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Avery

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich glaube, wenn etwas zu lange gut geht, wird man unvorsichtig oder schlichtweg naiv, dass etwas ewig so weiter gehen kann. Wie ein Bankräuber, der es schafft, 11 Banken auszurauben, dann aber bei dem 12. Bankraub gefasst wird. Oder ein Serienmörder, der nach einigen Morden gefasst wird oder ein Betrüger, der anderen Menschen das Geld aus der Tasche zieht. Warum ich das erzähle? Weil ich tatsächlich geglaubt hatte, dass wir es genauso schaffen würden zu entkommen, wie die Anderen. Das dabei etwas schief gehen konnte, war natürlich allen klar gewesen, aber das hier war anders. Auch diese Art von Fehler war keiner von uns vorbereitet gewesen.

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Die Angst, Hempton am nächsten Tag wieder gegenüber treten zu müssen, war sehr groß gewesen, aber ich wusste, dass ich es nun nur noch einmal ertragen musste und dann hoffentlich alles vorbei war. Roxanne hatte mir an diesem Abend dabei geholfen, meine Sachen zusammen zu packen, und mir eine ihrer Minikameras und Mikrophone gegeben, um jede Art von Übergriff filmen zu können. Mein Handy hatte ich ihr gegeben, da ich Angst hatte, dass Hempton mich vielleicht durchsuchen und es dabei finden könnte. Während ich den Kugelschreiber an der Tasche meiner Strickjacke befestigte, bemerkte ich, wie Roxanne mich von der Seite aus beobachtete.

„Was ist?", fragte ich sie.

Roxanne musterte mich einen Moment und umarmte mich dann plötzlich von sich aus. So fest, dass ich aufgrund meiner Wunden zusammenzuckte. Verwirrt, aber auch gerührt umarmte ich sie ebenfalls.

„Ist alles okay?", fragte ich sie vorsichtig.

Roxanne löste sich langsam von mir und ich meinte sogar Tränen in ihren Augen schimmern zu sehen.

„Ich...ich bin nicht gut mit Worten und so, aber...danke", sagte sie dann aufrichtig.

„Wofür?", fragte ich verwundert.

„Dass, du das für uns machst. Dass, du uns in den Arsch getreten hast, um uns aus diesem Alptraum aufzuwecken. Das, du stark warst, als es einige von uns nicht sein konnten. Und das du jetzt deinen Kopf für uns hinhältst", erklärte sie mir beinahe feierlich.

„Das war ich doch nicht allein. Wir haben alle ein gewisses Risiko in Kauf genommen und ihr seid auch großer Gefahr ausgesetzt, wenn wir morgen fliehen wollen, also..."

„Avery, du hast das alles hier angefangen und dass wir so weit gekommen sind, verdanken wir nur dir. Du hast uns Hoffnung gegeben und...scheiße, ich klinge so kitschig wie Daisy", stellte sie dann entsetzt fest.

Ich lachte und Roxanne grinste ebenfalls.

„War trotzdem ne coole Ansprache. Ich fühle mich geehrt."

„Spaß beiseite. Bist du sicher, dass du das heute durchhältst?"

Ich nicke. Es war zu spät, sich jetzt alles nochmal anders zu überlegen.

„Ich krieg das hin."

Roxanne musterte mich einen Moment lang besorgt, ehe sie nickte, wenn auch nicht komplett überzeugt.

„Wenn Hempton versucht dich anzufassen, dann..."

„Kratz ich ihm die Augen aus, schon klar", unterbrach ich sie.

Ich wollte gar nicht daran denken, was mir in Kürze bevorstand. Vor allem nicht daran, dass Hempton vielleicht dasselbe mit mir machen würde, wie mit Roxanne.

Ich drückte Roxanne zum Abschied nochmal die Schulter und trat aus dem Zelt. Draußen warteten bereits Niall und Harry. Harry lehnte an einem der Zeltpfosten, während Niall sich von seinem Sitz an der Feuerstelle erhob und auf mich zukam. In sein sonst so fröhliches Gesicht, stand die Angst geschrieben, weshalb ich ihn so zuversichtlich wie möglich anlächelte, ehe er kam um mich zu umarmen. Seine Umarmung war so fest, dass mir fast alle Luft aus den Lungen gepresst wurde. Ganz zu schweigen, von meinen blauen Flecken von gestern.

„Danke für alles", murmelte Niall in mein Ohr.

„Niall, ich krieg keine Luft!", japste ich.

„Sorry", abrupt ließ er mich los.

„Wir sehen uns dann, Niall", verabschiedete ich mich von ihm.

Ich lächelte ihn aufrichtig an, klopfte ihm noch einmal auf die Schulter und ging dann auf Harry zu, um mich von ihm zu verabschieden. Harry kam mir entgegen und umarmte mich ganz sanft, wenn gleich auch viel länger. Ich erwiderte die Umarmung und versuchte diesen Moment in meinem Gedächtnis abzuspeichern. Die Wärme seines Körpers, seine Hände auf meinem Rücken, seine weiche Haut an meiner, sein Atem in meinem Nacken und sein Duft in meiner Nase. All das würde ich später in die dunkle Zelle mitnehmen, in die man mich bringen würde und mir damit die schlimmen Gedanken vertreiben.

„Tut mir leid, dass wir kein Date mehr hatten, bevor wir hier weggegangen sind", murmelte Harry in mein Ohr.

Ich lachte, aber es klang traurig. Dieser Moment war so bittersüß, wie die Schokolade, die mein Dad immer so gerne aß. Seltsam, dass mir gerade das in diesem Moment einfiel. Aber ich versuchte gerade alle Gedanken an die nächsten Stunden zu vertreiben, egal mit was.

„Das macht nichts, wir können es nachholen, wenn wir alle hier raus sind. Dann ist nicht mal ein superschlechtes Date, sondern vielleicht sogar, das beste Date der Welt", erwiderte ich.

„Ich freu mich drauf", erwiderte Harry und löste sich dann ganz langsam vom mir.

Er ergriff meine Hände und lehnte seine Stirn an meine, während er die Augen schloss. Ich tat es hm gleich und schloss meine Augen. Erneut speicherte ich seine Wärme, seinen Duft und seinen Atem auf meinem Gesicht, als eine gute Erinnerung ab, die mich später durch den Tag bringen sollte.

„Ich seh dich morgen, Harry. Okay?", murmelte ich leise.

„Okay", murmelte er und ließ eine Hand von mir los, nur um mir noch einmal mit seinen Fingern zärtlich über die Wange streichen zu können und mir eine Haarsträhne hinters Ohr zu schieben.

„Bis morgen, Avery Collins", murmelte er noch einmal, ehe dann langsam zurücktrat und ich meine Augen wieder öffnete.

Zum letzten Mal sah ich ihn an, speicherte alles in meinem Gedächtnis ab.

Dann drehte ich mich um und ging. Ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen.

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Ich halte mich an dieser Stelle kurz: Ich wurde erneut verprügelt und hatte danach das Gefühl weder aufstehen noch atmen zu können, aber irgendwie gelang es mir doch wieder mich aufzusetzen. Ich hatte neue blaue Flecken, blutete an mehreren Stellen im Gesicht und mir war kotzübel. Aber ich lebte und war noch bei Bewusstsein. Und was am wichtigsten war, ich hatte noch immer nichts verraten und alles mit Roxanne's versteckter Kamera aufgenommen. Ich war richtig stolz auf mich.

Hempton hingegen schäumte vor Wut. Und als Ed schließlich den Raum betrat, ganz so wie es ausgemacht war, war ich mehr als erleichtert.

„Herrgott, Hempton. Musstet du sie so zurichten? Sie konnte doch gestern kaum noch stehen. Willst du sie ernsthaft umbringen?", fragte Ed genervt, als er mich sah.

Selbst ich nahm ihm den gespielten Unmut ab. Hempton hingegen schnaubte nur verächtlich.

„Was mischt du dich da ein, Sheeran? Ist ja nicht so, als würden diese Kids dir mehr erzählen, nur weil du sie darum bittest", knurrte er nur.

„Na ja, wenn du sie totschlägst, bist du immer noch nicht weiter. Vor allem hast du dann noch ein Problem mehr. Ich meine, wie willst du das den Eltern erklären? Die sehen sich die Verletzungen an und dann sind wir alle am Arsch", konterte Ed nur.

„Und was schlägst du vor?"

„Wenn sie nicht freiwillig redet, dann sperr sie doch in den Bunker. Der hat schon jeden zum Reden gebracht", schlug Ed vor.

„Da war sie bereits. Zweimal. Und beim zweiten Mal, sind noch mehr entkommen. Geredet hat sie trotzdem nicht", brummte Hempton daraufhin.

„Bisher war sie ja nur zwei, drei Tage darin. Verlängere doch mal die Frist etwas, vielleicht ändert sie dann ja ihre Meinung. Ich meine, ein paar Tage halten ja viele durch, aber ein paar Wochen...wer weiß."

Trotz meiner Schmerzen, musste ich mir Mühe geben ein Grinsen zu unterdrücken, als ich hörte, wie Ed ganz unauffällig die Zweifel in Hempton weckte.

„Was schlägst du vor? Wie lange?"

Ed warf einen Blick auf mich, wie ich auf dem Boden lag. Vermutlich sah ich aus, als hätte man mich überfahren und dann den letzten Rest von mir, von der Straße gekratzt. Er beugte sich zu Hempton flüsterte ihm ins Ohr, welche Zeitspanne er für angemessen hielt, so dass ich nicht wusste, wie lange ich dort unten verbringen musste.

Natürlich wusste ich ganz genau, welche Zeitspanne er gerade vorschlug. Während ich so tat, als würde ich mir das Blut von der Stirn wischen, beobachtete ich Hemptons Gesicht unauffällig. Nach Ed's Antwort, wirkte er eindeutig ruhiger. Nicht unbedingt überzeugt, aber er schien den Köder zu schlucken.

„Na ja, wir können es immerhin ja mal probieren. Collins, steh auf!", fuhr er mich dann barsch an.

Es kostete mich etliche Mühe, mich irgendwie wieder auf die Beine zu stemmen. Ed ging auf mich zu und packte mich am Arm.

„Sheeran, bring sie wieder in den Bunker. Diesmal machen wir 2 Wochen daraus. Und solltest deine Meinung bis dahin nicht geändert haben, werden es 2 Monate werden. Oh, und bevor ich es vergesse: Sollte in dieser Zeit, noch jemand aus deiner Gruppe verschwinden, werde ich dafür sorgen, dass deine Strafe auch verlängert wird und du wirst die nächsten 6 Monate kein Tagelicht mehr sehen."

„Bitte, nicht. Ich hab doch schon gesagt, dass ich nichts weiß", wimmerte ich und gab mir große Mühe, so verängstigt wie möglich auszusehen.

„Das sehen wir dann in 2 Wochen. Vielleicht änderst du deine Meinung ja dann noch. Sheeran, nimm sie mit!"

Ed zog mich grob auf die Beine und schleifte mich aus der Tür. Weg von Hempton, weg von den Schmerzen. Zwar hielt er mich weiterhin am Arm gepackt, um so den Anschein zu erwecken, dass er mich nun zu meiner Strafe führen würde, aber in Wirklichkeit drückte er kaum zu.

„Hat alles geklappt?", murmelte ich ihm zu, während ich den Blick weiterhin gerade ausrichtete.

„Ja, das Stroh bringe ich morgen um 2 Uhr und lasse den Wagen auf dem Hof stehen. Niall wird die Wachen ablenken, während Roxy und Harry alles beladen und wenn ich dann Hilfe hole, wird er mit dir unter die Ladefläche steigen. Danach müsst ihr nur ganz ruhig liegen bleiben."

„Und wo gehen wir danach hin?", fragte ich leise.

„Zu einer Freundin von mir. Ihr könnt dort zwei Tage bleiben und dann wieder zu mir kommen. Sie wird nichts sagen, versprochen", murmelte Ed.

„Okay. Danke, Ed."

Als wir beim Bunker ankamen und Ed die Tür aufschloss, drückte ich ihm beide Aufnahmegeräte in die Hand, welche er sogleich in seiner Hemdtasche verschwinden ließ. Er ließ mich los und ich ging zögernd über die Schwelle in die Dunkelheit hinein. Dann drehte ich mich nochmal zu ihm um.

„Schaffst du das bis Nachmittag durchzuhalten?", fragte er mich.

„Eine Nacht mehr oder weniger ist jetzt auch egal. Außerdem gibt mir das genug Zeit um auszuruhen, damit ich morgen losrennen kann", meinte ich so locker wie möglich. Ed nickte mir zu und schloss dann die Tür hinter mir.

Schlagartig war ich in komplette Dunkelheit gehüllt.

„Wir sehen uns morgen, Avery. Versuch zu so viel wie möglich zu schlafen", hörte ich ihn dumpf durch die Tür sagen.

„Bis morgen, Ed."

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Es war schwer einzuschlafen, weshalb ich die ersten Stunden mich direkt neben der Tür niederließ. Unter der Tür gab es einen kleinen Spalt, durch den ein schmaler Lichtstreifen fiel, sodass ich wenigstens meine Finger erkennen konnte, wenn ich die Hand ins Licht hielt. Ich wusste nicht wie lange ich dort saß und einfach nachdachte. Ich dachte an Roxanne und Niall. An Harry und meine Eltern. An Lucy schließlich sogar an den Abend, der mich letztlich hierhergebracht hatte...

Ich hatte mich einfach nicht getraut Lucy die Wahrheit wegen dem Nachsitzen zu sagen, nachdem sie vor kurzem so ausgeflippt war und war deshalb am Freitag einfach ohne Erklärung länger geblieben. Als ich schließlich nach Hause kam, stand Lucy nur am Fuße der Treppe und sah mich an. Ihr Blick war eiskalt und so wütend, dass ich kurz in Erwägung zog, einfach wieder zur Haustür hinaus zu rennen und einfach bei einer meiner Freundinnen zu übernachten, aber da war Lucy auch schon bei mir, riss mir den Rucksack und meine Jacke von den Schultern und zerrte mich am Arm die Treppe hinauf. Ich versuchte mich aus ihrem Griff zu befreien, schaffte es aber nicht. Immer wieder rief ich, dass sie mich gefälligst loslassen sollte und dass sie mir weh tat. Lucy ignorierte mich komplett und sagte leidglich immer wieder, was für ein undankbares Balg ich doch sei und dass sie sich nie wieder um mich kümmern wollte.

„Da sind wir schon zwei!", hatte ich schließlich geflucht und ihr Griff um meinen Arm wurde so fest, dass ich einen Moment lang befürchtete, sie könnte mir tatsächlich den Arm brechen.

„Es reicht mir wirklich mit dir! Ein Kind wie dich kann man wirklich niemandem zumuten, nicht mal deinen Eltern. Aber keine Sorge, deine Erziehung wird ab jetzt jemand anderes übernehmen! Und bis dahin, bleibst du hier drin!"

Damit schubste sie mich in mein Zimmer, dass ich momentan bei ihr bewohnte und schloss die Tür von außen ab. Ich hatte natürlich wie wild an die Tür gehämmert und versucht mich aus dem Zimmer zu befreien, aber da ich nun mal nicht wie Sherlock Holmes Schlösser knacken und Kriminalfälle lösen konnte, hatte ich keine Möglichkeit die Tür zu öffnen. Mein Handy konnte ich auch nicht benutzten, da es sich noch in der Jacke befand, die Lucy mir abgenommen hatte. Natürlich hätte ich aus dem Fenster klettern können, aber da mein Zimmer in einem der oberen Stockwerke lag und besaß eine andere Architektur als viele Häuser im Amsterdam. Die vorstehenden Balken, Fensterrahmen und Verzierungen an den Dächern gab es nicht. Es war einfach eine gewöhnliche glatte Wand und die Fenster waren viel zu weit auseinander um dort entlang klettern zu können. Natürlich war ich an einigen Häuser schon heimlich entlang geklettert, aber dort hatte ich immer das Risiko abgeschätzt und mir vorher einen Weg nach oben und unten gesucht, bevor ich losgeklettert war. Das konnte ich hier nicht. Also blieb mir nichts anderes übrig als zu warten. Lucy kam den gesamten Tag nicht zurück und nachts über auch nicht. Den Einzigen Vorteil, den ich hatte, war das kleine Bad, das direkt über eine Tür mit meinem Zimmer verbunden war. Dort gab es allerdings keine Fenster. Aber wenigstens hatte ich die Möglichkeit etwas trinken zu können.

Erst am nächsten Morgen hatte Lucy mein Zimmer wieder aufgeschlossen. Ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, zerrte sie meine Reisetasche aus dem Schrank und begann meine Sachen hineinzustopfen. Irritiert kam ich näher.

„Was soll das denn werden?", fragte ich verwirrt.

„Du reist ab. Ich habe heute früh mit deinen Eltern gesprochen und wir waren uns alle einig, dass es so besser ist", sagte sie nur, ohne mich anzusehen.

Um ehrlich zu sein, machten mich diese Neuigkeiten eher glücklich, als traurig. Als ob ich freiwillig noch einen weiteren Tag mit Lucy verbracht hätte. Allerdings nahm ich zu diesem Zeitpunkt noch an, dass meine Eltern mich abholen kommen würden.

„Wann kommen meine Eltern mich abholen?", fragte ich daher knapp.

„Sie kommen am 9. Juli, wie besprochen."

„Aber das ist erst in 13 Tagen. Soll ich solange alleine zuhause wohnen?", fragte ich verwirrt.

„Du gehst nicht nach Hause. Du fährst in ein Camp nach Dänemark, wo du hoffentlich bessere Manieren lernst."

„Nach Dänemark?! Spinnst du, ich fahr doch nicht in ein Feriencamp, nur weil du dich nicht im Griff hast!", ich wusste, dass es unklug war, Lucy diese Bemerkungen an den Kopf zu werfen, aber nach einer Nacht Gefangenschaft, war mir jegliche Freundlichkeit abhandengekommen.

Lucy sah mich scharf an und packte mein Handgelenk so fest, dass ich zusammenzuckte.

„Es ist kein Feriencamp, sondern ein Erziehungscamp. Und so wie du dich mir gegenüber aufführst, hast es auch bitter nötig. Du wirst dort die nächsten vier Monate verbringen und dich hoffentlich verbessern."

Ich riss mich los und schüttelte heftig den Kopf. Erziehungscamp? Dänemark? Vier Monate? Was sollte das alles?

„Ich kann nicht nach Dänemark, ich hab noch gar keine Ferien und außerdem kannst du mich nicht einfach dort hinschicken! Für sowas was brauchst du die schriftliche Zustimmung meiner Eltern und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das einfach so absegnen würden, ohne meine Version der Dinge gehört zu haben!", schrie ich sie an.

„Ich hab bereits mit dem Leiter und deinen Eltern gesprochen, sie waren sich alle einig und haben den Antrag bereits fertig. Du wirst in zwei Stunden von jemandem abgeholt und dann wirst du die nächsten vier Monate hoffentlich lernen dich anständig zu benehmen!", sagte Lucy nur kühl zu mir und zog meine Reisetasche zu.

Ich wollte und konnte es nicht glauben. Auffordernd hielt ich ihr meine ausgestreckte Hand hin.

„Gib mir mein Handy, ich will mit Mom und Dad sprechen! Ich will aus ihrem Mund hören, dass sie mit der ganzen Sache einverstanden sind!", forderte ich sie nun auf.

„Dein Handy habe ich bereits verstaut, da im Camp keine elektronischen Geräte erlaubt sind. Du kannst im Camp mit ihnen sprechen oder danach!"

Damit nahm sie meine Tasche vom Bett und zog die Tür hinter sich zu und ich war völlig alleine, mit den ganzen verwirrenden Fragen und einem ganz neuen Gefühl: Angst.

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Ich kehrte zurück in die Realität, als ich merkte, dass der Lichtstreifen neben der Tür immer matter wurde. Hatte ich etwa so lange, hier schon gesessen?

Ich stemmte mich mühsam auf die Beine und ertastete mir meinen Weg zum Bett. Jeder Schritt tat weh und ich fragte mich, wie viel wohl verheilt sein würde, bis ich nach Hause kam. Ganz langsam ließ ich mich auf mein Bett sinken und atmete ein paar Mal tief durch die Nase ein und aus um den Schmerz besser zu unterdrücken.

Ich starrte einen Moment lang an die Decke, obwohl ich in der Dunkelheit überhaupt nichts sehen konnte. Die Müdigkeit war da, aber der Schlaf wollte irgendwie nicht kommen. Ich dachte nach.

Was hatte Mom immer gemacht, wenn ich nicht schlafen konnte? Ich erinnerte mich bruchstückhaft, dass sie sich neben mich ins Bett gelegt hatte und mir übers Haar gestreichelt hatte. Oder sie hatte mir vorgelesen. Sie hatte mir sogar vorgesungen.

Vielleicht würde das ja helfen. Ich überlegte, welcher Song mich wohl am besten entspannen würde und schließlich sang ich leise den erstbesten Song der mir einfiel.

"Today is gonna be the day that they're gonna throw it back to you
And by now, you should've somehow realised what you gotta do
I don't believe that anybody feels the way I do about you now

Ich wusste, dass Mom diesen Song gerne hörte. Jedes Mal wenn er im Radio lief, drehte sie lauter und sang dazu.

And backbeat, the word is on the street that the fire in your heart is out
I'm sure you've heard it all before, but you never really had a doubt
I don't believe that anybody feels the way I do about you now".

Ich lächelte. Wieso hatte sich bei diesen Zeilen das Bild von Harry gerade in meinen Kopf geschlichen? Die Umarmung von heute Morgen und sein Lächeln warne noch immer als wunderschöne Erinnerung in meinem Kopf.

Und so sang ich den Refrain mit Harrys Lächeln in meinem Kopf.

"And all the roads we have to walk are winding

And all the lights that lead us there are blinding

There are many things that I would like to say to you, but I don't know how

Because maybe

You're gonna be the one that saves me

And after all

You're my wonderwall".

Und danach schlief ich tatsächlich ein.

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Der nächste Tag kam und ich bereitete mich innerlich auf den Nachmittag vor. Roxanne war jeden einzelnen Schritt mit uns erneut durchgegangen. Sobald Ed's Truck da war, würde sie genau 12 Minuten warten, damit es nicht getimt schien, ehe sie an meiner Zellentür vorbei gehen würde. Dann musste ich einen epileptischen Anfall vortäuschen, der dafür sorgen würde, dass Hempton gezwungen war, die Zellentür zu öffnen. Ed würde dann bei ihm sein und ihn einschließen, während ich rauslief. Während Ed mit Hempton den Truck unbeaufsichtigt ließ, würde einer von der Gruppe die Wachen in der Nähe ablenken, während die Anderen die Taschen auf den Truck laden würden und sich dann selbst unter dem Stroh verstecken würden. Sobald Ed zurück mit mir kommen würde, würde er das weitere Ablenken übernehmen, sodass ich mit dem letzten Verbleibenden aus der Gruppe mich ebenfalls verstecken konnte.

Soweit der Plan. Die Stunden verstrichen beinahe quälend langsam. Trotzdem war ich dankbar für die Ruhe, die ich meinem Körper gönnen konnte. Ihm die Möglichkeit gab, sich zu erholen und zu heilen. Natürlich reichte eine Nacht bei weitem nicht und noch immer schmerzten die blauen Flecken an meinen Rippen bei fast jeder Bewegung. Aber es musste reichen.

Je näher die Stunde der Wahrheit rückte, desto unruhiger wurde ich. Als es bereits drei Minuten vor zwei war, ging ich bereits unruhig in meiner Zelle auf und ab. Mit jeder Minute die verstrich stieg die Anspannung und immer mehr Szenarien schlichen sich in meinen Kopf. Keine guten Szenarien. Alle möglichen Wege, wie wir versagen würden, spielten sich vor meinem inneren Auge ab.

Doch ich schob sie alle weg. Wenn ich mich nur auf das Schlimmste konzentrierte, würde ich nur geringe Chancen haben, hier erfolgreich rauszugehen. Nein, ich musste mich ganz einfach an den Plan halten, dann würde ich es schaffen. Wir alle würden es schaffen.

Tatsächlich hörte ich kurze Zeit später das Geräusch eines Autos, dass in der Nähe hielt. Ed!

Jetzt waren es nur noch ein paar Minuten, bis ich frei sein würde. Roxanne hatte mir gezeigt, wie ich einen Anfall vortäuschen sollte und ich hatte heute morgen auch noch geübt. Außerdem bezweifelte ich, dass Hempton in dem dunklen Bunker so genau sehen würde, ob ich wirklich einen Anfall hatte oder nicht. Ich amtete ein paar Mal tief durch und ließ nur einen Gedanken in meinem Kopf zu.

„Ich bin jetzt bereit!", flüsterte ich, um es mir selbst klar zu machen.

Und in diesem Moment glaubte ich es auch mit jeder Faser meines Körpers.

„Avery?", Roxanne's Stimme erklang durch die Tür.

Verwirrt trat ich zu ihr. Was machte sie hier? Sie sollte lediglich an meiner Tür vorbei gehen, damit ich wusste, dass alles nach Plan lief und Ed mit Hempton kommen würde. Dass sie mit mir sprach, war nicht vorgesehen.

„Roxy, was machst du?", fragte ich verwundert und trat zu ihr an die Tür, um sie besser zu verstehen.

„Ist alles okay? Ist Ed schon unterwegs zu Hempton?"

„Hempton kommt nicht", antwortete Roxanne seltsam dumpf.

„Was meinst du? Was ist los?"

Etwas an ihrer Stimme beunruhigte mich zutiefst.

„Es gibt eine Planänderung", Roxanne klang wie ein Roboter.

Ungewollt stieg Angst in mir auf als ich mich an die Tür presste. War sie vielleicht nicht allein und konnte deshalb nicht freisprechen?

„Roxy, wovon sprichst du?", fragte ich unsicher.

„Ich weiß, wir sollen uns immer an den Plan halten, aber ich hab mit Hempton noch eine Rechnung zu begleichen und genau das werde ich jetzt tun. Ed ist schon auf dem Weg zu dir. Wir sehen uns dann hoffentlich bald", Roxy klang so endgültig, als hätte sie diesen Plan schon lange gehabt.

Aber obwohl ich nicht wirklich verstand, was hier gerade vor sich ging, bekam ich unglaubliche Angst.

„Roxy, nein. Geh wieder auf deinen Platz, was immer Hempton auch getan hat, wir können nicht...", doch sie unterbrach mich.

„Ihr kriegt das auch ohne mich hin. Dafür seid ihr clever genug. Holt mich einfach nur schnell raus, sobald alles vorbei ist, okay? Es tut mir leid, dass ich euch jetzt Schwierigkeiten mache, aber ich kann hier nicht weg, ohne die Hempton für all das büßen zu lassen, was er mir angetan hat. Mir und vielleicht noch anderen Mädchen."

„Roxanne, bitte. Wir haben es fast geschafft, du kannst jetzt nicht..."

„Bis bald, Avery, pass gut auf dich auf. Und auf die Anderen"; damit entfernten sich ihre Schritte.

„Roxy, komm zurück!", ich wollte es schreien, aber ich hatte Angst, wer mich sonst noch hören konnte.

„Roxy!", flüsterte ich laut.

Doch es kam keine Antwort. Die Schritte waren verstummt. Roxy war fort. Und sie war vermutlich gerade dabei eine große Dummheit zu begehen! Und ich konnte nichts tun, außer auf Ed zu warten.

Unruhig tigerte ich meiner Zelle auf und ab, während sich die Gedanken in meinem Kopf überschlugen.

Was würde Roxy tun? Sie hatte gesagt, sie würde Hempton büßen lassen. Was bedeutete das? Würde sie Hempton vielleicht irgendwie verletzten, oder ihn vielleicht sogar umbringen? Wo war sie hingegangen und würde sie überhaupt alleine klarkommen?

Nach einer gefühlten Ewigkeit, die sich vermutlich nur um Minuten handelte, drehte sich endlich ein Schlüssel im Schloss und Ed tauchte auf. Sofort schoss ich auf den Ausgang zu.

„Wo ist Roxy?", fragte ich, während ich auf Ed zu rannte.

Dieser starrte mich verwirrt an.

„Wovon redest du? Ich dachte, sie sorgt dafür dass Hempton nachkommt, dass hat sie mir gesagt."

„Hempton wird nicht kommen!", sagte ich aufgebracht.

Ed's verwirrte Blick wich und ich sah, wie sich Panik und Besorgnis auf seinem Gesicht breit machten.

„Was meinst du?"

„Roxy will Hempton irgendwo hinlocken und mit ihm abrechnen!"

„Was? Aber der Plan..."

„Roxy hat den Plan geändert. Und jetzt muss ich sie davon abhalten!", damit rannte ich einfach los.

Und obwohl mein ganzer Körper schmerzte, trieb die Angst mich dennoch an, schneller zu laufen, während sich die Gedanken in meinem Kopf überschlugen.

Roxy, bitte, mach keine Dummheiten!, flehte ich innerlich und lief noch schneller und hoffte einfach nur, noch nicht zu spät zu sein.

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Fieser Cliffhanger, ich weiß, aber jetzt sind wir an dem Punkt, wo alles zusammen kommt. Und wie es weiter geht, dass erfahrt ihr dann im nächsten Kapitel. Ich würde mich über eure Kommentare und/oder Votes freuen.
Lg eure Liz ;)



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