A new challenge
Meine Lieben,
endlich ist es soweit und ich kann euch das erste Kapitel meines neuen Buchs präsentieren. Es ist dieses Mal keine Fanfiction, sondern ein ganz individuelles Projekt mit neuen Charakteren und Entwicklungen. Ich bin daher total aufgeregt, wie euch der Einstieg gefällt und was ihr zu unserer Protagonistin Charly sagt? Und keine Sorge bald lernt ihr natürlich auch Henry&William kennen ;)
Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen und freue mich auf eure Rückmeldungen!
Alles Liebe, eure Katie 💕✨
Charly POV
Als die Buchstaben vor meinen Augen langsam verschwammen, beschloss ich endlich Feierabend zu machen. Meine Doppelschicht im Safe Harbour war schon lange zu Ende, aber aufgrund von personellen Engpässen hatte ich mich noch schnell an den Dienstplan gesetzt, in der Hoffnung einige der klaffenden Lücken schließen zu können. Das Safe Harbour war eine Einrichtung für Jungen zwischen 5 und 12 Jahren, die aufgrund der unterschiedlichsten Schicksalsschläge zu Waisen geworden waren und auf das staatliche Unterstützungssystem angewiesen waren. Im Safe Harbour taten wir alles dafür, um den Kindern einen Ort zu bieten, an dem sie sich wohl und angekommen fühlen konnten. Das Team tat sein Bestes, aber trotzdem merkten wir alle, dass wir chronisch unterbesetzt waren und dringend mehr Personal brauchten. Die letzten Wochen hatten an unseren Kräften gezehrt. Der Verlust unserer „Hausmutter" hatte dieses Gefühl nur noch verstärkt. Ich schaltete den Computer aus und freute mich, die nächsten Stunden in meinem warmen Bett zu verbringen. Mein Kollege Sam frühstückte gerade mit den Jungs und würde sie dann zur Schule begleiten- zumindest diejenigen, die zurzeit eine Schule besuchten Die Nacht war ziemlich unruhig gewesen, unser Neuzugang Oliver hatte aufgrund von Albträumen nicht schlafen können und ich hatte den Rest der Nacht an seinem Bett verbracht- obwohl er nicht mit mir sprach. Der Kleine bereitete mir wirklich Kopfschmerzen und ich hoffte, bald einen Zugang zu ihm zu finden. Doch bis dahin sollte er einfach wissen, dass wir für ihn da waren.
Ich wollte mich gerade verabschieden, als mich mein Chef Bob in sein Büro rief. Er sah mich über den Rand seiner dicken Hornbrille entschuldigend an und bedeute mir vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen. Wenn er mich nach einer Doppelschicht noch zu einem Gespräch bat, musste es wichtig sein.
„Entschuldige bitte, dass ich dich von deinem wohlverdienten Feierabend fernhalte, aber es gibt etwas wichtiges, was ich mit dir besprechen muss." Ich sah ihn aufmerksam an und nickte dann. Sein Gesicht verriet mir noch nicht, ob es gute oder schlechte Neuigkeiten waren. Doch in diesen Tagen rechnete ich eher mit letzterem.
„Wie du weißt, bekommen wir einen Großteil unserer Spenden von Ward Enterprises. Ohne diese Gelder wäre es uns gar nicht möglich gewesen, dass Safe Harbour zu dem Kinderheim zu machen, was es jetzt ist.. Und trotz der staatlichen Unterstützung sind weiterhin auf diese Einnahmequelle angewiesen. Die letzten Jahre hat sich Annie um die Kommunikation mit den Managern und Anwälten des Unternehmens gekümmert und das Geld ist bisher regelmäßig geflossen" berichtete mir Bob und in meinem Bauch machte sich ein ungutes Gefühl breit. Wenn er mir diese Geschichte erzählte, bedeutete dies sicher nichts Gutes für uns. Er sah die Sorge in meinem Blick und sprach schnell weiter.
„Charly, ich bin dir so dankbar für deine Unterstützung in den letzten Jahren und gerade auch in den vergangenen Monaten nach dem Verlust meiner Annie. Ohne dich hätte ich das alles nicht geschafft und du bist das Herzstück von Safe Harbour. Du hast so viel für uns getan und deshalb möchte ich auch ganz ehrlich zu dir sein und dir keine Information vorenthalten..." er machte eine kurze Pause und ich zog scharf die Luft ein, um mich auf das vorzubereiten, was jetzt kam. „Leider habe ich eben ein Schreiben der Anwälte von Ward Enterprises erhalten, in dem mir mitgeteilt wird, dass Allan Ward verstorben ist und das Unternehmen an seine beiden Söhne Henry und William übergegangen ist. Die beiden wollen nun ihre Investitionen überprüfen und es sei noch unklar, ob wir weiterhin mit Spenden bedacht werden können" offenbarte Bob mir und ich war für einen Moment sprachlos. Die weitere Existenz von Safe Harbour war gefährdet, da zwei reiche Schnösel sich nicht sicher waren, ob sie einen Bruchteil ihres Vermögens weiterhin in ein Kinderheim stecken wollten? Natürlich warfen wir keine Gewinne für sie ab, aber für mich lag der Gewinn klar auf der Hand, wenn man verwaisten Kindern ein zu Hause bieten konnte. In mir begann es zu brodeln und ich ballte meine Hände zu Fäusten. Nach dem Tod von Annie hatte ich nicht so hart für das Kinderheim gekämpft, nur um jetzt alles zu verlieren. Die Kinder waren auf uns angewiesen und ich konnte sie nicht enttäuschen. Dagegen konnten auch die einflussreichen Ward Brüder nichts ausrichten. Ich würde sie davon überzeugen, dass es keine Option war, uns nicht weiter zu unterstützen. Wenn ich mit ich mit ihnen fertig war, würde unsere Finanzierung für die nächsten Jahrzehnte gesichert sein.
Bob lachte „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du direkt einen Schlachtplan ausheckst.. habe ich recht?" Ich sah ihm fest in die Augen.
„Wir werden diese Unterstützung weiterhin erhalten, Bob! Ich werde mich darum kümmern und einen Termin bei Ward ausmachen. Wenn ich ihnen aufzeige, was wir hier leisten, werden sie gar nicht anders können, als uns weiter zu unterstützen. So leicht werden die uns nicht los! Schließlich geht es hier um mehr als ihr gutes Image" erklärte ich mit fester Stimme und Bobs Gesicht hellte sich mehr und mehr auf. „Ich hatte gehofft, dass du das sagst.. Solche Geschäftsmänner können ganz schön kalt sein und nur das eine im Kopf haben.. aber wer sollte sie überzeugen können, wenn nicht du! Ich werde versuchen für dich einen Termin bei Ward Enterprises auszumachen und wäre dir so dankbar, wenn du uns und die Interessen der Kinder dort vertrittst." Ich nickte „Natürlich, Bob! Das ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich werde mich sofort daran machen, eine Präsentation auf die Beine zu stellen.. lass mich einfach wissen, wann wir den Termin bei Ward haben!"
Wenige Minuten später hatte ich es tatsächlich in den Feierabend geschafft. Meine Müdigkeit war jedoch wie weggeblasen und in meinem Kopf bastelte ich schon an meiner Präsentation über die bedeutsame Arbeit des Safe Harbour Kinderheims. Es machte mich wütend und sprachlos, dass ein so großes und reiches Unternehmen wie Ward Enterprises seine Unterstützung tatsächlich überdachte, wenn sie doch eigentlich hunderte von Waisenhäusern unterstützen könnten. Aber so war es wohl. Die Reichen blieben nicht reich, weil sie ihr Geld für die investierten, die es nicht so gut hatten wie sie. Auch wenn ich nervös war, freute sich ein Teil von mir darauf, es diesen reichen Brüdern zu zeigen. Meine Präsentation musste sie so überzeugen, dass es für sie keine andere Wahl gab, als uns weiterhin zu unterstützen.
Ich schwang mich auf mein Fahrrad und genoss die wärmenden Strahlen der Mai-Sonne auf meinem Gesicht. Es war kurz nach 8 Uhr morgens und überall herrschte rege Geschäftigkeit. Auch wenn mein Arbeitstag zu Ende ging, war London gerade erst dabei zu erwachen. Wie an jedem Morgen summte die Stadt und erstrahlte in einem frischen Glanz. Ich liebte diese schillernde und pulsierende Stadt, die nun schon seit mehr als fünf Jahren mein zu Hause war. Meine Wohnung, die ich mir mit meiner besten Freundin teilte, lag nur 20 Minuten mit dem Fahrrad vom Kinderheim entfernt und liebte es, mich nach einer kräftezerrenden Schicht nochmal richtig auszupowern und den Kopf freizubekommen. Es war nicht leicht, die Geschehnisse im Safe Harbour nicht so dicht an mich heranzulassen und dabei half mir meine tägliche Routine. Doch dieses Mal kreisten meine Gedanken weiterhin darum, wie ich die Finanzierung des Kinderheims retten konnte. Die Kinder und das Team hatten so viel durchgemacht und wir alle gaben jeden Tag unser Bestes, weil wir wussten wofür wir hier kämpften. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, irgendwo anders zu arbeiten als im Safe Harbour, wo ich das Gefühl hatte gebraucht zu werden. Mittlerweile war ich seit fast 5 Jahren dort und hatte einiges miterlebt. Ich war mehr als bereit mehr Verantwortung für das Kinderheim und alle seine großen und kleinen Bewohner zu übernehmen. Vor einem Monat hatte ich nun auch meine berufsbegleitende Ausbildung zur Trauma-Therapeutin beendet und hoffe, dass ich die uns anvertrauten Jungen so noch besser unterstützen konnte. Viele der Jungs hatten eine traumatische Kindheit erlebt. Sie alle verband der Verlust ihrer Eltern und der Wunsch wieder Teil einer Familie sein zu dürfen. Doch auch darüber hinaus hatten einige der Kinderseelen Erfahrungen machen müssen, die kein Kind jemals erleben sollte. Ich wollte ihnen helfen, ihre Vergangenheit zu akzeptieren und sich der Zukunft zu zuwenden. Durch den Verlust meiner Mutter konnte ich zumindest etwas von dem nachfühlen, was die Kinder durchmachten und es gelang mir fast immer eine Beziehung zu den Jungs aufzubauen. Auch wenn die Arbeit mich emotional immer wieder vor Herausforderungen stellte, war es genau das Richtige für mich und ich schätze es, dass ich an meinen Aufgaben wachsen konnte und musste. Ich empfand es als erfüllend, dass ich mit meiner Arbeit etwas im Leben der Kinder bewegen konnte. Es erfreute mich immer wieder mit Freude, wenn ein Neuzugang sich langsam bei uns einlebte und das alte Backstein Hause mit seiner einzigartigen Persönlichkeit noch bunter und lebendiger werden ließ. Wir waren eine große Patchwork-Familie und die Kinder wussten, dass sie bei uns zu 100 Prozent angekommen und sich in Sicherheit fühlen konnten. Doch das Schönste an meiner Arbeit war es tatsächlich, die Jungs gehen zu sehen- auch wenn ich jeden von ihnen vermisste. Für mich gab es nichts erfüllenderes als das Leuchten in ihren Augen zu sehen, wenn sie eine neue Familie gefunden hatten, die ihnen eine liebevolles und sicheres zu Hause schenken wollte. Natürlich war nicht allen dieses Glück vergönnt, aber wir gaben unser Bestes jedem einzelnen Kind eine glückliche Zukunft zu ermöglichen. Diese Philosophie von Annie und Bob Walker hatte mich von Anfang an begeistert. Die beiden führten das Safe Harbour Kinderheim noch schon seit fast 25 Jahren und hatten so vielen Kindern ein zu Hause geboten. Die beiden hatten sich als Ehepaar komplett den Waisenjungen verschrieben und ihre zwei Söhne waren Seite an Seite mit den Schutzbefohlenen aufgewachsen, sodass sie eine große Familie waren. Mittlerweile waren die beiden schon längst aus dem Haus, aber ich wusste, dass sie sich dem Safe Harbour noch immer sehr verbunden fühlten auch wenn sie beruflich andere Pläne verfolgten. So war aus meinem 6-monatigem Praktikum schnell ein studentischer Aushilfsjob geworden, da ich mir nicht mehr vorstellen konnte, die Kinder und das Team zu verlassen. Ich war sofort Feuer und Flamme, da ich hier im Safe Harbour etwas verändert konnte. Das Strahlen und die wiedergefundene Leichtigkeit der Kinder erfüllte mich jedes Mal wieder mit einem tiefen Gefühl von Frieden. Ich freute mich, nach meinem Abschluss als Sozialarbeiterin dann endlich in Vollzeit ins Team einzusteigen und die Bezugsbetreuung für einige der Jungen zu übernehmen. Besonders Annie war eine wundervolle Mentorin und hatte immer ein offenes Ohr für mich und meine Fragen. Ich bewunderte ihre ruhige und wertschätzende Art mit der sie das Vertrauen jedes Kindes gewinnen konnte. Sie war für mich ein großes Vorbild und es erfüllte mich mit Stolz, als sie mir vor 2 Jahren vorschlug mich im Bereich Trauma-Pädagogik weiterzubilden. Sie war der Meinung, dass ich meine Berufung gefunden hatte und wollte mich bei der Ausbildung unterstützen. Ich war sofort hellauf begeistert gewesen, wenn ich mir vorstellte, dass ich die Jungen so noch besser unterstützen konnte. Während meiner Ausbildung hatte ich weiterhin so viel wie möglich im Kinderheim gearbeitet, auch wenn mir Annie und Bob versuchten den Rücken freizuhalten. Doch da sie mich mit einem weiterhin vollen Gehalt unterstützen, wollte ich ihnen so viel wie möglich zurückgeben. Als Bob und Annie mir dann vor einem halben Jahr eröffneten, dass sie mich nach meiner Ausbildung zur Teamleiterin befördern wollten, war ich vor Freude und Stolz fast geplatzt. Ich war bereit mehr Verantwortung zu übernehmen und dieser Wunsch wurde mir auf eine Weise erfüllt, die ich mir nie gewünscht hatte. Vor 4 Monaten war Annie plötzlich schwer erkrankt und nach einer kurzen aber schweren Leidenszeit verstorben. Weder ihrer Familie noch dem Team oder den Kindern war es möglich gewesen, das Geschehe zu verstehen. Viel zu schnell hatten wir uns von ihr verabschieden müssen und ihr Verlust hatte eine große Lücke in das Haus gerissen, was sich sonst nach zu Hause anfühlte. Daher war ich der Überzeugung, dass es meine Aufgabe war, jetzt alles zusammenzuhalten. Bob litt sehr unter dem Verlust seiner Frau und aufgrund des bedingungslosen Vertrauens und der Unterstützung, welche mir die Walkers entgegen gebracht hatten, fühlte ich mich verantwortlich. Daher sah ich es auch jetzt als meine Pflicht an, alles dafür zu tun, dass Ward Enterprises uns weiterhin unterstützen würde.
Noch ganz in Gedanken versunken, öffnete ich die Wohnungstür und zuckte leicht zusammen, als meine beste Freundin Meggie ihren Kopf aus dem Badezimmer steckte.
„Da bist du ja endlich! Ich dachte wir frühstücken noch bevor ich zur Arbeit und du ins Bett musst.." erklärte sie und wackelte vielsagend mit ihrem Kopf um den sie kunstvoll ein Handtuch geschlungen hatte.
„Tut mir leid.." seufzte ich und schlüpfte in ein Paar weicher Hausschuhe. „Ich wollte gerade Feierabend machen, als Bob sich entschied hat, eine Bombe hochgehen zu lassen" erzählte ich und fuhr mir mit der Hand über mein Gesicht.
„Eine Bombe? Was ist passiert? Ab in die Küche, du musst mir alles erzählen!" bugsierte Meggie mich in Richtung Frühstückstisch. Als ich sah, was sie alles aufgefahren hatte, schlang ich meine Arme um sie. „Das sieht unfassbar lecker aus.. Womit habe ich das nur verdient.." lächelte ich sie dankbar an.
„Tja, nur das Beste für meine Beste!" erklärte sie und häufte mir eine große Portion Rührei auf einen Teller. Das Frühstück, was sie für uns zwei angerichtet hatte, hätte eine ganze Fußballmannschaft satt gemacht und so futterten wir uns durch Obstsalat, Pfannkuchen, Rührei und andere Köstlichkeiten während ich Meggie auf den neusten Stand brachte. Mit offenem Mund lauschte Meggie meiner Erzählung darüber, was Bob mir heute Morgen eröffnet hatte. Genau wie ich konnte meine beste Freundin es nicht fassen, dass die neue Führungsriege des Ward Unternehmens mit dem Gedanken spielte uns die Unterstützung einzustellen. „Das ist doch wirklich unfassbar.. man sollte doch meinen, dass man wenn man so viel Geld hat, auch das Bedürfnis entwickelt, etwas davon zurückzugeben.. aber soweit denken diese reichen Schnösel wahrscheinlich gar nicht.. letztens habe ich beim Friseur in irgendeinem Klatschblatt einen Bericht über William Ward gelesen.. er ist bekannt für seine Vorliebe für schnelle Autos, Alkohol und leichtbekleidete Frauen, also was soll man da auch anderes erwarten.." berichtete Meggie mit einem Kopfschütteln.
„Das klingt ja vielversprechend.." stöhnte ich genervt und schnappte mir noch ein Croissant. „Aber wie ich meine beste Freundin kenne, hast du schon lange einen Schlachtplan entwickelt?" fragte sie mich mit einem Zwinkern und ich nickte.
„Definitiv! Ich werde auf keinen Fall zu lassen, dass die beiden Wards Annies Vermächtnis zerstören.. ich bin es Annie und Bob schuldig alles dafür zu geben, dass wir unsere Arbeit weiterführen können.." erklärte ich mit fester Stimme.
„Also, was hast du vor?" fragte mich Meggie und lehnte sich gespannt über den Tisch.
„Ich werde den Ward Brüdern keine andere Wahl lassen, als sich für uns zu entscheiden. Bob wird versuchen für mich einen Termin bei Ward Enterprises auszumachen und dann werde ich diesen beiden Schnöseln mal ordentlich die Meinung sagen und ihnen präsentieren, was wir leisten.. nicht jeder hat es im Leben immer so gut gehabt wie sie und wenn ihnen das bisher noch niemand erklärt hat, übernehme ich das sehr gerne.. ich werde die Kinder auf keinen Fall enttäuschen!" offenbarte ich Meggie meinen Masterplan und sie drückte meine Hand.
„Du wirst sie umhauen, ma chérie! Und so wie ich dich kenne, wirst du deinen Feierabend nicht im Bett verbringen, sondern dich gleich hinter diese Präsentation klemmen, n'est-ce pas?" lachte sie und ich grinste ertappt. Die nächsten Minuten berichtete ich meiner Freundin von meinem Vorhaben, die beiden Ward Brüder mit einer emotionalen Präsentation umzuhauen. Meggie war sofort Feuer und Flamme und gemeinsam entwickelten wir mehrere Ideen. „Wenn du den Deal abgeschlossen hast, müssen wir das unbedingt feiern gehen! Du warst schon viel zu lange nicht mehr aus, sondern bist immer nur am Arbeiten. Du hast auch ein bisschen Spaß verdient, schließlich bist du jetzt schon eine kleine Ewigkeit Single und die Männer liegen dir doch nur so zu Füßen.. auch wenn du das nicht siehst" Meggie stieß mir ihren Ellenbogen in die Seite und ich verdrehte spielerisch die Augen. Meine beste Freundin konnte ihre Verkupplungsversuche einfach nicht lassen.
Bisher hatte ich mich vehement gegen ihre Blind-Date Arrangements gewehrt, aber sie schien auf der Mission zu sein, einen neuen Freund für mich zu finden und schleppte mich andauernd zu irgendwelchen Partys oder Veranstaltungen. Sie selbst genoss das Single-Leben in vollen Zügen und so hatte ich schon mit einigen ihrer Flirts gemeinsam am Frühstückstisch gesessen. Meine Welt war dies jedoch nicht. Meine letzte Beziehung war vor knapp einem Jahr in die Brüche gegangen und ich hatte danach erstmal die Nase voll von Männern gehabt. Ich war während meines Studiums total verknallt in Louis gewesen und hatte gehofft, dass er der Richtige für mich sein würde. Wir hatten uns über Freunde bei einer Party kennengelernt und waren danach auf einige Dates gegangen, bis wir schnell ein Paar wurden. Für mehr als 3 Jahre waren wir unzertrennlich gewesen, aber als meine Arbeit im Safe Harbour mir immer mehr abverlangte und ich Prioritäten setzen musste, war es für Louis unverständlich gewesen, dass ich Samstagabends für eine kranke Kollegin die Nachtschicht übernehmen wollte, anstatt bei ihm zu bleiben. Die Hingabe mit der ich mich meinem Job widmete, schien Louis zu stören und so entfernten wir uns immer weiter voneinander bis er schließlich Schluss machte. Schnell versuchte ich diese unliebsamen Erinnerungen zu verdrängen und konzentrierte mich wieder darauf mit Meggie Pläne für die Zukunft des Safe Harbours zu schmieden.
Kurze Zeit später hatte ich Meggie zu ihrer Schicht im Le Coquillage verabschiedet. Das Frühstück mit meiner besten Freundin hatte mir neue Energie gegeben und ich war ihr sehr dankbar für ihre Unterstützung. Meggie war eine wunderbare Köchin und wann immer sie konnte, verwöhnte sie mich mit ihrem leckeren Essen. Ich betonte immer, dass es gut war, dass ich so viel Zeit auf der Arbeit verbrachte, denn sonst wäre ich wahrscheinlich wie ein Hefeteig aufgegangen. Meine beste Freundin arbeitete nun schon seit einigen Jahren im französischen Restaurant Le Coquillage, wo sie auch ihre Ausbildung absolviert hatte. Das Restaurant hatte einen Michelin Stern und war in ganz London für seine exquisite Küche bekannt. Meggie war sehr stolz darauf, dass sie dort eine Anstellung gefunden hatte und ging genau wie ich in dem auf, was sie tat. Und ich hatte absolut nichts dagegen, dass sie auch ihre Freizeit damit verbrachte neue leckere Rezepte auszuprobieren. Ich liebte unsere Kochabende bei denen wir auch gerne mit Freunden die ein oder andere Weinflasche leerten. Im Moment liefen bei uns französische Chansons hoch und runter und Meggie versuchte mit der Babble App ihr Französisch aufzubessern. Sie behauptete, dass es langsam an der Zeit war, dass sie ihren französischen Chef Jacques und seine Flüche verstehen konnte, aber ich vermutete eher, dass es an ihrem neuen (und heißen) Kollegen Michele lag, der nur gebrochenes Englisch sprach. Als ich sie darauf ansprach, erwiderte sie nur, dass man für die wirklich wichtigen Dinge keine Übersetzung brauchte und zwinkerte mir über den Rand ihres Weinglases zu. Bei dieser Erinnerung musste ich schmunzeln, aber so war meine Meggie eben.
Entschlossen klappte ich meinen Laptop auf und begann nach Inspirationen für meinen Vortrag zu suchen. Ich wusste, dass ich noch nicht einmal einen Termin bei den Wards erhalten hatte, aber ich hatte großes Vertrauen ins Bobs Überredungskünste und war mir sicher, dass er einen Termin für mich aushandeln konnte. Ich wollte die Ward Brüder oder ihre Manager nicht mit einem trockenen Vortrag über die Arbeit des Safe Harbour langweilen und somit meine Chance auf ihre Unterstützung vertun. Daher öffnete ich zuerst meinen Bilder-Ordner in dem ich die verschiedenen Schnappschüsse gesammelt hatte, die ich während der Jahre im Kinderheim geschossen hatte. Auf den Bildern wurde das, was wir taten lebendig und während ich mich durch die Fotos klickte, fühlte ich wie ich ganz emotional wurde. Wir hatten mit unserer Arbeit so viel bewegt und so viel Gutes getan und meiner Meinung nach sprachen die Bilder Bände. Ich schmunzelte als ich bei den Fotos unseres letzten Renovierungsprojekts angekommen war. Das Safe Harbour war ein wunderschönes altes Backsteinhaus im Londoner Bezirk Swiss Cottage nahe des Primrose Hill Parks. Mit seinen hohen mit Stuck verzierten Decken, dunklen knarrenden Holzböden und den vielen geheimen Nischen zum Versteckspielen war es ein Abenteuerspielplatz für die Jungs. Auch wenn das Haus etwas in die Jahre gekommen war und ihm eine Renovierung gutgetan hätte, konnte man dem Safe Harbour seinen ganz besonderen Charme nicht absprechen und dafür liebte ich es. Als ich auf die Fotos unseres letzten Sommerfests stieß, spürte ich sofort wieder die Begeisterung mit der die Kinder alles geplant und vorbereitet hatten. Sie selbst hatten sich das Motto „Mittelalter" geeinigt und so hatten die kleinen Ritter am Abend ein großes Lagerfeuer mit Stockbrot veranstaltet. Als ich auf Fotos stieß, die uns einige der Jungen geschickt hatten, die während ihrer Zeit bei uns neue Familien gefunden hatten, stiegen mir die Tränen in die Augen. Es war unglaublich berührend sie so strahlen zu sehen und besonders der Brief eines 9-jährigen Jungen berührte mich sehr. Er berichtete davon, dass er bei uns sehr glücklich gewesen war, es ihm bei seiner neuen Familie jetzt aber sehr gut ging und er sogar einen Hund bekommen hatte. Er hatte uns ein selbstgemaltes Portrait von ihm und seinem Lucky geschickt und ich wischte mir über die Augen. Das selbstgemalte Bild und einige weitere Fotos, wo man die Jungen nicht direkt von vorne sah, wählte ich für meine Präsentation aus. Ich beschloss nur wenig Fakten über das Kinderheim aufzuschreiben und die Bilder für sich sprechen zu lassen. Wenn ich den Wards ganz offen und frei von meinen Erfahrungen erzählte, würde ich sie hoffentlich mit meiner Begeisterung anstecken können. Schließlich überkam mich die Müdigkeit und ich schlief mit dem Kopf auf meiner Tastatur ein.
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