69 - Willkommen in Toledo
"Es wird Alles gut werden. Ich liebe dich." sagte Shawn, der neben mir eingestiegen war und seine Hand auf meinem Oberschenkel ablegte.
Er startete den Motor und ich atmete tief ein und aus, schloss die Augen und biss mir auf die Lippe.
Wieso habe ich mir diese Scheiße eingebrockt? Eigentlich will ich doch gar nicht, es wird absolut schrecklich. Können wir nochmal auf Anfang gehen und diese blöde Idee vergessen?
Langsam öffnete ich die Augen und beobachtete, wie die Bäume und Häuser an mir vorbei zogen.
Aus dem Radio ertönte leise Musik und mein Blick fiel zu meinem Freund der konzentriert auf die Straße achtete.
Ich weiß, dass er nicht so fährt, wenn er alleine ist.
Er wäre mindestens 10 Km/h schneller, hätte nur eine Hand am Lenkrad und würde sich mehr auf die Musik konzentrieren als auf den Verkehr.
Und es ist unglaublich süß, dass er all diese Dinge für mich lässt.
"Ich liebe dich." murmelte ich und lächelte ihn sanft an.
Er jedoch ließ sich nicht davon abbringen von der Straße zu sehen.
"Danke.. für Alles." sagte ich schließlich noch und merkte, wie sich mein Körper ein bisschen entspannte.
Mein Herz raste noch immer, doch Shawn schien das Alles ein klein bisschen erträglicher zu machen.
"Wie hieß deine Mutter?" fragte Shawn und mit einem Mal verkrampfte ich mich wieder.
Wie kommt er jetzt darauf mir solche Fragen zu stellen?
"Theresa." hauchte ich und versuchte die Tränen zurück zu halten. Was ehrlich gesagt leichter gesagt als getan ist.
"Ist schon okay, wenn du weinst. Dafür machen wir das doch. Erzähl mir von ihr." forderte Shawn sanft und ich nahm einen tiefen Atemzug.
"Sie.. sie war Lehrerin in der Grundschule." stotterte ich und versuchte mich auf meine Hände zu konzentrieren, die auf meinen Beinen lagen. Zumindest krallte ich mich nicht mehr an die Tür.
"Für welche Fächer?" fragte Shawn.
"Mathe." antwortete ich und ich hörte wie Shawn leise begann zu lachen. Ich drehte meinen Kopf zu ihm und sah ihn vorwurfsvoll an.
"Was?"
"Naja.. dann war sie ja scheinbar gut in Mathe.. und du bist ne Niete." sagte mein Freund schmunzelt und ich sah ihn mit offenem Mund an.
Das hat er nicht gesagt.
"Du bist ein Idiot." antwortete ich lediglich und verschränkte die Arme vor der Brust. "Aber ja.. sie war ziemlich gut. Sie hat meinem Dad Nachhilfe gegeben als sie in der Highschool waren." erzählte ich weiter.
"Solange kennen sie sich schon?" fragte Shawn und ich spürte wie mir jedes Wort leichter fiel.
"Ja, noch länger. Nächstes Jahr wären sie 20 Jahre verheiratet gewesen." schwärmte ich, denn das wünschte ich mir für die Zukunft auch.
"Klingt ziemlich unzertrennlich." antwortete Shawn und mein Lächeln entwich meinem Gesicht. Die Tränen keimten wieder auf.
"Der Tod trennt uns alle." antwortete ich schroff.
"Nur körperlich."
~~~~
Die Autos von Shawn und Jack standen nebeneinander auf einem Parkplatz und wir aßen das McDonalds Essen, das Nash uns mitgegeben hatte.
Es war natürlich kalt, aber das störte uns nicht sonderlich.
Ich saß noch immer auf meinem Platz, allerdings war die Autotür offen und ich saß seitlich, sodass meine Beine auf dem Boden draußen standen.
Genauso saß Camila auf der Fahrerseite von Jacks Auto. Er saß zwischen den Autos auf dem Boden und Shawn lehnte an der Motorhaube.
"Wie läuft es bisher?" fragte mich Camila und ich zuckte mit den Schultern.
Wir mussten bereits 2 Mal anhalten, weil ich durchgedreht bin und dachte zu ersticken.
Und es war mir jetzt schon verdammt peinlich, wie soll das erst werden, wenn wir ankommen?
Wir hatten noch ungefähr 100 Kilometer vor uns und wenn ich an Toledo dachte, würde ich sogar lieber nochmal 3 Stunden Auto fahren.
"Tut mir leid, dass wir andauernd anhalten." entschuldigte ich mich und biss von meinem kalten Cheeseburger ab.
"Sag das nicht. Entschuldige dich bitte für nichts was dieses Wochenende ist, okay?" fragte Jack und ich nickte depremiert.
Einige Minuten später fuhren wir weiter und ich schwieg. Shawn hatte mich nach unserem Gespräch noch etwas über meinen Bruder ausgequetscht, doch es fiel mir immer schwerer zu sprechen, je näher wir meiner alten Heimat kamen.
"Jack hat recht, das weißt du doch, oder?" fragte Shawn und nahm seinen Blick kurz von der Straße um mich anzusehen.
Ich bekam Panik, doch Shawn bemerkte es sofort und sah zurück auf die Straße.
"Tut mir leid." sagte er schnell und ich nickte nur.
"Es ist trotzdem erbärmlich." antwortete ich und sah aus dem Fenster. Versuchte dabei zu ignorieren, wie schnell wir fuhren.
Ein kleiner Zufall und wir könnten mit voller Geschwindigkeit gegen die Leitplanke knallen. Shawn wäre tot, ich würde verbluten.
Ich schüttelte schnell die Gedanken ab und legte den Kopf in den Nacken. Diese Bilder sollen verschwinden.
"Ist es nicht. Wir können nicht nachempfinden was du durchmachst aber es ist keinesfalls erbärmlich. Rede dir das nicht ein. Du machst das bisher super." lobte er mich.
"Wir sind ja auch noch nicht da." bemerkte ich.
"Ich sage dir mal was, es gibt nichts, was du tun kannst, das mich abschreckt. In meinen Augen bist du unfassbar stark, das tapferste Mädchen das ich kenne. Also bitte.. denk nicht so."
Eine Weile blieb es still zwischen uns Beiden, bevor ich ein leises "okay" von mir gab.
~~~~
"Willkommen in Toledo." las ich leise das Schild vor, an dem wir gerade vorbei fuhren.
Ich kann es nicht glauben. Ich bin wirklich wieder hier.
Mittlerweile klammerte ich mich wieder an die Autotür. Mein Blick starr nach vorne gerichtet, meine Atmung unregelmäßig und mein Herz kurz davor aus der Brust zu springen.
"Da vorne links." murmelte ich und Shawn fuhr nach meinen Anweisungen bis wir schließlich vor dem großen weißen Gebäude ankamen, auf dessen Parkplatz wir anhielten.
Mit zittrigen Beinen stieg ich aus und beobachtete meine alte Schule.
Wie durch einen Schleier stellte ich mir vor, wie all die Schüler an mir vorbei liefen.
Ich stellte mir vor, wie meine alten Freunde vor der Schule an der Steinmauer lehnten und mich zu sich riefen.
Ich spürte den Stoff meiner Cheerleader Uniform auf meiner Haut und atmete tief durch, während ich die Augen schloss.
Als ich sie wieder öffnete war Alles wieder normal.
Keine Menschen, keine Freunde, einfach eine leere Schule.
Immerhin haben wir Samstag und kein Schüler geht freiwillig an einem Samstag in die Schule.
Langsam lief ich auf die Schule zu und spürte wie Shawn meine Hand ergriff. Jack und Camila folgten uns doch keiner sagte etwas.
Ich bin froh, dass sie nicht erwarteten, dass ich ihnen alles erklärte.
Zielstrebig lief ich auf die Tür zu und zu meinerVerwunderung war die Schule nicht abgeschlossen und wir konnten in das großeGebäude eintreten.
Es hatte sich kaum verändert, immerhin war ich noch garnicht so lange weg.
++++
Erstes Kapitel der Lesenacht, es wird aufjedenfall noch spannender und dramatischer :D Irgendwie tut es jetzt schon weh zu wissen, dass Mute heute enden wird..
Kapitel Frage : Welche Szene im Buch hat euch bisher am besten gefallen?
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