Achtzehnter Eintrag - Große Füße? In English, please!
Wie jeden Morgen wühlte Senga in ihrem großen Rucksack für Wanderer nach etwas, das Potenzial hatte, ihr Frühstück zu werden. Greta schlief noch und Douglas zog sich draußen um.
Da spürte Senga viel weiche Nahrung, die man leicht zerdrücken könnte. ,So viel Weiches oder Cremiges haben wir doch gar nicht gekauft...', wunderte sich die Aschblonde.
Sie holte einige der sensiblen Lebensmittel heraus, darunter eine Fertigsuppe, Joghurt in einem weich gewordenen Karton aus Pappe und ein Smoothie. All das war Nahrung, der Senga es nicht verübeln konnte, dass sie nicht komplett fest war.
Also suchte sie weiter und fand einen Laib Käse, durch dessen dünne biologisch abbaubare Verpackung sie spürte, dass er halb geschmolzen war. So erging es auch einem Stück Butter.
In diesem unpassenden Moment, welcher die Abenteurerin dazu brachte, verzweifelt ihre Miene zu verziehen, kam Douglas wieder ins orangene Zelt. Er lächelte warm und ließ seine gute Freundin zwinkernd wissen: ,,Gibt es heute Brot? Ich würde mich sehr darüber freuen!"
Das war definitiv keine schlechte Idee. Das Vollkornbrot sah gut aus, der Großteil der Beläge jedoch... war flüssig.
,Wie konnte das nur passieren? War es im Rucksack wirklich so heiß, dass die aneinander reibenden Lebensmittel schmelzen konnten?', fragte sich Senga.
,,Wahrscheinlich", antwortete die Aschblonde knapp, sowohl an Douglas als auch sich selbst gerichtet.
Nachdenklich spielte sie mit einer ihrer vorderen Haarsträhnen, den Blick auf die Geschmolzenen gerichtet. Dann kam ihr eine Idee.
,Ich war so verwirrt, weil es draußen doch eiskalt ist. Flocken fallen und überall liegen Schnee und Eis, also könnte alles doch wieder fester werden, wenn ich es lange genug in den Schnee lege.'
Das versuchte sie auch gleich. Eine Weile blieb sie neben der Butter und dem Käse sitzen und beobachtete die Berge. Neben einer Felsspalte in einem Berg gegenüber kletterte eine Schneeziege, auch genannt Bergziege. Ihr Pelz war weiß und sehr lang und auf Senga wirkten ihre recht kurzen Hörner nicht gerade angsteinflößend.
Als nächstes verfolgten Sengas grüne Augen einen dunklen Raubvogel. Die ganze Zeit wartete sie darauf, dass er sich nach unten stürzte, um eine Maus oder ein Reptil zu fangen.
Doch jenes Szenario setzte nie ein, weshalb der Schottländerin langweilig wurde und sie zurück ins Zelt ging.
Greta wurde langsam ebenfalls wach, sodass sie gemeinsam versuchten, eine Lösung für das Wärme-Problem zu finden.
,,Wir könnten den Rest des Essens neu einsortieren oder möglichst viel heute essen, damit alles mehr Platz hat", schlug Douglas vor und Greta nickte.
,,Wahrscheinlich ist das die einfachste Lösung. Aber mir ist es eigentlich ganz lieb, dass der Rucksack beinahe überfüllt ist..."
,,Das Essen wird dann auch noch reichen", versicherte Douglas.
𖦁༺👣༻𖦁
Nach einiger Zeit sah Greta nach dem Käse und der Butter. Sie sollten nicht zu lange draußen stehen, denn sonst wären sie am Ende gefroren und hart. Niemand mochte harte Butter, hatte Senga ihr beigebracht.
Wie geplant waren die Teile des Käses zwar noch miteinander verschmolzen, aber wieder fest. Aus den Scheiben war ein Käseblock geworden, den sie einfach mit dem Messer durchschnitten, sobald Greta wieder ins Zelt geschlüpft war.
Die Butter war ebenfalls angenehmer geworden. ,,Kalte Butter schmeckt doch auch viel besser als warme Butter", behauptete Senga selbstbewusst.
Sie und Greta reihten die Mehrweg-Teller, das Besteck aus Sengas Haus und ein paar wenige andere Varianten von Brotaufstrichen säuberlich vor ihnen auf, weil das Auge bekanntlich mitaß.
Senga aß die geschnittenen Käsescheiben, während Douglas sich eine Banane in Scheiben schnitt und jene auf einer mit Honig bestrichenen Brotscheibe platzierte.
,,Ich dachte, du bist nicht so der süße Typ", merkte Greta erstaunt an, woraufhin der Schwarzhaarige beleidigt guckte.
,Ob es im Meer auch Dinge gibt, die süß schmecken?'
Die Meerjungfrau nahm sich ebenfalls Käse, jedoch gepaart mit Gurkenscheiben, weil Senga erzählt hatte, diese kämen Algen am nahesten.
