Ich verspreche es!
Die letzten zwei Tage waren ruhig verlaufen, wenn man das so nennen konnte. Heute würden die Zwillinge endlich kommen. Die Wehen sollten heute kontrolliert eingeleitet werden. Aufgeregt hüpfte Kim durch den Raum und wartete, dass Joshua endlich startklar war. Es würde sicherlich noch was dauern, bis es soweit war, aber Kim wollte einfach im Krankenhaus sein. Sie durfte nichts verpassen.
Für sie wirkte immer noch alles so surreal. Ihre Mia würde Mutter werden! Noch vor zwei Jahren hätte Kim im Traum nicht daran gedacht. War der Schock am Anfang groß gewesen, freute sie sich jetzt auf ihre Patenkinder.
Immer noch hüpfte ihr Herz vor Aufregung, wenn sie daran dachte, dass sie tatsächlich Patentante werden würde. Sie! Die Angst, etwas falsch zu machen, sass tief. Würde Mia ihr die Babys anvertrauen, wenn sie wüsste, was sie getan hatte? Wenn sie von der Sucht wüsste? Mia hatte ihr sogar das Versprechen abgenommen, falls ihr was passieren sollte, würde sie, Kim, sich um die Babys kümmern. Sie spürte die Panik in sich aufsteigen, bei dem Gedanken daran, dass Mia wirklich etwas zustoßen könnte.
Dann endlich war Joshua soweit und zappelnd, scheuchte Kim ihn durch den Verkehr.
„Wegen dir verpass ich noch alles!
"Wir haben noch massig Zeit, mein kleiner Wíldfang. So eine Geburt dauert. Samuel hat gerade mal vor einer Stunde geschrieben, dass die Wehen eingeleitet werden. Entspann dich, bis wir zu den beiden dürfen, dauert es noch einige Stunden."
"Trotzdem, beeil dich. Irgendwie habe ich so ein komisches Bauchgefühl. Ich muss jetzt einfach da sein."
Joshua musterte sie ernst und erleichtert merkte Kim, das Joshua aufs Gas drückte. Sie wusste das Gefühl nicht genau einzuordnen, aber irgendwas war im Busch...
An Krankenhaus angekommen rannte Kim mit Joshua den Flur hoch. Der Rest der Familie sass schon auf den Bänken vor dem Kreißsaal. Aufgeregt schnatterten alle durcheinander. Die Wehen hatten eingesetzt, aber sonst wusste niemand etwas.
Unruhig lief Kim den Flur auf und ab. Das ungute Gefühl im Bauch wuchs. Joshua bremste ihren Weg und hielt sie an den Schultern fest.
„Du läufst hier noch ein Loch in den Boden. Kim, du musst lockerer werden. Alles wird gut."
Zweifelnd sah Kim zu ihm hoch. Joshua wirkte völlig gelassen. Wie machte er das nur immer?
„Kannst du mal fragen gehen?"
Mit ihrem Hundeblick sah sie zu ihm auf. Mitfühlend lächelnd, nickte Joshua und lief zur Tür, wo in großen Buchstaben Kreissaal geschrieben stand. Kim kaute unterdessen nervös an ihren Nägeln. Es machte sie kirre, dass sie nicht bei Mia sein durfte. Es war ein bedeutender Moment für Mia und sie hatte gehört, dass so eine Geburt sehr schmerzhaft sein konnte.
Nach einer Ewigkeit kam Joshua zurück. Ängstlich versuchte Kim etwas aus seiner Mimik zu lesen.
„Die Babys sind da! Sie mussten einen Notkaiserschnitt machen."
Kim spürte wie ihr Herz aussetzte. Mia! Joshua schien zu begreifen, was in Kim vorging.
„Mia geht es soweit gut! Die OP ist gut verlaufen. Samuel ist jetzt bei ihr und den Kindern."
Während er das sagte, schaute er unentwegt zu Kim. Diese spürte wie ihr die Tränen kamen. Sophia nahm Kim in den Arm.
„Hey, hast du nicht gehört? Alles ist gut!"
