, aber... nicht die, die ich hätte retten sollen...",
"Was meinst du damit?",
"...Das ist doch alles nur wegen mir...",
"Das mit Jacky?",
"Mhm...",
"..." Mari verschränkte die Arme.
"Sie hat sich am meisten auf mich verlassen und... am Ende hat sie sich von mir am meisten allein gelassen gefühlt."
Taji kam bei ihnen an und hatte alles gehört. "Du hast alles getan, was du konntest. Ihre Fehler sind nicht deine...",
"Vielleicht..." Laslow schüttelte den Kopf. "Aber ich fühle mich so, als hätte ich nicht genug getan... Auch, wenn ich es hätte verstehen müssen, ich war wütend... Ich habe mich benutzt gefühlt... Als wäre ich so was wie eine... Trophäe...",
"Du weißt, dass du mehr bist als das.",
"Wenn, dann ist es meine Schuld", meinte Mari. "Wenn überhaupt. Ich hätte es sehen müssen. Ich wusste die ganze Zeit über, wie sie sich fühlt... Nur... nicht, was sie wollte.",
"Das mag sein, aber..." Laslow seufzte. "Ich habe mich vielleicht nicht... so verhalten, wie es angebracht gewesen wäre... In einem Moment, wo sie so verletzlich war. Ich war sauer, weil sie nicht an Zeke oder Taji gedacht hat, sondern nur an sich selbst... Aber ich hatte nicht das recht, sie anzuschreien und sie so fühlen zu lassen, wie sie selbst von sich denkt. Ich hätte das anders regeln müssen... Ich war mies zu ihr, obwohl sie ehrlich zu mir war...",
"...Das ist wohl eine sehr schwierige Situation..." Mari legte die Finger ans Kinn. "Es kommt wohl auf die Sichtweise an. Deine Reaktion war gerechtfertigt, wenn auch ein bisschen... harsch..."
Taji wirkte bestürzt. Er hasste es, wenn Laslow sich schlecht fühlte. "...bereust du es, dass ihr getrennte Wege geht?" fragte er vorsichtig. Laslow senkte den Kopf und ein Schatten fiel über sein Gesicht. "... Nein. Ich glaube, das ganze stand nie unter einem guten Stern, aber... wenn ich jetzt zurück blicke, hab ich mich mies verhalten... Es tut mir Leid... Ich hab's vergeigt... Das ist alles meine Schuld... Ich habe dafür gesorgt, dass sie sich wertlos fühlt..." Seine Hände auf der Tischplatte krümmten sich. "Wegen mir ist sie so, wie sie jetzt ist..." Etwas fiel vor seine schwarzen Halbstiefel. "...!" Mari bemerkte es. Weinte er...?
"Ich hab sie kaputt gemacht... Ich bin ein schlechter Mensch deswegen... Ein Stück Dreck... Es tut mir so leid, Leute... Ich hab's... vermasselt..."
Taji umarmte ihn fest, aber mit einem hilflosen Ausdruck in den Augen. Er wusste nicht, wie er ihn trösten sollte. Seine Arme zitterten. "Hör auf... Hör bitte auf... Hör auf, dich selbst anzulügen! Du hast alles getan, was du konntest! Du hast schon so viele Leute beschützt... nichts war jemals deine Schuld!",
"Stew..." Mari stellte sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Taji hat recht, es war nicht deine Schuld... Sie war schon lange so, das hat nichts mit dir zu tun...",
"Tut mir Leid, dass ihr mir zuhören müsst..." murmelte der Silberhaarige. "Aber ich fühle mich wegen dem allen so... schuldig...",
"Ich bin so ehrlich zu dir wie du zu mir", sagte Taji. "Tut mir Leid, ich... w-wollte nicht laut werden. Vergib mir... Aber noch ist nichts verloren. Sie kann sich immer noch ändern. Sie muss nicht den Weg gehen, den sie für sich selbst gewählt hat...",
"Ich glaube nicht, dass das passiert." Laslow schüttelte hoffnungslos den Kopf. "Wenn nichts von dem, was wir bisher versucht haben, geholfen hat, wie soll sie es dann aus sich selber heraus schaffen...",
"Verliere nicht die Hoffnung. Das ist alles, was ich von dir will... Egal ob es eine Person ist, oder ein Moment in der Zukunft, oder eine Erinnerung... sie kann sich immer noch ändern, so wie jeder andere auch..."
Laslow wischte sich über das Gesicht. "Sie hätte sie niemals so fühlen sollen... Der einzige Grund, warum sie so ist, wie sie jetzt ist, ist, dass ich für sie nicht das war, was sie gebraucht hat... Ich habe sie fallen gelassen... Neben dir und Zeke hat sie sich wie ein drittes Rad gefühlt, wie jemand, der der Aufmerksamkeit nicht wert war. Wie niemand Besonderes... wie jemand ohne Wert... Sie hat sich als eine Last für alle anderen gesehen und ich... habe das nicht gesehen. Sie hat sich mir anvertraut und alles, was ich getan habe, ist, es abzuweisen... Ich habe sie zerbrochen, weil ich mich angegriffen gefühlt habe... Was hab ich mir dabei bloß gedacht...",
"Nii-san..." Taji schloss die Augen, als würde er selbst Schmerzen haben.
"Ich... weiß, es ist dir gegenüber unfair, so was zu sagen... Ich will nicht, dass du dich auch schuldig fühlst deswegen... Es tut mir leid... Es tut mir so Leid...",
"Laslow..." Mari schüttelte den Kopf und legte ihn dann an seine Schulter. "Du bist auch nur ein Mensch. Wir reagieren unterschiedlich. Ich kann verstehen, warum du wütend geworden bist, weil... Ihre Denkweise und das, was sie will, etwas ist, was niemand ihr geben konnte... Du schon gar nicht, weil jeder in der Gruppe, besonders Taji und Zeke, dich gebraucht hat... Du hast versucht, eine Stütze zu sein, sie aufzumuntern, so gut du konntest, aber egal was, du hättest niemals vollständig ihr gehören können. Die Umstände hätten das einfach nicht zugelassen. Ich glaube nicht, dass... du der einzige Grund bist, warum sie jetzt so ist. Ich auch, und Jayden, und Kaoru... und Chris... Weil sie denkt, dass sie niemals mit uns mithalten könnte. Nimm das alles nicht einzig und allein auf dich, okay? Das wäre nicht fair...",
"Genau..." stimmte Taji ihr zu. "Was auch immer passiert, wir stehen zu dir...",
"...Ich weiß. Tut mir Leid..." Laslow seufzte. "Aber das belastet mich... Ich wollte dich nur verteidigen und... hab mich im Ton vergriffen...",
"So was passiert", beharrte Mari. "Du könntest daran eh nichts mehr ändern. Alles, was wir jetzt tun können, ist, zu versuchen, das Beste daraus zu machen. Wir zwei sitzen im selben Boot, ich trage mindestens genauso viel Schuld wie du.",
"Mein Zusammenbruch tut mir Leid...",
"Ist schon okay. Um ehrlich zu sein, ich hab dich noch nie weinen sehen.",
"... Wehe du sagst was dazu.",
"Ich hüte mich, versprochen... Und jetzt seien wir mal ehrlich... Ohne dich wäre Taji nicht mehr hier. Ohne dich wäre Zeke nicht so fröhlich wie jetzt... Ohne dich hätte Jayden schon längst die Kontrolle verloren, als ich weg war. Was hättest du sonst tun sollen...",
"Sie hat recht. Sieh mich an", bat Taji. Laslow sah ihn an und Taji begegnete ihm mit einem Lächeln. "Ich kann wieder lächeln wegen dir.",
"... Jetzt übertreibst du aber...",
"Nein, ich meine es ernst." Er schüttelte den Kopf. "Es ist wirklich so. Ich kann wegen dir erst wieder wirklich... leben."
Mari kicherte. "Er sagt es. Mach dich nicht selber so fertig, Stew. Das ist nicht dein Stil, oder?",
"Mein Stil...?",
"Du bist doch der, der alle anderen immer aufheitern muss. Anders rum ist das voll komisch.",
"... ach ja?",
"Mhm.",
"Aha... Das ist neu.",
"Überraschung. Wie auch immer, ich hab Hunger. Ihr auch?",
"... Schon...",
"Gut, ich mache essen. Bis gleich." Und damit verschwand sie in die Küche. Laslow beruhigte sich langsam wieder. "...Du... kannst mich jetzt loslassen, Taji...",
"Oh... Tschuldige." Er ließ los und senkte den Blick.
"Schon okay..." Er tätschelte seinen Kopf. "Danke."
Jacky stand hinter der Ecke und drehte sich um. Wortlos lief sie nach oben und verschwand in ihrem Zimmer. Sie hatte alles mitgekriegt. Nicht, dass es was ändern würde, sie hatte sich schon auf ihren Weg festgelegt. Ihre Hoffnungen würden zerschellen... Sie waren ohne sie besser dran. Vielleicht, in ferner Zukunft, würden sie gar nicht mehr an sie denken und ihr nicht mehr nachtrauern. Was würde es ihnen schon bringen, das sorgte auch nicht dafür, dass sie sich besser fühlte. Sie würde es nicht einsehen...
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