Nachdem sie ihr Brot gegessen hatten, machte die Truppe sich daran, alles wieder einzupacken - diesmal mit dem Ziel, der Nahrung möglichst viel Platz zu lassen. Anschließend liefen sie weiter durchs Gebirge.
Vor ihnen knackten Äste und Zweige, Steine kamen geräuschvoll ins Rollen. Senga schob ihre beiden Begleiter in die entgegengesetzte Richtung, denn zwischen den kleinen Bäumen wurde ein großer Körper erkennbar.
Etwas stapfte direkt auf sie zu. Dessen Größe war immens, sein langes, dichtes Fell braun und es hatte riesige Füße.
Greta deutete mit dem Finger auf den Boden. Im Schnee gab es mehrere Spuren, alle kreuz und quer verteilt. Die Abdrücke, aus denen sie bestanden, sahen aus wie die von Menschen, nur viel größer. Das schloss einen Bären aus und machte auch einen Puma unwahrscheinlich.
An Sengas geschocktem Blick konnte Greta ihren Gedankengang fast ablesen und sie liefen vor dem behaarten Wesen davon.
Seine großen Beine und Füße versicherten jedoch riesige Schritte, mit denen das Tier sie rasch einholte konnte. ,,Sdop!", rief es plötzlich.
Senga und Greta waren so überrascht, dass sie stehen blieben und sich umdrehen. Das Geschöpf ähnelte dem Vorgänger des Menschen. Seine Füße waren so enorm groß, dass jeder von ihnen ohne jegliche Mühe damit zerdrückt werden könnte.
,,Wie gedsch? Hier waren lange keine Menschen mehr!", fuhr das Wesen fort.
Senga musterte es genau, bis ihr einfiel, dass der vor ihnen Stehende ein Sasquatch sein musste. Man kannte sie auch unter dem Namen Bigfoot. ,,Warum redet es mit uns?", flüsterte Greta, welche noch immer schlecht im Geheimhalten war.
,,Das hab isch gehörd! Isch habe eine Bidde."
Die Stimme des Sasquatches war tief und Senga schauderte. ,,Die da wäre?"
,,Gehd nischd zur Spitze desch Bergesch."
,,Wieso?", fragte Douglas ein wenig zu herausfordernd.
Doch der Sasquatch schien äußerst nett zu sein und erwiderte neutral: ,,Dord hausd der Yedi! Der ischd der übelschde von den Übeldchden, sage ich euch! Fängd immer neuen Schdreid an..." Auf seinem verhältnismäßig unbehaarten Gesicht bildeten sich Falten und er seufzte.
,,Yedi wie aus StarWars...? Dann gehen wir wieder. Schönen Tag noch und vielen Dank!", beschloss Douglas und drehte um. Als ihm aber niemand folgte, kehrte er augenrollend zurück.
,Yeti!', dachte Senga und hielt sich gerade noch zurück, den Filmeliebhaber zu korrigieren.
,,Wir müssen noch ein bisschen weiter", beharrte Senga und erklärte, was sie überhaupt hier zu suchen hatten. Der Sasquatch schaute immer verwunderter und stempelte sie alle in seinem Kopf sicher als typische merkwürdige Menschen ab.
Es blieb eine Weile still zwischen dem Kryptiden und der Gruppe Reisender. Dann meinte der Sasquatch: ,,Du scheinsd nischd von deinem Plan abbringbar zu schein... Also komme isch mid, ja? Ich kann mich meinem Feind erneud schdellen!" Die braunen Augen des Tieres blitzten kampfeslustig auf.
Senga wedelte energisch mit den Händen. ,,Nein, bisher ist diese Reise ziemlich friedlich verlaufen und wir möchten unbedingt, dass das so bleibt."
Die Grünäugige berichtete von den Zwergen und Nymphen in der Höhle, die sich gegenseitig zu nervig und laut fanden. Letztendlich hatten sie einen Kompromiss gefunden und beide Seiten waren glücklich geworden.
,,So werdet ihr garantiert beide zufrieden sein. Willst du einen Kampf oder Ähnliches, wird einer zwangsläufig verlieren. Und der Verlierer kannst auch du werden!", fügte die Aschblonde hinzu.
Der Sasquatch legte ungläubig seinen Kopf schief und zuckte mit den Schultern. ,,Wie du meinsd..."
Sie setzten ihren Weg fort, bis die Sonne unterging und stellten das Zelt wieder auf. Der Sasquatsch nahm sich von ihrem Essen.
,Hätte ich gewusst, dass so ein großes Wesen heute noch so viel essen wird, hätten wir nicht aussortieren müssen... Platz wäre von allein geworden', dachte Senga.
Sie war sich nicht ganz sicher, ob sie den Behaarten hatte überzeugen und von seiner Auffassung abbringen können, aber die Hoffnung starb ja sprichwörtlich zuletzt.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro