15. Gefahr & Gewalt
Tatsächlich fand sie auch nach einiger Zeit einen jungen Mann, wahrscheinlich Ende der Oberschule. Als er sie bemerkte, grinste er.
"Wie süß, ein Catgirl. Und dazu noch eine Maid!"
Eigentlich hätte Akari jetzt versucht, ihrer Rolle treu zu bleiben, aber etwas im Tonfall des Fremden verunsicherte sie.
"Wollen Sie ein Rätsel lösen?", fragte sie also hastig.
"Was bekomme ich denn, wenn ich es löse?"
"Das ... das stand am Eingang ... Entweder einen Weghinweise oder ... einen Keks." Akari begann zu stottern, als der junge Mann auf sie zukam.
Er grinste noch immer.
"Ach, mehr nicht?"
"Was ... was wollen Sie denn?", fragte Akari vorsichtig und merkte sofort, dass sie die falsche Frage gestellt hatte.
Der junge Mann blieb vor ihr stehen und legte ihr eine Hand auf den Kopf. Er überragte sie um mindestens einen Kopf, vielleicht war er sogar größer als Sasaki.
Akari wich zurück, aber er ließ nicht zu, dass sie ihren Kopf unter seiner Hand wegzog.
"Ich wollte schon immer mal von einer Maid verwöhnt werden. Und Catgirls sind wirklich süß. Und gleichzeitig sexy."
Er beugte sich ein bisschen vor.
"Ich möchte einen Keks."
Akari hielt verwirrt inne. Hatte er nicht gerade gesagt, dass er keinen wollte?
Nervös griff sie nach einem der Kekse und hielt ihn dem jungen Mann hin.
Aber er schüttelte den Kopf.
"Steck ihn mir in den Mund."
Akari schluckte und streckte vorsichtig ihre Hand aus. Sie wollte hier weg. Was war mit diesem Kerl falsch?
Als der Keks endlich in seinem Mund steckte, ließ sie ihn schnell los und zog ihre Hand zurück.
"Braves Kätzchen. Als Belohnung bekommst du auch einen Keks."
Er nahm sich eine von ihrem Tablett und hielt ihn ihr an ihre fest verschlossenen Lippen.
"Na los, Mund auf!"
Seine Stimme wurde schlagartig lauter und Akari zuckte zusammen. Hastig öffnete sie den Mund. Es war nur ein Keks, redete sie sich ein.
Sie biss ein Stück ab, kaute und schluckte es schnell hinunter. Der junge Mann grinste wieder breit und hielt ihr erneut den Keks an den Mund.
Dieses Mal war es aber nicht der Keks, den er ihr in den Mund steckte. Akari schossen Tränen in die Augen, als sie zwei seiner Finger im Mund hatte.
Sie wollte würgen und versuchte, nicht daran zu denken, was er zuletzt berührt hatte. Panisch versuchte sie, ihren Kopf wegzuziehen, aber sie kam gegen den Fremden nicht an.
"Nicht so langweilig, Kätzchen!"
Der Junge nahm endlich seine Hand von ihrem Kopf, griff aber nun nach ihrem Kinn und hielt sie fest.
Sie musste etwas tun. Unbedingt. Mittlerweile liefen ihr Tränen über die Wangen. Ihr fiel nichts ein. Was sollte sie denn tun? Sie hatte keine Kraft sich zu wehren ...
Dann erschien eine einzige Idee in ihrem Kopf, wie sanfter Flötenton, der versuchte, die erdrückende Stille in ihrem Kopf zu vertreiben.
Ohne noch genauer darüber nachzudenken, öffnete sie ihren Mund ein Stück und biss dann fest zu.
Der Fremde schrie fluchend auf und versuchte, sie zu stoppen. Als er seine Hand wegzog, öffnete Akari schnell ihren Mund und ließ es zu.
Der Junge funkelte sie wütend an und machte drohend einen Schritt auf sie zu. Jetzt war es zu spät, schoss es Akari durch den Kopf. Was sollte sie jetzt noch ausrichten?
"Was soll das?", ertönte auf einmal eine Stimme, die Akaris Blut gleichzeitig gefrieren als auch warm werden ließ.
Sie hatte diese Stimme schon oft gehört, aber nie gewusst, dass sie so wütend klingen konnte.
Eine Faust traf ein Gesicht und Akari erhaschte einen Blick auf schlitzartige Pupillen, die vor Hass zusammengezogen waren. Auf einmal wusste sie, warum einige Schüler Angst vor Sasaki hatten.
Der fremde Mann flog krachend zu Boden, wo er mit einem Aufschrei liegen blieb. Sasaki trat über ihn und hob einen Fuß, bereit zuzutreten, sobald der Fremde einen falschen Ton von sich gab.
"Alter, spinnst du?! Du hast mir die Nase gebrochen!"
Die Stimme des jungen Mannes klang nun schrill und panisch. Sasaki zögerte keinen Augenblick und sein Fuß traf den Jungen in der Seite.
"Du lässt deine dreckigen Pfoten von ihr, ist das klar?!" Seine Stimme war tief, fast wie das zornige Knurren einer Raubkatze.
Der Fremde wimmerte etwas Unverständliches. Mit einem lauten Krachen donnerte Sasaki seinen Fuß direkt neben dem Kopf des Jungen auf den Boden.
"Ich hab gefragt: Ist das klar?"
"J...ja!"
"Dann steh auf und mach dass du hier weg kommst."
Der Fremde rappelte sich auf und rannte davon, ohne zu wissen, wo der Ausgang lag.
Akari saß zitternd am Boden. Als Sasaki den Fremden getreten hatte, hatten ihre Beine nachgegeben und sie war auf dem Boden zusammengesunken.
"Ist alles gut?" Augenblicklich war Sasakis Stimme wieder sanft und besorgt.
Er ging neben ihr in die Hocke und legte ihr vorsichtig eine Hand auf die Schulter.
Akari zuckte im ersten Moment zurück, beruhigte sich dann aber wieder.
Sasaki half ihr auf die Beine und verließ dann mit ihr die dunkle Sackgasse, in der sie sich befanden. Sobald sie neben einer Lichterkette standen, blieb er stehen und sah sie besorgt an.
Das Mädchen wischte sich die Tränen aus den Augen und atmete ein paar mal tief durch.
"Wie geht es dir?", wiederholte er seine Frage und diesmal antwortete Akari.
"Alles ... alles gut."
Sasaki sah ihr an, dass es nicht der Wahrheit entsprach, aber er sagte nichts weiter dazu.
"Sollen wir hier bleiben oder weiter herumlaufen?", fragte er nach einer kurzen Pause.
"Wir können ... weiterlaufen."
Also machten sie sich gemeinsam auf den Weg, nachdem sie einen Blick auf die Karte geworfen und eine Route festgelegt hatten. Sie wollten als erstes zurück zum Café gehen, danach konnten sie weiter herumlaufen. Sasaki stellte allerdings klar, dass er Akari nicht mehr allein lassen würde.
Akari war froh, dass Sasaki bei ihr blieb. Ihre Angst, nochmal so einem Fremden zu begegnen, hätte sie sonst gelähmt.
"Eigentlich war es fast zu erwarten, dass sich solche Leute hier herumtreiben", knurrte Sasaki. Als Akari ihm einen flüchtigen Blick zuwarf, loderte noch immer der Hass in seinem Blick. Sie verspürte eine Art Dankbarkeit, dass Sasaki für sie so außer sich war.
Einige Minuten später kamen sie am Café an und Akari spülte sich mit einer Flasche Wasser den Mund aus. Nun fühlte sie sich schon wieder deutlich besser.
Sasaki redete in der Zwischenzeit mit Touma und erzählte ihm knapp von dem Vorfall. Er nickte besorgt und versprach, den anderen davon zu erzählen, damit sie sich in Acht nehmen konnten. Notfalls sollten sie lieber weglaufen oder jemanden rufen, statt erneut in so eine Situation zu gelangen.
Während sie neue Kekse auf ihre Tabletts luden, bemerkte Akari, dass Sasaki Krallen an seine Fingernägel geklebt hatte. Es sah cool aus, fand sie und lächelte kurz.
"Bis wann hast du eigentlich Schicht? Bist du nur für die Erste eingetragen?", erkundigte sich Sasaki, als sie wieder ins Labyrinth liefen und Akari nickte.
"Du?"
"Same. Sollen wir danach die anderen Stände anschauen?" Sasaki lächelte sie an.
"Ja, können wir."
"Wenn du ... nicht mit mir allein rumlaufen willst, kann auch Yoshida-san mitkommen", schlug Sasaki vor und zuckte mit den Schultern, allerdings blickte er sie nicht mehr an, sondern hatte seinen Blick nach vorne gerichtet.
"Nein, alles gut!", erwiderte Akari hastig.
Während sie leicht rot wurde, schob sie schnell hinterher: "Nori hat noch Schicht, also ..."
"Achso. Dann ist es okay?"
Sasaki drehte sich wieder zu ihr um und lächelte. Akari nickte schnell.
"Kommen deine Eltern eigentlich her?", erkundigte er sich auf einmal.
Akari zögerte. Ihre Mutter hatte unbedingt kommen wollen und war mehr als beleidigt gewesen, als Akari ihr erklärt hatte, dass sie zunächst Schicht hatte und danach mit Freunden herumlaufen wollte.
Eigentlich hätte ihre Mutter sie während ihrer Schicht besuchen können, aber sie hatte entschieden, dass sie dann gar nicht auftauchen wollte, denn schließlich zeigte Akari kein Interesse an ihrer Anwesenheit.
Mittlerweile ging Akari davon aus, dass sich ihre Mutter erhofft hatte, dass sie widersprechen würde, aber das war nicht passiert. Und da ihr Vater von Anfang an nicht hatte kommen wollen, zumindest hatte er sich nie an den Gesprächen beteiligt, würde nun keiner der beiden erscheinen.
Also schüttelte Akari nun den Kopf. "Nein, sie ... arbeiten beide."
"Achso, macht Sinn. Meine ja leider auch, aber vielleicht schauen sie am Ende mal vorbei."
Sasaki lächelte sie an, für ihn schien das Thema damit glücklicherweise geklärt zu sein.
Die nächste halbe Stunde liefen sie gemeinsam umher und fanden tatsächlich noch ein paar Kunden, denen sie weiterhelfen konnten. Die meisten freuten sich sehr über die Kostüme und eine Frau machte ihnen sogar ein Kompliment, dass sie so gut zusammen passen würden. Als beide daraufhin rot wurden lachte sie nur und zwinkerte Akari zu.
Dem Mädchen war das deutlich lieber als die Begegnung mit dem verrückten Fremden.
Als Sasaki und Akari ihre nahezu leeren Tabletts im Café abstellten, war dort einiges los. Die Kuchen verkauften sich gut, sowohl Kinder als auch Erwachsene hatten Spaß an den Kostümen und der Dekoration und die Schüler wuselten umher, aber bedienten sehr gewissenhaft jeden Kunden.
Als die beiden sich auf den Weg machten, das Labyrinth zu verlassen, hatten sie kein schlechtes Gewissen, den anderen die übrige Arbeit zu hinterlassen. Jeder machte seinen Job hervorragend und die zweite Schicht war bereits eingetroffen.
Mit der Karte war es sehr einfach, den Ausgang aus dem Labyrinth zu finden und schon wenige Minuten später standen sie vor der Sporthalle.
"Kann ich ... mich umziehen gehen?", fragte Akari leicht verlegen.
"Warum?" Sasaki sah sie erstaunt an. "Stört es dich, dass wir passende Kostüme tragen?"
Akari schüttelte schnell den Kopf, obwohl sie an seinem amüsierten Gesichtsausdruck erkannte, dass er es nicht ernst meinte. Dennoch kam es ihr komisch vor, in einem Maid-Outfit über das Schulgelände zu laufen. Die Katzenohren konnte sie vielleicht akzeptieren.
"Es sieht süß aus und dann muss ich mich nicht auch umziehen", meinte Sasaki halblaut und lief los. Akari folgte ihm schnell, während sie leicht rot wurde. Er fand wirklich, dass sie süß aussah? Oder meinte er einfach nur das Kostüm? Er schien es zu wohl zu mögen ... Sie entschied sich dafür, sich doch nicht umzuziehen.
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