24. Kapitel: „Ich hab ne Überraschung für dich..."
24. Kapitel: „Ich hab ne Überraschung für dich…“
Die ganze Nacht über war Kyle dagelegen und hatte Sam beim schlafen beobachtet, was in ihm etwas berührt hatte was er nicht in Worte fassen konnte. Bevor ihm am gestrigen Abend überhaupt bewusst geworden war, was da geschah war er wütend gewesen. Er hatte diesen Typen gesehen, wie er seine schmierigen Hände an Sams Oberschenkel gehabt hatte und bereits da hatte ein Schalter in ihm umgelegt. Jetzt da er darüber nachgedacht hatte, während Sam friedlich neben ihm gelegen war, war ihm bewusst geworden, dass es um die Tatsache ging, dass jemand seine Hände an ihr hatte. Doch er konnte sich nicht erklären, warum ihm diese Tatsache so gegen den Strich gehen sollte.
Desto länger er die Situation in seinem Kopf durchgespielt hatte, desto mehr war ihm bewusst geworden, dass Sam ebenfalls nicht so gehandelt hatte, wie sie es sonst getan hätte und Kyle fragte sich immer mehr, woran dies nur lag.
Irgendwann mitten in der Nacht hatte Sam sich gerührt und sich in seine Richtung gedreht, ihr Gesicht war einige Zentimeter von dem seinen weggelegen und er hatte ihre feinen Gesichtszüge beobachten können. Wie sich ihr Mund immer wieder leicht öffnete, während sie ruhig ein und ausatmete. Ihre Haare waren ihr irgendwann einmal ins Gesicht gefallen und automatisch hatte Kyle seine Hand erhoben und sie ihr wieder hinters Ohr gestrichen, bevor ihm klar geworden war, was er da gerade tat. Er hatte es auf die Vorkommnisse geschoben, hatte irgendwann seine Augen geschlossen und war kurze Zeit später selber eingeschlafen.
Sam spürte den Druck der auf ihrem Oberkörper lastete zuerst nur sehr schwach, doch desto wacher sie wurde, desto mehr wurde ihr bewusst, dass da irgendetwas auf ihr drauf lag, was dort nicht liegen sollte. Langsam öffnete sie die Augen und sah sich kurz in ihrem vertrauten Schlafzimmer um, dann wandte sie ihren Kopf zur Seite, wo sie Kyle entdeckte, der tief und fest schlief. Es war seltsam, doch Sam empfand es nicht als unangenehm hier neben Kyle aufzuwachen und das verstörte sie beinahe mehr, als das was am gestrigen Abend geschehen war. Kyle hatte im Schlaf seinen Arm auf sie gelegt und hatte sie näher an sich gezogen, zumindest vermutete Sam das, denn sie war nur einige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt und hatte so das erste Mal die Möglichkeit, Kyle von so Nahe zu betrachten. Er hatte sehr gerade, dennoch markante Gesichtszüge, die ihn zu einem der heißesten Typen dieser Stadt machten. Seine blonden Haare, die vom Schlaf ganz durcheinander waren, fielen ihm leicht in die Stirn und Sam musste dem Drang wiederstehen, sie ihm wegzustreichen. Sie atmete tief ein und aus und nahm dann Kyles Arm in die Hand, um ihn von ihrem Oberkörper zu entfernen. Als sie dies geschafft hatte, stand sie mit einem Kopfschütteln auf und war verwirrt über ihre Reaktion auf Kyle. Er war ihr ein solch guter Freund gewesen die letzten Tage und Wochen, vor allem jedoch gestern Abend. Ohne ihn wüsste sie nicht was geschehen wäre. Als sie auf der Bettkante saß drehte sie sich noch einmal zu ihm um. Kyle hatte sich für sie geprügelt und das hatte bisher noch nie jemand getan. Niemand hatte sich jemals so für sie eingesetzt, wie Kyle es letzte Nacht getan hatte und das schmeichelte sie zutiefst. Doch noch etwas rührte dieses Geschehnis in ihr, verursachte ein Bauchkribbeln und das Gefühl einer Leichtigkeit, die sie schon Ewigkeiten nicht mehr verspürt hatte. Sie wandte ihren Blick schnell wieder ab und stand auf, um in die Küche zu gehen und erst einmal Kaffe zu kochen. Erst auf halbem Wege fiel ihr ein, dass sie das Kleid immer noch trug und eilte schnell ins Badezimmer, wo sie den Reißverschluss öffnete und es dann zu Boden gleiten ließ. Ihr war durchaus bewusst, dass nicht dieses Kleid das was gestern geschehen war verschuldet hatte, doch irgendwie machte sie es dennoch verantwortlich. Hätte sie nicht so ausgesehen, wie sie ausgesehen hatte, wäre es niemals soweit gekommen. Wäre sie die gute alte Sam gewesen, dann hätte sich niemand für sie interessiert. Wenn sie sich doch nur nicht so provozieren lassen hätte von den dummen Cheerleadern. Erst als das Kleid in einem Kreis um ihre Füße auf dem Boden lag merkte Sam, dass ihre Hände leicht zitterten. Sie hatte sich geschworen sich niemals wieder als Opfer zu sehen und doch war sie es gestern gewesen und das nur, weil sie sich nicht hatte bewegen können. Sie stieg aus dem Ring zu ihren Füßen hinaus und trat nur in Unterwäsche vor den Spiegel, stützte sich mit den Händen auf dem Waschbecken ab und betrachtete sich. Der Mascara war unter ihren Augen verlaufen und hatte dicke schwarze Spuren hinterlassen. Ihre Wimpern waren verklebt, ihr Gesicht bleich, ihre Haare wirr. Sie drehte den Wasserhahn auf und ließ das kalte, kühle Nass in ihre Hände fließen, anschließend schüttete sie sich die Ladung ins Gesicht. Anstatt umzudrehen und in die Küche zu gehen, drehte sie sich zur Dusche und drehte sie auf, entledigte sich ihrer Unterwäsche und stellte sich unter den Strahl um die Schwäche, die sie gestern umnebelt hatte, von sich abzuwaschen.
Kyle hörte ein Rauschen und öffnete langsam seine Augen. Im ersten Moment wusste er nicht so Recht wo genau er sich eigentlich befand und befürchtete schon, er wäre in alte Muster verfallen doch sehr schnell drangen die Geschehnisse vom gestrigen Abend in sein Bewusstsein und verursachten ihm so einen Knoten im Magen. Er lag in Sams Schlafzimmer, während Sam selber nicht mehr da war. Das erklärte das Rauschen, denn offensichtlich gönnte sie sich eine Dusche. Langsam drehte sich Kyle auf den Rücken und streckte dann seine müden Muskeln. Er wusste gar nicht, wann er das letzte Mal vollkommen angezogen in einem Bett geschlafen hatte und stellte fest, dass er nicht ganz ausgeruht war. Es war wirklich nicht sonderlich bequem in seinen Klamotten zu schlafen.
Er setzte sich langsam auf und strich sich dann mit der flachen Hand durch die Haare, dann schwang er seine Beine über den Bettenrand und stand auf. Zunächst wanderte er ein wenig ziellos durch Sams Zimmer bis er seine Chance erkannte. Er war das erste Mal in ihrem Zimmer, ohne dass sie daneben stand. Er konnte sich also ungestört ein wenig umsehen.
Er ging auf eine der Kommoden zu, wo er ein Foto fand auf welchem Sam mit drei Jungs abgebildet war. Sam war wahrscheinlich um die 11 Jahre alt gewesen, als dieses Foto geschossen wurde und Kyle vermutete, dass die anderen drei Jungs wohl ihre Brüder waren, die allesamt älter als Sam zu sein schienen. Sein Blick wanderte weiter und er entdeckte ein Foto von Janine und Sam. Die beiden kannten sich tatsächlich schon ein wenig länger, denn auf diesem Foto war keine der beiden älter als 14. Man erkannte genau die ersten Versuche Make Up zu benutzen und der knallige Lidschatten auf den Augenlidern der beiden.
„Was tust du da?“ ertönte eine Stimme hinter ihm und er ließ das Bild, welches er in die Hand genommen hatte schnell fallen, weil er sich ziemlich ertappt fühlte.
„Gar nichts?“ entgegnete er. Eilig versuchte er das Durcheinander welches durch das heruntergefallene Bild entstanden war zu ordnen, gab es jedoch wieder auf, da Sam sowieso schon wusste was er da getan hatte. Sie war ja schließlich nicht bescheuert.
„Kyle warum stöberst du in meinen Sachen herum?“ fragte Sam und Kyle drehte sich schließlich doch zu ihr um. Seine Antwort blieb ihm jedoch im Halse stecken, als er Sam nur in einem Handtuch bekleidet vor sich stehen sah. Er schluckte einmal schwer und ermahnte sich endlich zu antworten. Das war ja schließlich nicht das erste Mal, dass er Sam so sah. Bei ihrem ersten Zusammentreffen, war es genauso gewesen.
„Ich stöbere nicht, ich schaue!“ sagte er schließlich und schluckte erneut, als Sam langsam ins Schlafzimmer trat. Erneut konnte Kyle es nicht verhindern, dass er ihre Beine bewunderte, die unter dem Handtuch zu sehen waren, schnell jedoch wandte er seinen Blick wieder auf ihr Gesicht. Sam hingegen schien rein gar nichts zu bemerken, denn sie kam auf ihn zu und sah sich dann das Bild an, welches Kyle kurze Zeit zuvor noch in Händen gehalten hatte.
„Ach, Janine und ich. Das ist jetzt 9 Jahre her, dass dieses Bild gemacht wurde.“ Erklärte Sam ohne gefragt worden zu sein. Seltsamerweise war sie nicht sauer auf Kyle, so schien es, sondern sie wirkte eher ein wenig melancholisch.
„Alles klar bei dir?“ fragte Kyle sie und Sam stellte das Bild schnell hin, so als wäre sie gerade bei etwas ertappt worden.
„Ja alles klar. Könntest du jetzt bitte rausgehen, damit ich mich umziehen kann?“ lenkte sie eilig ab und Kyle nickte.
„Ich mach uns solange Kaffee, was meinst du?“
Sam drehte sich noch einmal zu ihm um und nickte schließlich, ohne auch nur ein weiteres Wort zu sagen.
Als Kyle ins Wohnzimmer trat, schloss er hinter sich die Tür zum Schlafzimmer, auch wenn es ihm ein wenig schwer fiel und ging anschließend in die Küche, wo er den versprochenen Kaffee kochte. Während das Wasser durchlief ging Kyle ins Wohnzimmer, wo er den Fernseher einschaltete. Er verspürte nicht im Geringsten den Drang nach Hause zu gehen und sich dort einen gemütlichen Tag zu machen. Heute stand ausnahmsweise kein Training, keine Besprechung, rein gar nichts an und so sah er einem freien Tag entgegen, den er seltsamerweise am liebsten hier in dieser Wohnung bei einem guten Film, oder auch zwei, verbringen wollte.
Die Tür zum Schlafzimmer ging auf und Sam trat hinaus, entdeckte Kyle auf „seinem“ Sessel und gesellte sich zu ihm. Sie saßen stillschweigend im Wohnzimmer und keiner der beiden vermochte die Situation mit lockeren Worten zu entschärfen. Kyle hatte Angst davor, etwas Falsches zu sagen während Sam sich mittlerweile ihrer Schwäche am gestrigen Abend wegen schämte. Nach einigen Minuten stand Sam auf und ging in die Küche, wo sie Kaffee für beide in eine Tasse schüttete und dann das Schweigen brach in dem sie Kyle „Zucker oder Milch?“ zurief. Dieser stand jedoch anstatt zu antworten auf und ging selbst in die Küche, die doch eigentlich nur durch eine Theke vom Wohnzimmer abgetrennt wurde.
„Beides…“ sagte er und nahm Sam die Tasse aus der Hand, während er den Kühlschrank öffnete und die Milch herausholte.
Sam sah Kyle fassungslos zu. Es schien so normal zu sein, dass sei beide gemeinsam hier in ihrer Küche standen, er sich selbst bediente und sich vollkommen wie zuhause fühlte. Dennoch erdrückte sie das Schweigen langsam und sie ging mit ihrer Tasse wieder ins Wohnzimmer. Kyle brauchte noch eine Weile und kam zwei Minuten später nach, setzte sich hin und richtete sich dann auf um in Sams Richtung zu sehen.
„Ok, ich habs. Was hast du heute Abend vor?“ fragte er sie plötzlich und Sam, überrascht von der unerwarteten Frage, antwortete „Nichts, wieso?“
Auf Kyles Gesicht breitete sich ein Lächeln aus und er klatschte in die Hände.
„Gut, dann reservier ihn für mich, ok? Ich hab ne Überraschung für dich.“
Das Eis war gebrochen und Sam war Kyle unsagbar dankbar, dass er die Sache von gestern nicht erwähnte.
„Was für eine Überraschung denn?“ fragte sie neugierig und fragte sich selbst gleichzeitig, weshalb sie überhaupt eine Überraschung verdient hatte.
„Naja, wenn ich es dir sage, dann ist es keine Überraschung mehr, oder?“ fragte Kyle sie. Er schien sich bereits darauf zu freuen und so entschied Sam einfach zuzustimmen und die Sache auf sich zukommen zu lassen.
„Ok, du solltest aber wissen, ich hasse Überraschungen.“ Entgegnete sie.
Kyle zuckte mit den Schultern und antwortete „ Wundert mich zwar irgendwie gar nicht, aber ich verspreche dir, diese wird dir gefallen. Sie ist auch nicht kitschig, oder so etwas in der Art. Ich weiß ja, dass dir davon übel wird.“ Sagte Kyle und sein Grinsen verbreitete sich.
Sam lächelte jetzt ebenfalls und antwortete „In Ordnung. Wenn sie jedoch trotzdem kitschig sein sollte, dann hab ich nen Schlag frei!“
Kyle nahm diese Forderung gelassen und entgegnete lediglich „Aller guten Dinge sind drei, oder?“ dann stand er auf und wandte sich zum gehen.
„Was machst du denn jetzt?“ fragte Sam ihn überrascht und Kyle wandte sich ein letztes Mal zu ihr um. „Naja, ich muss die Überraschung erst einmal vorbereiten. Falls es nicht klappt, dann fahren wir zu Burger King und schlagen uns die Bäuche voll, ok?“
„Du sagst mir du hast eine Überraschung und hast sie noch nicht einmal vorbereitet?“ fragte Sam ihn lächelnd, erwartete jedoch keine Antwort mehr, denn Kyle ging ohne auch nur ein weiteres Wort. Als er jedoch bei der Tür ankam rief er Sam noch einmal zu „Um acht hole ich dich ab!“ und verließ dann die Wohnung schnell.
Seine Kaffetasse stand unberührt auf dem Tisch und Sam sah sie an, während sie sich die Frage stellte, was zum Teufel nur in Kyle gefahren war.
Doch sie war ihm zu tiefem Dank verpflichtet und so hatte sie sich dazu entschieden, egal was er auch vorhatte, mitzumachen. Sie war sich ziemlich sicher, dass seine Idee von Überraschungen nicht mit den Ihren harmonierten, doch würde sie ihm zu Liebe heute mal ihre Meinung für sich behalten und einfach mitmachen bei dem Spaß, der sie doch, da war sie sich sicher, von dem Scheiß um sie herum ablenken würde.
Punkt acht Uhr stand Sam in einfachen Jeans und einem Shirt in ihrem Wohnzimmer und wartete darauf, dass Kyle endlich kam. Sie hatte noch ein weiteres Mal mit ihm telefoniert weil sie wissen wollte, was sie zu besagter Überraschung anziehen sollte. Es wäre ja wohl mehr als peinlich gewesen, wenn sie in ein schickes Restaurant gegangen wären und sie in Jeans aufgekreuzt wäre, aber Kyle hatte ihr versichert, dass ihr üblicher Stil absolut angemessen wäre. Sam hatte die Arme vor der Brust verschränkt, klopfte jedoch nervös mit der einen Hand auf dem anderen Arm herum. Sie war es nicht gewohnt überrascht zu werden, vor allem nicht positiv. Die letzte Überraschung war Janines Verkündung gewesen, dass sie und Henry heiraten würden. Darüber hatte Sam sich auch sehr gefreut, doch Janine hatte ihr gleichzeitig eröffnet, dass Sam natürlich oberste Brautjungfer sein würde, was Sam eher weniger erfreut hatte.
Ein Klingeln riss sie aus ihren Gedanken und sie stürmte, vielleicht ein wenig zu schnell, zur Tür und riss sie auf. Kyle stand frisch geduscht, das erkannte sie an seinen noch nassen Haaren, in ihrer Tür. Er trug ein schlichtes dunkelblaues T-Shirt welches seine muskulöse Brust und seine Oberarme zur Geltung brachte. Aus dem rechten Ärmel des T-Shirts schlangen sich Kyles Tattoos den gesamten Arm hinab. Zu dem Shirt trug er schlichte helle Jeans und Sam atmete erleichtert auf. Puh, es ging also tatsächlich in kein schickes Restaurant oder ähnliches.
„Hey…“ sagte er und wirkte dabei beinahe ein wenig schüchtern.
„Hey!“ entgegnete Sam und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Und verrätst du mir jetzt, wo es hingehen soll?“ fragte sie ihn doch er schüttelte, ebenfalls lächelnd, den Kopf.
„Nein jetzt komm einfach mit!“ sagte er und nahm sie bei der Hand, was sich so normal anfühlte, dass es beinahe schon wieder seltsam war. Nach dem gestrigen Abend hatte Sam das Gefühl, dass sich etwas verändert hatte. Vielleicht lag es daran, das Kyle bei ihr übernachtet hatte, vielleicht aber auch daran, dass er sich so eingesetzt hatte für sie. Vielleicht lag es aber auch daran, das Kyle Sam anscheinend mittlerweile so gut kannte, dass er wusste, dass Sam keinesfalls über den gestrigen Abend sprechen wollte. Vielleicht aber waren es auch alle Dinge gemeinsam und gleichzeitig. Wie auch immer, Sam entschied sich, den heutigen Abend einfach nur zu genießen und nicht zu viel nachzudenken, so wie sie es sonst tat und damit immer alles ruinierte.
Sie gingen nach draußen, wo ein Wagen stand den Sam nicht kannte.
„Woher ist das Auto?“ fragte sie als Kyle sie genau auf dieses zuführte.
„Hab ich mir ausgeliehen.“ Sagte er lediglich und öffnete der überraschten Sam die Tür. Sie stieg kommentarlos ein und schnallte sich an, kurz darauf setzte sich Kyle auf den Fahrersitz und startete den Motor.
„Ach bevor ichs vergesse. Falls Clarisse fragt, du bist ne lesbische Freundin die von ihrer großen Liebe verlassen wurde!“ und schon legte er den ersten Gang ein als hätte er gar nichts gesagt und brauste los. Sam war zunächst sprachlos, besinnte sich jedoch gleich wieder und entgegnete „Will ich wissen, warum ich das sagen sollte, wenn Clarisse fragt?“
Sie ließ bewusst außer Acht, dass sie keine Ahnung hatte, wer Clarisse überhaupt war.
„Vertrau mir einfach, so wäre es besser. Ansonsten könnte ich mir die Überraschung wahrscheinlich sonst wohin schieben!“
„Ok?!“ sagte Sam und richtete ihren Blick nach vorne. Sie fuhren stillschweigend durch die mittlerweile dunkel werdenden Straßen von Hilton und Sams Aufregung stieg langsam weil sie keine Ahnung hatte, was Kyle nur vorhatte. Sie kannte ihn mittlerweile ebenfalls so gut, dass sie wusste, dass er desöfteren ziemlichen Mist im Kopf hatte. Was also war, wenn besagte Überraschung tatsächlich vollkommen fehlerhaft war? Nun ja, Sam hatte sich ja bereits dazu entschieden, dass sie egal was auch immer es war, sich darauf einlassen würde, doch wusste sie nicht wie sie reagieren würde, sollten sie beispielsweise in ein Pornokino fahren, oder zu einem Monster-Death-Match. Beide Dinge entsprächen jedoch vollkommen Kyles Interessen.
Sie fuhren immer weiter und desto länger sie unterwegs waren, desto mehr dachte Sam auch an eine andere Möglichkeit: Was war, wenn Kyle sie loswerden wollte? Sie in einen Wald bringen und dort, nun ja, jeder wusste was in Horrorfilmen immer so geschah.
Als die beiden jedoch vor einer Bowlingbahn zum stehen kamen, schämte sich Sam bereits beinahe für ihren Gedanken und sah überrascht zu Kyle hinüber.
„Eine Bowlingbahn?“ fragte sie ruhig. Sie hatte es zwar schon ein paar mal probiert, damals als Teenager, doch es hatte ihr nie wirklich gefallen.
„Eine Bowlingbahn!“ bestätigte Kyle, schnallte sich ab und stieg aus dem Wagen. Sam tat es ihm gleich und als sie beide vor der verschlossenen Tür standen sah sie zu Kyle hinüber und sagte „Du hättest lieber mal abklären sollen ob sie geöffnet hat, heute ist Ruhetag!“
„Du glaubst echt ich bin bescheuert, oder?“ fragte Kyle sie ein klein wenig gekränkt. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet und eine kleine blonde Frau trat nach draußen. Sie musste ungefähr im gleichen Alter wie Sam und Kyle sein, war etwas größer als Sam selber und hatte dunkelbraune, ziemlich vertrauenserweckende Augen.
„Kyle Süßer, da bist du ja endlich!“ sagte sie und schritt mit einem Hüftschwung auf Kyle zu, den Sam noch nicht einmal immitieren könnte, so perfekt war er. Die Frau legte Kyle ihre Arme um den Hals und gab ihm zur Begrüßung zusätzlich noch ein Küsschen auf die Wange.
Sam räusperte sich und wandte ihren Blick ab „Soll ich euch vielleicht alleine lassen?“ fragte sie ein wenig zu giftig und zog so die Aufmerksamkeit von beiden auf sich.
„Sam das ist Clarisse, Clarisse das ist Sam!“ sagte Kyle und deutete zwischen den beiden hin und her. Sam wollte Clarisse gerade die Hand entgegenstrecken als diese, mit mitleiderfülltem Blick auf sie zugestürmt kam und sie in die Arme nahm.
„Oh du Arme. Ich kann mir nur im Entferntesten vorstellen wie es ist, von seiner großes Liebe verlassen zu werden und das auch noch so kurz vor der Hochzeit!! Vergiss Lola Süße, sie ist es nicht Wert!“ und so redete Clarisse noch einige Sätze lang weiter, während Sam verwirrt die Stirn kraus zog und zu Kyle hinüber sah, der peinlich berührt da stand.
Sie bewegte ihre Lippen und teilte ihm so mit, dass er das büßen würde, während Kyle ein stummes „Sorry“ von sich gab. Sam wurde an den Schultern gepackt und von Clarisse weggedrückt. Die stand vor ihr, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
Irgendwann sah Kyle anscheinend, dass man diese Sache abkürzen müsse und mischte sich ein.
„Ähm Clarisse, danke für den Schlüssel. Ich bring ihn dir dann morgen wieder vorbei, ok?“ Clarisse wandte sich von Sam an und nickte wie wild.
„Alles klar kein Problem. Habt Spaß…“ sie wandte sich ab und ging einige Schritte bevor sie sich erneut zu Sam umwandte und sagte „Auch auf dich wartet da draußen jemand, ganz sicher!“
Sam nickte und sagte „Ja ich auch…“ Zufrieden mit Sams Aussage, wandte sich Clarisse ab und ging ihres Weges, während Sam und Kyle vor der Tür stehen blieb.
„Willst du mir das erklären?“ fragte Sam Kyle, der sich gerade unruhig am Hinterkopf kratzte.
„Nicht, wenn es nicht unbedingt sein muss…“ murmelte er und Sam drehte sich zu ihm.
„Ok, dann nicht. Was ist jetzt? Gehen wir rein oder wie?“ fragte sie ihn weil sie entschied, ihm noch ein wenig Schonfrist zu geben.
„Ja, ja klar.“ Sagte dieser erleichtert und öffnete die Tür. Es war stockfinster und nur ein paar Notausgangschilder boten ein wenig Licht, an dem man sich orientieren konnte.
„Warte ich bin gleich da…“ sagte Kyle und schon stand Sam alleine in dem dunklen Raum.
Während sie da so einsam stand, hatte sie Zeit darüber nachzudenken was Clarisse gesagt hatte. Obwohl sie offenbar ziemlich naiv gewesen war, so hatte sie doch mit einem Ausspruch irgendwie Recht gehabt. Auch auf Sam wartete da draußen jemand. Mal sehen ob Clarisse damit Recht behalten sollte.
Sam hörte ein knacken, dann noch eins und plötzlich ging ein Licht nach dem anderen an. Neonlichter, Schwarzlichter und eine Discokugel, die in diesem Szenario äußerst unpassend wirkte, beleuchteten ungefähr 15 Bowlingbahnen. Obwohl es nichts Besonderes war, so war es für Sam doch etwas Großes. Durch den ganzen Raum zuckten Lichter, die von Lichtmaschinen hergestellt wurden, Bilder erschienen die von irgendwelchen Sprayern anscheinend an die Wand gesprüht worden waren und die unpassend erscheinende Discokugel legte eine seltsame jedoch vollkommen angenehme Atmosphäre über den Raum. Es schien so, als wäre Sam in einer anderen Welt gelandet und zum zweiten Mal an diesem Tag, breitete sich eine wohlige Wärme in ihrem Inneren aus.
Sie bekam nur am Rande mit, dass Kyle zurück gekehrt war da sie damit beschäftigt war sämtliche, liebevoll gestalteten Einzelheiten in diesem riesigen Raum zu entdecken.
„Es ist wirklich genial..“ murmelte sie und sah schließlich doch noch zu Kyle hinüber.
Der hatte sie offenbar beobachtet denn er wandte in dem Moment seinen Blick schnell ab.
„Hat schon seinen Reiz, wenn man hier alleine ist, oder?“ fragte er und ging auf einen der Tische zu. Sam folgte ihm und nickte, zu spät wurde ihr bewusst, dass Kyle das ja nicht sehen konnte, da er mit dem Rücken zu ihr stand. Schnell fügte sie hinzu „Ja da hast du Recht…“ und setzte sich dann an den Tisch.
„Kann ich ihnen etwas zu trinken bringen, meine Gnädigste?“ fragte Kyle und tat so, als wäre er ein Kellner. Obwohl es eigentlich doch lächerlich war und überhaupt nicht dem entsprach, was Sam in der Regel gefiel, so sah sie Kyles Bemühungen darin und lächelte. „Ja ein Bier bitte…“ sagte sie und sofort zog Kyle davon, nur um fünf Minuten später mit zwei Bier und einigen Knabbereien zurück zu kehren.
„Hab die Bar geplündert, ich hoffe Clarisse bekommt deswegen keinen Stress.“ Sagte er und legte alles auf den Tisch.
„Apropos Clarissse…was sollte das vorhin?“ fragte Sam, die ihre Chance sah.
„Ich weiß nicht was du meinst…wollen wir spielen?“ lenkte Kyle ab und zeigte lässig auf die Bowlingkugeln.
„Nicht bevor ich keine Erklärung von dir bekommen habe.“ Sagte Sam standhaft. Sie war einfach zu neugierig, was genau Kyle Clarisse angeboten hatte, damit sie ihm den Schlüssel einfach so überließ.
„Ok, ok in Ordnung. Also Clarisse ist, wie soll ich sagen…“
„Du hast einmal mit ihr geschlafen…“ sagte Sam statt seiner trocken und Kyle nickte.
„Ja genau. Naja wir verstehen uns auch heute noch gut und haben uns danach noch ein paar Mal getroffen. Da sie aber ziemlich naja anhänglich ist, musste ich ihr irgendwie erklären warum ich genau mit dir hierher wollte, also hab ich gedacht ich tische ihr eine Story auf, in der sie dich nicht als Bedrohung ansieht.“ Kyle sah Sam nicht an während er sprach, erst als Sam die nächsten Worte aussprach, richtete er seinen Blick wieder auf sie.
„Und warum wolltest du genau mit mir hierher?“ fragte sie ohne auf den Rest einzugehen. Sie war zu neugierig. Kyle hatte bisher in seinem Leben nichts ohne Hintergedanken getan und Sam stellte sich in der letzten Zeit häufiger die Frage, warum er ihr gegenüber so anders war als all den anderen Frauen gegenüber.
„Keine Ahnung, ich dachte das würde dich vielleicht aufheitern!“ sagte er und hatte offenbar Angst davor, gefährliches Terrain damit zu besteigen. Er hatte Recht. Bei diesen Worten zog sich Sams Herz für kurze Zeit zusammen und ihr kamen die Bilder vom gestrigen Abend wieder hoch. Sie verdrängte sie jedoch schnell wieder und sagte stattdessen „Danke Kyle, dafür dass du mir gestern geholfen hast!“
Kyle fühlte sich irgendwie benommen, es war so leicht mit Sam ehrlich zu sprechen. Er hätte ihr sonst eine Geschichte auftischen können, doch bei ihr hatte er immer das Gefühl, dass sie ihn sowieso sofort durchschauen würde und so entschied er sich immer für die Wahrheit. Als Sam sich in diesem Moment bei ihm bedankte, ihn auf diese bestimmte Art und Weise ansah, bildete sich ein leichter Knoten in seinem Magen.
Er räusperte sich kurz und wandte dann den Blick ab, bevor er sprach.
„Weißt du, ich hab es wirklich ernst gemeint, was ich gestern gesagt habe. Ich werde immer da sein, solange du mich brauchst. Du bist mir wichtig geworden…“
Warum sagte er so etwas? Weshalb brachte Sam ihn immer dazu, so einen Müll von sich zu geben? Natürlich stimmte es, doch hätte er vorher solche Worte niemals ausgesprochen, zumindest vor keinem anderen als seiner Mutter, seiner Schwester oder…
„Danke Kyle, das bedeutet mir wirklich viel. Aber jetzt lass uns mit diesen Trauermienen aufhören und endlich spielen. Ich mache dich platt!“ sagte Sam, unterbrach damit seine Gedanken und klatschte in die Hände, während sie aufstand und eine Bowlingkugel in die Hand nahm.
Kyle war überrascht von dem plötzlichen Gefühlsumschwung und war sich sicher, dass Sam nur so tat, doch er ließ es erst einmal einfach auf sich bewenden, denn er wusste, dass wenn sie nicht weiter über ein Thema sprechen wollte, dies auch nicht geschehen würde.
Sie spielten einige Zeit lang, doch Sam war, überraschenderweise grottenschlecht.
„Oh mann Sam. Ich dachte du bist sportlich?“ fragte Kyle sie als die Kugel erneut anstatt seine Ziele zu treffen, im Aus landete.
„Hey, ich kann Kampfsport, aber alles was mit Bällen zu tun hat ist ein Rotes Tuch für mich!“ sagte sie ein wenig gekränkt und veranlasste Kyle so aufzustehen und ihr zu Hilfe zu eilen. Er packte sich eine Bowlingkugel und reichte sie ihr.
„Ich zeig dir jetzt mal, wie man das macht, ok?“ fragte er und sie nahm die Kugel nickend entgegen.
„Ok, aber wehe ich stelle fest, dass du mir Müll erzählst nur um als Gewinner hier raus zu gehen…“ sagte sie und versuchte dabei bedrohlich zu wirken.
Kyle konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und entgegnete „Das tue ich auch so, wie es bis jetzt aussieht.“
„Jetzt zeig es mir schon endlich, anstatt blöd rumzulabern!“ sagte Sam und drehte sich mit dem Rücken zu ihm. Kyle trat von hinten auf sie zu und sagte
„Du musst Anlauf nehmen, den Arm gerade halten und die Kugel schwungvoll nach vorne fahren lassen.“
Er half ihr bei den Bewegungen und sagte dann „Jetzt los lassen!“
Sam tat wie geheißen und lies die Kugel los. Beide standen da und beobachteten sie, wie sie kurz vor den Pins doch noch im Aus landete.
„Verdammt!“ murmelte Sam und schnappte sich die nächste Kugel.
Es dauerte eine Weile, doch mit jedem Wurf wurde sie besser und als sie schließlich eine Stunde später endlich einen Strike erzielte, kreischte sie kurz auf und drehte sich um.
Kyle hatte sie in der Zwischenzeit stets beobachtet und festgestellt, dass sich etwas verändert hatte. Er sah Sam mittlerweile mit ganz anderen Augen, als noch vor ein paar Wochen. Hatte er damals noch gesagt, dass Sam vollkommen gewöhnlich war und nichts Besonderes an ihrem Aussehen hatte, so konnte er heute nicht mehr nachvollziehen, wie er so etwas nur hatte denken können. Vor ein paar Wochen, war er auch noch der Meinung gewesen, dass Sam äußerst anstrengend war, heute jedoch war sie die Person mit der er seine Zeit am liebsten verbrachte. Hatte er noch vor ein paar Wochen gesagt, dass Sam absolut nicht seinem Typ entsprach, so fragte er sich heute wieso sie auf einmal vollkommen das zu sein schien, was er wollte.
Er war schockiert gewesen von dieser Einsicht, die ihm am Nachmittag gekommen war, als er Martin gefragt hatte, ob dieser ihm sein Auto leihen könnte. Martin hatte natürlich wissen wollen, wofür Kyle es brauchte und Kyle hatte ihm von seinen Plänen erzählt. Martin hatte ihn nur seltsam angesehen und dann gesagt „Klar Mann, kein Problem. Aber warum tust du das?“ Martin kannte Kyle schon seit seinem ersten Collegetag und obwohl sie nie wirklich viel gemeinsam gehabt hatten, so war Martin doch zumindest einer von jenen gewesen, mit denen man sprechen konnte, ohne dass fünf Minuten später das ganze College Bescheid wusste. Nachdem Kyle ihm gesagt hatte wieso er das tat, nämlich weil er Sam ein wenig ablenken und ihr was Gutes tun wollte hatte Martin nur folgendes gesagt „Wer hätte das gedacht!“ hatte sich dann lächelnd abgewandt und Kyle schließlich seinen Schlüssel zugeworfen.
„Ich erwarte ihn unversehrt zurück zu bekommen!“ hatte er abschließend gesagt und war dann in seinem Wohnunghaus verschwunden ohne Kyle genauer zu erklären, was er damit gemeint hatte. Kyle war jedoch selber darauf gekommen und jetzt saß er da und fragte sich, wann es geschehen war, dass er von „Sam interessant zu finden“ zu „Ohne Sam nicht mehr zu können“ gewechselt war.
Fuck…
„Hast du das gesehen??“ rief sie ihm mit strahlenden Augen zu und wirbelte dann in seine Richtung, als sie den Strike erzielte.
„Ja hab ich. Super!!“ sagte er und versuchte zu vertuschen, dass er ganz und gar nicht mehr abgeneigt war von der Vorstellung, sich mit Sam zwischen den Laken zu amüsieren.
Er schob es schnell auf die bloße Tatsache, dass er jetzt seit einigen Wochen keinen Sex mehr gehabt hatte und dass Sam nun mal die ganze Zeit in der Nähe war, also die einzige weibliche Konstante in seinem Leben bot. Da war es doch nicht verwunderlich, dass er scharf auf sie war, oder? Die anderen Dinge konnte er sich zwar nicht erklären, doch er hielt diese Sachen auch eher für nebensächlich. Dennoch war ihm bewusst, dass er sich so schnell wie möglich eine kleine weibliche Ablenkung suchen musste, da er sich sicher war, es sonst zu versauen. Er würde Mist bauen, ganz klar, vor allem wenn er auch in Zukunft so viel Zeit mit Sam verbringen würde.
Er war an den Tisch gelehnt da gestanden und Sam war auf ihn zugekommen um ihn vor Freude stürmisch zu umarmen. Er hatte seine Arme um ihren Rücken gelegt, hatte sie dann nachdem sie sich wieder von ihm entfernt hatte angesehen, das Strahlen in ihren Augen entdeckt.
Das was dann geschah, konnte er sich nicht mehr erklären, denn obwohl er ein wenig vorher noch beschlossen hatte, diesen Drang nach ihr zu unterdrücken, zog er sie plötzlich an sich. Sam Blick hatte sich verändert. Von Freudestrahlend zu überrascht und auch Kyle war mehr als nur überrascht, als seine Lippen auf die von Sam trafen und in seinem Inneren ein Feuerwerk zu explodieren schien, welches er vorher noch niemals verspürt hatte. Etwas hatte sich ganz eindeutig verändert.
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Bitte nicht vergessen zu Kommentieren und Abzustimmen. Auch "Fannen" ist gerne gesehen, wenn ihr stets auf dem neuesten Stand sein möchtet;D glg lullaby1988
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