Die Liebkosung war zu viel. Schluchzend klammerte sich Kim an Sophia fest und die wiegte sie beruhigend hin und her. Erst jetzt begriff sie, wie angespannt sie gewesen war.
Gemeinsam setzten sich alle eine Zeit lang in die Cafeteria. Kim versuchte die innere Aufruhr in den Griff zu bekommen. Das alles war neu und sie hatte einfach keine Ahnung was sie fühlen sollte. Freude? Trauer? Immerhin würde Mia jetzt andere Prioritäten setzen. Ob ihre Freundschaft das aushielt? Sie ärgerte sich über sich selbst. Wie konnte sie nur so denken?
Die ersten Stunden wollten sie Mia und Samuel mit den Kindern lassen. Doch nach drei Stunden hielt es Kim nicht mehr aus. Sie musste das Wunder mit eigenen Augen sehen.
Nervös klopfte Kim. Sie spürte ihren Herzschlag bis zum Hals. Ava, Kim und Sophia steckten gleichzeitig die Köpfe durch die Tür.
„Dürfen wir?"
Ava sprach leise und Samuel und Mia nickten ihnen grinsend zu. Die Tür öffnete sich und natürlich liefen zuerst die Frauen herein. Joshua, Richard und Harry folgten den Frauen schmunzelnd. Alle blieben leise, keine wollte die Babys erschrecken.
Fasziniert betrachteten alle Frauen mit großen Augen die Zwillinge. Kim verschlug es bei dem Anblick die Sprache. War alles vorher für sie so surreal gewesen, sah sie jetzt die Realität. Ihre Mia war Mutter. Samuel hielt ein Baby auf dem Arm und Mia das andere.
Mit einem Blick erkannte Kim, dass es Mia gut ging. Sie strahlte über das ganze Gesicht, wirkte aber noch leicht blass um die Nase.
„Wen haben wir den da?"
Ava, Mias Mutter, stand mit Tränen in den Augen vor Samuel und Mia und betrachtete ihre Enkelkinder. Bei Sophia liefen die Tränen schon ungehemmt. Kim stellte sich ein wenig Abseits hin. Erst einmal sollte die Familie ihre neuen Mitglieder begrüßen und bestaunen. Sie wäre jetzt fehl am Platz.
„Darf ich euch vorstellen. Hier haben wir einmal Marie, Sophia Wick und das hier ist James, Richard Wick."
Samuel sprach und seine Stimme platzte vor Stolz. Die frisch gebackenen Großmütter hielten sich überrascht die Hand vor den Mund. Die Tränen kullerten über ihre Gesichter. Kim sah, dass auch Richard feuchte Augen hatte.
„Ja, wir wollten diese Namen. Leider konnte ich deine Mutter nicht mehr kennenlernen, Sophia, aber ich glaube es war eine tolle Frau, so wie du es bist. Deshalb soll unsere Tochter Marie, Sophia heißen. Die Namen zwei starker Frauen in unserer Tochter vereint. Mama, ich konnte meine Vater leider nicht kennenlernen, aber nach deinen Erzählungen hast du ihn innig geliebt, so wie er dich. Nach deinen Erzählungen, war er ein starker feinfühliger Mann. Der Name Richard erklärt sich wohl von allein, lieber Schwiegerpapa. Danke für alles, ich hoffe mein Sohn hat etwas von dir geerbt!"
Mia zwinkerte Richard zu, der Mühe hatte, die Tränen bei sich zu behalten. Gerührt beobachtete Kim das Szenario.
Joshua klopfte Richard liebevoll auf die Schulter. Man sah Joshua die Erleichterung an, die er für seinen Freund empfand.
Ava nahm James auf den Arm und Sophia nahm Marie.
Die Männer standen mit Samuel am Rand des Geschehens und ließen die Frauen in ihrem Babyglück. Richard gratulierte seinem Sohn und nickte lächelnd Mia zu. Joshua kam herüber und gab Mia einen Kuss aufs Haar.
„Das hast du toll hinbekommen, Mia. Danke, dass du Samuel so glücklich gemacht hast."
Bewegt schluckte Kim. Das war ihr Joshua. Immer die richtigen Worte parat.
„Wir haben uns einfach gegenseitig glücklich gemacht Joshua. Danke dir, dass du immer da bist und warst. Es ist beruhigend zu wissen, dass du immer hinter Samuel stehst."
„Mia, ich stehe nicht nur hinter Samuel, ich stehe hinter euch."
Lächelnd nickte Mia Joshua zu und klopfte dann neben sich aufs Bett, den Blick auf Kim gerichtet. Zögernd setzte diese sich zu ihr. Mit großen Augen verfolgte Kim, wie Sophia Marie in Mias Arme legte.
Sie war so winzig und die Augen waren noch zu und trotzdem war sich Kim sicher, Mia in dem kleinen, winzigen Gesicht wieder zu erkennen.
„So meine Kleine, ich muss dir jemanden sehr, sehr wichtiges vorstellen. Sie ist deine Patentante und für mich, neben euch und Samuel, der wichtigste Mensch. Sie ist meine zweite Hälfte, meine Schwester und meine beste Freundin. Sie wird euch helfen diese Welt zu verstehen und in dieser groß zu werden."
Kims Lippe zitterte. Unbeholfen und stumm saß Kim neben Mia. Diese Liebe hatte sie nicht verdient. Immer wieder hallte dieser Satz in ihrem Kopf. Wenn Mia wüsste... Ohne Vorwarnung nahm Mia Marie und legte sie schnell auf Kims Schoß. Diese zuckte erschrocken zusammen und sah ängstlich auf das Baby.
Stocksteif sass Kim da und wusste nicht was sie tun sollte. Gemischte Gefühle erfassten sie. Angst dem Baby weh zu tun, es fallen zu lassen, gemischt mit unglaublicher Liebe, die sie für dieses Baby in ihrem Arm empfand.
„Hab keine Angst Kim, es ist nur ein Baby. Du musst nur darauf achten, dass das Köpfchen immer einen Halt hat."
Kim nickte und sah auf die kleine Marie hinunter. Diese schmatzte vor sich hin und fasste mit ihrem kleinen Händchen nach Kims Finger. Kim spürte, wie ihr eine Träne übers Gesicht lief. Das war ein Teil von Mia.
Sanft nahm sie Marie und legte sie an ihre Brust, immer eine Hand auf das kleine Köpfchen. Dann verteilte sie kleine Küsse auf das Gesicht der Kleinen.
„Du bist perfekt, einfach perfekt, meine Kleine. Egal was jemals sein wird, ich werde da sein. Natürlich auch für deinen Bruder, aber du bist meine Prinzessin. Wir werden shoppen gehen, wir werden uns schminken, wir werden uns die Haare machen und du wirst immer wunderschön aussehen."
Sanft schaukelte sie das Baby in ihren Armen und lief verliebt durch den Kreißsaal. Sie redete sanft mit der Kleinen und nahm um sich herum niemanden mehr wahr.
Niemals hätte sie mit so einer Liebe gerechnet, die sie für das kleine Wesen empfand. Intuitiv wusste sie, für Marie würde sie alles tun.
„Ich werde mich für euch zusammenreißen. Hast du gehört? Ich verspreche es."
Sie flüsterte in Maries Ohr. Ja, für die beiden würde sie kämpfen. Die Vorstellung Marie könnte das tun, was sie getan hatte, machte ihr eine Heidenangst.
Verliebt betrachtete sie die kleinen Händchen und Füßchen. Wie konnte etwas so kleines, so perfekt sein? Leise schmatzte das Baby vor sich hin. Sie spürte Mias Blick auf sich. Da schlechte Gewissen stieg in ihr hoch. Mia wusste nichts über ihre Sucht, über ihre Vergangenheit. Würde sie dieses Baby im Arm halten, wenn sie es wüsste?
_____
Juhuuuu, die Babys sind da 😂😂🙈 für einige und mich... nochmal ❤️❤️❤️ ich hoffe das Kapitel gefällt euch und ich konnte Kims Gefühle richtig rüber bringen 😘
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro