Kapitel 13
🤠
Louis
Heute ist es soweit. Harry hat mich davon überzeugt, bei ihm und Hazel einzuziehen. Einen ganzen Monat habe ich es geschafft, ihn zu vertrösten. Jetzt sind Sommerferien und wir haben zwei Monate nur für uns. Da Harry die Ranch zu leiten hat, kann er über die Ferien nicht verreisen, aber er hat mir versprochen, dass wir es uns zu dritt so schön wie möglich machen.
»Darling, jetzt komm schon. Hazel wartet darauf, dass wir sie abholen.« Dass ich dabei bin, weiß seine Tochter nicht. In den letzten Wochen habe ich immer wieder bei ihnen zu Abend gegessen aber nie hat sie gefragt, wieso ich so oft bei ihnen bin. Ein paar Mal habe ich sogar dort geschlafen und sie morgens mit zur Schule genommen, damit Harry nicht extra raus muss. Es kam immer öfters vor, dass Hazel gefragt hat, wann ich wieder bei ihnen bin, aber nie, wieso. Ob Harry mit ihr über uns gesprochen hat und es mir nie erzählt hat? Für seine Tochter scheint meine Anwesenheit vollkommen in Ordnung zu sein.
Vielleicht mache ich mir auch einfach nur zu viele Gedanken und es wird nichts schief laufen. Wieso sollte etwas schief laufen? Die letzten Wochen waren so schön, da wird schon nichts passieren. Und wenn doch, finden wir hoffentlich schnell eine Lösung dafür. Meine Wohnung habe ich nur noch für die nächsten zwei Monate. Dann läuft die Miete aus und ich habe ein Problem, wenn ich bei Harry wieder raus muss.
»Meinst du nicht, dass ich einfach hier bleiben sollte? Dann kann ich schon kochen und wir können direkt essen, wenn ihr ankommt.« Ich mache mich lieber hier nützlich, als mit einem halben Nervenzusammenbruch bei meiner Kollegin anzukommen, die heute auf Hazel aufgepasst hat. June und Teddy haben nichts dazu gesagt, dass ich schon so schnell bei Harry einziehe, aber sie haben sich gefreut. Das habe ich an ihren Blicken gemerkt. Jeden Morgen kommt June zu mir und fragt mich, wie es mir geht und ob ich aufgeregt bin, bald mit ihrem Schwager zusammenzuziehen. Aufgeregt war ich bis heute nicht. Ich habe mich gefreut. Jetzt könnte ich mich irgendwo verstecken und hoffen, dass man mich nicht findet. Was bei Harry beinahe unmöglich ist. Er kennt jeden kleinsten Winkel seines Grundstücks.
»Nein, du kommst mit. Hazel hat mich heute Morgen gefragt, wann du wieder zu uns kommst. Du kannst ihr gleich sagen, dass du ab heute jeden Tag hier bist.« Ich bleibe in meinem alten Wohnzimmer stehen und verschränke die Arme vor der Brust. Meine persönlichen Gegenstände sind alle schon bei Harry. Die Möbel gehören zur Wohnung, weshalb ich mich zum Glück nicht auch noch um dieses Problem kümmern muss. Harry hat genügend bei sich zu Hause. Da braucht er keine neuen Möbel mehr.
»Jetzt sei nicht so, Louis. Du freust dich doch auch, sie ab heute jeden Tag zu sehen. Und lüg mich nicht an. Ich sehe, wie du mit ihr umgehst. Wenn es nach dir gegangen wäre, wärst du öfters für sie zu uns gekommen als für mich. Und ich bin dein Freund.« Da hat Harry recht. Trotzdem werde ich es ihm nicht sagen.
»Und außerdem hat Teddy darauf bestanden, dass du heute dabei bist. Muss ich dich ins Auto tragen, damit du endlich mitkommst?« Ich zucke nur mit den Schultern und mache schnell ein paar Schritte zurück, als Harry mit großen Schritten bei mir angekommen ist und mich mit einer erschreckenden Leichtigkeit über seine Schulter wirft.
»Harry, Gott, lass mich runter!« Er brummt verneinend und geht mit mir zur Haustür. Jetzt habe ich keinen Weg mehr zu entkommen. Ich muss mich meinem Schicksal stellen.
»Ich bleibe einfach im Auto sitzen. Du kannst mich mal«, brumme ich und überlasse mich dem Schicksal. »Glaub mir, ich warte nur auf den perfekten Moment, Louis.« Dann landet plötzlich eine Hand auf meinem Hintern, während das Blut aus meinem hochroten Kopf in andere Richtungen fließt. Ich glaube, mir wird ein wenig schwindlig. Wir haben noch nie den richtigen Moment gehabt, um die Dinge weiterzuführen. Mal kam etwas dazwischen, wir wurden gestört oder einer von uns beiden war nicht ganz bei der Sache. Jetzt wohnen wir zusammen und schlafen jeden Abend nebeneinander ein. Irgendwann müssen wir den richtigen Zeitpunkt abpassen und dann gibt es keinen Weg mehr daran vorbei. Ich will endlich mit Harry schlafen. Ihn zumindest nackt sehen. Nicht immer nur in seinen Jeanshosen oder seinen Schlafanzughosen. Noch nichtmal in seiner Unterhose habe ich ihn zu Gesicht bekommen, weil er sich immer im Badezimmer umzieht.
»Benimmst du dich jetzt oder muss ich das Auto hier stehen lassen und dich zu Teddy tragen?« Harry zieht die Tür hinter uns zu, jedoch halte ich weiterhin den Mund und erlaube es mir, noch ein wenig zu schmollen. Gleich sehen wir Hazel, da kann ich mich nicht wie ein Kind verhalten. Ich will ein Vorbild für sie sein.
»Gott, du bist so stur. Du bist schlimmer als Oreo.« Das lässt mich schnauben. »Vergleichst du mich gerade mit deinem Pferd? Und lass mich runter, du Ochse.« Ich schlage mit meiner Faust gegen seinen Rücken und warte einen Moment, bis Harry mich neben seinem Wagen auf den Boden stellt. Für einen Moment muss ich mich an seinem Arm festhalten und warte, bis der leichte Schwindel nachlässt. Ich habe zu viel Blut im Kopf und zu wenig Blut in meinen Beinen, um aufrecht stehen zu bleiben.
»Alles okay?« Ich nicke nur und stelle mich auf die Zehenspitzen, um Harry einen Kuss auf die Lippen zu hauchen, bevor ich auf der Beifahrerseite einsteige und darauf warte, bis Harry endlich zu seinem Bruder fährt. Je früher wir da sind, um so schneller können wir es über uns ergehen lassen, dass ich jetzt bei Harry und Hazel einziehe.
Nur wenige Minuten später kommen wir bei Teddy an. Harry parkt neben dem Polizeiwagen seines Bruders und schaltet den Motor aus.
»Tut mir leid wegen eben. Ich bin auch nervös, wie Hazel reagieren wird.« Harry dreht sich auf dem Fahrersitz zu mir und nimmt meine Hände in seine. Abgesehen von Teddy und June weiß niemand aus der Stadt, dass wir zusammen sind. Meine Kollegen können sich etwas denken, sind aber noch nicht zu mir gegangen und haben mich darauf angesprochen. Harrys Mitarbeiter konnten wir bis jetzt so gut wie möglich umgehen, aber auch sie werden bald erfahren, dass ich bei Harry und seiner Tochter eingezogen bin. Dass Harry vorhat, mich noch in diesem Jahr zu heiraten. Heißt, ich habe noch knapp sechs Monate Zeit, um ihn zu überzeugen, dass nicht alles in unserer Beziehung so schnell gehen muss. Ich möchte nicht, dass er sich zu etwas drängt, wozu er noch gar nicht bereit ist. Er war schon einmal verheiratet. Weiß, wie das Eheleben ist. Vielleicht bin aber auch ich es, der ein wenig Angst vor der Zukunft hat. Ich möchte mein Leben mit ihm verbringen, das ist sicher, aber genau das ist doch der Punkt. Wir haben noch unser gesamtes Leben Zeit, um dieses miteinander zu verbringen.
»Schon gut. Ich weiß, Hazel mag mich, aber es ist etwas anderes, dass ich jetzt jeden Tag bei euch bin. Sie hat Ferien. Eigentlich sollte sie ihre Lehrer in dieser Zeit nicht sehen müssen.« Sofort schüttelt Harry den Kopf und verschränkt unsere Hände miteinander.
»Es ist unser Zuhause, Louis. Das von Dir, Hazel und mir. Wir bauen uns dort gemeinsam eine Zukunft auf. Zu dritt. Als Familie.« Ich senke den Blick und beiße mir auf die Unterlippe. Wie kann er so süß sein?
»Wahrscheinlich sind wir beide einfach nur nervös und sollten Hazel noch eine Nacht bei deinem Bruder lassen.« Harry lacht über meinen genialen Vorschlag und schnallt sich ab, um aus dem Wagen zu steigen. Jetzt macht er wirklich ernst. Nur langsam folge ich seinem Beispiel und stelle mich neben meinen Freund.
Beinahe ängstlich schaue ich auf die Haustür und beiße mir auf die Lippe, als Harry unsere Hände miteinander verschränkt.
»Weißt du, was meine Nervosität stillen kann?« Ich brumme verneinend und lehne mich gegen die Tür, als Harry einen Schritt auf mich zu macht und mich mit seinen Armen einkesselt.
»Nein, aber du sagst es mir jetzt sicherlich, damit ich nicht so nervös bin, wenn wir da reingehen und deiner wunderbaren Tochter mitteilen, dass ich bei euch einziehe?«, schlage ich vor und fahre mit meiner linken Hand über die Knopfreihe seines dunkelblauen Hemdes.
»Ich kenne da jemanden, der unglaublich gut küssen kann und mich damit alles andere vergessen lässt. Auch meine Nervosität. Vielleicht schaffe ich es ebenfalls, ihn um den Verstand zu küssen.« Er zuckt mit den Schultern und kichert leise, als ich schnell nicke und mich ihm entgegenstrecke. Ich glaube, ein Kuss ist das richtige, was ich jetzt brauche.
»Dad! Dad!«
»Hazel, bleib hier, dein Vater kommt gleich. Er braucht noch einen Moment.«
»Chief, bleib hier!«
Bei dem plötzlichen Stimmengewirr zucke ich in Harrys Armen zusammen und spüre im nächsten Moment einen zierlichen Arm um meinen Oberschenkel geschlungen.
»Louis! Hallo!« Hazel lächelt uns einer Zahnlücke an, worauf Harry sich ein Stück von mir löst und seine Tochter mit einer Leichtigkeit hochhebt. Er konnte mich eben problemlos über die Schulter werfen. Natürlich kann er seine Tochter hochheben und sie auf seiner Hüfte absetzen, als würde sie nichts wiegen.
»Hey Hazel.« Ich streiche mir mit dem Daumen über den Mundwinkel und schaue kurz zu Harry, der seine roten Wangen nur schwer verbergen kann. Erst recht nicht seine knallroten Ohren, die ihn immer wieder aufs Neue verraten.
»Kommst du heute wieder mit zu uns? Dad und ich schauen heute einen Film. Tarzan. Kennst du Tarzan?« Heute ist Hazels und Harrys Tag. Samstag. Der Tag, an dem die beiden immer etwas unternehmen.
»Ich kenne Tarzan, ja. Den habe ich früher mal mit meinen Eltern geschaut. Guckst du gerne Disneyfilme?« Sie nickt ohne nachzudenken. »Ich liebe Disneyfilme! Mom mochte die nicht. Deshalb hab ich die immer mit Dad geschaut. Kennst du Susi und Strolch? Ich wollte Peanut erst Susi nennen, aber Peanut passt viel besser zu ihr.« Wieder nicke ich und schaue von Hazel zu meinem Freund. Sie hat uns gerade dabei gesehen, wie wir uns geküsst haben und noch hat sie uns darauf nicht angesprochen. Bis heute haben wir es geschafft, unsere Finger voneinander zu lassen, wenn Harrys Tochter da ist. Meistens sind wir uns nur in Harrys Schlafzimmer näher gekommen, wo Hazel glücklicherweise noch nie reingeschlichen kam.
»Meinst du, wir können irgendwann mal zusammen Susi und Strolch schauen? Ich finde den Film auch toll.« Wenn ich sie so für mich gewinne, werde ich jeden einzelnen Film mit Hazel schauen, den sie mit mir gucken will.
»Oh, gerne. Dad, kann Louis nächsten Samstag wieder zu uns kommen? Dann können wir...« Hazel unterbricht seine Tochter mit einem Kuss auf die blonden Haare, ehe er in meine Richtung schaut und fragend auf Hazel deutet. Will er es jetzt hier draußen sagen? Ich dachte, wir würden es ein wenig privater haben.
»Was hältst du davon, wenn Louis bei uns einzieht? Ich mag ihn ziemlich gern und er würde dich auch gerne außerhalb der Schule sehen. Nicht als dein Lehrer«, fragt Harry seine Tochter, die mit großen Augen in meine Richtung schaut und dann auf ihren Vater deutet.
»Du möchtest mit uns wohnen? Mit Dad? Heißt das, du liebst ihn? Wirst du mein zweiter Vater? Dann muss ich nicht mehr so oft zu Mom, wenn Dad nicht kann. Dann kannst du auf mich aufpassen, oder? Oh, und wir können gemeinsam Mathe lernen? Dad kann das nicht so gut. Ich bin auch gerne bei Onkel Teddy, aber er hat nicht immer für mich Zeit und dann hätte ich dich auch mal für mich. Meinst du, wir können auch mal ohne Dad etwas unternehmen? Zum Beispiel, wenn Dad mit seinen Freunden abends rausgeht. Dann können wir einen Film auf der Couch schauen. Und mit Peanut spielen!«
Hazel würde noch weiter reden, wenn ihr Vater sie nicht mit einem leisen Lachen unterbrochen hätte. »Bluebell, Louis läuft nicht weg. Wir haben alle Zeit mit ihm, wenn du möchtest.« Sie hat kein Problem mit uns. Sie hat mich gerne um mich herum. Sie möchte sogar freiwillig Zeit mit mir verbringen. »Ich muss nicht unbedingt dein zweiter Vater sein, Hazel. Aber ich mag deinen Vater sehr, da hast du recht. Und ich freue mich auch, mehr Zeit mit dir zu verbringen. Bei euch beiden fühle ich mich wohl und würde mich freuen, wenn ich mit euch zusammen wohnen könnte. Dann können wir auch unter der Woche mal einen Film schauen.« Ich zucke zum Schluss mit den Schultern und schaue zu meinem Freund, der mich nur stolz anschaut und nickt. Das habe ich gut gemacht, oder? Ich habe Hazel für mich gewonnen.
🤠
noch ein Kapitel...
Wenn ihr Ideen für einen Epilog habt, schreibt mir gerne. Ihr könnt ihn gestalten, wie ihr wollt :)
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